20. The weekend

„Es ist so schön, dass du hier bist." Er lächelte mich an, drückte mir einen Kuss auf und versuchte gleichzeitig, seine Schuhe auszuziehen. Das misslang ihm allerdings im ersten Moment. Beim Ausziehen und Aufhängen seiner Jacke half ich ihm schließlich, weil er sich wirklich schwer zu tun schien.

Seine Tasche nahm er dann selber und wir stiegen nebeneinander die Treppen hinauf.

Er schien allerdings nicht einmal die Energie zu haben, ins Bad zu gehen, denn nachdem ich kurz auf der Toilette gewesen war, meine Klamotten gewechselt und meine Zähne geputzt hatte, fand ich bereits einen tief und fest schlafenden Niall vor. Er schien es gerade so noch geschafft zu haben, sich auszuziehen, sodass er nur mit Boxershorts im Bett lag. Das konnte ich ziemlich genau sehen, weil er es nicht mehr fertiggebracht hatte, die Bettdecke über sich zu ziehen.

Niall sah unglaublich friedlich und irgendwie auch ziemlich niedlich aus, während er da so lag und schlief. Zum Glück lag er nur auf einer Seite des Betts, sodass ich mich jetzt, nachdem ich das Licht ausgeschaltet hatte, auf die andere legen konnte und dabei auch die Bettdecke über ihn zog.

Ich konnte immer noch nicht recht begreifen, dass wir tatsächlich beide in einem Bett waren und Niall mir die ganze Nacht so nah sein würde. Zufrieden machte ich meine Augen zu und merkte, wie ich in die Traumwelt abdriftete.

Als ich am nächsten Morgen erwachte, stellte ich mit einem Lächeln fest, dass Niall immer noch neben mir lag. Naja, eigentlich lag er eher an mir, was ein Kribbeln in meinem ganzen Körper auslöste. Eine seiner Hände lag auf meinem Bauch und streichelte diesen sanft.

„Guten Morgen", hauchte er an meinen Nacken als er merkte, dass ich wach war, und ich drehte mich zu ihm um. Sein Gesicht war mir unglaublich nah und er lächelte mich an.

„Guten Morgen." Dabei drückte ich ihm einen Kuss auf den Mund.

„Hast du gut geschlafen?", fragte er, was ich mit einem Nicken bestätigte.

„Es ist so schön, neben dir aufzuwachen", teilte ich ihm meine Gedanken mit.

„Das finde ich auch. Und ich habe geschlafen wie ein Stein. Tut mir echt leid, mit gestern Abend, aber ich war einfach nur fertig." Er sah ein bisschen zerknirscht aus.

„Das habe ich gemerkt." Ich musste lachen. „Was hast du denn in Amerika gemacht, dass du dort offensichtlich nicht besonders viel Schlaf abbekommen hast?"

„Naja, ich hatte erstmal einen Jetlag", begann er und sah mir in die Augen. „Und den ersten Abend bin ich mit ein paar Leuten feiern gegangen. Da war ich auch noch voll in Ordnung, aber dann haben mir die Studioleute mitgeteilt, dass sie die Nacht durcharbeiten wollen, und im Flugzeug konnte ich auch nicht wirklich schlafen, weil ein älterer Herr neben mir verdammt laut geschnarcht hat."

„Du Armer." Ich nahm eine Hand und streichelte ihm über die Wange. „Dann hast du wirklich ein paar anstrengende drei Tage hinter dir."

„Halb so wild, denn jetzt habe ich ein freies Wochenende mit meiner Freundin vor mir, was will ich mehr?" Er setzte sich auf. „Also, was möchtest du frühstücken?"

Er schien sich in seinem Haus und mit meiner Anwesenheit wirklich wohl zu fühlen, denn anstatt sich nach dem Aufstehen anzuziehen, ging er einfach so nur mit Boxershorts bekleidet aus dem Zimmer. An der Tür drehte er sich zu mir um. „Kommst du?"

Eilig lief ich ihm in meinen Schlafklamotten nach und er nahm meine Hand. Ich fühlte mich ein bisschen komisch, weil ich auch keine Gelegenheit gehabt hatte, einen BH anzuziehen, und ohne diesen eher selten herumlief. Andererseits hatte Niall gerade nur Unterwäsche an und schien damit keinerlei Probleme zu haben, also versuchte ich, mein komisches Gefühl zu ignorieren.

