Silber und Drache 43


Der erste Schlag traf mein Schwert mit einer Wucht, dass die Klinge sich bog. Ich wich ein wenig zurück, damit es nicht zerbrach. Blitzschnell duckte ich mich unter Marions nächstem Schwung und tänzelte zur Seite.

Den nächsten Angriff parierte ich mühelos.

Wut bestimmte seine Bewegungen. Ein Fehler, den kein geübter Kämpfer jemals begehen sollte.

Mein Herz begann entzückt schneller zu schlagen.

Marion gebührte meine volle Dankbarkeit. Durch ihn fühlte ich mich befreit und in Kontrolle meines Lebens.

„Reiß dich zusammen.", brüllte ich ihm zu, als ich gegen ihn rammte, er beinah strauchelte und fiel.

Ich wollte keinen Schlagabtausch, der mich nicht forderte.

Seine Brust hob sich unter schweren Atemzügen. Mit erstarrtem Gesicht musterte er mich.

Selbstsicher wirbelte ich das Schwert in meiner Hand. Die Waffe hatte zu wenig Gewicht. Sehnsüchtig dachte ich an mein eigenes Schwert. Es war seit meiner Festnahme verschwunden.

„Hast du im Rubinkrieg gekämpft?", rief er.

Langsam schien sich seine Wut zu legen.

„Natürlich."

Ein breites Grinsen erschien auf meinem Gesicht. Ein Ausdruck der nach Blut hungerte. Ich versuchte nicht ihn zu verbergen.

„Warum bist du hier? Wer hat dich eingeladen?"

Die Fragen hatte er mir bereits gestellt. Wortlos durchschnitt ich die Luft vor mir, um meine Waffe zu testen.

Kein ausgezeichnetes Schwert. Doch solide geschmiedet und stabil.

„Dann muss ich die Antworten wohl aus dir heraus prügeln.", bellte Marion.

Wieder ging er in Kampfposition. Wie aus dem Bilderbuch, als wollte er seinen Schülern eine Lektion vorführen.

„Versuch das nur. Elfchen."

Mein Hohn wurde mit einem Stirnrunzeln erwidert.

Diesmal entpuppte er sich als hervorragender Gegner.



Ich vergaß die Zeit und alles um mich herum.

Kein Rufen drang an meine Ohren. Nur sein Knurren und das Klirren unserer Schwerter.

Einmal hatte ich ihn zu Boden geworfen, doch er war rasch wieder aufgesprungen.

Die flache Seite seines Schwertes traf meinen Oberarm. Im gleichen Zug stieß ich ihm meine Faust in den Bauch.

Noch hatte keiner von uns Blut vergossen.

Meine Erschöpfung lag noch in weiter Ferne, dennoch tropfte mir der Schweiß aus meinen Haaren.

Ekstase erfüllte mich. Ein Gefühl unbändiger Kraft und Freiheit.

„Halt!", donnerte eine Stimme über den Platz.

Ich hechtete nach vorne und verhakte mein Schwert mit dem meines Feindes.

„Iris. Marion. Hört sofort auf!"

Nein. Auf keinen Fall. Es stand noch kein Sieger fest.

Marion wirkte abgelenkt. Seine Augen weiteten sich erschrocken.

Hastig versuchte er seine Waffe von mir fort zu reißen, doch ich ließ ihn nicht.

Ohne hinzusehen erkannte ich die Stimme, die uns Einhalt gebot.

Die Königin verwechselte mich ganz klar mit einem ihrer Untertanten.

Der Tag, an dem ich ihren Befehlen gehorchen musste, würde niemals kommen.

„Verdammt. Hör auf! Bastard.", fluchte Marion laut. Er versuchte energisch den Zweikampf zu beenden.

Unnachgiebig drosch ich weiter auf ihn ein. Er drehte sich fort von mir. Ich folgte ihm, das Schwert angriffslustig erhoben.

„Iris. Schluss jetzt!"

Die Stimme der Königin machte mich wütend. Wie konnte sie es wagen, mich in ihrem Palast einzusperren und wie eine schwache Prinzessin zu behandeln.

In seinem Versuch zu flüchten, machte Marion Fehler. Immer wieder vernachlässigte er seine Deckung. Bevor ich darüber nachdenken konnte, ihm in die Seite zu hacken, spürte ich einen gewaltigen Luftzug an meinem Rücken.

