01. Grown up
Zufrieden drückte ich die Enter Taste meines Computers und bestätigte damit die Buchung des Fluges nach London, den ich am nächsten Wochenende antreten würde.
Ich freute mich schon irrsinnig darauf, weil ich erstens schon länger nicht mehr dort gewesen war und zweitens nicht nur die Mädels aus der WG wiedersehen würde, sondern auch Niall. Das hatte Lilly mir verraten, die ein bisschen Kontakt mit den One Direction Mitgliedern hatte, seit sie die Klavierstimmen für ihr brandneues Album „Made in the A.M." eingespielt hatte.
Die Reise nach London war ein sehr spontanes Unterfangen gewesen, da sowohl Sandy als auch Fee nicht gewusst hatten, wann genau sie wieder in der britischen Hauptstadt landen würden. Jetzt stand es allerdings fest, dass wir uns zu viert ein angenehmes Wochenende machen wollten.
Die Zeit bis dahin verging wie im Flug, denn ich hatte aktuell nur sehr wenig Stunden Schule sowohl am Donnerstag als auch am Freitag, da zwei meiner Lehrer krank waren. Ich genoss es richtig, jetzt endlich in der Oberstufe zu sein, denn es brachte meiner Meinung nach größtenteils Vorteile mit sich.
Samstagfrüh pünktlich um neun Uhr landete das Flugzeug in London Heathrow und ich machte mich sofort auf die Suche nach einer meiner ehemaligen Mitbewohnerinnen. Auf einen Koffer hatte ich für die zwei Tage verzichtet, ich trug lediglich einen kleinen Trolley, der als Handgepäck durchging, bei mir.
Tatsächlich fand ich meine Mitfahrgelegenheit schnell: Fee hüpfte fröhlich auf mich zu und wir fielen uns in die Arme.
„Wow, bist du groß geworden!", staunte die Schlagzeugerin.
„Naja, höchstens ein paar Zentimeter", wehrte ich ab.
„Aber immerhin! Die anderen werden Augen machen, aus dir ist eine richtig hübsche junge Frau geworden", komplimentierte sie und scannte mich von oben bis unten ab.
„Übertreib bloß nicht!" Ich konnte nicht verhindern, dass ich aufgrund ihrer Worte ein bisschen rot wurde.
„Ach, Quatsch. Die anderen werden sicher genau dasselbe sagen."
Eingehakt gingen wir gemeinsam in Richtung Ausgang. Erst da fiel mir auf, dass sie ebenfalls einen Koffer dabei hatte.
„Nanu, bist du etwas auch gerade erst angekommen?", wollte ich wissen.
„Ja, deswegen habe ich angeboten, dich gleich mitzunehmen. Ich hoffe mal, dass deine Oyster Card noch aufgeladen ist, wir fahren jetzt nämlich U-Bahn. Ich habe nicht so viel Pfund dabei, deshalb können wir uns kein Taxi leisten." Mit der Oyster Card konnte man verhältnismäßig günstig den öffentlichen Nahverkehr Londons nutzen.
„Alles klar, ich müsste die Card hier irgendwo haben", antwortete ich und kramte in meiner Handtasche danach. Man konnte sie immer wieder aufladen, weshalb ich sie über die vergangenen zwei Jahre behalten hatte.
Hier in London war es für November schon ziemlich kalt, sodass ich meinen Schal etwas fester zog als wir aus dem Flughafengebäude traten.
„Brr", schüttelte auch Fee sich. „Ich komme gerade aus Kalifornien, da war es um Einiges wärmer!" Mit diesen Worten zog sie eine dickere Jacke aus ihrem Köfferchen und zog diese über.
„Das glaube ich dir." Die nächste U-Bahn Station war nicht weit entfernt, sodass wir nicht lange in der Kälte bleiben mussten. Durch die vielen Treppen, die nach unten führten, wurde uns bereits ordentlich warm.
„Weißt du denn, ob Sandy schon da ist?", wollte Fee von mir wissen, aber daraufhin musste ich den Kopf schütteln.
„Nein, das werden wir wohl gleich erfahren. Vielleicht ist sie auch schon seit gestern Abend da, genau habe ich das aber nicht verstanden", gab ich zu.