Wir machten zum Frühstück Eier mit Speck und ergänzten uns bei der Zubereitung erstaunlich gut. Eigentlich briet Niall das Essen und ich deckte bloß den Tisch und holte Getränke, aber es klappte auf jeden Fall. Und das obwohl ich ihn ständig anschauen musste, wie er da summend vor der Herdplatte stand. Wie konnte man so verboten gut aussehen? Ich hatte das innere Bedürfnis, seinen Oberkörper zu berühren und mit den Händen den Linien seiner angedeuteten Muskeln nachzufahren, widerstand dem aber. Weiter nach unten schaute ich lieber erst gar nicht.

Niall schien mein Starren zwar zu registrieren, sagte aber nichts dazu, was mir ganz Recht war. Das wäre nur wieder irgendwie peinlich.

„Sag mal, hast du das Wochenende jetzt noch irgendetwas vor?", fragte Niall beim Frühstück und nahm einen Schluck Orangensaft.

„Nicht dass ich wüsste", antwortete ich. „Die Firma, die mir das Stipendium zur Verfügung stellt, wollte sich nochmal wegen eines Jobs bei mir melden, aber ansonsten habe ich nichts geplant. Wieso fragst du?"

„Wir könnten hier heute einfach ein bisschen faulenzen, wenn du Lust hast, und du kannst gern noch bis morgen bleiben." Dieses Angebot schlug ich natürlich nicht aus. Allein schon weil ich ihn gerade ganze drei Tage lang nicht gesehen hatte. Und außerdem wollte ich unbedingt noch eine Nacht mit ihm verbringen, denn das hatte sich toll angefühlt.

„Klar, das klingt super", gab ich deshalb zur Antwort.

„Dann ist das abgemacht." Er seufzte erleichtert, was aber auch davon kommen konnte, dass er gerade den letzten Bissen Ei gegessen hatte.

Wir räumten den Tisch gemeinsam ab und schalteten die Spülmaschine an, in der auch noch einige Sachen von Willie vom vorherigen Tag gewesen waren.

Nach dem Essen schien nun auch Niall es für sinnvoll zu erachten, sich etwas anzuziehen und kurz zu duschen, was wir hintereinander erledigten. In der Zeit, in der Niall im Bad war, setzte ich mich aufs Bett und checkte mit meinem Handy meine Mails. Wie ich es eigentlich schon erwartet hatte, war auch diesmal wieder eine Mail von Lukas dabei. Da ich gerade sowieso nicht viel anderes zu tun hatte, klickte ich spaßeshalber darauf. Er konnte ja eh nicht sehen, ob ich etwas gelesen hatte oder nicht.

Was mich aber in dieser Nachricht erwartete, erschreckte mich zutiefst. Es befand sich kein Text darin, nur ein Datum, eine Ortsangabe sowie eine Uhrzeit. Und dann war da noch ein Bild. Es war jedoch nicht nur einfach irgendein Bild, nein. Es war ein Bild von mir, wie ich in der U-Bahn saß. Es war der Tag gewesen, an dem ich zu Niall gefahren war, um mit ihm über unsere Beziehung zu sprechen. Der Tag, an dem ich den Blitz gesehen hatte. Es hatte also doch jemand ein Foto von mir gemacht, und Lukas schien irgendwie darangekommen zu sein. Aber wie war das möglich?

Ich hatte keine Chance, weiter darüber nachzudenken, weil in diesem Moment Niall in das Zimmer kam. Schnell klickte ich die Mail weg und sperrte mein Handy.

„Nanu, was ist denn mit dir los?", wollte er wissen und kam auf mich zu. „Du bist ja ganz blass im Gesicht, ist etwas passiert?" Er setzte sich neben mich aufs Bett und fasste mir unters Kinn.

Ich hatte das Gefühl, ihm nicht von dem erzählen zu wollen, was ich eben gesehen hatte, sodass ich einfach ins Blaue hineinredete.

„Es ist nichts, mach dir keine Sorgen." Dabei zitterte meine Stimme.

„Ich sehe doch, dass etwas nicht stimmt." Dabei sah er mir genau in die Augen und runzelte die Stirn.

„Naja, meine Oma ist krank, aber es geht wohl schon wieder." In diesem Moment hätte ich das Gesagte am liebsten zurückgenommen, aber es ließ sich nicht mehr ändern und mir fiel auch nichts anderes ein. Ich hatte Niall gerade im vollen Bewusstsein darüber eiskalt angelogen. Nervös biss ich mir auf die Lippe.

„Oh, das tut mir wirklich leid. Hoffentlich geht es ihr bald besser." Ohne diese Tatsache zu hinterfragen lächelte Niall mich aufmunternd an und das schlechte Gewissen machte sich in mir breit. Ich hätte ihn wirklich nicht anlügen dürfen, aber die Wahrheit erzählen wollte ich eben auch nicht. Also nickte ich nur leicht gezwungen und ließ mich von ihm in den Arm nehmen.

