Silber und Drache 17
Drachen hatten eine Vorliebe dafür mit den Fäusten zu sprechen. Viele von uns wurden brutal geboren und fielen noch um sich schlagend in ihr Grab.
Aber ich sah mich nicht als blindwütigen Schläger an, denn ich hatte stets einen Grund meine Fäuste anstatt von Worten sprechen zu lassen.
Vielleicht war es bei vielen Rassen nicht wirklich üblich seinem König einen Haken ins Gesicht zu verpassen, doch bei den Drachen kam es häufiger vor als man es für möglich halten wollte.
Ich hatte Vigour seit er die Volljährigkeit erreicht hatte schon ein paar Mal geschlagen und heute würde bestimmt nicht das letzte Mal gewesen sein, denn er lernte nie dazu.
Manchmal bekamen wir uns richtiggehend in die Haare und prügelten uns bis einer von uns beiden aufgab, meistens wusste Vigour jedoch, dass er den Schlag verdient hatte.
Bevor er heute überhaupt auf die Idee kommen konnte sich zu wehren, ging ich vor ihm in die Hocke und brüllte ihn an:
„Eine Elfenkönigin entführen. Bist du wahnsinnig? Hast du auch nur einmal nachgedacht, als du dir diesen absoluten Blödsinn ausgedacht hast? Meinst du eine Königin wie sie lässt sich einfach so entführen? Nur weil du ein verliebter Idiot bist, stecken wir jetzt in echten Schwierigkeiten."
Vigour rieb sich die Backe während er sich aufsetzte und wirkte dabei mehr als nur schuldbewusst, doch seine Augen begannen auch zu glänzen vor Aufregung.
„Ihr habt die Königin entführt? Habt ihr sie mitgebracht? Ist sie hier?" fragte er beinahe außer sich vor Freude.
Ob ich ihm noch eine verpassen sollte?
Ich war mir sicher es würde mich überhaupt nicht weiter bringen. Also blieben nur die knallharten Fakten um ihm klar zu machen, was sein unbedachter Befehl angerichtet hatte.
„Ja. Milanda und Ranja haben sie entführt. Sie möchte dich jedoch auf keine Fall sehen und lehnt jeden Kontakt zu dir ab. Sie droht uns außerdem mit einem Konflikt, also einer Gefährdung des Waffenstillstand zwischen Elfen und Drachen. Damit sie uns vergibt, möchte sie eine ordentliche materielle Wiedergutmachung und so schnell wie möglich nach Hause zurück gebracht werden. Ich bin hier um mit dir zu besprechen, was wir als diese Auslöse leiste können. Und zwar müssen wir es schnell klären. Ich bin mit einem Schattenportal hergekommen."
Mein König blinzelte mich verwirrt an. Im Moment konnte ich kaum glauben einen erwachsenen Mann vor mir zu haben, er sah aus wie der Knabe, der er vor nicht allzu langer Zeit noch gewesen war.
„Den Waffenstillstand auf lösen? Das wäre gar nicht gut, oder?" fragte Samuel, er kam näher und vollführte seine obligatorische Verbeugung zur Begrüßung, die er sich in meiner Nähe niemals verkneifen konnte.
Seine Frage zeigte mir wieder einmal, wie ahnungslos die nach dem Rubinkrieg geborene Generation war. Zwar hatte man sie über den Krieg unterrichte, aber sie konnte sich das Ausmaß an Schrecken, das er über Ametrin gebracht hatte kein bisschen vorstellen.
„Schlimm ist untertrieben. Es darf auf gar keinen Fall geschehen."
Wenigstens schien Samuel ansatzweise zu begreifen, welches Unheil sein Herr angerichtet hatte, damit hatte ich zumindest einen Verbündeten auf meiner Seite. Auch wenn ich im Zweifelsfall eher nicht auf Samuel zählen konnte.
„Aber warum will sie mich denn überhaupt nicht wiedersehen? Wir haben uns wirklich gut verstanden auf dem Frühlingsfest."
Jetzt klang Vigour widerlich weinerlich, mit einer Abfuhr kam er eindeutig nicht zurecht. Wie hätte er es auch lernen sollen, wenn die Drachen ihre neuste Adelsgeneration derart verwöhnte.
Wie oft hatte ich mir schon einen alten, weisen König, wie Ignual von Ockerstein gewünscht, der mit seinen 1200 Jahren überaus besonnen herrschte. Niemals stellte er seine eignen Wünsche über die seiner Untergebenen.
Doch auf dem Winterstein war ich zu Hause, ich wollte ihn nicht verlassen, selbst wenn ich mich dafür mit einem unreifen König herumschlagen musste.
Ich seufzte laut und wuschelte Vigour durch sein volles Haar.
„Weil du ein Drache bist und sie eine Elfe. Außerdem bist du nicht ihre wahre Liebe. Elfen heiraten nur ihre einzige Liebe."
Als ich die einzige Liebe der Elfen erwähnte, fühlte ich mich wie ein nicht richtig informierter Botschafter, der die Lebensweise der Elfen anderen Kulturen näher brachte, obwohl er selbst keine Ahnung davon hatte. Warum hatten die Elfen auch so seltsame Bräuche die es absolut unmöglich machte sie zu einer Heirat zu bewegen.
Konnte die Elfen dann überhaupt außerhalb ihrer Rasse heiraten, wenn es doch immer die wahre Liebe sein musste?
