25. America

Harry Styles grinste mich mit einem seiner niedlichen Grübchen an.

„Hast du ein Gespenst gesehen?" Ich blinzelte ein paar Mal, schüttelte meinen Kopf und realisierte, dass er mich meinte.

„Nö, deine Locken haben mich erschlagen", gab ich zur Antwort, fühlte mich dabei natürlich richtig cool und machte das wieder zunichte, als ich richtig cool wie die Models im Fernsehen auf ihn zu stolzieren wollte. Ich hatte bei denen beobachtet, dass sie wie auf einer einzigen Linie gingen und einen Fuß vor den anderen setzten. Für mich als Laie sah das babyeinfach aus, tatsächlich stolperte ich aber schon beim ersten Schritt, den ich machte, über meine eigenen Füße und küsste den Boden.

Um das Ganze wenigstens noch nach Absicht aussehen zu lassen und Harrys Lachen übertönen zu können, rief ich laut: „Oh London, dein Boden ist so wunderbar, ich werde ihn vermissen immerdar." Dass so ein Mist mal aus meinem Mund kommen würde, hätte ich niemals erwartet. Harry offensichtlich auch nicht, denn er musste sich am Geländer festhalten, um vor Lachen nicht die Treppe herunterzufallen.

„Ich weiß schon, warum ich mich freiwillig gemeldet habe, den Babysitter für dich zu spielen", brachte er unter Lacheskapaden hervor.

„Babysitter?!" Empört richtete ich mich auf. Vielleicht war ich nur vierzehn, aber doch trotzdem recht selbstständig für mein Alter, wenn man von meinen ständigen Missgeschicken absah.

„Nennen wir es lieber Flugbegleiter", berichtigte er sich.

Der mies guckende Bodyguard reichte mir mit nun sehr merkwürdigem Blick meine Tasche und ich bedankte mich mit dem breitesten Lächeln, das ich gerade auffinden konnte.

Dann ging ich die Treppe zum Flugzeug hinauf, ganz darauf bedacht bloß nicht hinzufallen. Harry führte mich in den Innenraum des Privatjets. Staunend sah ich mich um. Die Sitze waren aus Leder, die Beinfreiheit war nicht zu unterschätzen und allgemein sah alles super edel aus. Bestimmt bekamen wir nachher das Essen auf Silbertabletten serviert. Krass.

Konnte ich bitte immer mit so einem Gerät fliegen?

Harry grinste und nahm mir meine Tasche ab, die die Stewardess verstaute. Wir hatten eine eigene Stewardess!

„Such dir einen Platz aus, es ist mir egal, wo ich sitze", bot Harry mir an, woraufhin ich mich sofort auf einen Sitz fallen ließ, der die beste Ausrichtung zum Fernseher hatte. Er registrierte den Grund meiner Wahl und setzte sich auf den Platz, der meinem Sitz gegenüber lag.

„Wo hast du denn den Rest der Bande gelassen?", erkundigte ich mich, als wir saßen. „Demi hatte gesagt, dass ihr alle kommt."

„Damit bist du nicht mehr auf dem neuesten Stand", begann Harry zu erklären. „Niall hat noch etwas zu erledigen, Liam wird mit ihm gemeinsam am Freitag nachkommen, Louis ist längst drüben und Zayn hat total verschwitzt, dass Perrie auch frei hat an dem Wochenende, also werden sie wohl etwas zusammen unternehmen."

„Dann müssen wir den Flug wohl gemeinsam überstehen", seufzte ich gespielt.

„So sieht's aus", er zuckte mit den Schultern. „Aber das wird schon, wir haben ja einen Fernseher und zudem Internetverbindung."

Ich musste zugeben, ich lernte die Vorzüge solch eines Privatflugzeugs immer mehr zu schätzen.

Durch diese luxuriöse Verpflegung und natürlich die Gesellschaft Harrys verging der Flug viel schneller als ich es sonst von Amerikaflügen gewohnt war.

Am Flughafen trennten wir uns jedoch wieder, da Harry mit einem Taxi ins Hotel fuhr und ich bei Demi übernachten würde, die mir aufgrund der stressigen Partyvorbereitung einen Fahrer vorbeigeschickt hatte.

Nachdem wir aus dem Flugzeug gestiegen waren, L.A. hatte uns mit einer Hitzewelle begrüßt, umarmte Harry mich kurz.

„Wir sehen uns spätestens Samstag auf der Party", versprach er.

„Na klar." Ich grinste, was er erwiderte. Dann setzte der Sänger sich eine Sonnenbrille auf und marschierte mit seiner Reisetasche davon.

Auf der Suche nach meinem Fahrer zog ich mir meine dünne Sommerjacke aus und stopfte sie in meine Tasche. Dass ich das beides gleichzeitig hinbekam gab mir Hoffnung für die Zukunft. Vielleicht hatte ich doch nicht zwei linke Füße, wie alle immer sagten.

Tatsächlich erkannte ich den Fahrer, Mr Poole, sehr schnell. Er stand lässig an das schwarze Auto mit den abgedunkelten Scheiben gelehnt und begann zu lächeln, als er mich erkannte. Der grauhaarige Mann hatte mich schon öfter in Los Angeles herumkutschieren müssen und nannte mich Miss Lena, was ich so süß altmodisch fand.

