27. Goodbye

Ich erwachte mit höllischen Kopfschmerzen und ohne jegliche Erinnerung an die gestrige Party. Die war aber schon gestern, oder? Am besten drehte ich mich einfach noch einmal um und schlief weiter, vielleicht würde das zweite Erwachen besser verlaufen.

Das zweite Erwachen verlief dummerweise nicht besser. Immerhin fand ich neben meinem Bett eine Aspirin und ein Glas mit Wasser, sowie ein kleines Zettelchen, für dessen Entzifferung ich allerdings eine Weile brauchte. Das lag einerseits daran, dass ich meine Augen nur einen kleinen Schlitz öffnen konnte und andererseits, dass mir die Anstrengung des Gehirns große Schmerzen bereitete.

„Hi Lena, ich bin kräftig am Aufräumen, wenn du etwas essen möchtest, kannst du gern aufstehen und dir etwas machen, aber vielleicht solltest du erst einmal die Tablette nehmen, nach deinem vollkommenen Alkohol-Absturz gestern Abend. Love, Demi."

Ich befolgte ihre Anweisungen und spülte das Aspirin mit einer großen Menge Wasser hinunter. Anschließend schloss ich noch einmal meine Augen. Wenn mir so etwas immer nach dem Konsum von Alkohol passieren würde, dann wollte ich ganz sicher die Finger davon lassen!

Glücklicherweise ließ Demi mich den gesamten restlichen Tag in Ruhe und erkundigte sich nur zwischendurch nach meinem Befinden. Schließlich brachte sie mir sogar Essen ans Bett, weil sie sich mitschuldig fühlte.

Wir verbrachten noch einen schönen Sonntagabend zusammen, der jedoch früh enden musste, weil am frühen Montagmorgen bereits mein Flug nach London startete.

Den Rückflug trat ich ohne Begleitung und in einem normalen Passagierflugzeug an, da die Jungs von One Direction entweder bereits geflogen waren oder noch länger in Amerika blieben.

Spät am Montagabend erreichten wir die Hauptstadt Englands, wo es glücklicherweise keine Komplikationen mit dem Gepäck gab.

Als ich durch die Schranke in den öffentlichen Bereichs des Flughafens eintrat, entdeckte ich sofort Fee, die mir fröhlich zuwinkte. Erst als ich sie in die Arme schloss, bemerkte ich, wie sehr sie und auch die anderen Mädels aus der WG mir in den letzten Tagen gefehlt hatten.

„Hattest du einen guten Flug?", erkundigte sie sich und nahm meine Tasche in ihre Hand.

„Ja, ich habe fast die ganze Zeit geschlafen", gab ich zu.

„Dann wirst du morgen früh im Headquarter wahrscheinlich den Jetlag merken", grinste sie bloß und zog mich aus dem Gebäude, wo wir in ein Taxi einstiegen.

„Das befürchte ich allerdings auch", nickte ich.

Leider behielt Fee Recht, und ich schleppte mich am nächsten Morgen nur mühselig aus dem Bett (in welchem ich kaum geschlafen hatte) und zu unserem Arbeitsplatz. Dort wurde ich allerdings von allen so enthusiastisch und fröhlich begrüßt, dass ich gar nicht anders konnte als mitzulächeln und mich zu freuen, dass ich hatte hier sein können.

Selbst Simon nahm sich extra noch einmal Zeit für mich, um mich zu verabschieden und mir ein Angebot für ein weiteres Praktikum zu machen.

„Es ist wirklich schwer, kompetente Schülerpraktikanten zu finden, und da du den Betrieb außerdem inzwischen sehr gut kennengelernt hast, steht einem weiteren Besuch nichts im Wege. Du kannst dich bei Interesse einfach bei mir melden", versprach er.

Ich bedankte mich mehrfach für das Angebot, woraufhin er mich sogar umarmte.

„Auch wenn du keine Lust auf ein weiteres Praktikum hast, kannst du gern vorbeischauen sobald du wieder im Lande bist", gab er mir dann noch auf den Weg, bevor er einen Blick auf seine Uhr warf. „Der nächste Termin ruft leider schon wieder. Ich hoffe du konntest Einiges aus diesen sechs Wochen mitnehmen. Man sieht sich bestimmt!"

Und schon war er um die nächste Ecke verschwunden. Ich zuckte nur mit den Schultern und ging zurück ins Büro um meinen Geldbeutel für ein letztes Mittagessen in der Kantine zu holen. Dort traf ich auf Peter, der sofort beschloss, mir Gesellschaft zu leisten.

„Wie war denn Amerika?", wollte er wissen.

„Super", antwortete ich grinsend. „Ich habe mich auf Demis Party total besoffen, nicht mit Absicht natürlich, und konnte am darauffolgenden Tag logischerweise nichts mehr machen."

Auf diese Antwort schaute er mich nur entsetzt an, und ich grinste.

„Das war ja nicht das letzte Mal, dass ich in den USA war. Nimmst du Menü 2?"

Wir setzten uns an den Tisch zu Sandy und einigen anderen, die ich nur flüchtig kannte und begannen zu essen.

