23. Company by night

„Was willst du denn jetzt machen?", fragte Niall, freundlich wie er war. „Wir könnten zum Beispiel einen Film schauen, ich habe aber auch Gesellschaftsspiele da."

„Welche Gesellschaftsspiele denn?", erkundigte ich mich. Ich wusste schließlich nicht, was die Engländer, bzw. Iren, unter Gesellschaftsspielen verstanden.

Niall stand auf und schob die Türen seines modernen Wandschranks im Wohnzimmer beiseite. Dann begann er, die Namen der Spiele zu nennen, die auf den teilweise noch in Folie verpackten Spielschachteln standen.

„Ich habe die Sammlung aller alten Brettspiele, das beinhaltet allerlei Spiele wie Schach, Backgammon, Dame, Mühle und so weiter, dann Kniffel, sowie Uno. Wir könnten aber auch Domino, Mikado oder Monopoly spielen. Und falls du gar nichts davon magst, habe ich hier auch noch einige Puzzle im Schrank liegen, frag mich bloß nicht wieso. Ich habe weder die Zeit noch die Geduld für so etwas."

Ich überlegte kurz, dann sagte ich: „Ich würde gern Monopoly spielen, da kenne ich wenigstens die Spielregeln ganz genau."

„In Ordnung." Niall nahm das Spiel aus dem Schrank und klappte das Spielbrett auf dem Couchtisch auf. Jeder entschied sich für eine Spielfigur und schon konnte es losgehen.

Obwohl wir nur zu zweit waren, wurde es unglaublich witzig und spannend. So spannend, dass wir die Zeit komplett vergaßen und erst aufschreckten, als mein Handy zu klingeln begann. Nachdem ich einen Blick auf den Bildschirm geworfen hatte, nahm ich ab.

„Hey Lilly, was gibt's?", begrüßte ich meine Mitbewohnerin.

„Wo bist du denn?", fragte diese aufgeregt. „Es ist bereits halb elf am Abend, ich mache mir Sorgen!"

„Sorry", entschuldigte ich mich sofort. „Ed hatte einen Termin und hat mich bei Niall abgeliefert, aber wir haben wohl die Zeit vergessen. Ich frage ihn am besten gleich, ob er mich nach Hause bringen kann."

„Besser nicht, wenn es bei euch wettermäßig genauso ausschaut wie hier, ist es keine gute Idee, auf die Straße zu gehen. Es schüttet wie aus Kübeln, die Straßen sind nicht befahrbar und es stürmt so heftig, dass es bereits jetzt einige Unfälle gab. Ich möchte nicht, dass euch da irgendetwas passiert!"

„Bleibst du kurz dran?", bat ich sie. „Ich bespreche das schnell mit Niall." An diesen gewandt sagte ich nun: „Das ist Lilly, sie meint, dass es echt gefährlich wäre, bei diesem Unwetter auf die Straße zu gehen – aber ich muss doch irgendwie nach Hause kommen?"

„Die Sicherheit geht bei so etwas erst einmal vor!", bestimmte er. „Wenn es tatsächlich so schlimm aussieht, und davon werde ich mich gleich eigenhändig überzeugen, schläfst du einfach hier, das ist überhaupt kein Problem."

„Echt, das würdest du tun?"

„Na klar, das ist selbstverständlich, kleine Schwester", zwinkerte er.

Ich wandte mich wieder dem Telefon zu. „Niall meinte, dass er gleich schaut, wie er das Wetter einschätzt, und dass ich zur Not bei ihm schlafen kann. Ihr braucht euch also keine Sorgen zu machen, ich schreibe euch dann nochmal."

„Dann ist ja alles gut", sagte Lilly beruhigt. „Ich wünsche dir eine gute Nacht, falls wir uns nicht mehr sehen, bis morgen!"

„Bis morgen, Lilly", verabschiedete ich mich und legte auf.

Niall war bereits aufgestanden und zog sich eine Jacke an. „Ich gehe jetzt kurz vor die Tür und schaue mir dieses Unwetter genauer an", verkündete er. „Aber du bleibst schön brav hier und wartest auf mich, ja? Nicht, dass du deinen Fuß überbelastest."

„Jaja, Papa", grinste ich und tat so, als würde ich mich auf dem Sofa häuslich einrichten. „Ich bleibe hier bis du wiederkommst und rühre mich nicht vom Fleck, auch wenn du eine halbe Ewigkeit brauchen solltest."

Lachend verließ Niall das Zimmer.

Als er kurze Zeit später wieder hereinkam, hätte ich ihn fast nicht wiedererkannt. Seine Haare sowie seine Jacke waren klitschnass als hätte er eine Stunde im Regen gestanden und er zitterte vor Kälte.