Wir beide kannten uns so gut im Londoner U-Bahnnetz aus, dass wir uns nicht absprechen mussten welche Bahn wir nahmen, sondern beide wusste, welche das war. Im Londoner Untergrund konnte man sich leicht mal verlaufen, wir wussten jedoch genau, wann wir welche Treppe zu nehmen hatten. Schließlich standen wir am richtigen Bahnsteig und hatten sogar so viel Glück, dass die U-Bahn gerade einfuhr. Unser Trolleys hinter uns herziehend stiegen wir ein uns setzten uns auf zwei freie Plätze neben der Tür. Vor allem für die große Fee konnte es nach einiger Zeit unbequem werden in dem niedrigen Wagon zu stehen.
„Was haben wir denn heute vor?", fragte ich neugierig nach, da ich in dieser Hinsicht keine Informationen erhalten hatte.
„Nun, wir wollen erst einmal brunchen wenn alle da sind", erzählte Fee. „Und was danach angesagt ist wirst du dann sehen", fügte sie dann geheimniskrämerisch hinzu.
„Das ist ja gemein", meckerte ich im Scherz herum.
„Du wirst dich bestimmt freuen", versicherte die Blondine mir und wir erhoben uns, da die Bahn langsamer wurde und wir gleich würden aussteigen müssen.
„Das hat Niall Horan auch gesagt, bevor er mich ins London Eye geschleppt hat", merkte ich an.
Daraufhin zwinkerte sie mir jedoch nur zu und wir stiegen aus der Bahn. Es ging wieder einige Treppen hoch, dann waren wir schon fast an unserer alten Wohnung angekommen.
Diese bewohnte Lilly inzwischen gemeinsam mit ihrem Freund Peter, den sie allerdings für das Wochenende weggeschickt hatte, damit wir dort unser Treffen abhalten konnten.
Fee arbeitete zwar noch für Syco Music, jedoch war sie inzwischen an einem Hauptstandort in Amerika beschäftigt und lebte nicht mehr in London.
Aus diesem Grund klingelten wir, schließlich hatten wir beide keinen Schlüssel mehr.
„Bin gleich da!", brüllte es aus der Wohnung und wir sahen uns lachend an: Das war eindeutig Sandy!
Diese öffnete dann auch die Tür und wir umarmten sie kräftig.
Es begann ein wildes Durcheinander aus: „Wie geht's?", „Was hast du so gemacht?" und „Schön, dich zu sehen!"
Dieses verstärkte sich noch, als Lilly hinter uns durch die Tür trat und Fee und ich sie ebenfalls durchknuddelten.
„Sandy hat natürlich vergessen, Eier zu kaufen!", erklärte die Pianistin ihr Auftauchen. „Die habe ich gerade noch besorgt." Und da kam unsere Mama wieder zum Vorschein.
Es wurde ein sehr lustiges spätes Frühstück, vor allem weil wir alle eine Menge zu erzählen hatten.
„Ihr glaubt nicht, wer tatsächlich ab Januar im Staatsorchester Frankreichs mitspielt!", freute Sandy sich. „Je dois cultiver mon français."
„Und das heißt jetzt was?", kicherte Fee.
„Das heißt, dass sie ihr Französisch trainieren muss", antwortete ich. Schließlich hatte ich nicht umsonst fünf Jahre lang im Französischunterricht gesessen.
„Vielleicht kannst du mir ja ein bisschen helfen", schlug Sandy vor, was ich jedoch hektisch verneinte.
„Auf keinen Fall! Ich konnte es dieses Jahr endlich abwählen, darüber bin ich viel zu froh als dass ich jetzt noch freiwillig in dieser Sprache sprechen würde", lachte ich, in das die anderen einstiegen.
„Es ist so super, dass wir uns immer noch einigermaßen regelmäßig treffen können", fand Lilly und da stimmten wir ihr alle uneingeschränkt zu.
„Kaum zu glauben, wie lange unsere Freundschaft schon hält", fügte Fee hinzu.
„Sie wird auch noch länger halten", war Sandy sich sicher. „Wir kennen uns jetzt schon fast zweieinhalb Jahre!"
„Ich bin wirklich froh, damals bei euch untergekommen zu sein", versicherte ich den anderen.
„Darüber sind wir auch froh", antwortete Lilly mir mit einem Lächeln. „Möchtet ihr noch Kaffee?"