Ich versuchte über den restlichen Tag hinweg, das blöde Gefühl in mir zu verdrängen, aber das stellte sich als schwieriger heraus als gedacht. Vor allem weil ich einfach immer wieder an die Mail von Lukas denken musste. Wie war er an dieses Foto gekommen? Und wer hatte es überhaupt geschossen?

Wäre die Öffentlichkeit an mir interessiert, hätte ich das schon längst gemerkt. Sie hatten jedoch einfach nur registriert, dass ich öfter mal mit Niall irgendwo zusammen aufgetaucht war, mehr schien es nicht zu sein. Da die alten Artikel von 2013 herausgeholt wurden, stellten sich die Medien damit zufrieden, dass Niall sich wohl einfach nur wieder ein bisschen mit der Tochter einer Freundin seines Vaters auseinandersetzte. Keiner dort nahm mich richtig für voll, was wohl auch an meinem Alter lag, aber das machte mir überhaupt nichts aus, weil wir dadurch in Ruhe gelassen wurden. Zudem kannten mich diese Leute einfach nicht.

Ich schien den sorgenvollen Blick auf meinem Gesicht nicht loswerden zu können, denn Niall fragte mich mehrmals nach meiner Oma, ob es wirklich nicht schlimm sei. Dadurch wurde mein schlechtes Gewissen nur vergrößert. Trotzdem blieb ich dabei. Das mit Lukas war meine Sache und ich musste das mit mir selbst ausmachen, da wollte ich Niall nicht mitreinziehen. Ich beschloss, mir die Mail in einer ruhigen Minute am Abend noch einmal anzuschauen.

Dann rief ich bei Lilly und Peter an, um ihnen mitzuteilen, dass ich auch in der folgenden Nacht nicht in die Wohnung kommen würde und sie sich keine Sorgen zu machen brauchten.

Wir verbrachten den Tag damit, uns um Nialls Blumen zu kümmern und auf der schönen Terrasse zu faulenzen. Dabei genossen wir die Sonne in vollen Zügen. In der vergangenen Nacht hatte es wohl etwas geregnet, aber das war größtenteils schon wieder trocken, weil es wirklich warm wurde. Wir hatten es uns auf Nialls Gartenliegen gemütlich gemacht und jeder ein kaltes Getränk neben uns stehen.

„Ich schaue mir momentan übrigens ein Haus in LA an", berichtete Niall mir. „Ich bin da jetzt so oft, dass es sich fast schon lohnt. Natürlich nur etwas Kleines. Aber das, auf das ich ein Auge geworfen habe, hat auch einen Pool."

„Dann ist es sicher nur klein", gab ich ironisch grinsend zurück.

„Naja, verhältnismäßig meine ich natürlich", lachte er. „Du kannst dann ja mal mitkommen, dann machen wir eine Poolparty."

„Jedenfalls wenn das mit dem Studium zeitlich gesehen klappt", fiel mir ein. Und eigentlich konnte ich mir keine Flüge nach Amerika leisten. Daran musste ich jetzt immer denken, wenn ich irgendetwas plante. Bisher hatte der finanzielle Aspekt mir nie im Weg gestanden, weil meine Eltern viel bezahlt hatten und ich zusätzlich ein bisschen was verdient hatte, aber jetzt sah das anders aus.

Mein Handy piepte und ich richtete mich auf, um danach zu greifen. Nachdem ich den Bildschirm entsperrt hatte, sah ich, dass ich eine neue E-Mail erhalten hatte und verzog das Gesicht. Ohne weiter nachzuschauen sperrte ich das Handy wieder und legte es neben mich. Damit wollte ich mich jetzt wirklich nicht auseinandersetzen.

Auch am Abend tat ich das nicht. Nach einem wundervollen Abendessen, Niall hatte Chili con Carne gekocht, legten wir uns aufs Sofa und schauten gemeinsam einen witzigen Film, der im Fernsehen lief. In den Werbepausen zappte Niall ständig zu einem Golfspiel, das ihn mächtig zu interessieren schien. Jedenfalls hörte er dem Kommentator die ganze Zeit aufmerksam zu und himmelte die Spieler fast schon an.

„Den hier habe ich schon getroffen!" Aufgeregt, und fast wie eins seiner Fangirls, zeigte er auf einen Spieler, der gerade im Bild zu sehen war. „Der ist so talentiert", schwärmte er.

Obwohl ich mich für das Golfen nicht so ganz erwärmen konnte, freute ich mich trotzdem mit ihm. Schließlich kannte ich dieses Gefühl, eines seiner Idole getroffen zu haben, ziemlich gut.

