42. Financial trouble

Lilly und Peter kamen zwei Tage nach dem meine Uni wieder begonnen hatte aus Japan zurück. Sie brachten dabei nicht nur einen Jetlag mit, sondern außerdem eine ganze Menge Mitbringsel. Am besten gefiel mir die Plastikfigur, die einen winzigen Niall darstellte. Ich plante, ihn damit später kräftig aufzuziehen.

„Hey Lena, magst du nachher für uns kochen, oder hast du andere Pläne?", wollte Lilly von mir zur Mittagszeit wissen. Ich saß gerade im Wohnzimmer und bereitete ein Referat vor. Jedenfalls versuchte ich das, denn richtig konzentrieren konnte ich mich irgendwie nicht.

„Ich koche gern für euch. Irgendwelche Wünsche?", fragte ich. „Vielleicht kommt Niall auch noch dazu am Abend."

„Keine Wünsche, mach etwas, worauf du Lust hast. Aber nichts Japanisches bitte, davon haben wir erst einmal genug." Peter lachte im Hintergrund.

Da ich sowieso nicht wusste, wie ich ein japanisches Gericht zustande bringen sollte, war mir das ganz recht. Stattdessen beschloss ich, ein bisschen deutsche Kultur auf den Teller zu bringen und entschied mich für Schnitzel.

Da ich dafür noch einkaufen gehen musste, schrieb ich mir einen Zettel mit allen benötigten Zutaten und was sonst noch gerade fehlte. Um sicherzugehen, dass ich auch genug Geld auf dem Konto hatte, um das zu bezahlen, rief ich mein Online-Banking auf. Meinen Laptop hatte ich praktischerweise gerade noch angelassen.

Nachdem ich mich eingeloggt hatte, bekam ich jedoch einen ziemlichen Schock. Es war gut, dass ich nachgesehen hatte, denn auf meinem Konto befanden sich nur noch knapp 30 Pfund. Wie das passieren konnte war mir ein Rätsel, schließlich arbeitete ich inzwischen seit mehreren Monaten.

Beim Scrollen durch meine Ausgaben und Einnahmen fiel mir allerdings auf, dass in den letzten Monaten nur das Kindergeld und die Unterhaltszahlungen von meinen Eltern eingegangen waren, nicht jedoch irgendeine Art von Arbeitslohn. Wie konnte das passieren? Ich hatte Mr Brown schließlich oft genug daran erinnert, und er hatte mir auch versichert, das überwiesen zu haben. Für einen Moment rechnete ich nach, wann das wohl gewesen war. Allerdings konnte ich mich nicht richtig daran erinnern. Es war auf jeden Fall vor Lukas gewesen, das wusste ich noch.

Ich wurde richtig wütend auf mich selbst. Ich war so mit mir beschäftigt gewesen, dass ich diese Sache vollkommen außer Acht gelassen hatte. Auch als ich etwas stutzig gewesen war, hatte ich mir überhaupt keine Sorgen darum gemacht, und jetzt stand ich fast ohne Geld da. Was war nur passiert? Hatte Mr Brown das vielleicht wirklich nur erneut vergessen, oder machte er das mit Absicht? Ich wollte dem meist sehr freundlichen Herrn keine bösen Absichten unterstellen, aber das kam mir doch sehr merkwürdig vor.

Fast so merkwürdig wie seine Erklärung zu Jeans und Janes Auftrag für das Album, wenn ich genau darüber nachdachte. Er hatte mir nur sehr ausweichend auf mein Nachhaken geantwortet. Dass das ihr Comeback wäre, dass man das schon zurechtschneiden konnte, und dass die Bearbeitungssoftware schließlich immer besser wurde, und viele berühmte Sänger eigentlich keinen geraden Ton herausbekamen. Ich hatte nur genickt, aber richtig zustimmen konnte ich ihm nicht. Mir war schon klar, dass Popsänger nicht immer gut singen konnten, aber ein gewisses Grundtalent mussten sie einfach haben, alles andere war nicht gut fürs Geschäft. Im Endeffekt war es aber seine Entscheidung, wessen Album er aufnehmen wollte, und es war sicher nicht meine Aufgabe, ihn eines Besseren zu belehren.

Ich wusste überhaupt nicht, was ich jetzt tun sollte. Ich hatte ihn bereits einmal deswegen angesprochen und glaubte nicht, dass das irgendetwas bringen würde. Aber welche anderen Möglichkeiten hatte ich noch? Daran hing nicht nur meine Einnahmequelle, sondern auch mein Studium, fiel mir in diesem Moment ein. Ohne ein Stipendium konnte ich mich getrost von meinem Platz verabschieden. Einen Nebenjob zu finden war leicht, aber meinen Studienplatz hatte ich mir nur mit viel Glück sichern können.

