Ihre sonst so strahlenden Haare...
Resigniert äugte ich die schreienden Menschenmassen, welche rechts und links an dem breiten Weg standen und wartend das riesige Tor anstarrten, was ihnen die Möglichkeit nahm zu ihren geliebten Senpais zu kommen. Meine Ankunft an der Akademie lag nun schon zwei Wochen zurück, und in diesem Zeitraum erschien meine Wenigkeit auch nur einmal zu diesem Tumult- den man Klassenwechsel nannte. Jeden Abend stellten sich die Mädchen der Day-Class hier auf, um die Schüler der Night-Class bei dem Gebäudewechsel zu beobachten, denn das stellte ihre einzige Chance dar die Eliteschüler hautnah zu erleben. Zu diesem Zeitpunkt verfeindeten sich selbst die besten Freunde miteinander, da jede dieser Personen um die Aufmerksamkeit seines Idols geierte und wenn eine Schülerin auch nur gemustert wurde, konnte das der Anlass sein, sie aus der Klasse auszuschließen. Leicht genervt lehnte ich meinen Kopf an den Baumstamm, während meine Beine vorsichtig von dem Ast baumelten, auf dem ich saß. Ein Windzug wirbelte meine braunen Haare leicht auf und lies mir den entspannenden Geruch von Wald und Natur in die Nase steigen. Auch aus den Erzählungen von Becci, hätte ich mir nie erahnen können, dass dieses Internat mich so schnell in seinen Bann zieht. Sie hatte oft über den Unterricht und die Vorstadt geredet, aber am meisten erzählte sie von den Schulbällen, sie sollten stets lebhaft und wunderschön gewesen sein und das, obwohl sie es gehasst hat zu tanzen. Einmal war sie besonders stolz, denn ein Junge aus der Eliteklasse hatte sie um einen Tanz gebeten und ihren Erzählungen nach, war das der einzige Tanzpartner den sie am ganzen Abend hatte. Ein lautes „Peng, Peng!" riss mich unsanft aus meinen Erinnerungen. Das große Eisentor war inzwischen geöffnet und ein Junge mit blondem voluminösem Haar, deutete auf die Mädchenmassen- seine Hände zu einer Pistole geformt- während er so tat als würde er sie abschießen. Seine Seelenspiegel strahlten in einem Hellblau, wobei sie im Sonnenlicht fast schon türkis wirkten. Nun es stellte wirklich kein Geheimnis dar, um wen es sich handelte, schließlich sprach jeden Tag eine Mehrheit der Schule über ihn- über „Idol-Senpai" oder auch Aido Hanabusa. Dicht gefolgt von seinem Cousin Kain, auch „Wild-Senpai" genannt, schritt er an der Masse vorbei. Kain hatte wilde honigblonde Haare, welche in alle Richtungen standen und sein Hemd knöpfte er nie richtig zu. Misstrauisch fixierten meine Augen einen Jungen mit längeren, kupfernden Haaren. Sein Blick wanderte desinteressiert über die kreischenden Mädchen. Die Haarpracht hatte er zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden, wobei zwei kinnlange Strähnen sein blasses, makelloses Gesicht umrandeten. Rebecca hatte mir viel von diesem Jungen erzählt, anscheinend hatten sie eine innige Beziehung zu einander und deswegen wollte meine Wenigkeit mit ihm reden, er kannte sie hier wahrscheinlich von allen am besten. Vielleicht konnte er mir Informationen zu Becci's Verhalten und Befinden hier geben. Bei diesem Gedanken stieg wieder ein bedrückendes Gefühl in mir empor. Ich hatte meine kleine Schwester schon mehrere Monate nicht mehr gesehen, denn nach dem Familienessen in den Herbstferien hatten wir uns zerstritten. Es erschien so, als würde sie mich bitten nach dem Grund, für ihren Selbstmord zu suchen. Tagelang erkannte ich ihr Lächeln, wenn sich meine Augen spiegelten. Egal wie sehr ich versuchte diese Gedanken loszuwerden, dieses Gefühl, dass ihr Tod etwas mit mir zu tun hatte verschwand nicht. „Alles in Ordnung Rosecliff-san?" besorgt schauten Kaname's kastanienbraunen Augen zu mir hinauf. Je länger meine Wenigkeit schwieg, desto durchdringender wurde sein Blick- als würde der Braunhaarige versuchen in mein Seelenleben schauen. Seine Hartnäckigkeit brachte mich schließlich dazu, von dem höher gelegenem Ast zu springen, „Ja, alles bestens Senpai".
