14) Blutflecken und Ausflüge
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Die blöden Kopfschmerzen sind verschwunden, Beatrice leider nicht. Um vier Uhr aufstehen zu müssen, ist schon schlimm genug, nur weil man alle fünf Minuten kontrolliert wird, ob man nicht trinkt. Aber wenn das Zimmer voller blutiger Tücher ist, möchte man am liebsten nur schreien!
Ja, an allen Wänden hängen Mengen von Tüchern voller getrockneter Blutflecke. Ich wage nicht, sie alle anzufassen, in der Hoffnung, Beatrice möge alles wieder abholen und ihr getrocknetes Blut in ihrem Körper saugen. Oder was auch immer sie macht. Aber ich will es nicht an meinen Wänden sehen.
Hamlet, manchmal bemerke ich, wie kalt wir geworden sind. Dich schien der Tod nicht zu stören und ich rede hier über Blut, als wäre es eine tote Fliege. Wenn man schon weniger Mitleid gegenüber Menschen als Fliegen gegenüber hat, wie nah ist man dann der Gleichgültigkeit? Ach Hamlet, wir beide werden wohl niemals alles perfekt machen können, mein Lieber. Wir verfallen beide in endgültiges Leid.
Was mache ich nun mit den Tüchern? Oh, wie gerne würde ich sie ihr ins Gesicht schmeißen! Vielleicht würde dann ihr Grinsen verschwinden. Ihr unentbehrliches Lächeln, das alle zum Schmelzen bringt. Ihre grünen Augen, die voll Freundlichkeit auf der Menschheit ruhen. Man merkt mir den Hass an, nicht wahr, Hamlet?
Aber mein anatomisches Vorwissen wächst. Nun weiß ich nicht nur, dass Blut braun wird, sondern auch sehr viel, was in der Medizinlehrbüchern meines Vaters steht. Wenn ich diesen Schock verkrafte, kann ich eigentlich gleich Medizin studieren. Wenigstens die Rechtsmedizin ist wirklich faszinierend.
Welches Spiel spielt sie eigentlich hier? Es ist mir immer noch ein Rätsel. Mal tot, mal lebendig, treibt sie mich nur in den Wahnsinn. Ob das wohl das Ziel ist? Aber wieso? Ach was, so sehr interessiert sich doch niemand für mich. Nein, da muss etwas Größeres dahinter stecken.
Solange ich hier sitze, komme ich einfach auf keine Ideen! Mein Kopf ist leer, ich werde alle fünf Minuten kontrolliert und unterhalte mich mit einem Geist! Nichts gegen dich, Hamlet. Aber wenn schon der Toilettengang zur Überwachungsaktion meiner Eltern wird, die alle zwei Minuten klopfen, hält man es irgendwann nicht mehr aus. Wenigstens habe in der Nacht eine halbe Stunde Ruhe, bis der nächste klopft. Holt mich aus dieser Irrenanstalt! Ja, die Psychiatrie haben sie auch angerufen. Ich bin wohl labil und selbstmordgefährdet. Wer's glaubt, wird selig. Nur weil Beatrice schon wieder etwas nach der Schule erzählt.
Wie gerne würde ich jetzt Dora besuchen, doch ich kann es nicht. Nicht bei dieser Kontrolle. Nicht in Frankreich. Nicht heute. Ach was, vergessen wir doch mal die Probleme und ziehen es durch! Dieses Warten bringt ja eh nichts.
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Auf dem Weg nach Frankreich! Ja, ich habe mein Ziel verwirklicht. Da Dora schon fünfzehn ist, darf sie allein fahren und nun ja... durch Zufall war ihr Schülerausweis in meiner Tasche.
Mal sehen, wie weit ich mit meinen hundertfünfzig Euro komme, ein Drittel haben sie mir schon am Bahnhof abgeknöpft für das blöde Ticket, doch Schwarzfahren wollte ich nicht riskieren.
Wann wohl meine Eltern mein Verschwinden bemerken? Das gibt bestimmt noch mehr Ärger, aber zurück gehe ich jetzt nicht mehr. Ob ich es nach Frankreich schaffe oder auch nicht, Beatrice bin ich fürs Erste los. Diese Sitze sind wirklich gemütlich, ausruhen kann man sich prima, also wozu aufregen? Es wird bestimmt der beste Ausflug aller Zeiten.
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