„Wie lange wolltest du denn heute noch im Headquarter bleiben?", erkundigte Sandy sich bei mir.

„Ich wollte nur noch runter in die Tonstudios, dann meinen ganzen Kram einsammeln und zur Wohnung zurück, dort muss ich schließlich auch noch packen", erzählte ich.

„Alles klar", nickte sie.

„Warum fragst du denn?", wollte ich wissen.

„Eben weil ich weiß, dass du bei uns in der Wohnung noch deinen Kofferinhalt überall verteilt hast", zwinkerte sie mir zu. „Nicht dass du am Ende wiederkommen musst, weil du etwas Wichtiges vergessen hast."

„Ich werde schon an alles denken", versicherte ich ihr.

Peter half mir bei meinem Rundgang durch den Headquarter und sammelte mit mir Dinge ein, die mir gehörten und die ich über die sechs Wochen in den verschiedenen Räumen verteilt hatte.

Als er wieder zu seiner Arbeit zurückkehren musste, machte ich mich auf einen letzten Weg in die Tonstudios, wo ich mich von Steven verabschieden wollte. Außerdem lagen dort bestimmt auch noch Dinge von mir herum.

„Du bist hier herzlich wieder eingeladen", versicherte er mir, wie auch schon die meisten anderen vor ihm. „Besonders im Studio warst du eine tolle Hilfe. Überlege dir doch mal, ob du später in die Musikproduktion oder Tontechnik gehen möchtest, das wäre bestimmt etwas für dich."

Etwas verlegen nickte ich: „Mal schauen, ich habe ja auch noch ziemlich viel Zeit, bis ich mich für einen Beruf entscheiden muss."

„Das stimmt natürlich", pflichtete er mir bei. „Vielleicht nimmt dein Onkel dich ja mal mit, wenn er das nächste Mal geschäftlich nach London fliegt."

„Bestimmt, solange ich zu der Zeit schulfrei habe", schränkte ich ein.

„Natürlich, die Schule geht vor", versicherte Steven mir sofort.

Auch von ihm verabschiedete ich mich schließlich, bedankte mich noch einmal bei Vicky als ich das Gebäude verließ und machte mich bei wunderschönem Sonnenschein auf den Fußweg zur Wohnung. Natürlich musste ausgerechnet an meinem letzten Tag in London die Sonne scheinen!

Etwas unmotiviert machte ich mich daran, meinen Koffer unter dem Bett herauszukramen und die ersten Klamotten hineinzulegen.

Das konnte ich ganz in Ruhe tun, da die anderen Mädels noch alle arbeiteten. Zum Glück hatte Lilly es noch rechtzeitig geschafft, zu meiner Verabschiedung wieder aus Japan zurückzukommen, darüber war ich wirklich froh.

Durch die wirklich langwierige Arbeit des Packens, da mein Zeug tatsächlich in der ganzen Wohnung verteilt war, merkte ich überhaupt nicht wie die Zeit verging. Dass die Mädchen schon längst hätten hier sein müssen, merkte ich erst, als es an der Wohnungstür klingelte und ich einen Blick auf die Uhr warf. Es war bereits achtzehn Uhr, eine Zeit, um die wir normalerweise begannen, das Abendessen vorzubereiten.

Vorsichtig öffnete ich die Tür und wunderte mich total, als ich Peter davor erkannte.

„Hey, was machst du denn hier?"

„Ich soll dich nochmal zum Headquarter bringen, irgendwer wollte noch etwas von dir." Er runzelte die Stirn, als könne er sich selbst nicht richtig erinnern, was es war.

„Alles klar, ich ziehe mir noch schnell Schuhe an", antwortete ich etwas verwirrt. Wenn Peter geschickt wurde, war es wohl etwas Wichtiges, sie hätten mich ja auch einfach anrufen können.

Ich schlüpfte also in meine Schuhe, zog mir meine dünne Jacke über und schloss die Wohnungstür hinter uns.

„Bist du hier her gelaufen oder gefahren worden?", fragte ich, während wir aus dem Hausflur traten. Diese Frage erübrigte sich aber kurz darauf, als ich den schwarzen Van erblickte, der nur zu Sony Music gehören konnte. Peter öffnete mir gespielt galant die Tür und ich stieg dankend ein.

„Wenn ich dich nicht kennen würde, könnte das hier auch eine Entführung sein", stellte ich grinsend fest.

„Wer sagt dir denn, dass es keine ist?", schmunzelte er, als der Van sich in Bewegung setzte.

„Ich habe keine Augenbinde um", stellte ich fest.

„Ach, das hätte ich fast vergessen." Peter schlug sich gegen den Kopf und kramte tatsächlich eine Augenbinde aus seiner Jackentasche. Zugegebenermaßen bekam ich es schon ein wenig mit der Angst zu tun, als er mir die Augenbinde umband.

„Was genau soll das denn?", fragte ich.

„Das wirst du sehen", hörte ich seine Stimme rechts von mir.

