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Wenn Mira und mir langweilig ist, kommt das dabei raus. Lost_in_moonlight
Es war ein kühler Februarmorgen.
Ich weiß noch ganz genau, dass mein Wecker ausgerechnet an diesem Morgen nicht geklingelt hatte. Vielleicht sollte es ein Zeichen sein, einfach Zuhause zu bleiben mit Tee und Worten. Vielleicht war es aber auch Schicksal. Ich war noch nie gut darin gewesen, so etwas zu erkennen, denn ansonsten wärst du mir schon viel eher aufgefallen und nicht erst, als ich verschwitzt auf die Straßenbahn wartete.
Gott, ich sah wahrscheinlich furchtbar aus. Die Haare in alle Richtungen abstehend, das Shirt verkehrtherum an und vom Make-Up ganz zu schweigen. In diesem Moment wollte ich nichts mehr, als einfach unsichtbar zu sein. Ich habe so sehr gehofft, einfach in die Bahn steigen zu können, ohne irgendein bekanntes Gesicht zu sehen, aber dann habe ich etwas anderes gesehen.
Dich.
Du hast mich beobachtet, ein amüsiertes Funkeln in deinen blauen Augen, und ich konnte deine Gedanken förmlich lesen. Was nicht wirklich dazu beigetragen hat, die Situation irgendwie erträglicher zu machen.
Endlich hörte ich das erlösende Geräusch, das leise Quietschen der Bremsen. Mit schnellen Schritten stieg ich in die Bahn und ließ mich erleichternd auf einen Sitz fallen. Ein Blick durchs Fenster genügte. Du schautest mir nach, als wir uns ruckelnd in Bewegung setzten. Ich lehnte mich zurück und atmete tief ein, während sich meine Gedanken von ganz allein um dich drehten. Um dich und dein atemberaubendes Lächeln.
Shit.
Ich wusste, dass die Wahrscheinlichkeit, dich wiederzusehen, gleich null war und dennoch musste ich den ganzen Morgen dich denken. Und noch Tage danach.
Unsere erste Begegnung. Und ich ahnte noch nicht einmal, was noch alles folgen sollte.
Und jetzt sitze ich hier, starre auf den Brief und frage mich, was passiert ist. Diese Zeilen, diese Striche, diese Buchstaben, das waren einmal wir. Eine Träne fällt auf das Blatt und lässt die Tinte in alle Richtungen spritzen. Ich weiß, dass es meine Schuld ist, dass ich Fehler gemacht habe, aber das ändert nichts daran, dass mein Herz aufhört zu schlagen, als ich deine letzten Worte lese. Deine Schrift, die mir jedes Mal wie ein Geschenk vorkam, jetzt ist sie ein Albtraum, der mich in die Tiefe zerrt. Und plötzliche weiß ich nur noch eins.
Weg. Meilen, Kilometer zwischen uns bringen, damit ich nicht wieder in deinen Armen liege. Damit ich wieder richtig Luft kriege.
Meine Füße sind schneller als mein Kopf. In Socken auf unserer sandigen Auffahrt. Ich laufe, ohne überhaupt zu wissen wohin. Einfach weg. Das Stoppschild in deine Richtung. Ich beginne, zu rennen. Immer schneller. Und schneller. Ich nehme nichts um mich herum wahr. Das Einzige, was ich spüre, ist die kalte Straße unter meinen Füßen.
Der Asphalt raubt mir die Luft zum Atmen.
Mein Herz wird immer schwerer.
Ich kann die Tränen nicht mehr zurückhalten und breche mitten auf der Straße zusammen. In diesem Moment ist mir alles egal. Ich will nur, dass du mich findet. Und obwohl ich weiß, dass du mich nicht einmal suchen wirst, ist der Gedanke an deine starken Arme, das Einzige, was mich zusammenhält.
Es ist so falsch.
Ich sollte nicht so fühlen. Ich sollte es tun wie du.
Einfach weitergehen. Weitermachen.
Ich lache verbittert auf, während die Tränen salzige Spuren auf meinen Wangen hinterlassen.
Ich bin nicht wie du.
Ich- Ich bin schwach. Zu schwach.
Du- Du bist stark. So stark, dass es für uns beide gereicht hatte. Dass du mich zusammenhalten konntest.
Es ist lächerlich.
Aber ich kann es nicht ändern.
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