Ganz nach der alten Art nahm er mir meine Tasche ab, verstaute sie im Kofferraum und öffnete mir galant die Autotür, damit ich bequem einsteigen konnte.

„Hatten Sie einen angenehmen Flug, Miss Lena?" Er lächelte mich im Rückspiegel an und startete den Wagen.

„Ja, er ist sehr schnell vergangen", antwortete ich.

„Das freut mich zu hören. Miss Demi ist zurzeit sehr beschäftigt, aber ich bin mir sicher, dass Sie sich trotz dessen nicht langweilen werden. Sicher bekommen auch Sie eine Aufgabe zugeteilt."

„Das denke ich auch", antwortete ich.

„Wie lange werden Sie denn hier bleiben?", fragte der Chauffeur und bog in eine Straße ein, die mir bereits bekannt vorkam.

„Leider nur bis Montag, ich mache eigentlich ein Praktikum bei Sony Music in London. Wobei das auch schon bald vorbei ist wenn meine Sommerferien enden und ich zurück zu meiner Schule in Deutschland muss."

„Dann hatten Sie sicher aufregende Ferien."

„Allerdings", stimmte ich zu. Meine Ferien waren bisher alles andere als langweilig, das konnte ich auf jeden Fall behaupten.

Das Auto hielt und kaum war Mr Poole ausgestiegen, hielt er mir auch schon die Tür auf. Dankend stieg ich aus und blickte mich um. Seit meinem letzten Besuch hier hatte sich nicht viel verändert. Kein Wunder, meine Gastgeberin hatte dazu auch gar nicht genug Zeit. Diese war übrigens nirgendwo zu sehen, wahrscheinlich werkelte sie im Haus herum. Vorbereitungen zu solch einer großen Sommerparty kosteten einiges an Zeit, das wusste ich obgleich ich noch nie eine solche veranstaltet hatte.

Ganz der Gentleman trug Mr Poole meine Tasche ins Haus und ich folgte ihm. Zum Glück kannte ich mich hier aus. Als ich meine Freundin das erste Mal hier besucht hatte, hatte ich mich ständig in Haus und Garten verlaufen. Eigentlich war das hier viel zu groß für eine einzige Frau, aber um Partys zu feiern schien es ideal.

Die Gastgeberin war gerade mit einem Putztuch bewaffnet im Wohnzimmer unterwegs, als ich dieses betrat.

Freudig liefen wir aufeinander zu und umarmten uns.

„Du bist gewachsen!", stellte die junge Frau mit einem Grinsen fest.

„Schön wär's", antwortete ich. Eigentlich sagte sie das immer, wenn wir uns trafen. Vielleicht würde ich nächstes Mal mit einem „Du bist geschrumpft!", antworten, falls ich mir diesen Satz bis dahin würde merken können.

„Wie du siehst bin ich eifrig am Putzen", sie deutete auf den Putzlappen in ihrer Hand. „Wenn du magst, kannst du deinen Kram oben in deinem Gästezimmer abladen und mir dann helfen. Ich habe mir extra ein paar Tage Urlaub genommen, aber dieses Haus ist nun mal ziemlich groß."

„Selbst schuld." Ich grinste und sah noch aus dem Augenwinkel wie sie so tat als werfe sie das Putztuch nach mir. Auch mein übliches Gästezimmer kannte ich bereits, weshalb ich mich nicht lange umsah, sondern mich sofort wieder in die untere Etage begab, wo ich einen Staubwedel zugeworfen bekam.

„Bloß nichts umwerfen!", warnte die Sängerin mich.

„Würde ich doch nie." Ich setzte meinen besten Unschuldsblick auf.

„Nun, das letzte Mal als du hier zu Besuch warst ...", wollte sie eine der alten Geschichten herauskramen, was ich aber zu unterbinden wusste.

„... habe ich mich erfolgreich vor weiteren Putzeskapaden gerettet", beendete ich den Satz für sie.

„So kannst du es natürlich auch nennen." Sie verdrehte ihre Augen und machte sich dann daran, ihren Fernseher mit dem Tuch zu bearbeiten.

Auch ich begann, mit dem Staubwedel ein bisschen auf den Schränken herumzuwirbeln.

„Hast du eigentlich keine Putzfrau oder so?", hustete ich, nachdem die erste Ladung Staub direkt in meinem Gesicht gelandet war.

„Doch natürlich, sonst würde ich vor lauter Putzen umkommen in diesem Haus. Leider ist sie vor ein paar Tagen krank geworden und ich möchte keine andere, der ich nicht vertraue." Das verstand ich natürlich. Allgemein war die Suche nach Reinigungsfachkräften für Promis ein eigenes kleines Abenteuer. Man musste nur an all die Stalker denken, die es heutzutage gab ... Glücklicherweise hatte ich damit dann nichts zu tun.

Als Demi ihr Haus schließlich für sauber genug befand („Es soll doch eigentlich sowieso eine Gartenparty sein.") gingen wir in die Küche, um etwas zu essen.

