24) Freundschaftsbruch
Irgendwann zwischen Sonntag und Montag
Kurz vor einem Nervenzusammenbruch
Immer noch kann ich die Worte von meiner Mutter nicht vergessen. Seit Beatrice da ist, redet sie solch einen Müll. Ich hasse sie! Ich hasse ihn! Ich will keine Halbschwester haben! Doch wenn ich genau darüber nachdenke, haben sie wohl schon immer so über mich gedacht. Nur dass sie es viel seltener offen gesagt haben.
Immer dachte ich, Dora und mich könnte nichts trennen. Dass wir zwei sowas wie die coolen Schwestern aus einem Teeniefilm wären. Und dass wir, wenn irgendein Abenteuer auf und warten würde, wir sofort mit Begeisterung zusammen alle Hindernisse überwinden würden. Aber ich hatte mich getäuscht. Dora war nicht für mich da, nein, sie hatte andere Leute gefunden. Coole Mädchen aus Frankreich, die sie nur so vergöttern, weil sie so klug ist. Sie ähnelt ihrem Vater immer mehr. So kalt, herzlos und auf sich selbst fokussiert.
Was mich dazu bringt, so über sie zu reden? Nun, meine herzallerliebste Schwester hat sich nach etlichen Tagen wieder dazu bequemt, mit mir zu reden. Nur, damit sie mir erklären kann, wie schlecht ich doch bin.
„Weißt du Lissy, wir waren schon so lange Freunde. Und ich dachte wirklich, dass du ein netter Mensch bist und niemals etwas Böses tun könntest", begann sie ihre Rede. Immer noch erinnere ich mich an jedes einzelne verfluchte Wort. Doch wie sollte ich es auch vergessen?
„Was meinst du?", fragte ich nach, als ob ich nicht wüsste, worum es ging. „Hast du eine Prügelei anzubieten, oder welchen Plan hecken wir jetzt wieder aus?" Mit gespieltem Übermut versuchte ich alles aufzulockern.
„Lissy. Sei doch nicht so ein Baby. Wir sind längst keine kleinen Kinder mehr und du solltest aufhören, dich so zu benehmen." Dieses Mal kam ich zur keiner Erwiderung, so schockiert wie ich war.
„Nur damit du es kapierst – du bist wahnsinnig. Ich weiß auch nicht, was mit dir geschehen ist, aber du bist einfach so wahnsinnig geworden. Mami und Papi hatten Recht, als sie dich einweisen lassen wollten. Deine Wahnvorstellungen sind langsam nicht mehr lustig – sie sind krank. Einfach nur krank. So wie du."
Und ich stand einfach nur da und habe nichts gesagt. Sie hat in dem höhnischsten Tonfall über mich geredet und ich stand einfach nur da. So wie sonst. So wie schon immer. Und hoffte wieder nur darauf, dass sie mir meinen fehlenden Mut verzeihen würde. Doch diesmal verzieh sie mir nicht. Nein, diesmal nicht.
„Ich will nicht mehr deine Freundin sein, Lissy. Dass du arme, unschuldige Mädchen ärgerst, ist schon schlimm genug. Dass du dich mit jemandem außer mir befreundest, ist einfach nur jämmerlich. Aber dass du auch noch deiner gesamten Familie den Rücken kehrst, das ist abscheulich. Allein das, was du über Papi sagst - "
An der Stelle unterbrach ich sie. Woher konnte sie so viel wissen? Ich hatte ihr das alles definitiv nicht erzählt. Nein, sie hatte mein Tagebuch gelesen. Meine eigene Schwester spionierte mir hinterher. Naja, die andere wollte mich zwar umbringen, aber es war dennoch unglaublich. Wo ich ihr doch all die Jahre vertraut hatte.
„Einzig und allein dein Benehmen ist abscheulich, Dora", meinte ich. Verblüfft stand sie da. Ich hatte noch nie das Wort gegen sie erhoben, doch anders als gedacht, schämte ich mich nicht, sondern war stolz. Ich war nicht irgendjemand, der sich kommandieren ließ. Nein, dieses Mal war ich mutig.
„Abscheulich", wiederholte ich noch einmal und drehte mich um. Seitdem habe ich Dora nicht wiedergesehen, da sie mir aus dem Weg zu gehen scheint. Doch das zählt nicht. All die Jahre habe ich mich kommandieren lassen, doch damit war jetzt Schluss. Ich würde nie mehr nachgeben und mich für schuldig erklären, wenn ich nichts getan hatte. Meine Familie würde noch sehen, was sie davon hatten, mich all diese Jahre zu hassen.
Rot.
Blut.
Rot.
Blut.
Rache.
Ja, Rache. Rache für all die Zerstörung in meinem Herzen...
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