Fassungslos schloss ich mein Banking Programm und fuhr meinen Laptop herunter. Das musste ich jetzt erst einmal verarbeiten und schnellstmöglich eine gute Lösung finden. Irgendetwas war hier ganz gewaltig faul.

Es war gut, dass ich nun direkt eine Aufgabe hatte, der ich mich zuwenden konnte. Ungewöhnlicherweise hatte ich tatsächlich noch etwas Bargeld im Portemonnaie, sodass ich den Einkauf problemlos erledigen konnte. In London brauchte man eigentlich überhaupt kein Bargeld, denn Kartenzahlung war selbst an Marktständen möglich, aber da sich das in Deutschland deutlich anders gestaltete, hatte ich immer noch die Angewohnheit, Bargeld mit mir herumzuschleppen. Für die nächste Zeit musste ich mir jedoch dringend eine Lösung einfallen lassen.

Bevor ich mit dem Kochen begann, setzte ich mich noch einmal an mein Referat, denn bis zum Abend war es noch genug Zeit und wir hatten alle noch keinen Hunger. Peter schaute am Nachmittag mit einer Schüssel Müsli bei mir im Wohnzimmer vorbei.

„Na, kommst du voran?", wollte er wissen und setzte sich auf die Couch.

„Naja, es geht so." Ich zuckte mit den Schultern. „Irgendwie nicht so richtig." Meine Gedanken kreisten immer wieder um das fehlende Geld auf meinem Konto.

„Worum geht es denn?", fragte er nach und begann, sein Müsli zu löffeln.

„Die Unterschiede der Qualität von Mikrofonen der letzten 20 Jahre. Im Grunde muss ich ganz viel recherchieren und es ist einfach trocken. Sag mal, warum isst du denn eigentlich?", fiel mir auf.

Peter schien peinlich berührt. „Ich dachte, falls mir das Schnitzel nachher nicht schmeckt, gehe ich auf Nummer sicher."

„Wow, du hast ja echt gar kein Vertrauen in meine Kochkünste." Spielerisch verschränkte ich die Arme vor der Brust. „Ich habe mich echt gebessert."

„Ich weiß", gab er zu. „Aber bis dahin habe ich auch sicher wieder Hunger", versuchte er sich aus der Affäre zu ziehen.

„Jaja." Wir lachten beide. Ich wusste ja, dass er es nicht böse meinte und konnte verstehen, weshalb er mir in dieser Hinsicht nicht richtig traute.

Nach zwei weiteren qualvollen Stunden der Arbeit am Referat, die mich kaum weiterbrachten, machte ich mich auf den Weg in die Küche.

Ich hatte noch nie ganz allein Schnitzel zubereitet, sondern immer nur gemeinsam mit meiner Mutter, weshalb ich alles, was ich tat, mehrmals durchdachte. Zuerst schob ich die Tiefkühlpommes in den Ofen, denn diese würden am längsten brauchen.

Das Klopfen und Panieren des Fleisches, sowie das Anbraten in Butter waren keine große Herausforderung für mich, aber bei der Zubereitung der Soße geriet ich doch etwas ins Schwitzen. Ich briet zuerst die kleingehackten Zwiebeln an und gab dann die Pilze dazu. Leider waren es nur welche aus der Dose, weil ich im Supermarkt, wohl auch aufgrund der Jahreszeit, keine frischen gefunden hatte. Mit einem Becher Sahne bekamen die Zwiebeln und die Pilze dann auch direkt eine soßenähnliche Form. Um den Geschmack zu verbessern fügte ich noch allerlei Gewürze und Kräuter hinzu, die ich in der Küche aufstöbern konnte. Alles, was gut roch, landete darin. So auch das Zimtpulver, dessen Verschluss jedoch etwas hakte. Bei dem Versuch, diesen aufzudrehen, rutschte ich mit der rechten Hand ab und der Deckel löste sich plötzlich. Da ich diesen schräg gehalten hatte, um mir das Öffnen zu erleichtern, landete direkt eine Menge im Topf, von der ich wusste, dass ich das geschmacklich nicht mehr rückgängig machen konnte. Nun gut, dann gab es eben Schnitzel mit Zimtsoße. Die Weihnachtszeit war ja auch gerade erst vorbei. Als die Soße aufkochte, begann gleichzeitig der Timer am Ofen zu piepen und etwas überfordert mit dem Multitasking machte ich kurzerhand die Ofentür auf. Das hatte jedoch keinen Effekt.

