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Pläne, sagte Mum stets, seien die Basis für ein erfolgreiches Leben. Und so war es nicht verwunderlich, dass sie jeden Schritt in ihrem Leben gründlich plante. Mum war eine engstirnige und ehrgeizige Frau und das Wichtigste für sie waren ihre zahlreichen Pläne und der gute Ruf. Aber das musste wohl so sein, schließlich gehörte ihr die erfolgreichste Kanzlei der ganzen Stadt und das wäre bestimmt nicht so, wenn sie nicht alles haargenau planen würde. Die zahlreichen Überstunden, die sie tagtäglich machte, spielten wohl auch eine große Rolle, denn Mum war ihre Kanzlei.
Das war auch der Grund, warum Dad uns verlassen hatte. Er hatte das Leben mit Mum satt gehabt und wollte neu anfangen. So hatte ich schon früh lernen müssen, Verantwortung zu übernehmen, denn meine Mum sah ich vielleicht ein mal in der Woche. Seit ich zwölf war, kümmerte ich mich um die Wäsche, das Essen und die Wohnung. Mum merkte davon nichts, wie denn auch? Sie würde es nicht einmal merken, wenn ich mir die Haare pink färben würde. Aber das machte mir nichts mehr aus, ich hatte mich daran gewöhnt, genauso wie ich mich daran gewöhnt hatte, dass sie meine ganzes Leben bereits verplant hatte.
Ich sollte einen guten Schulabschluss haben, damit ich Jura studieren konnte, um schließlich ihre Kanzlei zu übernehmen.
Was ich darüber dachte, interessierte sie genau so wenig, wie die Tatsache, dass ich schon eigene Pläne hatte. Naja eigentlich hatte ich keine richtigen Pläne, aber ich wusste, dass ich auf keinen Fall studieren wollte, nur um am Ende etwas zu machen, das mir keinen Spaß bereitete. Ich wollte die Welt sehen, frei sein und einfach leben. Mum hatte diese Wünsche stets als alberne Träume abgestempelt und so war klar gewesen, dass sie mir niemals helfen würde, so eine Reise zu finanzieren. Sie sah meinen Platz neben sich in der Kanzlei. Und ich hatte nicht genug Geld, um mir meine Wünsche selbst zu finanzieren, doch ich hatte mir vorgenommen, dass ich diese Reise auf jeden Fall irgendwann antreten würde.
Ich hatte meinen Schulabschluss geschafft und während all meine Freunde aufbrachen, um an die besten Universitäten des Landes zu gehen, hatte ich mir eine Wohnung am anderen Ende Londons gemietet. Mum war außer sich gewesen, als sie erfahren hatte, dass ich allen Universitäten abgesagt hatte, aber als ich ihr gesagt hatte, dass ich achtzehn war und selbst entscheiden konnte, was das Beste für mich war, hatte sie geschwiegen. Sie gab Dad die Schuld für mein Benehmen, aber solange ihre Wut nicht mir galt, ließ sie mich zumindest in Ruhe.
Ich hatte einen Job in einem kleinen Café gefunden und dank Dads Unterstützung konnte ich mir auch diese Wohnung leisten. Dad hätte mir gerne geholfen, meine Wünsche zu erfüllen, aber er war bloß KFZ-Mechaniker und verdiente nicht genug, um mir damit helfen zu können. Ich wollte ihn auch gar nicht bitten, er hatte eine neue Familie und es war schon genug, dass er mir die Wohnung bezahlte. Dafür war er mein Held, denn ich hätte es keinen Tag länger in dieser schicken einsamen Wohnung ausgehalten.
Hier war ich ebenfalls allein, aber die Wohnung war klein und so kam ich mir nicht so einsam vor wie bei meiner Mum. Ich hatte die Wohnung nach meinem Geschmack eingerichtet und war stolz auf mich, auch wenn es schien, als hätte ich nichts erreicht.
Ich war frei.
Eigentlich war das als Prolog einer neuen Geschichte gedacht, aber ich denke bis daraus etwas wird, werden noch Jahre vergehen 😳🙈
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