37. Togetherness
„Lena, was war das denn?" Atemlos löste sich Niall von mir.
Ich wusste nicht genau, ob ich das positiv oder negativ auffassen sollte, deshalb fragte ich sicherheitshalber nach. „Was meinst du?"
„Ich habe gerade das Gefühl, dass du mich zum ersten Mal richtig geküsst hast." Ein Grinsen stahl sich auf seine Lippen. „Und halleluja, war das gut."
Als Antwort darauf konnte ich nur grinsen. Ich hatte keine Worte, um auszudrücken, wie ich mich gerade fühlte. Aber Niall schien mich irgendwie auch so zu verstehen, er nahm ebenfalls wortlos meine Hände in seine und drückte sie fest.
Die ganze Fahrt über schwiegen wir auf diese Weise. Ich hatte eine solche Stille noch nie zuvor erlebt. Wir sahen uns einfach an und unsere Blicke kommunizierten miteinander. Es war die Art von Kommunikation, die man nicht in Worte übersetzen konnte.
Plötzlich hielt unser Fahrer an und ein Blick aus dem Fenster bestätigte mir, dass wir bereits bei Nialls Haus in Hertfordshire angekommen waren. Niall bezahlte unsere Taxifahrt und der freundliche Fahrer reichte mir meinen Koffer. Nialls Koffer hatte ja die ganze Fahrt über im Fußraum gestanden, also kümmerte er sich selbst darum.
Meine Aufregung stieg erneut bei dem Gedanken, gleich mit Niall in seinem Haus allein zu sein. Gerade hatte sich für mich eine ganz neue Ebene unserer Beziehung aufgetan. Ich merkte, dass ich Niall nicht nur psychisch, sondern auch körperlich vermisst hatte. Ich wollte ihm in diesem Moment so nah sein wie nur möglich.
Deshalb zog es sich für mich ewig hin, dass Niall sich noch für einen Moment mit dem Taxifahrer unterhielt.
„Danke noch einmal für die schnelle Reaktion, das war nicht selbstverständlich", bedankte der Ire sich.
„Kein Problem. Ihr Leben möchte ich nicht haben", zuckte der Taxifahrer nur mit den Schultern. „Einen schönen Tag noch und kommen Sie gut ins neue Jahr." Ein Zwinkern konnte er sich wohl nicht verkneifen, das hatte sogar ich gesehen. Dann stieg er zurück in sein Taxi, winkte noch einmal und wendete, wohl um wieder zurück in Richtung Flughafen zu fahren. Ein bisschen tat er mir leid, weil er am Silvesterabend arbeiten musste. Aber irgendwie hatte er sich das ja auch selbst ausgesucht, und außerdem war das in diesem Moment höchst irrelevant.
Fast schon ungeduldig nahm ich Nialls Hand und zog ihn zu seinem Gartentor, welches er aufschloss. Für den Fall, dass er länger verreiste und Willie sich nicht um das Haus kümmern konnte, hatte er das Schloss anbringen lassen, und bisher leistete es gute Dienste. Man konnte ja nie wissen, welcher verrückte Fan doch mal seine Adresse herausbekam.
Im Hausflur angekommen zogen wir beide unsere Schuhe und Jacken aus, und während Niall seinen schicken Mantel aufhängte, beobachtete ich ihn genau. Mir wurde ganz warm bei dem Gedanken, dass wir uns vielleicht gleich wieder so küssen würden wie im Taxi.
„Na, schaust du mich gern an?" Niall drehte sich zu mir herum und grinste breit. Das musste ich ohne zu zögern bejahen. Und ich wurde auch nur ein kleines bisschen rot dabei. Warm war mir ja sowieso schon. Er ging langsam auf mich zu. „Ich schaue dich auch gern an, Lena. Du bist so wunderschön." Dabei strich er mir langsam mit seinem Daumen über meine Wangen und schließlich über die Lippen.
Ich erzitterte und konnte kaum begreifen, was hier gerade passierte. Ich wusste nur, dass mir der Abstand zwischen uns immer noch viel zu groß war. Mit einem beherzten Schritt in Nialls Richtung änderte ich das und schlang meine Arme um seinen Nacken.
Unsere Gesichter waren sich so nah, dass ich seinen Atem auf meinem Gesicht spüren konnte. Ich konnte nur in seine unglaublich blauen Augen starren. Waren die schon immer so blau gewesen, oder sahen sie von nahem nur noch beeindruckender aus?
Mein Blick wanderte von seinen Augen über seine perfekt geformte Nase zu seinen leicht pinken Lippen. Und dann konnte ich dem Drang, ihn zu küssen, einfach nicht widerstehen. Niall schien das ebenso zu sehen, denn jetzt war er nicht überrascht von meiner Initiative.
Unsere Lippen trafen sich und es fühlte sich an wie ein kleines Feuerwerk dazwischen. Mein Kopf schaltete sich für einen Moment aus, alles was ich wusste war, dass ich Niall noch näher sein wollte. Ich drückte mich an ihn und konnte schon eine kleine Ausbeulung in seiner Jeans fühlen. Das störte mich in diesem Moment jedoch überhaupt nicht. Unsere Zungen spielten miteinander und auch unsere Hände waren nicht untätig. Ich fuhr seinen Rücken entlang und ohne ein weiteres Mal darüber nachzudenken, schob ich meine Hände unter seinen Pullover.
