Drache und Silber 60
Ich unterdrückte den Drang, die Arme vor der Brust zu kreuzen. Stattdessen fing ich ihre Hände, um sie davon abzuhalten, mich anzufassen.
Die Königin lächelte verständnisvoll und verschränkte ihre Finger mit Meinen.
Stumm ertrug ich, dass sie mich musterte. Ihr Blick fühlte sich an, wie ein Streicheln.
„Du bist wirklich so hübsch. Die Götter haben mich reich beschenkt. Seine einzige Liebe zu finden, ist bereits ein großes Glück. Aber ich konnte nicht ahnen, wie anziehend du sein würdest."
Sie führte unsere verschränkten Hände hinter ihren Rücken und fing mich zwischen ihren Beinen. Stur starrte ich ihr ins Gesicht. Den Mut mir ihre Lenden anzusehen, besaß ich nicht.
Erleichtert erkannte ich die Zufriedenheit in ihren Worten. Ich gefiel ihr. Ein großer Felsen aus Selbstzweifeln, purzelte von meinen Schultern.
Ihr Kuss schmeckte so süß. Mit befreitem Herzen hundertfach süßer als zuvor.
Mit entkam ein Lachen, es vibrierte zwischen unseren Lippen. Angesteckt kicherte meine Elfe ebenfalls.
Unsere nackte Haut rieb aneinander. Ein wohliges Kribbeln rauschte durch meinen Körper.
Mit einem winzigen Kuss auf die Nase, löste sich die Königin von mir.
„Wenn wir so weiter machen, kommen wir niemals aus dem Bad heraus. Aber ich bekomme langsam Hunger. Also waschen wir dich jetzt. Du Schmutzfink."
Mit ihrem Finger deutete sie eine Drehung an. Träge wandte ich ihr den Rücken zu. Wie gerne hätte ich mich länger an sie gekuschelt, ihre Wärme genossen und ihre Lippen gekostet.
Doch auch mein Magen regte sich und knurrte. Besonders als mir Desmons wunderbare Suppe wieder einfiel. Ob er sie mir vorenthalten würde?
„Welchen Duft bevorzugst du?", fragte die Elfe.
„Deinen."
Wie mutig und kitschig. Peinlich berührt schlug ich mir die Hand vor die Augen.
Manche Gedanken blieben besser unausgesprochen.
Mit ihrem ganzen Gewicht lehnte sich die Königin auf meinen Rücken und schlang ihre schlanken Arme um meine Schultern.
„Damit kann ich dir die Haare nicht waschen. Komm einfach kuscheln, wenn du an mir riechen willst."
Ein feuchter Schmatzer landete auf meinem Ohr.
„Dann suche ich etwas aus, das zu dir passt.", sagte sie.
Ihre Wärme fehlte mir sofort, nachdem sie aufgesprungen war.
Bis zum Kinn im Wasser versteckt, beobachtete ich die Königin dabei, wie sie ein kleines Portal in der Wand öffnete. In dem Schrank befanden sich Tongefäße. Sie wühlte achtlos darin herum.
Ein paar Mal schnupperte sie an den Behältern und stellte sie mit einem Stirnrunzeln wieder zurück.
Die Elfe fühlte sich so wohl und selbstsicher in ihrer Nacktheit. Ich beneidete sie darum. Auch ich musste es lernen. Möglichst bald.
Endlich fand sie eine Tinktur, die ihr gefiel. Sie sog den Geruch ein und senkte genüsslich die Augenlider. Unter ihren gesenkten Wimpern, glühte ihr Blick.
„Honig. Wie eine Fügung des Schicksals.", sagte sie mit rauer Stimme.
Ich erschauderte bei ihren Worten. Die Erinnerung, an die seltsame Erfahrung nach meinem Kampf mit Marion, kehrte zurück. Meine Fragen dazu, hatte die Elfe zuvor abgeschmettert.
Nun stellte sie das Thema erneut in den Raum. Aus Absicht?
„Du weißt, was es mit meiner Honig Erinnerung auf sich hat. Nicht wahr?"
„Ich weiß es.", flüsterte sie.
Wieder roch sie in das Tongefäß hinein. Mit lautem Klirren, stellte sie es zurück und wählte einen anderen Topf.
„Honig ist keine gute Idee. Der Geruch ist zu schwer für dich."
Das Portal zum Schrank schloss sich geräuschlos. Auf Umwegen schlenderte sie zu mir zurück, stattete zuvor der Fensterfront einen Besuch ab, um nach draußen zu sehen. Die Sonne brachte ihre Haut zum Glänzen.
„Juna. Was hat es mit den Honig auf sich? Willst dus mir nicht erzählen?"
Schlimmer als der Mord an einer Verwandten, konnte diese Geschichte nicht sein.
Die Ansicht ihres Rückens verführte mich dazu, meine Hände darauf zu legen. Um dem Wunsch nachzugeben, musste ich das Wasserbecken verlassen und mich ihr nur in Hosen zeigen. Wahrscheinlich würde sie mir dieses wertvollen Kleidungsstückes auch noch rauben. Ein zu großes Risiko.
„Doch, doch ich wills dir schon erzählen. Es ist der letzte Akt, von unserem ersten Zusammentreffen. Direkt nachdem meine Tante tot zusammen gebrochen war, versuchte ich dich zu retten. Heute weiß ich, dass ich Erfolg hatte. Du bist lebendig und bei mir. Aber lange Zeit war es meine schlimmste Erinnerung. Meine einzige Liebe, die in meinen Armen stirbt."
