Drache und Silber 86



Tam trat ein und räusperte sich betreten. Hinter ihm standen die Wachen bereit. Die Zeit des Wartens war vorüber.

„Wir bringen dich in andere Räume.", erklärte mir Tam.

Er runzelte die Stirn. Die Situation sagte ihm eindeutig nicht zu.

„Wohin bringt ihr mich?"

Hastig schüttelte mein Freund den Kopf. Mit einem knappen Handzeichen winkte er zwei Wachen heran, die mich ohne Vorwarnung an den Armen packten.

Widerstrebend wand ich mich in ihrem Griff. Das Tam mir nicht antwortete, bereitete mir Sorgen.

Wurde ich ins Höllenloch, das Gefängnis des Wintersteins, verlegt? Von dort war eine Flucht unmöglich.

„Wohin? Tam."

„Mach dir keine Sorgen.", brummte er nur knapp.

Dann klappte er das Visier seines Helmes herunter. Das Gespräch war beendet.

Unnachgiebig zerrten mich die Wachen auf den Gang, obwohl ich mich nicht wehrte.

Ich zählte insgesamt fünf. Sehr viel weniger als zuvor.

Meine Chancen zu fliehen stiegen.

Zu meiner Verwunderung brachten man mich die Treppen nach oben. Das Höllenloch lag tief unter dem Berg. Wir gingen in die entgegengesetzte Richtung.

In den höhergelegenen Stockwerke des Wintersteins wohnten nur wenige Drachen. Die Hitze des Berges wärmte dort den Stein nicht mehr. Deshalb mussten die Bewohner den ganzen Winter über heizen. Um Holz zu sparen, hatte Vigour veranlasst, dass sich die schwindende Population des Winterstein nur in den unteren Stockwerken einquartierte.

Die dunklen, verlassenen Gänge, vermittelten mir böse Vorahnungen. Die Wachen planten nichts gutes.

„Tam. Sag mir einfach was los ist. Wir sind doch Freunde."

Auch dieser Versuch ein Gespräch anzufangen scheiterte. Meine Zeit rann ab. Ich musste jetzt handeln.

Vor uns machte der Gang einen Knick. Dort fiel dumpfes, rotes Licht durch schmutzige Fenster hinein.

Unruhe erhob sich. Wir näherten uns vermutlich dem Ziel.

Rasch musterte ich die Männer, die mich festhielten.

Ihre Schwerter befanden sich außer meiner Reichweite. Doch einem von ihnen steckte ein Dolch im Gürtel. Wenn ich den Vorteil eines überraschenden Angriff nutzte, konnte ich die Waffe an mich bringen. Meine Kumpanen zu verletzen, fiel mir schwer. Doch sie ließen mir keine Wahl.

Die Biegung im Gang, erkor ich zum Ort für meine Attacke.

Langsam näherten wir uns, bis ich die Risse in den Fensterscheiben sah.

Meine Anspannung stieg. Immer wieder huschte mein Blick zu dem Dolch.

Im Augenwinkel bemerkte ich eine Bewegung.

Blitzschnell riss ich den Arm nach oben. Ein ohrenbetäubender Knall hallte von den Wänden wieder. Ein Lichtblitz blendet mich für einen Moment.

Mein Handgelenk brannte.

Durch heftiges Blinzeln klärte ich meine Sicht.

Zwei Wachen lagen am Boden. Der einen kullerte das Schwert aus der geöffneten Hand.

Verwirrt wirbelte ich herum.

Drei Feinde standen mir noch gegenüber. In ihrer Überraschung stolperten sie durcheinander.

Keine Zeit darüber nachzudenken, was geschehen war.

Ich rammte mit der Schulter gegen die Brust des Mannes zu meiner Rechten. Mit einem Ächzen ging er zu Boden. Geschickt stahl ich sein Schwert aus der Scheide.

Kampfbereit schwang ich es zur Seite.

„Iris. Sei nicht dumm. Wir sind noch immer deine Freunde."

Auch Tam zog sein Schwert.

„Das fällt dir aber früh ein. Ihr wolltet mich niederschlagen.", knurrte ich.

Keine Wut beherrschte mich. Nur Unverständnis.

„Weil du Schlafen sollst. Deshalb. Ich weiß nicht warum, aber Vigour meint solange du wach und auffindbar bist, steht uns ein gefährlicher Feind gegenüber. Was auch immer er damit meint."

Ganz klar. Vigour fürchtete die Königin.