In diesem Moment löste Niall den Kuss. „Oh Lena, wenn du so weitermachst, kann ich mich gleich nicht mehr beherrschen." Er atmete schwer.
„Dann tu es nicht", flüsterte ich rau. „Ich möchte einfach nur so nah wie möglich bei dir sein." Ich war mir nicht sicher, ob ich mir das nur einbildete, aber Nialls Augen wurden bei meinen Worten ein ganzes Stück dunkler.
Dann blinzelte er jedoch zweimal und schob mich etwas von sich weg. „Ich kann überhaupt nicht klar denken, wenn du so nah bei mir bist und so etwas sagst", keuchte er fast schon.
„Wozu möchtest du klar denken?", fragte ich immer noch leise. Jetzt war ich doch etwas verwirrt, weil er so auf Abstand ging. Was war denn falsch daran, was ich gesagt hatte? Hatte ich vorher einen Fehler begangen oder wollte er das hier vielleicht doch nicht?
Diesen Gedanken verbannte ich jedoch ganz schnell wieder aus meinem Kopf. Niall wollte das hier ganz bestimmt, sonst hätte er die Strapazen am Flughafen nicht auf sich genommen.
„Lena, ich möchte nicht, dass du auf diese Art und Weise dein erstes Mal hast." Niall atmete tief durch. „Das soll etwas Besonderes sein und so schön wie möglich. Wenn wir so weitermachen, kann ich für nichts garantieren. Und wir haben es ja noch nicht einmal bis ins Wohnzimmer geschafft."
Das fiel mir jetzt erst auf. Ich war so mit ihm beschäftigt gewesen, dass ich gar nicht gemerkt hatte, dass wir immer noch im Flur standen. Und jetzt wurde mir bewusst, dass ich gerade fast über ihn hergefallen wäre. Mit dieser Erkenntnis schoss mir auch die rote Farbe wieder ins Gesicht.
„Vielleicht sollten wir einfach zuerst etwas essen", schlug ich vor, und Niall stimmte mir zu.
„Das halte ich für eine gute Idee. Wir beide haben hier ja schließlich noch mindestens die nächsten zwei Tage unsere Ruhe."
Unsere Koffer ließen wir im Flur stehen und gingen gemeinsam in die Küche. Kurz darauf mussten wir jedoch feststellen, dass sich in Nialls Kühlschrank kaum etwas Essbares befand. Wir fanden eine halbe Packung Butter, zwei Flaschen Bier, ein Ei und zwei Äpfel. Sich daraus eine Mahlzeit zu basteln würde höchst schwierig werden, sodass wir uns erst einmal überlegen mussten, wie wir am besten an Essen kommen würden.
„Gibt es eigentlich Lieferdienste am Silvesterabend?", überlegte ich laut.
„Na klar, wir sind doch hier in London. Also fast." Niall grinste. „Worauf hast du denn Lust? Ich lade dich ein."
Das konnte ich nicht ausschlagen, sodass wir beschlossen, bei Nialls bevorzugtem Italiener Pizza zu bestellen. Für das morgige Frühstück würden wir uns wohl noch etwas überlegen müssen, denn jetzt wollten wir auf keinen Fall mehr aus dem Haus gehen, um einzukaufen. Da waren wir uns einig.
Die Wartezeit für die Pizza verbrachten wir auf dem Sofa, wo ich meine Hände einfach nicht von Niall lassen konnte. Immer wieder strich ich durch sein Gesicht und über seine Brust.
„Du kannst wohl nicht glauben, dass ich echt bin, hm?", grinste er mich an und in seinem Gesicht erschien das Grübchen, das ich so liebte.
„Das kann ich wirklich nicht", murmelte ich.
Dieses Mal ergriff Niall die Initiative und küsste mich. Und wie er mich küsste. Ich konnte nicht genug bekommen von dem Kribbeln dort wo unsere Lippen sich berührten und miteinander verschmolzen.
Gerade saßen wir noch nebeneinander, aber er war mir einfach nicht nah genug. Deshalb drehte ich mich kurzerhand und setzte mich auf Nialls Schoß. Das schien ihm zu gefallen, denn er gab ein leises Stöhnen von sich. Und mir gefiel das auch.
Mit meinen Händen fuhr ich durch sein Haar, das sich unglaublich weich anfühlte. Währenddessen küssten wir uns immer weiter. Niall zog mich näher an sich und unsere Zungen begannen, miteinander zu spielen.
Als es schließlich an der Haustür klingelte, lösten wir uns schwer atmend voneinander.
Niall trug seinen Pullover inzwischen nur noch so halb, was mich leicht kichern ließ.
„Ups", grinste ich ihn an.
