17. Going on
„Was wolltest du denn jetzt noch sagen?" Wir lagen wieder am Ufer des Sees auf unseren Handtüchern und ich drehte mich zu Niall hin, der gerade ein bisschen gelesen hatte. Jetzt legte er das Buch weg und drehte sich ebenfalls zu mir.
„Eigentlich würde einer Beziehung zwischen uns nichts im Weg stehen", begann er. Dass er dabei das Wort eigentlich verwendete war ziemlich verdächtig, weshalb ich den Schmetterlingen befahl, noch einen Moment ruhig zu bleiben. Was war sein Problem? „Aber es gibt da dummerweise mehrere Sachen, die ich gern mit dir besprechen würde." Wenn er jetzt sagte, dass er nicht auf den Sex verzichten könne, würde ich mich ganz schnell verziehen. Andererseits schätzte ich Niall ganz und gar nicht so ein, vor allem nicht nach dem, wie ich ihn in der letzten Zeit hatte kennenlernen können. „Einmal haben wir noch einen ganzen Monat lang das Problem, dass ich rein rechtlich gesehen wegen deiner Minderjährigkeit keine sexuelle Beziehung mit dir führen darf. So ganz sicher bin ich mir dabei nicht, aber ich möchte auch kein Risiko eingehen. Schließlich bist du auf eine Art und Weise meine Schutzbefohlene."
Überrascht schaute ich ihn an. Daran hatte ich überhaupt nicht mehr gedacht, aber es machte durchaus Sinn. Kaum zu glauben, dass es zwischen Niall und mir tatsächlich nochmal ein Problem mit meinem Alter geben würde, denn es schien ihm ansonsten nichts auszumachen, dass ganze fünf Jahre zwischen uns lagen. Aber durch die rechtliche Regelung wurde ich doch wieder daran erinnert.
„Hey, Lena, schau bitte nicht so traurig." Er streckte eine Hand aus und streichelte mir über die Wange. „Weißt du, wie schnell ein Monat vorbeigeht? Das andere Problem ist viel gravierender. Sobald die Öffentlichkeit nur einen winzigen Hauch von uns mitbekommt, werden wir in den ersten paar Monaten sicher keine Ruhe mehr haben. Ich weiß ja, wie das bei den anderen Jungs immer abgelaufen ist und es war kein Zuckerschlecken. Dass wir jetzt in der Pause sind, macht die Situation nicht unbedingt besser. Ich will dir das eigentlich nicht zumuten. Vor allem nicht jetzt, wo dein Studium bald anfängt. Aber andererseits ist es immer noch unser Leben."
Ich mochte Nialls Denkweise, weil er gleichzeitig mit dem Kopf und mit dem Herzen denken konnte. Eine Weile lang schaute ich ihn nur stumm an.
„Eigentlich weiß ich jetzt gar nicht so richtig, was ich sagen soll", gab ich schließlich zurück. „Vielleicht sollten wir beide eine Nacht darüber schlafen, oder?"
„Wahrscheinlich ist das das Beste", überlegte Niall. „Also, willst du nochmal schwimmen gehen? Danach sollten wir uns dann möglichst wieder nach Hause begeben."
Die Gruppe, die ebenfalls noch hier war, packte inzwischen auch ihre Sachen zusammen. Ich stimmte Niall zu, jetzt noch einmal schwimmen gehen zu wollen, weil es langsam etwas kälter wurde.
Also stürzten wir uns ein letztes Mal ins kalte Nass, trockneten uns danach ordentlich ab und schlüpften wieder in unsere Klamotten. Nachdem unsere Sachen zusammengepackt waren, kehrten wir Hand in Hand über den Trampelpfad zum Auto zurück.
Während der Rückfahrt sprachen wir kaum. Stattdessen fütterte ich Niall mit den übriggebliebenen Keksen, da er sich schließlich auf die Straße konzentrieren sollte.
„Das war wirklich ein wunderschöner Ausflug", sagte ich, als wir in die Straße einbogen, in der sich mein aktuelles Zuhause befand.
„Das fand ich auch", gab Niall zurück und beugte sich zu mir rüber, um mir noch einen letzten Kuss zu geben. „Ich melde mich bei dir, in Ordnung?"
„Alles klar." Damit stieg ich aus, schulterte meine Tasche, schlug die Autotür zu und winkte Niall kurz hinterher, bevor ich die Haustür aufschloss. Lilly war im Musikzimmer und schien schwer konzentriert, sodass ich ihr nur ein schnelles Lächeln zuwarf und mich dann ins Bad begab um zu duschen.