Der Sonnenschein umhüllte sie wie ein Mantel aus Licht, als sie sich zu mir wandte. Ihr Gesicht erfüllt mit Liebe, blickte sie mich an.
„Stirb niemals. Iris. Geh niemals fort. Lass mich nicht alleine. Versprich es mir."
Ihre Stimme versagte ihr fast vor Traurigkeit.
Extra
Wind dröhnte in meinen Ohren. Direkt neben mir flatterte eine Fahne im Wind. Dunkelrot. Ein fauchender Drache spuckte Feuer. Sein Schweif hing in Stofffetzen herunter.
Wütend verpasste ich der Fahne einen Tritt. Mit einem lauten Klappern landete sie auf dem steinernen Boden.
Vereinzelt hallten Schreie durch die Luft. Ein paar davon klangen nach Namen. Jemand suchte bereits nach Überlebenden. Hatte die Schlacht geendet, ohne mein Wissen?
Verwundert blickte ich mich um.
Leichen türmten sich über Verwundeten. Krähen zerrten an ihrer Kleidung. Ihr heiseres Rufen hing über dem Steinfeld. In der Ferne stieg Rauch auf.
Die Sonne stand hoch am Himmel. Sie spiegelte sich in mit Blut bespritzten Schilden.
Das rote Blut der Drachen, vermischten sich mit dem Silberne der Elfen.
Der Rubinkrieg neigte sich dem Ende entgegen. Das letzte Zusammentreffen verließ ich unverletzt und mit klarem Kopf. Meine Magie schmetterte ich vom Rand der Kämpfe in meine Gegner. Unsere tapferen Elfenkrieger bildeten einen Schutzwall zwischen mir und der Gefahr.
Die direkte Konfrontation blieb mir erspart.
Zorn über unsere Feinde wallte in mir auf. Wieso zwangen sie mich dazu, sie zu töten?
Bevor ich von Grüngrund an die Front kam, setzte ich meine Magie ausschließlich zur Heilung ein. Die Leichtigkeit mit der ich sie zum Zerschmettern und Zerfetzten verwendete, erschütterte mich bis ins Mark.
Wie ein Monster. Doch ich bekämpfte ohnehin nur Bestien.
Der Sturm wirbelte Staub auf. Eine dicke, graue Wolke hüllte mich ein.
Leere erfüllte ich mich, die Sehnsucht nach einem Bad und gutem Essen.
Mein Baby Bruder wartete zu Hause auf mich. Ich dachte daran, wie er mit seinen kleinen, dicken Ärmchen wedelte. Sein pummeliges Gesicht unter blonden Locken, strahlte satt und zufrieden. Eine Vorstellung voller Leben, während ich auf den Tod blickte.
Ich wollte nur nach Hause. Zu grünen Wäldern, den Geruch nach Blumen und Gras. Wo mich der Klang rauschender Bäche und der sanfte Gesang der Vögel in den Schlaf wiegte.
Fort von Krieg und Schrecken, die sich in mich fraßen und langsam verrückt machten.
Der beißende Geruch brennendes Fleisches stieg mir in die Nase.
Ein Drache stolperte aus der Staubwolke heraus.
Tiefrotes Blut rann ihm den Arm herunter. Mit blinden Augen rannte er direkt in sein Verderben. Ein zerbrochenes Schert zitterte in seiner Hand.
Zornig ballte ich meine Hand zur Faust. Warum musste dieser Idiot mich finden? Hatte ich nicht genug getötet?
„Dummer Drache. Lauf davon.", zischte ich mit zusammengebissenen Zähnen.
Als hätte er mich gehört, hob er den Kopf. Ein Blick aus tiefen blauen Augen traf mich. Verwirrung und Schmerz lag darin. Die schönsten Augen in ganz Ametrin.
Mein Herz stockte.
Eine Gefühl wallte in mir auf, wie ein heißes Fieber. Glückselig begann mein Herz schneller zu schlagen.
Der Drache, ein Mädchen genau wie ich, machte keinen Versuch mich anzugreifen.
„Hey! Der Krieg ist vorbei. Ich bring dich weg von hier.", rief ich ihr zu.
Sie starrte mich an, als sähe sie durch mich hindurch.
Mein Feind stand nur ein paar Meter von mir entfernt, doch ich wollte sie nur retten.
Warum? Mir fiel kein logischer Grund ein. Aber sie durfte nicht zu Schaden kommen, denn ich musste sie unbedingt kennen lernen. Ihren Namen erfahren. Den Schmutz von ihrer Haut waschen und sie in ein warmes Bett stecken.
Ein Drache. Ich rief es mir erneut ins Gedächtnis.
Warum wusste ich so sicher, das sie in mein Leben stolperte, um zu bleiben. Als Geschenk.
Was geschah mit mir?
In ihrem hübschen Gesicht stand Erschöpfung. Ihr schwarzes Haar klebte ihr von Schweiß durchtränkt am Kopf. Müde und ängstlich blinzelte sie mich an.
„Du bist so süß."
Oh. Was sagte ich nur. Eben noch hatte ich ihre Verbündeten ermordet.
Sie schwankte gefährlich. Was wenn sie fiel? Der Boden war übersät mit spitzen Waffen. Hastig rannte ich zu ihr.
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