Nachdem wir gemeinsam den Tisch abgeräumt hatten, erkundigte ich mich, was denn nun für den restlichen Tag geplant war.
„Eigentlich wollten wir eine DVD Nacht machen", sagte Sandy und sah zu Lilly. „Aber dank unserer lieben Pianistin hat sich das erledigt."
„Wir gehen aus", antwortete die Achtzehnjährige auf meinen fragenden Gesichtsausdruck. „Und zwar nicht in irgendeinen langweiligen Club!"
„In den dürfte ich mit meinen süßen siebzehn Jahren auch noch gar nicht rein", kicherte ich. „Wohin gehen wir denn sonst?"
„Wir gehen zu einem Haufen Erwachsener", verriet Fee kichernd, was mich aber nicht wirklich weiterbrachte.
„Und welche Erwachsene sollen das sein?", fragte ich und zuckte ratlos mit den Schultern. Was die auch immer mit ihren Geheimnissen hatten ...
„Du hast bestimmt mitbekommen, dass One Direction ihre Tour vor einigen Tagen beendet haben", sagte Lilly.
„Das habe ich", bestätigte ich. „Ich war ja sogar auf einem Konzert in London."
„Naja, und Lilly hat für das letzte Album die Klavierstimmen eingespielt", sagte Sandy.
„Und ich bin zweimal für den Drummer eingesprungen als der krank war", fügte Fee hinzu.
„Und das bedeutet jetzt?" Ich wusste immer noch nicht, worauf sie hinaus wollten.
„Sie haben heute ihre Tour-Abschlussparty. Und wir sind eingeladen!", flötete Lilly.
„Sandy und ich auch?", fragte ich ungläubig.
„Absolut", bestätigte Fee. „Jeder von uns darf nämlich eine Begleitung mitnehmen."
„Krass!" Vor Freude hüpfte ich auf und ab.
„Jetzt stellt sich nur die Frage, auf wen du dich am meisten freust", lachte Sandy.
„Na auf Niall natürlich", kicherte unsere Asiatin.
„Ach Quatsch, der hat mich doch komplett vergessen", blieb ich realistisch. „Aber da sind bestimmt auch die Toningenieure, die ich dann interviewen kann wie das mit meiner Zukunft aussieht."
„Dann hast du ja auch zu tun", sagte Fee zufrieden. „Das wird bestimmt total cool. DVDs können wir auch noch morgen schauen."
„Gibt es da irgendeinen Dresscode?", wollte ich schließlich wissen. Ich hatte schließlich nur ein paar bequeme Sachen und Wechselklamotten dabei.
„Keine Angst, da werden sicher viele in Jeans erscheinen", beruhigte Sandy mich. „Das ist auf den meisten dieser Veranstaltungen der Fall."
Einige Stunden später befanden wir uns schließlich vor dem extra gemieteten Club, was der Grund war, weshalb ich diesen auch als Siebzehnjährige betreten konnte. Einige Fans schienen mitbekommen zu haben, wer sich bereits drinnen befand, weshalb es vor dem Eingang etwas voller war. Zum Glück hatten die Securityleute alles gut unter Kontrolle und es gab keine Probleme.
„Viel Spaß!", wünschte einer von ihnen uns, und Lilly nickte ihm zu.
„Danke, den werden wir sicher haben."
„Wow", entfloh es mir, als ich das riesige Büffet im Eingangsbereich entdeckte. „Ich würde sagen, dass unser Abendessen gesichert ist."
„Das ist es!", kicherte Fee und bediente sich sofort.
Lilly dagegen nahm mich erst einmal mit und ich entdeckte tatsächlich auf Anhieb einige bekannte Gesichter.
Steven, der Tontechniker von Syco Music, mit dem ich bei meinem Praktikum zusammengearbeitet hatte, unterhielt sich angeregt mit einem älteren Mann. Ich winkte ihm zu, in der Hoffnung, dass er mich vielleicht wiedererkannte, was tatsächlich der Fall zu sein schien. Auf jeden Fall beendete er das Gespräch und kam zu uns hinüber.
„Hi, Lena war das, richtig?", wollte er wissen.
„Genau", glücklich grinste ich.
„Willst du etwa wieder den Headquarter unsicher machen?"