Das laute Piepen schien auch Lilly anzulocken, denn diese stand plötzlich im Türrahmen der Küche. „Ist alles klar bei dir oder brauchst du noch Hilfe?" Diese Frage hätte passender nicht kommen können. Mit dem piependen Ofen, der aufkochenden Soße und den brutzelnden Schnitzeln in der Pfanne war ich deutlich überfordert.

„Hilfe." Ich sah auf. „Wie geht nochmal das Piepen aus?"

Lilly zeigte es mir, sodass wir den Ofen zum Verstummen bringen konnten. Die Pommes sahen auch schon ganz gut aus. Ich wandte mich also der aufkochenden Soße zu, die ich noch zweimal umrührte und die dann auch fertig war. Ich drehte die Herdplatte auf eine kleinere Stufe herunter und musste jetzt nur noch die letzten zwei Schnitzel fertig braten. Die anderen ruhten bereits auf einem Teller neben der Herdplatte. Ich drehte sie noch einmal in der Pfanne um und sah, dass die Kruste bereits goldbraun war.

Wie auf Kommando klingelte es an der Tür, welche Lilly öffnete.

„Unglaublich, kaum gibt es etwas zu Essen ist Niall Horan nicht weit", witzelte sie zu seiner Begrüßung und spielte damit darauf an, dass die One Direction Fans, vor allem am Anfang, Niall größtenteils mit Essen in Verbindung gebracht hatten.

Ich brachte den Soßentopf und den Teller mit den fertigen Schnitzeln rüber und stellte diese auf den Tisch. Lilly und Niall deckten unterdessen unsere Teller und das Besteck. Als Nialls und mein Weg sich kreuzte, stoppten wir für einen Moment und küssten uns zur Begrüßung. In der Küche versuchte ich nun mein Glück damit, die Pommes aus dem Ofen zu holen. Zwar hatten wir Ofenhandschuhe, jedoch war es damit deutlich schwieriger, die Pommes vom Blech in eine Schüssel zu schieben. Ich konnte das heiße Blech nicht aus dem Ofen holen, weil ich keinen Abstellplatz dafür hatte. Also gab ich mein Bestes, in gebückter Haltung die Pommes in die Schüssel zu verfrachten. Dabei half mir der Pfannenwender, der übrigens leider keine Gitarrenform aufweisen konnte.

Dummerweise fielen ein paar Pommes daneben und waren somit nicht mehr zu retten, aber die meisten schafften es in die Schüssel.

Die verlorenen Pommes sammelte ich auf und schmiss sie sofort in den Müll. Dann erst nahm ich das Salz und würzte die Pommes in der Schüssel grob damit.

Sicherheitshalber griff ich mir noch den Tomatenketchup aus dem Kühlschrank. Falls meine Soße ungenießbar sein sollte, hatten wir zumindest eine gute Alternative.

Am Tisch hatte sich nun auch Peter dazugesellt und schien gewillt, meinen Kochkünsten zumindest eine Chance zu geben. Sicherheitshalber warnte ich vor der Soße und gab dann jedem ein Schnitzel auf den Teller. Lilly verteilte kleine Kleckse der Soße dazu und Peter nahm sich den Pommes an, denen er zu vertrauen schien. Jedenfalls landete eine besonders große Menge davon auf seinem Teller, wie mir auffiel.

Da ich sehr neugierig war, ob die Zimtsoße mit dem Schnitzel schmecken würde, probierte ich das gleich zuerst. Ich hätte es niemals für möglich gehalten, aber tatsächlich passte der Zimt irgendwie zum Schnitzel. Es war auf jeden Fall gewöhnungsbedürftig, aber schlecht schmeckte mein Gewürzunfall nicht.

Peter schien dem Ganzen nicht zu trauen und hatte gleich nach dem Ketchup gegriffen, aber Niall nickte beim Kauen und Lilly schien es zumindest nicht eklig zu finden.

Ich war froh und ein bisschen stolz, dass ich es zumindest geschafft hatte, alle satt zu machen.

Nach dem Essen räumten Niall und ich gemeinsam die Küche auf. Lilly und Peter hatten sich in ihr Zimmer verzogen und schienen sich weiterhin vom Jetlag ausruhen zu wollen.

Während ich die Spülmaschine einräumte und Niall die Pfanne schrubbte, hielt ich es für einen guten Moment, von dem finanziellen Desaster auf meinem Konto zu berichten.