Ich ahnte wo mein neues Gefängnis lag. Tief im Eis des Wintersteins. Mein Herr hatte mich in den kalten Schlaf verbannen wollen.

Die Eiskammern waren ein Ort erfüllt vom Drachenzauber. Dort endete die Macht meiner Geliebten.

Geschwind drehte ich mich fort von meinen Feinden und begann zu rennen.

Irgendeine Macht hatte mich gerettet. Ich plante dieses Glück gut zu nutzen.

Tam verfolgte mich nicht. Vermutlich war er froh, dass er mich nicht ins ewige Eis bringen musste.

Ein Stockwerk tiefer, versteckt in einer Nische, pausierte ich, um nach Luft zu schnappen.

Ein Leuchten durchdrang den Stoff am Ärmel meines Hemdes. Das Kettchen der Königin schimmerte hell. Im entscheidenden Augenblick war es mir zur Hilfe geeilt.

Meine Geliebte verdiente einen langen Kuss.




Vorsichtig bannte ich meinen Weg zu den Gemächern meines Herrn. Ich nutzte die versteckten Gänge im inneren des Berges. Das Geflecht aus winzigen Stollen, das kaum jemand nutzte.

Bei jedem Geräusch drückte ich mich in dunkle Ecken und hielt den Atem an. Erst wenn jeder Ton lang verklungen war, wagte ich mich weiter.

Bisher hatte ich mir nicht viele Sorgen um meine Gefangennahme gemacht. Einige Stunden Hausarrest in einer gemütlichen Zelle, jagte mir keine Angst ein.

Die Aussicht auf jahrelangen Schlaf im ewigen Eis, erfüllte mich mit Grauen. Ein Kloß in meinem Hals würgte mich beim Gedanken, nicht mit meiner Elfe in ihre Heimat zurückzukehren.

Das Herz klopfte mir bis zum Hals, als ich durch die stillen Gänge schlich. Mit schweißigen Finger umklammerte ich das Schwert. Noch war mir keine weitere Wache begegnet.

Es dauere lange, bis ich endlich im Flur ankam, der zu Vigours Gemächern führte.

Noch hielt ich mich in den Dienstbotengängen versteckt.

Dunkelheit umgab mich, als ich angespannt lauschte.

Schritte und Stimmengewirr ertönten hinter der Tür, die auf den offiziellen Gang hinaus führte.

Achtsam zog ich die Pforte einen Spalt auf. Ein Wandteppich verbarg den Zugang vor neugierigen Blicken. Der Drang der alten Drachen die Existenz ihrer Diener vollkommen zu verstecken, spielte mir heute in die Hände.

Schwere Stiefel trampelten über den feinen Teppichboden, begleitet vom Klirren der Eisenrüstungen. Vigour schaffte viele Wachen heran. Er musste in Panik verfallen sein.

Es war notwendig ein wenig Vernunft in den Burschen hinein zu prügeln.

Doch der Weg zu ihm war versperrt.

Vor Anspannung zitternd drückte ich die Tür wieder zu.

Ein spontaner Angriff, würde mich schneller als mir lieb war ins ewige Eis verfrachten. Aber mir blieben nicht viele Auswege. Nur mich selbst zu retten kam nicht in Frage. Vigours Macht reichte bis zu meiner Familie. Sie in Gefahr allein zurückzulassen, kam nicht in Frage.

Außerdem sorgte ich mich ebenso um meinen König. Er benahm sich nicht wie er selbst.

Ein letztes Mal holte ich tief Luft, um meinen Mut zu sammeln. Das Antlitz meiner Liebsten flatterte durch meine Gedanken. Um ihretwillen hatte ich mir geschworen vorsichtig zu sein. Nun riskierte ich unser Beisammensein, weil mir keine andere Wahl blieb.

„Es tut mir Leid. Ich liebe dich.", flüsterte ich.

Ein letzter Gruß. Die Worte an meine Geliebte. Eindringlich bat ich sie um ihren Schutz und Segen.

Fest spannte ich die Finger um mein Schwert und preschte aus meinem Versteck heraus.

Ich erwartete eine Übermacht, die sich mir entgegen stellte. Erschrockenes Rufen und Wachen, die sich in Kampfposition warfen.

Stattdessen bot sich mir der lieblichsten Anblick der Welt.

Unerwartet flutete mich ein euphorisches Gefühl der Freude.

Im Gang gefüllt mit Wachen in schweren Rüstungen, blickte mir meine Liebste entgegen.

Ein Lächeln erblühte auf ihrem wunderschönem Gesicht.


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