In der nächsten Werbepause war die Ausstrahlung des Golfturniers leider schon vorbei und Niall ging in die Küche, um sich eine Bierflasche aus dem Kühlschrank zu nehmen. Ich hatte immer noch Cola vor mir stehen und wandte mich jetzt wieder meinem Handy zu. Ich klickte auf die Mail, die ich am Nachmittag bekommen hatte, und bemerkte erleichtert, dass sie kein Foto von mir enthielt. Stattdessen hatte Lukas nur zwei Sätze geschrieben.

„Herzallerliebste Lena,

es war schön, dich mal wieder gesehen zu haben. Ich vermisse dich sehr.

Liebste Grüße, Lukas."

Ich runzelte die Stirn. Was sollte das? Hieß das, dass er tatsächlich derjenige gewesen war, der das Foto gemacht hatte? Befand er sich etwa in London?

In diesem Moment kam Niall wieder aus der Küche zurück und sah ein wenig irritiert aus, weil ich mein Handy schnell auf den Tisch vor dem Sofa legte. Er sagte allerdings nichts und setzte sich nur wieder mit seiner Bierflasche neben mich.

Nachdem der Film zu Ende war, beschlossen wir beide, schlafen zu gehen. Niall hatte noch ein bisschen Schlaf nachzuholen und ich hatte auch kein Problem damit. Vielleicht konnte ich über Nacht endlich Lukas E-Mails vergessen.

Nachdem wir uns bettfertig gemacht hatten, legten wir uns gemeinsam hin und ich kuschelte mich an Nialls Brust, als er mich zu sich ran zog. Ein warmes Kribbeln huschte durch meinen Körper und ich musste lächeln.

„Schlaf schön", hauchte er und gab mir einen Kuss auf die Stirn.

„Du auch", murmelte ich ihm zu. Tatsächlich fielen mir meine Augen sofort zu. Nialls Wärme umgab mich und er sorgte mit seiner Anwesenheit dafür, dass ich mich rundum wohlfühlte.

Mit diesem Gefühl erwachte ich auch wieder. Allerdings musste ich mal aufs Klo, sodass ich mich vorsichtig aus Nialls Armen befreite, um ihn nicht zu wecken. Dann tapste ich leise zum Badezimmer. Nachdem das erledigt war, war ich dummerweise so wach, dass ich nicht wieder einschlafen konnte. Ich legte mich aber trotzdem wieder ins warme Bett und freute mich darüber, dass Niall immer noch schlief. Seine Haare waren ziemlich verstrubbelt und sein Mund stand leicht offen. Zum Glück sabberte er nicht.

Zur Beschäftigung nahm ich mir mein Handy. Es war gerade erst sieben Uhr und ich ging davon aus, dass Niall noch mindestens eine Stunde schlafen würde.

Meine Neugierde packte mich etwas und ich öffnete den Mailordner, in welchen ich alle vorherigen Nachrichten von Lukas verschoben hatte. Jetzt klickte ich sie alle durch. Mit jeder E-Mail, die ich mir ansah, schlug mein Herz ein wenig schneller. Allerdings nicht vor Aufregung.

Das Foto in der U-Bahn war nicht das erste gewesen, das er von mir gemacht hatte, nein. Da waren viel mehr. Zwischendurch hatte er mir auch immer wieder kleine Texte geschrieben, aber der Großteil der Nachrichten bestand aus beschrifteten Fotos meiner Wenigkeit. Fassungslos klickte ich immer weiter. Es waren nicht nur Fotos aus London, sondern auch aus meinem Heimatort dabei.

„Hey, Lena, was ist denn los mit dir? Du zitterst ja?" Niall hinter mir war wach geworden und richtete sich besorgt auf. „Lena?" Jetzt spürte auch ich den Schüttelfrost, der meinen Körper überfiel.

Hallo ihr Lieben, ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen! Langsam wird es spannend wie ihr merkt - was haltet ihr von den aktuellen Entwicklungen, vor allem was Lukas betrifft?

Leider muss ich euch sagen, dass meine vorgeschriebenen Kapitel langsam aber sicher immer weniger werden, und da ich erst Anfang Oktober wieder zum Schreiben kommen werde, und danach erneut eine längere Schreibpause auf mich wartet, die ich noch nicht einschätzen kann, gehe ich erstmal wieder in den dreiwöchigen Rhythmus über. Das tut mir leid, aber ich will euch auch nicht lange ohne Kapitel dastehen lassen, weshalb ich diese Lösung wähle. Das nächste Kapitel erscheint demnach am Dienstag, den 19. September.

Liebe Grüße, Catrifa x

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