„Haha, sehr witzig", murrte ich und hoffte, dass man mein Herzklopfen nicht hören konnte. Vielleicht hatte ich Peter bisher immer unterschätzt und überhaupt nicht richtig gekannt? Vielleicht war er nur nett zu mir gewesen, um mich jetzt tatsächlich zu entführen und sonst etwas mit mir zu machen? Das wollte ich mir gar nicht vorstellen! Nervös knetete ich meine Hände und merkte, dass diese zu schwitzen begannen.

„Sag mal, hast du Angst?" Hörte seine Stimme sich jetzt etwa besorgt an?

„Nein", quetschte ich zwischen meinen Zähnen hervor und versuchte, meine Stimme dabei ruhig zu halten. Das klappte allerdings eher weniger, wie ich an seiner Antwort erkennen konnte.

„Doch du hast Angst." Er kicherte. Er kicherte? Wie konnte er in so einem Moment kichern? Er entführte mich schließlich gerade! „Ach Lena, du musst doch keine Angst haben, wirklich nicht, wenn ich dich entführen wollte, hätte ich das doch längst tun können."

Das nahm ich ihm jetzt wirklich nicht ab, das sagten sicher alle Entführer, damit das Opfer sich sicher fühlte! Aber nein, nicht mit mir!

„Hilfe, ich werde entführt! Hilfe!", begann ich so laut wie möglich zu schreien.

„Lena, mein Gott, du musst jetzt mal deinen Mund halten, du machst alles kaputt!" Das hätte er wohl gern, denn genau das war mein kurzfristig gesetztes Ziel: Die Entführung kaputt zu machen.

Leider machte er meinen Plan jetzt auch kaputt, indem er mir einfach eine Hand auf den Mund hielt. Ich hörte, wie die Tür des Vans sich öffnete und verschiedene Stimmen, die ich nicht zu kennen glaubte, durcheinander flüsterten.

„Warum hältst du ihr den Mund zu?"

„Sie wollte schreien!"

„Warum wollte sie schreien?", fragte jemand verwirrt. Eh, hallo, falls sie es noch nicht mitbekommen hatten, das hier war eine Entführung! Warum wollte das Opfer wohl schreien? Die sollten wohl mal wieder in die Grundschule zurückgestuft werden.

„Wir sollten sie dann besser schnell reinbringen", gab eine andere Stimme zum Besten. Reinbringen? Bestimmt war das eine alte Scheune am Rande Londons, zu der nie jemand kam. So lief das doch immer in den Krimis ab, oder? Und ich hatte mir nicht einmal das Nummernschild des Vans gemerkt ...

Ich überlegte kurz, mich loszureißen, aber mein Fuß war immer noch nicht komplett geheilt, und die anderen waren mehr und schneller sowie kräftiger als ich. Ich musste mich also meinem Schicksal ergeben.

Dabei wollte ich doch eigentlich morgen nach Deutschland zurück. Aber hey, vielleicht musste ich dann nicht gleich am Donnerstag zur Schule!

Im Gebäude, in das ich geführt wurde, war es ziemlich warm, sodass die Scheunentheorie ausfiel. Aber wo befand ich mich dann?

„Wartet noch kurz!", hörte ich jemanden flüstern und war nun komplett verwirrt. Wer sollte worauf warten? Warum überhaupt warten, wollten sie mir nicht lieber gleich Fesseln anlegen oder was man sonst mit Entführten tat? Apropos, mir fiel ein, dass mein Handy noch in meiner Hosentasche steckte. Sollte es mir gelingen, dieses von den Entführern geheim zu halten, konnte ich vielleicht Hilfe rufen sobald sie weg gingen! Warum hatten sie mich eigentlich noch nicht auf das Handy oder ähnliches untersucht? Das war mehr als verwirrend. Vielleicht waren es ja Anfänger, konnte schließlich mal passieren.

„Mist, ich krieg's nicht an", fluchte jemand leise und jetzt begann ich, mir ernsthaft Sorgen zu machen. Das konnte nur bedeuten, dass sie ein Feuer legen und mich darin verbrennen wollten! Warum wollte Peter so etwas tun? Warum wollte irgendwer so etwas tun? Ich war schließlich noch so jung und hatte eigentlich bisher noch niemanden in meinem Leben ernsthaft verärgert. Vor allem in London nicht!

Deshalb hatten sie mich auch nicht auf ein Handy untersucht, sie würden es einfach mit mir zusammen verbrennen! Das war bestimmt kein schöner Tod. Und sie hatten ganz offensichtlich genug Menschen zusammengesammelt, die beobachten würden, dass ich auch wirklich im Feuer starb. Wie bei einer Hexenverbrennung! Dabei hatte ich doch gar keine roten Haare!

Das wurde alles zu einem ganz großen Desaster. Vielleicht war es auch nur ein Missverständnis und ich sollte gar nicht verbrannt werden, aber das hielt ich für unwahrscheinlich.

Und eigentlich hatte ich mich bereits mit meinem Schicksal abgefunden.

Plötzlich merkte ich, dass jemand an meiner Augenbinde herumzupfte und eine andere Person leise bis drei zählte.

„Eins, zwei, ... drei!"

Die Spannung steigt! Ob Lena wirklich verbrannt werden soll, erfahrt ihr im nächsten Kapitel.

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