Nervös, Frustriert, hab ich was vergessen?- Bengt

Meine Zwillingsschwester verhielt sich schon den ganzen Tag total komisch. Sie war ungewöhnlich unkonzentriert. Ich war bis eben zwar noch mit meinen eigenen Problemen beschäftigt gewesen, aber jetzt war sie dran!

"Caya? Alles okay?" fragte ich und meine Schwester löste sich aus ihrer Trance. "Ähm...Ja. Ja bei mir schon." Ich zog fragend die Augenbrauen hoch. "Erik ist der mit den Problemen!" meinte sie. Wusste ich es doch! Caya will etwas von ihm! Ich konnte es nicht verhindern und es legte sich ein breites Grinsen auf meine Lippen. "Hör auf zu grinsen!!" forderte sie "und jetzt sei ehrlich! Findest du nicht auch, dass er irgendwie komisch drauf ist seit er auf seine Mutter getroffen ist?" Ich zuckte mit den Schultern "Ich habe da nicht wirklich drauf geachtet." "Ich will wissen was da los ist!" Ihr Blick verriet mir, dass sie sich Erik noch vorknöpfen würde und das musste ich um jeden Preis verhindern, sonst würde jede checken, dass Caya etwas von ihm wollte und das würde ganz klar Konsequenzen haben. Für beide! und davor wollte ich meine Schwester ganz klar beschützten. "Halt dich daraus!" meinte ich, aber sie schüttelte bestimmt den Kopf "Kann ich nicht!". Jetzt schnappte meine Schwester offiziell über! "Ist er das wert?" sie zuckte mit den Schultern. "Vielleicht, aber woher soll ich das wissen wenn er nichts über sich preis gibt." murmelte sie und ihre Augen verengten sich leicht, als sie Erik dabei beobachtete wie er sich seinen Wallach fertig machte. "Schlag ihn dir aus dem Kopf!" ich sah sie bestimmt an. Sie warf mir einen misstrauischen Blick zu "Hätte ich das über Mila gesagt, hättest du mindestens eine Woche nicht mehr mit mir gesprochen!" Ich seufzte und verdrehte innerlich die Augen "Das ist was anderes! Für Mila steht, wenn sie mit mir zusammen ist, nichts auf dem Spiel!" Sie musste grinsen "No Risk, no fun!" Ich konnte über meine Schwester nur den Kopf schütteln, aber wenn sie meint!

Opa kam in den Stall, griff sich nun auch einen Führstrick und holte sich eines seiner Pferde. Viele Reiter finden es komisch, dass sie sich alle die Pferde größtenteils selber fertig machen. Das hatte einen einfachen Grund, nur so konnten sie sich sicher seien, dass alles richtig angelegt ist. "Bengt? Du hjälpa mig?" Ich spürte den ruhigen und freundlichen Blick unseres Großvaters auf mir. Ich nickte und ließ Caya an Dottis Box stehen. "Hey? Vat händer med mig?" beschwerte sich Caya und sah Opa beleidigt an. "Fråga Erik" er schenkte ihr ein freundliches lächeln und kramte in seinem Putzkoffer nach einer Bürste, die er mir auch wenig später zuwarf. Mein Zwilling hatte sich nun auch von ihrem Pferd gelöst und ging mit schnellen Schritten über die provisorische Stallgasse. Sie schnappte sich ohne ein Wort eine Gamasche und legte sie Eriks Rappen an. Der Schwede starrte sie gefühlte fünf Minuten verwirrt an und machte dann einfach weiter. So waren wir alle irgendwie beschäftigt und im Stall zugange. Nur unsere Eltern rannten irgendwo auf dem Turniergelände rum und stritten sich wahrscheinlich immer noch, wegen dem Sturz heute Mittag.

Wir trafen sie am Abreiteplatz wieder. Sie hielten wegen den ganzen Fotografen extra etwas Abstand von einander. Sie wollten es nicht so öffentlich machen, dass sie wieder zusammen waren. Caya stellte sich einfach zwischen sie und lehnte sich an Papa. Caya war schon immer irgendwie voll das Papakind.

"Bengt?" Mama zog meine Aufmerksamkeit auf sich "Du bist nächstes Wochenende mit Ly bei mir auf dem Hof" Ich starrte sie einfach nur ungläubig an. Ich hatte zwar zugestimmt, als sie den Vorschlag gemacht hatte, aber ich hatte ihn nicht wirklich ernstgenommen. "Warum?" fragte ich gequält und sah zu Papa rüber in der Hoffnung er würde sich irgendwie für mich einsetzten, aber er und Caya redeten anscheinend über die verschiedenen Teams und Pferde. Mama sah mich mit einem Blick an, den wahrscheinlich nur Mütter können und er bedeutete mir einfach mal die Klappe zu halten und nicht immer alles auszudiskutieren, wie ich es sonst mit Papa tue. Aber ich wollte trotzdem wissen warum und verschränkte deswegen mit herausforderndem Blick die Arme vor der Brust. "Weil ich erstens etwas Zeit mit dir verbringen möchte und zweitens dich keiner Momentan alleine lassen möchte, wenn sie nächste Woche alle wieder auf einem Turnier sind." Jetzt hatte sie mir eine hervorragende Vorlage geliefert "Tja, aber wer sagt denn das ich alleine wäre?" triumphierend grinste ich sie an. "Falls du da an Mila denkst, dann muss ich dich leider enttäuschen mein Lieber! Sie ist nächste Woche den ganzen Samstag mit ihrer Mutter bei einem Westernlehrgang" jetzt sah sie mich triumphierend an und ich musste erstmal schlucken. Daran hatte ich nicht gedacht. Mist! Ich kam aus der Nummer also nicht mehr raus!

Ich wollte gerade etwas erwidern da erklang die blechernde Stimme des Kommentators. Er kündigte die Teams erst auf schwedisch und dann auf englisch an. Mein Blick wanderte zu Opa und Erik rüber. Opa hatte wie immer die Ruhe weg, während Erik auffällig nervös wirkte und mit großen Augen die anderen Reitsportgrößen betrachtete die an ihm vorbei ritten und ihre Kreise über den Abreiteplatz zogen. Opa sagte etwas zu dem jungen Schweden und lächelte ihn aufmunternd an, aber irgendwie schien all das bei Erik wenig zu bringen. Er nickte zwar, aber wirkte noch nicht wirklich ruhig. Sein Wallach tänzelte fast nur noch und Erik wirkte ziemlich verkrampft.

"Der Arme!" kommentierte Mama das gesehene. "Ich hoffe ich war nicht so nervös vor meinem ersten League Springen" murmelte Papa neben mir. Mama musste daraufhin lachen "Du und nervös! Morgen mehr!" Er schüttelte einfach nur den Kopf. "Caya kommst du?" fragte Mama und wies in Richtung Tribüne, als wir hinter uns das klicken einer Spiegelreflexkamera wahrnahmen. Da fotografierte wohl jemand die Reiter und Pferde für ein Reisportmagazin. Caya nickte und folgte Mama auf die Tribüne.

Es irritierte mich dass Papa sich nicht das ganze Springen ansehen wollte und Richtung Stall ging. Ihn nahm es wohl doch mehr mit als er zugeben wollte, dass er jetzt nicht selber reiten durfte. Vielleicht konnte er jetzt so nach vollziehen, wie ich mich jeden Tag am Stall fühlen, wenn ich am Geländeplatz vorbei muss.

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