Kapitel 2
Erneut klingelte es und Austin schaute überrascht zur Tür. Was war denn heute los? Er stand auf und lief erneut zur Tür, um diese zu öffnen. Bevor die Person davor etwas sagen konnte, schlug er diese einfach wieder zu. Marc schaute ihn mit offenem Mund an.
Es klopfte erneut an der Tür und sie hörten beide die männliche Stimme: „Marc. Ich weiß, dass du da drin bist. Lass uns reden. Hör zu, es tut mir leid. Es war ein Ausrutscher, eine einmalige Sache. Ich-" Weiter kam dieser jedoch nicht. Austin hatte die Tür aufgerissen, ihn am Kragen seines grünen Polo-Shirts gepackt und gegen die Wand geknallt. Mit wutverzerrtem Gesicht stand er vor dem Würstchen, das seinem besten Freund das Herz gebrochen hatte.
„Ich sage es nur einmal. Komm ihm nie wieder zu nahe. Du wirst mit deiner dreckigen Fresse nie wieder auch nur in seiner Nähe erscheinen. Du wirst ihm nicht schreiben, ihn nicht anrufen. Du bist gestorben. Hast du das verstanden?"
Marc hatte Austin erst einmal wütend erlebt. Damals hatte ein Junge in der Schule ihn verspottet, weil er schwul war. Austin hatte ihn ebenfalls gepackt und ihn angeschrien. Dessen gehässige Kommentare hatten nicht aufgehört, also hatte Austin ihn mit der Faust eine gepfeffert, dass niemand es in den nachkommenden Jahren gewagt hatte, ein schlechtes Wort über Marc zu äußern. Die Wut von damals war jedoch nichts im Vergleich zu jetzt. Einen Moment schlug Marcs Herz schneller.
„Lass mich los, du Grobian. Ich bin Marcs Freund, du hast hier nichts zu sagen", erwiderte Otis.
„Nicht mehr. Also mach dich vom Acker", sagte Austin mit kalter Stimme.
Mit einem herausfordernden Blick schaute Otis den Braunhaarigen an. „Ach ja?"
Marc sah die Szene und was danach geschah, war surreal. Austin ließ das Arschloch los und lief zu ihm. Ohne Vorwarnung, wurde er in eine Umarmung gezogen und im nächsten Moment spürte er weiche Lippen auf den seinen. Es war nur ein Moment, doch es fühlte sich wie eine Ewigkeit an.
„Ich bin sein Freund. Du bist der Fremdgeher-Ex, also zieh Leine", sagte Austin mit einem letzten wütenden Blick und schlug vor dessen ungläubigen Blick die Türe zu. Schritte erklangen und entfernten sich, er war gegangen.
Nun standen beide vor der verschlossenen Tür. Schwiegen. Als die Wut nachließ, setzte bei Austin die Erkenntnis ein. Die Erkenntnis, einen nicht wieder gut zu machenden Fehler begangen zu haben. Bei Marc setzte eine andere Erkenntnis ein. Sein bester Freund, derjenige, der immer an seiner Seite war, ihn besser kannte als er selbst, hatte ihn geküsst.
Die Herzen beider schlugen wild in deren Brust. Keiner sagte etwas. Marc drehte sich um und lief zum Sofa, auf das er sich setzte. Austin blieb stehen, konnte sich nicht bewegen.
„Sag mir die Wahrheit", erklang Marcs ruhige Stimme, der nach vorne auf die Wand starrte.
„Die Wahrheit? Welche?", fragte Austin mit bitterem Ton.
Marc drehte das Gesicht und sah etwas, was er noch nie in dessen Gesicht gesehen hatte. Selbsthass. Warum?
„Willst du wirklich die Wahrheit hören? Ich habe zahlreiche Wahrheiten für dich." Mit jedem Wort kam Austin einen Schritt näher.
„Die Wahrheit ist, dass ich Otis gehasst habe, mehr als alles andere. Nicht weil er ein Arsch war, sondern weil er dich hatte. Die Wahrheit ist, dass ich die schon seit Jahren liebe, dass ich mich nach dir verzehre. Die Wahrheit ist, dass ich dich in meinen Träumen öfter genommen habe, als ihn meinem Leben Sex hatte und seit jenem Abend keine andere Person mehr angefasst habe. Die Wahrheit ist, dass ich es nicht mehr kann. Ich kann es dir nicht mehr verschweigen, so tun, als wäre alles in Ordnung. Die Wahrheit ist, dass unsere Freundschaft in dem Moment beendet war, als ich dich geküsst habe."
Bei den letzten Worten kniete Austin vor ihm und er sah die Trauer in seinen Augen. Heute hatte er seinen besten Freund verloren.
Jener Abend. Marc wusste, welchen Abend er meinte. Der Abend, an dem er seinen besten Freund geküsst hatte. Er hatte es nicht vergessen, alles nur nicht das. Er hatte seit diesem Tag nicht mehr gewusst, was er tun sollte. Austin war hetero. Es spielte keine Rolle, welche Gefühle Marc hatte, er war nunmal keine Frau. Nun kniete dieser Mann vor ihm.
„Du solltest gehen", erklangen die Worte aus Austins Mund. Nein.
Austin schaute zu Boden, wartete, dass Marc aufstand und ging. Er wollte nicht in dessen Augen schauen, hatte Angst vor dem, was er dort sehen könnte. Weiche Hände legten sich an seine Wangen und zogen seinen Kopf nach oben. Dieser wurde von weichen Lippen empfangen. Weiche Lippen, die sich auf seine legten, eine Zunge, die den Bogen seines Mundes nachfuhr und um Einlass bat. Natürlich ließ er ihn ein. Natürlich öffnete er seine Lippen und eroberte die Lippen seines besten Freundes. Natürlich zog er ihn an sich und küsste ihn.
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