Frisch geduscht und in Jogginghose setzte ich mich ins Wohnzimmer, wo ich meinen Laptop auf meinen Schoß legte und begann, E-Mails zu beantworten.
Lukas hatte mir wieder geschrieben, er schien es einfach nicht lassen zu können. Der Betreff beinhaltete immer denselben Smiley, sodass ich auch diese Mail einfach in den eingerichteten Ordner schob ohne sie weiter zu beachten.
Nachdem die E-Mails erledigt waren, ging ich ins Internet und suchte schon einmal ein paar Informationen zu meinem Studium heraus. Ich kannte bereits einige meiner Vorlesungsthemen und begann Recherchen in dieser Hinsicht.
Es war immer noch merkwürdig für mich, zu wissen, dass ich schon so bald mit dem Studium beginnen würde. Und eigentlich hatte ich mich immer noch nicht richtig in London eingelebt. Irgendwie war ich nicht richtig bereit, zu studieren und erwachsen zu sein. Ich fühlte mich wie bei meinem ersten Aufenthalt in London, als ich vierzehn gewesen war und ein Studium in weiter Ferne gelegen hatte. Ja, und jetzt saß ich hier plötzlich als angehende Studentin und hatte keine Ahnung, was ich eigentlich tat. War es wirklich die richtige Entscheidung gewesen, die Schule abzubrechen? Dessen wurde ich mir immer unsicherer. Das war doch auch vollkommen verrückt. Ich war siebzehn, ich sollte nicht hier sein. Und doch war ich es, weil ich es so gewollt hatte.
Die Recherchen im Internet brachten mich darauf, dass ich noch ein Geburtstagsgeschenk für Niall brauchte. Ich fand schließlich tatsächlich etwas im Internet, das ich sofort bestellte. Er hatte sicher viele materielle Gegenstände, aber bestimmt keinen Gitarrenpfannenwender für seine legendären Pancakes!
Dass ich so schnell ein Geschenk gefunden hatte, stimmte mich nun zufrieden, sodass ich den Laptop zuklappte und mich in mein Zimmer zurückzog. Schlafen konnte ich allerdings noch nicht, da ich die ganze Zeit über Niall und mich nachdenken musste. Was würde das wohl werden? Ein erwartungsvolles Gefühl machte sich in mir breit.
Am nächsten Morgen meldete Aoife sich bei mir und wir verabredeten uns spontan für den Nachmittag in einem Café in der Innenstadt. Bis dahin dauerte es auch nicht mehr lang, da Lilly und ich am Vormittag gemeinsam einkaufen gingen. Sie hatte sich heute freigenommen, weil sie wohl an einem aufwendigeren Projekt unabhängig von Sony arbeitete, und da heute Freitag war, hatte sie das ganze Wochenende vor sich.
Mit insgesamt vier Einkaufstaschen in den Händen verließen wir den Marks and Spencer und machten uns wieder auf den Weg in unsere Wohnung.
„Sag mal, Lena, was ist das eigentlich mit dir und Niall?", fragte Lilly neugierig nach.
„Das", ich machte eine kurze Pause, „ist eine gute Frage."
„Ach Gottchen", machte sie. „Was für ein Glück, dass du keinerlei Zeitdruck hast, das rauszufinden."
„Das stimmt allerdings", stimmte ich ihr zu. „Wir reden aber schon darüber, diese Frage ist also definitiv in Arbeit. Du kannst dir ja sicher vorstellen, dass es ein bisschen schwierig ist."
„Da hast du Recht. Du weißt gar nicht, wie froh ich bin, an Peter geraten zu sein und nicht an jemanden, der genauso im Rampenlicht steht wie Niall. Das wäre vielleicht was geworden mit mir." Sie lachte herzlich.
In diesem Moment fiel mir auf, dass ich nie genauer über Lilly und die Tatsache, dass sie immer die Mutti spielte, nachgedacht hatte. Dabei war sie bei meinem ersten Londonaufenthalt erst sechzehn Jahre alt gewesen, also fast zwei Jahre jünger als ich es jetzt war. Das war wirklich verrückt. Wie hatte sie es damals schon geschafft, so erwachsen zu sein und sich so zu benehmen? Ich war fast achtzehn und fühlte mich immer noch wie ein Kind.