Ich stolperte wehrlos nach hinten. Eine unbändige Kraft warf mich von meinen Beinen. Ich schlitterte über das Gras und blieb schwer atmend liegen. Meine Ohren surrten. Jemand hatte mich mit Magie angegriffen.

Ein Moment drehte sich das Feld wie in einem Wirbelsturm. Mir wurde schlecht. Hastig schloss ich die Augen.

Mein ganzer Körper zitterte von dem Schock der Attacke.

Federleichte Schritte näherten sich mir. Hastig rappelte ich mich auf, um der Königin entgegen zu blicken.

Mit versteinertem Gesicht schritt sie auf mich zu. Ihre Augen hatten sich tiefschwarz verfärbt. Sie warfen kein Licht zurück.

Mit letzter Kraft schleuderte ich ihr mein Schwert entgegen. Es würde sie ohnehin nicht treffen.

Die Magie waberte um ihren Körper wie ein Schild.

Als hätte ich die Waffe gegen eine Mauer geworfen, prallte sie ab und wirbelte im hohen Bogen davon.

„Verfluchte Elfen.", knurrte ich.

Hoffentlich würde sie es hören.

Erschöpft fiel mein Kopf zurück auf den Boden. Über mir zogen weiße Schäfchenwolken gemächlich über den Himmel.

Die Königin hatte mich angegriffen. Doch ich war nicht allein wütend auf sie. So viel war in den letzten Tagen passiert, dass ich nicht mehr wusste, gegen was und wen ich kämpfte.

Kaum stand die Elfe neben mir, kniete sie nieder und legte ihre warme Hand auf meine Stirn.

Die Berührung kribbelte unangenehm.

„Iris. Warum seid ihr so unvernünftig?", fragte sie.

Deutliche Verwirrung zeigte sich in ihrem Gesicht. Neben schlecht unterdrückter Verärgerung.

Also hatte ich es geschafft sie zornig zu machen. Dadurch fühlte ich mich kein bisschen besser.

„Ich bin nicht unvernünftig.", zischte ich sie an.

Mühsam versuchte ich mich aufzusetzen, doch meine Muskeln gehorchten mir nicht.

Das tiefschwarz ihrer Augen beunruhigte mich.

Ihr starrer Blick drang tief in mich, als legte sich eine eiskalte Hand um mein Herz und drückte zu. Es erinnerte mich an die magische Gewalt, die sich im Rubinkrieg gegen mich gerichtet hatte.

Schwer schluckte ich und drehte meinen Kopf zur Seite. Ich konnte sie nicht länger ansehen.

„Ist es nicht unvernünftig einen Kampf zu beginnen, den man nicht gewinnen kann? Was denkt ihr wäre geschehen, wenn ihr Marion verletzt hättet?"

Sie spannt ihre Hand um mein Kinn und zwang mich ihr ins Gesicht zu blicken.

Das was ich zuvor für Verärgerung gehalten hatte, entpuppte sich als gewaltige Wut. Ein eiskaltes Feuer brannte in ihren dunklen Augen.

Ihre Finger bohrten sich in meine Haut.

Wie aus dem Nebel tauchte eine Szene vor meinem inneren Auge auf.

Auf einer kahlen Steinebene türmte sich Leichen und Verwundete. Schreie und Jammern hallte durch die Luft. Zerrissene Fahnen flatterten im Wind.

Gnadenlose Blicke, schnitten sich in mich, als ich verzweifelt nach meinen Freunden suchte.

Schmerzen zerfraßen meine Eingeweide.

Die Schlacht war noch nicht vorüber.

Nackte Angst stach in mein Herz. Sie brannte sich durch meine Adern.

Die Dunkelheit umfing mich, verbannte mich vom Licht.

Ich fiel ohne Halt.

Das schöne Monster mit dem versteinerten Gesicht beobachtete gefühllos mein Ringen mit dem Tod.

Ein Kloß formte sich in meiner Kehle. Kein Schrei trug meine Pein nach außen.

Ich schlug die Hand der Königin von mir.

Mein Atmen stockte.

„Fasst mich nicht..."

Laut würgte ich.

Ich musste fort von der Bestie mit den schwarzen Augen.


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