„Das habe ich nicht vor, jedenfalls nicht in den nächsten Monaten, ich muss doch noch meine Schule zu Ende machen", gab ich zur Antwort.
„Aber danach wirst du dich doch sicher in der Tontechnik umsehen wollen!", vermutete er.
„Das möchte ich jedenfalls versuchen", sagte ich etwas schüchtern.
„Hey Lena, ich bin gleich wieder da", mischte Lilly sich ein und verschwand zu einer jungen Frau, um sie zu begrüßen.
„Wenn das so ist kann ich dich ja gleich Professor George Palmer vorstellen", nahm Steven das Gespräch wieder auf und schob mich bestimmt zu dem älteren Herrn, mit dem er sich bis eben unterhalten hatte.
„Guten Tag", gab ich ihm artig meine Hand. „Ich bin Lena."
„Hallo Lena", lächelte er mich freundlich an.
„Lena hat vor zweieinhalb Jahren ein Praktikum bei mir absolviert", erzählte Steven nun. „Und sie interessiert sich für den Studiengang Tontechnik, ich kann sie wärmstens empfehlen."
„Dann sind Sie gleich in den richtigen Kreisen gelandet", nickte er mir zu. „Welchen Abschluss haben Sie denn vorzuweisen?"
„Oh, ich gehe noch zur Schule, und zwar in Deutschland", antwortete ich ihm. „Ich habe bisher einen Abschluss nach der zehnten Klasse, aber in zwei Jahren werde ich hoffentlich einen Abschluss haben, der mit den A-levels gleichzusetzen ist."
„Das klingt sehr gut. Vorher ist da wahrscheinlich nichts zu machen, oder? Wissen Sie, wir sind ein sehr kleines College und suchen händeringend Studenten für den nächsten Oktober." Das wäre dann wohl der Grund für seine Anwesenheit auf dieser Abschlussparty.
„Ich kann höchstens in einem halben Jahr mit der Schule aufhören, aber dann muss ich noch ein Praktisches Jahr machen, um einen höheren Abschluss zu erhalten. Und ich fürchte, dass der in England keinen Wert hat", zuckte ich mit den Schultern. Schließlich hatte ich mich schon genau darüber informiert, was ich mit welchem Abschluss tun könnte. Und das Fachabitur wurde nun einmal nicht auf Hochschulen im Ausland angenommen.
„Das scheint alles sehr schwierig zu sein, aber nichts ist unmöglich", nickte der Professor. „Könnten Sie mir vielleicht Ihre E-Mail Adresse geben? Eventuell kann ich da etwas organisieren."
„Wirklich, das würden Sie tun?", staunte ich und kramte in meiner Handtasche. Aber natürlich hatte ich einmal in meinem Leben weder einen Zettel noch einen Stift dabei.
„Na Lena, knüpfst du schon Kontakte?", gesellte Lilly sich genau im richtigen Moment wieder zu uns.
„Das tue ich", seufzte ich. „Dummerweise habe ich weder Zettel noch Stift mitgenommen. Hast du vielleicht ...?" Fragend sah ich sie an, woraufhin sie lachte.
„Aber klar doch!" Da war sie wieder, unsere Mutter.
„Du bist ein Schatz!" Schnell nahm ich ihr das Schreibzeug ab und kritzelte meine E-Mail Adresse und meinen Namen darauf. Den Zettel übergab ich dann Professor Palmer.
„Vielen Dank!", sagte ich noch einmal und er nickte.
„Das ist kein Problem. Ich hoffe, dass ich Sie einmal in meiner Vorlesung wiedersehe." Damit wandte er sich von uns ab und ich drehte mich zu Lilly um.
„Damit ist Ziel Nummer eins des Abends erfüllt", sagte ich zufrieden und merkte dabei, dass auch Steven sich inzwischen einen neuen Gesprächspartner gesucht hatte.
„Und was ist Ziel Nummer zwei?", fragte sie verwundert.
Und, wie hat euch das erste Kapitel bisher gefallen? Wie ihr merkt, haben sich in den vergangenen zwei Jahren in Lenas Leben einige Veränderungen zugetragen.
Was ist wohl Ziel Nummer zwei?
Habt ihr Peter wiedererkannt?
Das nächste Kapitel lade ich in zwei Wochen (Dienstag, 29.11.) hoch.
Liebe Grüße
Catrifa x
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