„Das kann man wohl so sagen." Er lächelte liebevoll, zupfte ein bisschen an seinem Oberteil und legte seine Hände an meine Hüfte, um mich sanft von seinem Schoß zu schieben. „Wenn ich jetzt nicht an die Tür gehe, haben wir gleich kein Abendessen", sagte er fast schon entschuldigend.
Da ich das nicht riskieren wollte, ließ ich ihn gehen.
Das war ganz schön aufregend, und ich musste mich einen Moment sammeln. Dabei dachte ich daran, was Niall vorhin im Flur gesagt hatte. Dass er nicht wollte, dass ich auf diese Art mein erstes Mal hatte. Aber wollte ich das denn? Sobald seine Lippen auf meinen lagen war die klare Antwort ja, aber jetzt, ohne Nialls Anwesenheit im Raum, war ich mir nicht ganz sicher. War ich dafür bereit?
Ich schüttelte die Gedanken ab, denn ich wollte mir darum auf keinen Fall zu viele Sorgen machen. Stattdessen ging ich in die Küche, um Teller und Besteck für die Pizza zu holen.
In diesem Moment hörte ich, wie die Haustür zu ging und Nialls Schritte Richtung Wohnzimmer führten. Mit dem Geschirr bewaffnet begab ich mich ebenfalls dorthin.
Ich gab Niall als Dank für das Essen einen Kuss, der fast ausgeartet wäre, hätte ich mich nicht daran erinnert, dass ich immer noch Teller und Messer in der Hand hielt.
Stattdessen begannen wir beide zu essen, denn wir hatten ziemlichen Hunger, und das nicht nur aufeinander. Der Magen wollte schließlich nicht nur mit Luft und Liebe gefüllt werden. Eine Zeit lang hörte ich nur das gelegentliche Klappern der Messer und unsere Essgeräusche. Mein kleiner Bruder schmatzte immer ein bisschen, und ich war froh, dass Niall das nicht tat.
Nach den ersten drei Pizzastücken bekam ich Durst und stand auf, um mir ein Glas Wasser zu holen.
„Möchtest du auch etwas trinken?", fragte ich.
„Klar, gern. Bringst du mir Sprudelwasser mit?" Seine Frage bejahte ich mit einem Nicken und ging in Richtung Flur. Dort bewahrte Niall immer noch unter der Treppe seine Getränkekisten auf.
Nachdem ich mir eine Flasche Wasser herausgenommen hatte, machte ich noch einen Abstecher in die Küche, um zwei Gläser zu holen. Diese stellte ich dann auf dem Tisch ab und schenkte uns ein.
„Schön, dass du dich hier so gut auskennst", grinste Niall. „Dann kannst du mich ja öfter mal bedienen."
Das wollte ich tatsächlich gern tun. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, wie oft Niall mich bereits bedient hatte. Da würde ich wohl mein ganzes Leben brauchen, um das aufzuholen.
Obwohl ich so einen riesigen Hunger gehabt hatte, schaffte ich nicht die ganze Pizza. Beim letzten Achtel schwächelte ich und Niall nahm sich dessen an.
Während ich ihn beim Essen beobachtete, konnte ich das Grinsen auf meinem Gesicht nicht verhindern. Ich wusste nicht, wann ich das letzte Mal so vollkommen glücklich gewesen war. Es war auf jeden Fall vor der Sache mit Lukas gewesen.
Aber daran wollte ich jetzt nicht denken, denn wir hatten Wichtigeres zu tun. Schließlich mussten wir heute noch Silvester feiern. Und dass Niall das mit mir tun wollte, bedeutete mir eine Menge. Ich wusste schließlich vom letzten Jahr, wie er den Jahreswechsel normalerweise verbrachte.
Die Silvesterfeier im letzten Jahr kam mir vor wie vor einer Ewigkeit. Damals hatte ich noch nicht in London gewohnt, war noch nicht mit Niall zusammen gewesen und eigentlich kannte ich ihn zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht richtig. Jetzt dagegen sah das ganz anders aus.
Es hatte sich so viel geändert. Ich wusste, dass ich Niall liebte. Und ich wusste, dass er mir gegenüber zumindest romantische Gefühle empfand, und dass er sich nicht einfach so einer anderen Frau an den Hals werfen würde, wie ich das vor einem Jahr gesehen hatte.
Das war ein gutes Gefühl.
„Na, was schaust du so?", wollte Niall wissen, als er die Pizza aufgegessen hatte.
„Ich habe gerade nur darüber nachgedacht, was letztes Jahr Silvester war", gab ich zu.
„Daran habe ich auf dem Flug hierher gedacht", sagte er. „Und ich denke, dass dieses Jahr sehr viel besser wird. Und vor allem, dass ich weniger Alkohol trinke und nur eine Frau küsse."
„Das will ich dir auch geraten haben", lachte ich und knuffte ihn in die Seite.
Wir waren in unserer kleinen Blase und ich hoffte, dass sie nicht wieder zerplatzen würde.
Hallo zusammen! Ich hoffe ihr genießt die Zweisamkeit zwischen Niall und Lena. Mal schauen, wie lange die rosarote Blase der beiden anhält. Habt ein schönes restliches Wochenende!
LG Catrifa xx
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