Darüber sprach ich am Nachmittag auch mit Aoife, mit der ich mich immer mehr anfreundete. Wir schwammen einfach auf einer Wellenlänge, obwohl unsere Interessen so verschieden waren. Außerdem konnte ich mich mit ihr ungehemmt über Niall unterhalten, was mir wirklich gut tat. Schließlich kannte sie Niall auch mehr als Menschen als als Superstar, weshalb sie eine Vertrauensperson war und es verstand sowie nichts weitertratschte, wenn ich über ihn redete, egal in welcher Hinsicht.
Nachdem wir uns jeweils ein Getränk bestellt hatten, setzten wir uns an einen Tisch unter einem Sonnenschirm und Aoife begann sofort zu quatschen.
„Ich habe am Wochende zum Glück kein Rennen mehr, das war ein einziges Abschlachten die letzten Tage auf der Rennbahn, ich sag's dir!", eröffnete sie das Gespräch. „Kannst dir ja vorstellen, dass das bei dem Wetter nicht so angenehm für die Pferde ist, und dann hat sich das eine auch noch langgelegt vor ein paar Tagen. Und bei dem Wetter sind die Sponsoren dann schneller weg, als du Turniertrottel sagen kannst. Der Chef ist am Kochen." Empört schüttelte sie ihr inzwischen kurzes, brünettes Haar.
„Das klingt wirklich nicht angenehm. Kann man Pferde nicht auch duschen oder so?", machte ich einen Vorschlag, woraufhin meine Freundin lachte.
„Klar, wir machen die vor und nach jedem Training und Rennen nass, aber es hilft nichts. Du solltest dir das wirklich mal anschauen kommen, um dir ein Bild machen zu können." Ich nickte. Das stand immer noch auf meiner To-Do-Liste.
„Momentan habe ich auf jeden Fall noch genug zu tun", wechselte ich dann das Thema. „Studienvorbereitungen und so. Eigentlich wollte ich auch nach einem Job schauen."
„Wenn du ganz verzweifelt bist: Wir brauchen immer Stallleute", lachte sie. „Ich kann dir auch eine Empfehlung aussprechen."
„Ich komme darauf zurück, sobald ich wirklich so verzweifelt sein sollte. Das ist aktuell noch nicht der Fall."
Ich wurde von einer Bedienung unterbrochen, die uns unsere kalten Getränke brachte. Wir bedankten uns und nahmen erstmal einige Schlucke. Auch heute war es nicht viel kälter als gestern, was mich wirklich freute. Eigentlich hatte ich nicht mehr damit gerechnet, in diesem Jahr einen schönen Sommer erleben können, aber jetzt hatte ich doch die Chance dazu.
Ich erzählte schließlich kurz davon, welche Probleme ich mit dem Erwachsenwerden hatte und was bei Niall und mir gerade lief, oder eben nicht, und Aoife berichtete mir, dass ihr Freund Dylan aktuell in Irland bei seiner Familie verweilte und dort Urlaub machte. Sie hatte nicht freibekommen und deshalb nicht mitkommen können.
„Ist natürlich echt ärgerlich, weil ich seine Eltern auch gerne mal wieder gesehen hätte, dazu hatte ich noch nicht oft ..." Sie wurde von einem Handyklingeln unterbrochen.
Es dauerte eine Weile, bis ich realisierte, dass das mein Klingelton war und mein Handy aus meiner Handtasche klaubte, die über dem Stuhl hing.
Nach einem kurzen Blick auf das Display mimte ich ein „Niall" in Aoifes Richtung und nahm ab.
„Hi Lena, störe ich?", wollte er als Erstes wissen.
„Kommt drauf an, wie lange du mit mir reden möchtest", gab ich zurück und Aoife zwinkerte mir zu. Dann schien ihr eine Idee zu kommen und sie kramte hektisch in ihrer Handtasche.
„Oh, eigentlich schon länger, aber ich würde mich dafür gern mit dir treffen", kam seine Antwort. Mit einem verständnislosen Blick bedachte ich meine Freundin, die vor mir hektisch etwas auf einen Zettel kritzelte.
„Ehm, okay, warte ganz kurz." Ich hielt das Mikrofon an meinem Handy zu und nuschelte Aoife zu: „Was machst du da?"
Zufrieden grinsend streckte sie mir als Antwort den Zettel hin.
Darauf stand: „Habe gerade keine Zeit für dich, sitze in einem hübschen Café mit einer hübschen Begleitung."
Ich musste lachen. Das vorzulesen wäre schon witzig Niall gegenüber.
