10) Leichen und Monster
16: 17
Beatrice liegt gerade tot in meinem Zimmer. Was soll ich bloß tun? Ich habe sie nicht umgebracht!
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16: 18
Rot.
Blut.
Rot.
Blut.
Tod.
Wieso hat diese Leiche bloß blaue Augen? Beatrice hat doch grüne!
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16: 20
Also... was mache ich jetzt mit Beatrice? Sagen kann ich es niemandem, die werden mich entweder für verrückt oder eine Mörderin halten, auch wenn die zweite Möglichkeit gar nicht so schlimm klingt.
Beatrice war einfach plötzlich da. Wie schon zuvor auf meinem Teppich, nur dass es diesmal kein fließendes Blut gab, das noch Spuren hinterlassen konnte.
Aus ihren blauen Augen sieht sie mich nun an und liegt tot da. Die Wunde in der Brust so groß wie eh und je, doch nun auch noch blutverkrustet. Medizinerin werde ich nach diesem Anblick definitiv nicht mehr.
Rot.
Blut.
Rot.
Blut.
Tod.
Muss mich Beatrice selbst dann ärgern, wenn sie gerade tot ist?
Ihr schreckliches Gesicht bekomme ich nie aus meinem Kopf, sowie ihre Leiche nun nicht aus meinem Zimmer. Wieso muss sie auch immer in meiner Nähe sterben?
Irgendein Schwindelgefühl macht sich in mir breit. Am liebsten würde ich zu Mami rennen 8und ihr alles erzählen, doch die Konsequenzen kenne ich schon. Vermutlich gehe ich einfach aus dem Zimmer, bleibe zehn Minuten fern und die Leiche ist verschwunden. Es ist wohl die beste Lösung für uns alle.
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16: 28
Beatrice ist immer noch nicht verschwunden. Tot sieht sie eigentlich schlimmer aus als lebendig. Was mache ich bloß mit ihr? Mutter meint sicherlich, ich hab sie umgebracht. Hilfe!
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16: 39
Beatrice war wirklich schwer. Noch nie kam mir die Treppe ins Dachgeschoss so hoch vor, bei jeder Stufe rutschte sie mir aus den Fingern. Aber was soll ich bloß machen? Nun sitze ich im obersten Stockwerk, um mich herum Gerümpel und Leichen und betrachte meine Austauschschülerin.
Außerdem ist es grauenhaft gewesen, zu erfahren, wie kalt sie manchmal sein kann. Ob ihr Herz, oder ihre Hände kälter sind, weiß ich nicht, aber beides könnte aus dem Kühlschrank stammen.
Das Positive daran ist, dass das nicht jeder von sich sagen kann. Und wenn ich mir Beatrice genauer ansehe, ist sie, wenigstens im Moment, etwas schlimmer dran als ich. Außerdem haben wir viel Platz auf dem Dachboden, dann kann ich sie auch liegenlassen.
Doch was ist, wenn die Leiche zu verwesen beginnt? ich weiß nicht, ob mir die tote oder die lebendige Beatrice lieber ist, auf jeden Fall sind beide Quälgeister.
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19: 47
Das Abendessen war so still wie üblich, nur mit der Ausnahme, dass ich Beatrice nicht dabei sehen musste. Meine Eltern sahen pausenlos zur Tür herüber, während ich versuchte, möglichst wenig die Augen auszumachen, da ich dann ihr Gesicht los bin.
Nach einiger Zeit fragte meine Mutter, ob ich Beatrice nicht herunterholen könnte, was mir erst einen Schrecken einjagte. Doch dann verstand ich, dass sie nicht den Dachboden, sondern ihr Zimmer meinte.
"Natürlich. Ja, das mache ich", antwortete ich nach einigen Sekunden. Das kleine Zögern und meine Nervosität fielen ihr wohl nicht auf. Sie war zu sehr mit den Gedanken bei Beatrice, natürlich. So wie immer.
Etwas trotzig stampfte ich die Treppe hoch. Was sollte ich wohl erzählen? Dass Beatrice nicht da war? Nein, wenigstens nachschauen musste ich. Selbst wenn ich die Antwort schon zu kennen glaubte.
"Beatrice?" So normal wie nur möglich rief ich nach ihr.
Dann kam sie ganz gemütlich mit entgegen. Das kleine, freche Biest mit den grünen Augen.
"Was ist los?", fragte sie scheinheilig. Ihre Zimmertür fiel direkt hinter ihr ins Schloss, doch es sah aus, als hätte sie etwas gesucht. Doch was bloß? Und wieso?
"Essen ist fertig. Du sollst herunter kommen." Oh, trotz allem werde ich nicht von einem Tag auf den anderen extrem freundlich zu ihr. Selbst, wenn ich ihr mittlerweile zum Teil auf die Spur komme.
Als sie herunter ging, machte ich mich auf den Weg auf den Dachboden, nur um dort den Schrecken meines Lebens zu bekommen. Einen Schreck, den ich jetzt noch nicht auszusprechen wage....
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