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Es war eiskalt, als wir über den Campus zurück zum Wohnhaus liefen, die Mützen tief ins Gesicht gezogen. Kaum einer kam uns entgegen, aber das war auch nicht verwunderlich, denn zum einen erholten sich die meisten noch von der Party letzte Nacht und dann war es, wie gesagt, eiskalt. Am frühen Morgen hatte es begonnen zu schneien und jetzt sah der Campus aus wie ein Winterwunderland.

AJ hatte die Hände fest um ihren heiligen Kaffee geschlungen und trottete im Schneckentempo neben mir her. "Oh Gott, ich hätte echt nicht so viel trinken dürfen." Sie verzog das Gesicht, wahrscheinlich weil ihr wieder einfiel, wie sie einen Shot nach dem anderen gekippt hatte, begleitet von lautem Gejohle, versteht sich.

"Ich habe dir gesagt, dass du es langsam angehen solltest." Ich zuckte mit den Schultern.

Sie verdrehte die Augen. "Ja ja. Weißt du-"

"Hey, Lacy!" Ich blieb stehen und sah mich um. In einiger Entfernung konnte ich Caiden ausmachen, der uns mit schnellem Schritt entgegen lief. Allein dieser Anblick reichte, um mein Herz aus dem Rhythmus zu werfen. Als er vor uns stehen blieb, stützte er sich auf seine Knie und holte tief Luft. "Wow, hätte nicht gedacht, dass ein Schneemarsch so anstrengend ist."

Ich grinste. "Naja, liegt wohl daran, dass du noch nicht ganz wach bist." Die Wahrheit war, er sah ziemlich scheiße aus. Bleiches Gesicht, tiefe und vor allem dunkle Augenringe und dieser müde Ausdruck in seinen grünen Augen. "Hast du gestern etwa auch zu tief ins Glas geschaut?" AJ streckte mir die Zunge heraus, aber ich ignorierte sie einfach und schenkte meine Aufmerksamkeit Caiden, der in dem Moment den Kopf schüttelte.

"Nein, ich war gar nicht im Wohnheim."

"Nicht?"

"Ich habe meine Mum besucht, du weißt doch, sie hatte diese Vorlesung und wollte mich unbedingt dabei haben." Stimmt, ich erinnerte mich daran, dass er mir davon erzählt hatte.

"Und wie-", setzte ich an, allerdings wurde ich von AJ unterbrochen, die ungeduldig auf und ab lief. "Könnt ihr das nicht auf wann anders vertagen? Es ist verdammt kalt."

Am liebsten hätte ich sie in dem Moment wirklich geschlagen, denn Caiden nickte verständnisvoll und verabschiedete sich. "Wir sehen uns." Ich sah ihm einen Augenblick hinterher, doch dann drehte ich mich zu AJ um und funkelte sie wütend an.

"Ich habe doch recht. Wenn wir weiter hier herum stehen, dann frieren wir noch ein. Und das wäre wohl nicht ganz so praktisch für 'ne Beziehung."

Ich schüttelte den Kopf. "Irgendwann bekommst du das zurück, meine Liebe."

Sie zuckte unschuldig mit den Schultern. "Ich habe doch nichts ruiniert oder so. Ihr hättet höchstens noch zwei Sätze miteinander gewechselt und dann wäre er von allein verschwunden. So ist das doch immer." Leider hatte sie diesmal tatsächlich recht. Seit Monaten versuchte ich schon verzweifelt, seine Aufmerksamkeit für mich zu gewinnen, aber so langsam glaubte ich, dass er in mir vielleicht einfach nicht mehr sah als eine gute Freundin. "So war das nicht gemeint." AJ legte mir eine Hand auf den Arm.

"Ich weiß", sagte ich und schüttelte diese Gedanken einfach von mir ab. Ich konnte nichts erzwingen, was nicht da war.

"Hey, Lacey!" Ich sah AJ überrascht an. Aber... Wie bereits einige Minuten zuvor drehte ich mich um und sah Caiden, der auf uns zu lief. Er blieb vor mir stehen, die Wangen von der Kälte gerötet. "Gehst du mit mir aus?"

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