„Da fahre ich ganz bestimmt nicht Auto, selbst mit dem Range Rover nicht", stellte er fest. „Du bleibst schön bis morgen früh hier, ich kann dir Klamotten sowie eine Zahnbürste und alles was du sonst brauchst leihen." Genau in diesem Moment begann es zu donnern, wie ich es in meinem gesamten Leben noch nicht gehört hatte. Sofort zuckte ich zusammen, was Niall jedoch nicht sah, weil er sich gerade umgedreht hatte, um den Fernseher einzuschalten. Ich sagte mir selbst, dass ich mich jetzt zusammenreißen musste, weil der Sänger mich bestimmt schon wegen meiner extremen Höhenangst für ein wenig beschränkt hielt und ich das nicht noch verstärken wollte.

In den Nachrichten brachten sie bereits etwas über das „lebensgefährliche Gewitter" und anhand der etwas verwackelten und flimmernden Bilder wurde mir bereits schlecht, obwohl ich hier in Nialls Wohnung bestimmt sicher war.

„Hast du noch Hunger, wollen wir weiterspielen oder willst du jetzt schon ins Bett gehen?", fragte der Ire mich, während er die Lautstärke des Fernsehers herunter drehte.

„Ich glaube ich mag ins Bett gehen, wenn dir das nichts ausmacht", stellte ich fest. Etwas essen konnte ich jetzt auf keinen Fall, das wäre bestimmt am falschen Ende wieder herausgekommen, und aufs Spielen würde ich mich ebenfalls nicht richtig konzentrieren können.

„Das ist kein Problem", versicherte er mir und führte mich sofort ins Bad, um mir zu zeigen, welche Zahnbürste ich benutzen konnte. Er legte mir außerdem ein Handtuch sowie ein T-Shirt und eine Boxershorts von sich raus, die ich zum Schlafen anziehen konnte.

Die Zeit im Bad nutzte ich, um mehrmals tief durchzuatmen und mir zu sagen, dass schon nichts passieren würde, es war schließlich nur ein Unwetter, vor dem ich in diesem Haus geschützt sein würde. Tatsächlich nahm ich dafür so viel Zeit in Anspruch, dass Niall irgendwann an die Tür klopfte und fragte, ob ich schon in der Toilette ertrunken sei. Das verneinte ich und warf noch einen kurzen Blick in den Spiegel (den ich aber gleich wieder zu vergessen versuchte), bevor ich zu Niall auf den Flur humpelte. Gemeinsam gingen wir ins Wohnzimmer (er unterließ es, mich zu tragen), wo er auf die zum Schlafsofa umfunktionierte Couch wies.

„Ich hoffe, das ist okay für dich. Wenn irgendetwas ist musst du mir einfach Bescheid sagen, ich bin in meinem Zimmer und werde wahrscheinlich noch ein bisschen lesen."

„Vielen Dank, das ist super!" Ich legte mich sofort hin und zog die Decke bis an mein Kinn, woraufhin er lachte.

„Du bist unglaublich niedlich, weißt du das?"

„Du bist einer der Einzigen, die das sagen dürfen, ohne dass ich ihnen den Kopf abreiße", gab ich zurück.

Mit einem Lachen verschwand er aus der Tür: „Gute Nacht, Engelchen!"

Zwar waren die großen Vorhänge im Wohnzimmer zugezogen, jedoch drang trotzdem das Licht der Blitze und das laute Donnern hindurch. Ich nahm nun auch den stetig prasselnden Regen wahr. Selbst als ich mir die Bettdecke über den Kopf zog, half es alles nichts, ich hatte so Angst, dass ich einfach nicht einschlafen konnte. Länger überlegte ich hin und her, dann jedoch stand ich auf. Es brachte ja nichts, wenn ich die ganze Nacht wach war und am nächsten Tag unausgeschlafen sein würde, obwohl ich schließlich wieder zu Syco musste.

Vorsichtig stieß ich die Tür zu Nialls Schlafzimmer auf. Er saß auf der einen Seite des Bettes beim Licht einer kleinen Lampe und las in einem Buch.

„Ich brauche einen Teddy", stellte ich zitternd und ein bisschen stotternd fest. Er blickte auf, und ein Schrecken fuhr ihm übers Gesicht.

„Lena, warum hast du denn nicht eher etwas gesagt? Hast du etwa Angst vor Gewitter? Du bist ja ganz blass!" Er stand auf und legte fürsorglich einen Arm um mich. So führte er mich zur anderen Seite des Bettes, half mir, mich hinzulegen und deckte mich anschließend zu. Selbst huschte er zur anderen Seite des Bettes und legte sich ebenfalls hin, das Buch schien nun nicht mehr interessant.

„Soll ich dich umarmen, oder einfach nur deine Hand halten oder so?" Er schien ein wenig überfordert mit der Situation.

„Keine Ahnung, aber ich hab Angst", flüsterte ich und merkte, wie die ersten Tränen mir übers Gesicht liefen. Ich wusste aber nicht, ob ich weinte, weil ich so sehr Angst hatte oder weil er so lieb zu mir war. Das sah er nun auch, und strich sie mir aus dem Gesicht.

„Du musst keine Angst haben, ich bin doch bei dir." Er schaltete das Licht aus, und kuschelte sich an mich. Seine Körperwärme ließ mich vollkommen entspannen und ich zuckte nur noch wenige Male zusammen, ehe ich ins Land der Träume eintauchte.

