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Und eine weitere "Ein Satz" Story mit Lost_in_moonlight Probiert's unbedingt mal selbst aus 😏
Der Saal strahlte in jeder Ecke, aber meine Augen lagen nur auf dieser einen Person auf der Bühne. Wie im Rausch glitt mir der Stoff meines Kleides immer und immer wieder durch die Finger. Seine Stimme hallte durch den gesamten Raum und ließ mein Herz höher schlagen. Ich wusste genau, dass er nicht hierher gehörte, in so eine zivilisierte Umgebung, aber doch wirkte er als hätte er nie etwas anderes getan. Meine Hände schwitzten, während ich den Blick von ihm nahm und ihn über die Menge gleiten ließ. Einige standen in Gruppen zusammen, andere lachten und tanzten. An einer Wand hing ein riesiges kunstvolles Banner.
Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter und zuckte erschrocken zusammen. Ich wirbelte herum.
"Und was sagst du?" Er legte den Kopf schief und sah mich mit diesem Lächeln an, das die Schmetterlinge in meinem Bauch verrückt spielen ließ. "Dein Make-up ist atemberaubend", grinste ich und er warf mir einen gespielt bösen Blick zu. "Ja ja, mache dich ruhig über mich lustig."
"Ach komm schon." Anstatt noch irgendetwas zu sagen, legte er mir den Arm um die Schulter und drückte mich fest an sich. "Willst du tanzen?" Ich nickte lächelnd. Er nahm meine Hand und zog mich weiter in die Mitte des Raumes. Einige Leute beobachtet uns, aber das war mir egal. Er zog mich an sich, aber ich hatte noch immer diese Stimme im Kopf. Ich warf einen Blick zur Bühne. "Alles okay?"
"Ja. Ja, sicher." Ich lächelte entschuldigend und legte meinen Kopf auf seine Schulter. Er fuhr mit seiner Hand vorsichtig über mein Haar. "Du weißt, wie gern ich dich habe oder?" Kein guter Zeitpunkt, war alles, woran ich denken konnte. Ich versteifte mich unter seinen Berührungen. "Tut mir leid, das war zu früh, oder?"
Ich traute mich nicht, ihn anzusehen. "Ich-" Ich verstummte. Das Rauschen der Menge versank in der Musik. "Es ist nicht so einfach für mich."
"Schon gut." Er wirbelte mich einmal herum. Dabei entging mir nicht, dass er ein wenig von mir abrückte. Ich warf einen letzten Blick zur Band und zog ihn enger an mich. "Ich weiß, was dir passiert ist." Seine Stimme war leise, so leise, als hätte Angst, allein der Klang seiner Stimme könnte mich verschrecken.
"Was meinst du?" Ich konnte mich nicht dagegen wehren, dass meine Knie weich wurden.
"Naja, in der Schule, da wird geredet", meinte er vorsichtig.
"Ist das so?" Ich kämpfte gegen den Reflex an, ihn wegzustoßen. Aber obwohl er das eindeutig merkte, zog er mich noch näher an sich.
Er antwortete nicht auf meine Frage. "Ich weiß von deinem Vater, Raine. Dass er im Gefängnis ist. Und eigentlich wollte ich das auch gar nicht ansprechen, aber im Moment habe ich das Gefühl, dass du dich immer mehr verschließt und das wo ich gerade gedacht hatte, du würdest anfangen, dich zu öffnen. Ich habe keine Ahnung, wie sich das anfühlt und werde es wahrscheinlich auch nie wissen, aber ich werde immer für dich da sein. Versprochen."
"Du hast recht, dafür ist es wirklich ein wenig zu früh." Ich flüsterte fast.
"Es tut mir leid. Ich wollte nicht-"
"Schon gut, vergiss es." Jetzt war er es, der sich versteifte.
"Klar."
"Casp."