Es war mir sehr unangenehm, darüber zu reden, aber ich wusste, dass kein Weg daran vorbeiführte. Alleine konnte ich keine Lösung für mein Problem finden.

Niall hörte mir aufmerksam zu, bis ich zu dem Teil kam, an dem ich erzählte, dass ich immer noch keinen Lohn für meine Arbeit im Tonstudio erhalten hatte.

„Bitte was?", unterbrach er mich entsetzt. „Ist das dein Ernst?"

„Naja, schon", zuckte ich hilflos mit den Schultern. „Ich habe einfach keinen weiteren Gedanken daran verschwendet, weil alles andere so drunter und drüber lief."

„Lena, das geht gar nicht!", sagte Niall aufgebracht. „Der Kerl nutzt deine Arbeitskraft einfach aus."

„Aber er bezahlt doch mein Stipendium", gab ich unsicher zurück. „Was kann ich denn da machen?"

„Oh, mir fällt da eine Menge ein." Niall schien ziemlich wütend zu sein. „Ich rufe gleich meinen Anwalt an, damit wir das gleich richtig klären können."

„Kann der denn da etwas machen?", fragte ich nach.

„Na klar. Du hast doch eine Kopie des Arbeitsvertrages, oder? Ich bin mir sicher, dass dort auch irgendwie steht, wie dein Lohn aussieht und wann du ihn bezahlt bekommst. Wenn er dagegen verstößt, kann er mit Einigem rechnen."

„Ich kann die Kopie gleich raussuchen." Ich schloss die Spülmaschine und machte Anstalten, aus der Küche zu gehen.

„Sehr gut, dann schauen wir uns den gleich gemeinsam an", bestimmte Niall und legte die abgewaschene Pfanne neben die Spüle.

Zusammen gingen wir in mein Zimmer, in welchem ich einen Ordner aus dem Regal holte.

„Hier muss das irgendwo sein", murmelte ich. Aus einer Klarsichthülle zog ich den dicken Vertrag und wir setzten uns auf das Bett, um ihn durchzusehen.

Niall nahm sich die eine Hälfte vor und ich die andere, denn es waren sicher über 20 Seiten.

„Hier steht, wie viel Geld ich pro Stunde bekomme", triumphierend tippte ich auf eine Stelle auf Seite 4.

Niall lehnte sich direkt zu mir herüber. „Stimmt, das ist auf jeden Fall gut. Du kannst deine Arbeitsstunden ja auch nachweisen, oder?"

Ich nickte. „Ich habe das immer protokolliert, und auch in Stichpunkten geschrieben, was ich gemacht habe."

„Allerdings steht hier nicht, zu wann du diesen Lohn überwiesen bekommst", murmelte Niall, der inzwischen weitergelesen hatte. „Ich denke, ich gebe das einfach mal weiter, damit wir das prüfen lassen können."

Das hielt ich für eine gute Idee und war froh, dass Niall direkt wusste, was zu tun war. Ich fühlte mich mit der Situation einfach nur überfordert.

Kurze Zeit später telefonierte Niall auch schon mit seinem Anwalt, und gab ihm die Eckdaten durch. Der Vorteil daran, ein internationaler Superstar und damit guter Klient zu sein, zeigte sich eindeutig daran, dass Niall ihn scheinbar zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichen konnte. Der Anwalt versprach, sich darum schnellstmöglich zu kümmern, was mich ein Stück weit erleichterte.

Allerdings waren meine finanziellen Probleme immer noch da und ich war mir sicher, dass die Sache mit dem Anwalt längere Zeit in Anspruch nehmen würde. Wie sollte ich es schaffen, die nächste Miete, mein Essen und die Nutzung des Nahverkehrs zu bezahlen?


Hallo ihr Lieben,
ich hoffe euch geht es gut und euch hat das Kapitel gefallen. Ein bisschen Drama muss sein,
oder?

Was haltet ihr von Lenas finanzieller Situation? Habt ihr schon einmal etwas Ähnliches erlebt?
Und würdet ihr gern einmal Schnitzel mit Zimtsoße probieren?

Ich hoffe ihr hattet am Sonntag einen schönen 1. Advent und habt heute schon das erste Türchen eures Adventskalenders geöffnet. Welche Art von Adventskalender habt ihr dieses Jahr? Lest ihr hier Adventskalender-Geschichten, mögt ihr den klassischen mit Schokolade oder doch etwas ganz Anderes?

Ich freue mich auf eure Kommentare!
Liebe Grüße
Catrifa xx

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