Der Grund, dass ich erwachte, war der Geruch von leckeren Pancakes, der seinen Weg in Nialls Schlafzimmer fand. Ich brauchte eine Weile, um mich zu orientieren, dann jedoch fielen mir die Geschehnisse des letzten Abends wieder ein. Durch einen Schlitz in den Vorhängen konnte ich erkennen, dass in London die Sonne schien. Diese Stadt wechselte ihr Wetter wie andere Leute ihre Kleidung.

Langsam setzte ich mich im Bett auf und gähnte ausgiebig. Dann warf ich einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass es halb neun war, ich mich also schleunigst zum Headquarter begeben sollte.

Ich humpelte also in die Küche, wo Niall am Herd stand und fröhlich vor sich hin summte, während er einen Pancake in der Pfanne drehte.

„Guten Morgen", begrüßte ich ihn, und er drehte sich zu mir um.

„Oh, bist du schon wach?"

„Klar, ich muss doch zum Headquarter!", belehrte ich ihn.

„Auf ein paar Minuten kommt es da auch nicht an, jedenfalls wenn ich dabei bin, du kannst jetzt erst einmal in Ruhe frühstücken. Setz dich doch!" Er schob einen Stuhl am Küchentisch zurück und ich ließ mich darauf fallen.

„Mein Fuß tut schon weniger weh", freute ich mich.

„Das ist doch super." Er platzierte einen Pancake auf meinem Teller.

„Danke. Willst du dich nicht dazusetzen?"

„Doch, aber ich werde vorher noch die letzten zwei Pancakes backen, sonst kühlt die Pfanne ab und ich verschwende so viel Energie. Du kannst allerdings schon mal anfangen zu essen, sonst wird es noch kalt." Da hatte er wohl Recht, also bestreute ich den vor mir liegenden Pancake mit Zucker und begann zu essen.

Kurze Zeit später setzte er sich zu mir an den Tisch.

„Hast du gut geschlafen?"

„Auf jeden Fall, dein Bett ist super bequem!", stellte ich fest.

„Das freut mich. Was hast du eigentlich dieses Wochenende vor, außer natürlich, dich auszuruhen?", fragte er.

„Lilly fliegt nach Japan zu einigen Verwandten von ihr, also werde ich sie auf jeden Fall verabschieden, ansonsten habe ich aber noch nichts vor. Wieso fragst du?"

„Ich dachte, dass ich dich vielleicht Zayn, Louis und Harry vorstellen könnte. Wir alle haben an diesem Wochenende frei, aber keiner von uns wird nach Hause fahren. Was hältst du davon?"

Begeistert begann ich zu grinsen: „Das wäre wirklich super! Bist du dir sicher, dass das okay für sie ist?"

„Na klar, ich habe sie sogar schon einmal indirekt gefragt, sie würden dich gern kennenlernen."

„Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich gerade innerlich ausraste", stellte ich fest und musste mich wirklich zusammenreißen, ihm nicht um den Hals zu fallen und ihn möglicherweise noch abzuknutschen. „Es ist ja schon super toll, dass ich dich, Liam und einige andere Künstler kenne, aber wenn ich jetzt auch noch den Rest eurer Band kennenlerne, wird das definitiv der Höhepunkt meines London-Aufenthaltes!"

„An deiner Stelle würde ich das nicht so schnell sagen", schmunzelte mein großer Bruder. „Noch hast du zwei Wochen vor dir."

„Zwei Wochen voller schöner Arbeit", grinste ich. „Wir sollten übrigens langsam mal losfahren, selbst mit dir als Alibi ist es sicher nicht so gut, allzu spät bei Simon aufzutauchen, er braucht schließlich seinen Kaffee. Am Ende nimmt er mich nie wieder als Praktikantin!"

„Du hast also vor, dich noch einmal zu bewerben?", wollte Niall wissen.

„Na klar, ich liebe die Arbeit hier, selbst wenn ich nur Mails bearbeite oder Akten sortiere ist es immer noch spannender als manche Unterrichtsstunden in meiner Schule", stellte ich fest.

„Du kannst meine Akten auch gern mal sortieren wenn es dir so viel Spaß macht", lachte er. „Ich habe einen Haufen an Ordnern in meinem Arbeitszimmer stehen, den ich einfach nicht anrühre, weil ich weiß, wie unordentlich ich alles eingeheftet habe."

„Das kommt ganz darauf an, welche Akten es sind", entgegnete ich. „Langweilige Zahlen und Abrechnungen interessieren mich nicht."

„Ich habe auch einige Ordner mit Songs und anderem Musikkram, wenn du magst kann ich sie dir gerne einmal zeigen. Allerdings nicht jetzt, wir müssen wirklich los, da hast du Recht. Ich habe auch noch ein Meeting", fügte er hinzu.

Es ist bald soweit und sie wird endlich den Rest der Band treffen!

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