„So, ich bin wieder da. Ich muss dir aber leider mitteilen, dass ich gerade keine Zeit für dich habe. Ich sitze nämlich in einem hübschen Café mit einer noch hübscheren Begleitung." Ich versuchte, meiner Stimme einen schwärmerischen Klang zu geben, was aber offensichtlich misslang.
„Kenne ich deine Begleitung?", fragte Niall nämlich scheinheilig, was ich aufgrund eines Nickens von Aoife bejahte, die Nialls Stimme wohl ebenfalls hören konnte. „Dann kann ich doch sicher dazukommen, oder stört dich das?"
„Der will dich echt, Lena", kicherte Aoife schließlich, nachdem sie Nialls Satz in ihrem Kopf analysiert hatte. Unsicher sah ich sie an. „Na los, ich beiße schon nicht, nur weil du dich mit deinem Schatz treffen willst. Und ich bin dir auch nicht böse."
„Wir können uns auch zu zweit treffen", antwortete ich Niall deshalb. Ich kam mir ein bisschen blöd vor, weil ich mich ja eigentlich mit Aoife traf, aber diese wiederholte ihr Nicken immer wieder.
„Noch besser", sagte er erleichtert. „Wo genau bist du denn gerade? Soll ich dich abholen oder möchtest du zu mir kommen?"
„Ich nehme einfach die Northern Line und steige dann in High Barnet um, kein Problem", antwortete ich ihm.
„Okay, dann bis gleich." Wir legten auf und Aoife schenkte mir ein breites Grinsen.
„Na los, geh schon!" Sie stand auf und zog mich von meinem Stuhl hoch. „Da wartet jemand auf dich, und ihr habt etwas ganz Wichtiges zu besprechen."
„Eh, wie sehe ich aus?" Das war mir einfach so automatisch herausgerutscht.
„Wunderschön, wie immer." Sie strubbelte mir durch meine langen Haare. „Ehrlich, mach dir keine Gedanken. Wir sehen uns."
Dankbar umarmte ich sie und verließ dann das Café, das gleich um die Ecke vom Leicester Square lag, weshalb ich dort in die Tube einsteigen konnte. Hier fuhr glücklicherweise auch die Northern Line, sodass ich vor Barnet nicht noch einmal umsteigen musste.
Ein bisschen aufgeregt vor dem kommenden Gespräch, aktivierte ich die Innenkamera meines Handys als ich schließlich in dem Wagon saß, und ordnete meine Haare.
Als ich mein Handy gerade ausmachen und in meine Tasche tun wollte, blendete mich plötzlich eine Art Kamera Blitz. Seit wann wurde denn in der Tube fotografiert? Suchend sah ich mich um, fand aber niemanden, was vermutlich daran lag, dass die U-Bahn anhielt und mehrere Leute ein- und ausstiegen.
Hat euch dieses Kapitel gefallen?
Ich komme nun zur Erklärung der wöchentlichen Updates und für euch ist es keine positive, ich hoffe, ihr habt die letzten drei Wochen mit den Kapiteln genossen. In einer Woche fliege ich nach Australien. Der Flug ist seit fast einem Jahr gebucht und ich freue mich schon wie irre darauf, auch wenn ich ehrlich gesagt ein bisschen Schiss vor den ganzen giftigen Tieren dort habe. Ich habe deshalb mehr Kapitel gepostet, weil es nun fünf Wochen lang kein neues Kapitel mehr geben wird. Das liegt zum einen daran, dass ich keine Ahnung habe, wie das drüben mit dem Internet aussieht, und zum anderen, dass ich mich gar nicht mit Wattpad beschäftigen will und lieber die Zeit dort nutzen und genießen möchte.
Solange ich aber keinem giftigen Tier zum Opfer falle (keine Angst, ich passe auf - ich mag mein Leben nämlich ganz gern), wird es hundertprozentig gleich nach meiner Rückkehr ein neues Kapitel von mir geben, weil dieses schon lange fertiggeschrieben ist. Es besteht für euch keinerlei Gefahr, dann hier ohne Kapitel dazustehen.
Ich komme mir ein bisschen gemein vor, weil das hier inhaltlich gesehen so ein mieser Cut ist. Jetzt müsst ihr verdammt lange auf das klärende Gespräch zwischen Niall und Lena warten.
In sechs Wochen, Dienstag, dem 1. August, wird hier allerdings das achtzehnte Kapitel hochgeladen, versprochen!
Liebe Grüße und bis dann, Catrifa x
PS: Ich glaube, ich werde euch und eure lieben Kommentare echt vermissen ;)
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