„Ja, alles bestens Senpai." Außer ihrer monoton klingenden Stimme war nichts mehr zuhören, die Aufmerksamkeit sämtlicher Personen lag nun auf uns. Natürlich war mir der Grund für ihre niedergeschlagene Art bekannt, allerdings wäre es sehr unsensibel sie so direkt darauf anzusprechen. Sanft vielen ihre taillelangen Haare in leichten Wellen um ihren Körper, während eine einzelne Strähne hinter ihrem Pony zu einem ordentlichen Zopf geflochten war. Ein sanftes Lächeln umspielte meine Lippen, nachdem ich daran denken musste, wer ihr diese Frisur zum ersten Mal gemacht hatte. Die Uniform der Day-Class stellte einen schönen Kontrast zu ihrer blassen Haut dar, aber meiner Meinung nach stand ihr ein tiefes Weinrot wesentlich besser. Doch plötzlich wurde sie aus meinem Sichtfeld gezogen, wobei meine Wenigkeit nicht mal aufschauen musste um zu wissen, welche Person hinter ihr stand.
„Kuran-Senpai", spuckte der zweite Vertrauensschüler meinen Namen verachtend aus: „ich denke es wäre besser, wenn sie nun weiter gehen. Es sei denn sie wollen den Unterricht verpassen." Der verachtende Blick, seiner fliederfarbenen Augen lag auf mir. Grob zog Zero Luciel von mir weg, ihre wütenden Blicke ignorierend. Laut seufzte ich: „Musst du denn immer so grob sein Kiryu? Auch wenn du Recht hast, ist das noch lange kein Grund eine Dame so zu behandeln. Aber Recht hast du in diesem Fall leider wirklich, auch wenn ich das nicht gern zugebe. Ich wünsche euch noch einen angenehmen Abend." Nach einem leichten Nicken setzte die Night-Class ihren Weg fort. „Das er sich das überhaupt wagt!" empört erhob Aido die Stimme. Der Blondhaarige war sehr aufgedreht und normalerweise auch sehr rebellisch was das Verbot vom Blutsaugen anging, doch er war einer meiner treusten Verbündeten und würde meine Wenigkeit immer verteidigen- auch wenn er in diesem Fall nicht dazu kam, da sein Cousin Kain, das Ganze mit einem tiefen Seufzen unterband...
Langsam bohrten sich die spitzen Dornen der weißen Rose in meine, im Mondschein schon fast weiß erscheinende Haut, worauf hin mehrere Bluttropfen über meine Finger bis hin zu meinem Handgelenk hinunterliefen. Fasziniert folgten meine Augen den Spuren der dunkelroten Flüssigkeit. Wie in Trance hielt meine Hand die Rose so unter mein Gelenk, dass das Lebenselixier ununterbrochen auf die farblosen Blätter tröpfelte. Mein ebenso farbenes Kleid legte sich sanft um meinen Körper, während ich mich aufrichtete, ohne auch nur einen Sekunde den Blick von der, sich nun färbenden Blume abzuwenden. Mein Gewand erschien eher wie ein Sommerkleid ohne Ärmel. Hinten am Rücken, konnte man es leicht binden- wie eine Art Korsett. Die Kälte legte sich sanft wie ein Mantel um mich, als würde sie mich wärmen wollen, auch wenn sie eher das Gegenteil erreichte, so dass ich einwenig fröstelte. Aber wirklich stören tat es nicht. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen, nachdem ich die Rose hatte fallen lassen und Richtung See ging. Leicht beleuchtete der Vollmond den Schulhof, welcher schon fast wie eine verblassende Welt erschien. Manche Bäume erinnerten in der Nacht an leblose Figuren. Trotz den einzelnen Geräuschen und Schatten, verspürte ich kein Gefühl von Unbehagen oder Angst- im Gegenteil sie lösten in mir ein angenehmes Empfinden aus. Ein Rauschen zog durch den Wald, als der kühle Wind durch die langsam abfallenden Blätter wehte und sogar ein paar mit sich trug. Langsam bildete sich in der Ferne eine Silhouette, welche nicht in das Bild der dunklen Landschaft passte. Sie war groß und wies menschliche Proportionen auf, außerdem musste sie seitlich zu meiner Wenigkeit stehen, da man kleine Umrisse von Nase und Mund erkennen konnte. Je näher ich ihr kam, desto deutlicher wurden die einzelnen Gliedmaßen und es blieb kein Zweifel mehr, dass es sich dabei um eine Person handelte. Schleichend gaben die Wolken den runden Mond frei, welcher die Lichtung mit einem kühlen Licht hell erleuchtete und somit auch den Schüler.
Seine kupfernden Haare strahlten im Mondschein hellblau, während er wie gebannt in den Himmel starrte, ein braunes Buch dicht an sich gepresst- als würde er darum bangen, dass er es verlieren könnte. „Du..." langsam wanderte sein gequälter Blick zu mir: „bist ihre Schwester oder? Du bist Rebecca's Schwester...".
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