Während ich meinen König belehrte, merkte ich, dass ich noch unendlich viele Fragen hatte die ich der Königin stellen wollten. Vielleicht würde ich niemals die Zeit dazu finden.
Es war schon schlimm genug mein steigendes Interesse an dem Thema ertragen zu müssen.
Wie erwartet starrte mich Vigour überrascht an und runzelte dann die Stirn als vermutete er ich wollte ihn belügen.
„Was soll denn eine einzige Liebe sein? Meint sie ich Liebe sie nicht wirklich? Hast du ihr meine ehrlichen Gefühle vielleicht nicht richtig erklärt?"
Da mich die Königin bereits mit ihrem wahre Liebe Geschwätz abgewürgt hatte, bevor ich ihr ausführlich über meinen Herrn berichtet hatte, konnte es sein das ich nicht unbedingt sehr viel von Vigours tiefer Liebe zu ihr erzählt hatte. Meine Zweifel das dieses Wissen sie umgestimmt hätte waren ohnehin mehr als groß.
Denn die Königin war eindeutig viel erpichter darauf mich in Verlegenheit zu bringen, als mehr über Vigour von Winterstein zu hören.
Ein kurzer Schauer lief mir über den Rücken und ich bemerkte erschrocken Hitze in mir aufwallen. Ein Zittern erfasste die Schuppen in meinem Nacken, nur weil ich an die Spielereien der Königin dachte.
Rasch bekam ich mich wieder unter Kontrolle und warf einen forschenden Blick auf alle Anwesenden, ob jemand mein kurze Entgleisung bemerkt hatte.
Doch die Aufmerksamkeit lag im Moment eher auf Vigour als auf mir, der sich Samuel geschnappt hatte und den Jungen mit beiden Armen an seine Brust gedrückt festhielt. Er missbrauchte ihn wie so häufig als sein tröstendes Schmusetier. Kurz zappelte Samuel unwillig, dann legte Vigour seine Hand auf den Schopf des Jungen und er wurde ruhig.
Auf einen Schlag wirkte auch Vigour viel gefasster, nicht zum ersten Mal konnte ich die Wirkung der beiden aufeinander beobachten. Tatsächlich glaubte ich dass mein Herr eine bessere Option als die Königin für sich bereits gefunden hatte, doch es lag nicht an mir den passenden Partner für Vigour auszuwählen.
Bereit für Verhandlungen setzte ich mich zu meinen Herrn in den Schneidersitz auf den kalten Steinboden. Vielleicht war er jetzt bereit mir zuzuhören ohne eine Szene zu machen.
Dann hoffte ich auf einen schnelles Ende dieser Tragödie um die Elfenkönigin.
Eine Stunde später hatten ich erreicht was ich niemals geglaubt hätte, ich verließ den Winterstein mit einem von Vigour unterzeichneten Vertrag in der Hand. Dieser beinhaltete die Gesamtheit der Wiedergutmachungsleistungen, die der Winterstein geben konnte ohne sich selbst in zu schwerwiegende finanzielle Probleme zu stürzen.
Den König davon zu überzeugen, dass der Befehl zur Entführung ein großer Fehler gewesen war, hatte sich als sehr viel leichter Erwiesen als ich gedacht hatte. Aber schon allein Vigours streben mich bei dem Befehl zur Entführung zu umgehen, hatte mir deutlich gemacht, dass er sich der Idiotie dessen durchaus bewusst gewesen war. Nur hatte er sich das Ausmaß der Schwierigkeiten seines Befehls nicht ausmalen können.
Die hatte er verstanden, nachdem ich ihm genau erklärt hatte was die Königin uns angedroht hatte.
Was Vigour bis zum Ende nicht verstehen wollte, selbst als er seine Unterschrift auf den Vertrag setzte, war der Widerwille der Königin ihn zu treffen.
Kaum hatte ich ihm erklärt, was die einzige Liebe für die Elfen wirklich bedeutete, überkam ihn die Überzeugung er musste die wahre Liebe der Königin sein und sie würde es erkennen so bald sie die Chance finden würden sich näher kennen zu lernen.
Dadurch war es harte Arbeit ihn zu überzeugen nicht mir mir zurück durch das Schattenportal zu kommen, doch letztendlich fand ich die passenden Argumente.
Das Schattenportal musste bereits instabil sein, nachdem fast eine Stunde vergangen war und somit konnte nicht mehr als eine Person noch hindurch gehen, allerdings missfiel es Vigour immer ohne seine Wachen und seinen engsten Berater Samuel zu verreisen.
Ich konnte ihm auch klar machen, dass die Königin durch die Entführung zu wütend auf ihn war und ihn deshalb auf gar keinen Fall sehen wollte.
Obwohl die Königin nicht einmal wirklich zornig reagiert hatte. Eiskalt log ich Vigour zu meinen Vorteil an, doch in diesem Fall bestand die Notwendigkeit dazu.
Mein Versprechen, dass er die Elfenkönigin sicher auf dem Sommerfest des Hochkaiserpaares in zwei Monaten wiedersehen würde, das für sie beide auf neutralem Boden stattfand und dadurch nicht zu sehr von den angespannten Beziehungen zwischen Elfen und Drachen behindert wurde, überzeugte ihn schließlich davon in Winterstein zu bleiben.
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