Trotz der guten Verpflegung im Flugzeug begann mein Magen zu knurren, als es in der gesamten Küche nach Auflauf zu duften begann. Während dieser im Ofen vor sich hin brutzelte, berichtete ich Demi von den letzten Tagen in London, und sie erzählte mir im Gegenzug, wer alles zu der Party erscheinen würde und welcher Klatsch und Tratsch momentan in ihrer Wohngegend umging. Das war auf jeden Fall wichtig zu wissen, wenn man sich hier aufhielt. Es war mir in der Vergangenheit bereits gelungen, den ein oder anderen Faux Pas zu begehen, wenn ich nicht wusste, wer zurzeit mit wem ins Bett stieg.

Ich gähnte, was Demi sofort darauf aufmerksam machte, dass ich immer noch eine Zeitverschiebung von läppischen acht Stunden zu verkraften hatte.

„Vielleicht solltest du nach dem Essen ins Bett gehen", schlug sie vor. „Ich werde mich auch bemühen, morgen nicht zu lange zu schlafen, damit du dich gar nicht erst richtig an die amerikanische Zeit gewöhnst, sonst machst du das Ganze in London gleich nochmal durch."

Da musste ich ihr zustimmen, sodass ich mich recht schnell über den Auflauf hermachte und anschließend in mein Gästezimmer verschwand, natürlich nicht ohne Demi eine gute Nacht zu wünschen. Zwar war es noch hell draußen, aber ich zog einfach die Vorhänge vor das große Fenster bevor ich mich bettfertig hinlegte. Eigentlich war ich niemand, der immer und überall sofort einschlafen konnte, aber ich war so müde, dass das passierte, ohne dass ich es merkte.

Als ich aufwachte war es noch dunkel. Auf meine Handyuhr blickend stellte ich fest, dass wir es hier gerade mal drei Uhr in der Nacht hatten. Da war Demi ganz sicher noch nicht wach!

Weil ich aber überhaupt nicht mehr müde war und zudem mal auf die Toilette musste, stand ich auf und tippelte zum Badezimmer.

Anschließend wusste ich jedoch nicht mehr, was ich machen sollte. Eigentlich hätte ich mich an Demis wunderschönen Flügel gesetzt und ein bisschen darauf herum geklimpert, aber ich wusste, dass dieser sehr laut und im ganzen Haus zu hören war. Musik zu machen fiel also schon einmal aus.

Da mir ansonsten auch keine sinnvolle Beschäftigung einfiel, nahm ich meinen Laptop aus meiner Reisetasche und startete das Programm.

Weil mein Laptop schon etwas älter war, dauerte diese Aktion ein wenig, vor allem weil er erst einmal das WLAN ausfindig machen musste. Während dieser Zeit blickte ich auf mein Handy und stellte fest, dass tatsächlich einige meiner Kontakte online waren – natürlich, in Deutschland war es zwölf, in London elf Uhr am Vormittag.

Ich hatte sogar eine neue Nachricht von Niall, die ich sofort beantwortete. Er hatte mich gefragt, ob ich gut angekommen sei, was ich mit einem „Ja" und Smiley beantwortete.

„Nanu, plagt dich der Jetlag?", kam es fast sofort zurück.

„Allerdings, und mir ist furchtbar langweilig", schrieb ich. Inzwischen war mein Laptop endlich vollkommen da und ich öffnete den Browser. Hier würde ich bestimmt irgendetwas finden, mit dem ich mir die Zeit vertreiben konnte.

„Magst du skypen? Ich sitze am Flughafen und Liam die Trantüte taucht nicht auf", blinkte mein Handy. Das war natürlich besser als jede Beschäftigungswebsite, die das Internet zu bieten hatte.

„Ja, gern", antwortete ich ihm, schickte meinen Benutzernamen hinterher und klickte auf das Symbol auf meinem Desktop, mit welchem ich Skype starten konnte.

Wenige Minuten später erhielt ich eine Kontaktanfrage und ein Angebot zum Videochat von jemandem mit einem Nickname, der nur Niall gehören konnte: nandoslovesme93

Ich musste lachen und konnte auch nicht aufhören, als Niall vor mir erschien.

„Was ist denn so lustig?", wollte er mit einem Grinsen wissen.

„Dein Nickname ist wirklich absolut typisch", kicherte ich.

„Ich war jung und brauchte das Geld", verteidigte er sich lachend. „Nein, Spaß, ich habe kein Geld dafür bekommen", fügte er dann hinzu.

„Das wäre auch mehr als merkwürdig gewesen", bemerkte ich. „Was für einen Termin hattest du eigentlich, dass du gestern nicht mit Harry und mir gemeinsam fliegen konntest?"

„Ach, das war wirklich nichts Großes, kannst du eigentlich gleich wieder vergessen." Er zuckte mit den Schultern, schaute aber irgendwie komisch, als wolle er irgendetwas vor mir verheimlichen. Plante er irgendetwas?

Haltet ihr es für möglich, dass Lena sich nur einbildet, Niall hätte ihr etwas zu verheimlichen, oder plant er wirklich etwas? Und falls ja, was könnte er planen?


Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top