Er wich meinem Blick aus. "Ist okay, wirklich. Du musst mir nichts erklären. Ich hätte nichts sagen sollen." Seine Hand löste sich von meinem Rücken und fuhr in seinen Nacken. "Ich bin so ein idiot."
"Nein. Nein, sag sowas nicht." Ich schloss kurz die Augen. "Es ist nicht deine Schuld. Ich habe Angst, okay? Ich habe Angst, jemanden so nah an mich heranzulassen."
"Das verstehe ich und es ist okay. Weißt du, ich möchte dich zu nichts drängen. Das ist ein heikles Thema." Er lächelte mich traurig an. "Aber manchmal mache ich mir einfach zu schnell zu viele Hoffnungen."
Ich schwieg. Und auch er schwieg. Er legte seine Hand wieder an meinen Rücken, aber es fühlte sich plötzlich anders an. Ich wusste nicht, was ich fühlen sollte. Ich hielt mich an seinem Anzug fest. Seine Lippen berührten meine Stirn, aber die Berührung war so leicht und kurz, dass ich mir nicht sicher war, ob ich sie mir nicht nur eingebildet hatte.
"Ich mag dich auch."
Abrupt bliebe er stehen. Seine Hand strich über meine Wange und ein sanftes Lächeln huschte über seine vollen Lippen. Irgendwo auf der Bühne spielte der Song und mit seiner Stimme all die Erinnerungen. "Mehr muss ich nicht wissen", flüsterte er über die Musik hinweg.
"Das spricht nicht gerade für deine akademische Bildung."
Er grinste. "Da hast du wahrscheinlich recht." Die Musik hörte auf, zu spielen und genau in dem Moment, in dem ich dachte, dass es Zeit wäre, loszulassen, traf mich Jasons Blick von der Bühne. "Raine?" Casp folgte meinem Blick und die Unsicherheit war ihm deutlich anzusehen. Jason kniff die Augen zusammen.
Und so standen wir einfach da.
Und dann küsste er mich. Am anderen Ende des Saals hörte ich ein dumpfes Geräusch. Die Band spielte, aber ich hörte keinen Gesang. Ich wollte alles um mich einfach ausblenden, aber ich konnte nichts gegen das Bild tun, dass sich in meinem Kopf bildete. Lass los, hallte es in mir immer wieder. Aber wie sollte ich etwas loslassen, das einmal meine ganze Welt gewesen war? Casps Hand glitt zu meiner Taille. Ich kniff die Augen fest zusammen, versuchte etwas zu fühlen. Gerade als ich mich ganz allein auf Casps Lippen auf meinen konzentrierte, war da ein Ruck, der uns auseinanderriss.
"Hey!" Jason stand vor uns, aber sein Blick war nicht auf Casp gerichtet. Seine vor Wut blitzenden Augen lagen auf mir. Ich war wie versteinert. Das passiert gerade gar nicht, nur ein Traum, sagte ich mir, nur ein böser Traum. Casp trat einen Schritt vor und stellte sich vor mich, aber über seine Schulter hinweg konnte ich noch immer Jasons Blick sehen. Ich wollte die Zeit zurückspulen, wahlweise um zehn Minuten oder zehn Tage. Mein Herz schlug viel zu schnell. Jason machte einen Schritt auf Casp zu, doch noch bevor er irgendetwas tun oder sagen konnte, fand ich meine Stimme wieder. "Was willst du, Jay?"
"Warum tust du das?", erwiderte er. Casp sah zwischen uns hin und her, scheinbar unschlüssig, was er tun sollte.
"Lass uns einfach in Ruhe, Jason."
"Schön." Er drehte sich um. Ich wollte schon aufatmen, als ich seine gespannte Haltung sah. Innerlich verfluchte ich mich, weil ich hier überhaupt aufgetaucht war. Er würde nicht einfach gehen.
"Komm", flüsterte ich und nahm Casp bei der Hand. Dieser ließ sich wortlos mitziehen, aber ich spürte, dass das alles noch Konsequenzen haben würde.
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