08. This is fantastic

Das Telefon auf dem Schreibtisch klingelte, und ich nahm ab.

„Lena Smith", meldete ich mich mit meinem englischen Namen, der hier allen geläufig zu sein schien.

„Hey Lena, hier ist Simon. Wenn du Lust hast, kannst du runter zu Steven gehen, und ihm assistieren", meldete mein Chef sich. Im Tonstudio assistieren! Gern! Da kannte ich mich schließlich bereits ein wenig aus. Zwar war jedes Tonstudio unterschiedlich, aber ich würde das schon lernen.

„Klar, ich gehe gleich runter", grinste ich.

„Okay, viel Spaß", wünschte er mir, und wir legten auf. Ich stand auf und ging aus dem Praktikanten-Büro, um im Flur an eine Tür zu klopfen, die einige Meter weiter lag.

„Herein", ertönte Lillys Stimme aus dem Raum und ich stieß die Tür auf. Die Pianistin saß an einem Schreibtisch nah der Tür und tippte auf der Tastatur ihres Computers herum.

„Hi, ich wollte nur kurz Bescheid sagen, ich bin jetzt unten und helfe Steven", verkündete ich.

„Alles klar, viel Spaß!", wünschte sie mir. Ich schloss die Tür wieder und wartete auf den Fahrstuhl.

Nachdem Lilly ihren Kaffee geholt hatte, hatte sie mir noch kurz die Funktion des Telefons erklärt, das sich auf meinem Schreibtisch befand. Danach hatte sie sich in ihr eigenes Büro zurückgezogen (ich hatte sie begleitet, damit ich wusste, wo ich sie fand) und ich hatte mich wieder dem Computer zugewandt. Bis Simon mich angerufen hatte jedenfalls.

Ich stieg in den Fahrstuhl als die Türen sich öffneten und drückte auf den untersten Knopf. Als der Fahrstuhl jedoch bereits im Erdgeschoss hielt, stieg ein Sänger ein, den ich nicht zum ersten Mal sah. Und nein, es war nicht Niall Horan.

„Hi Ed", umarmte ich den Rothaarigen, der mich ebenfalls begrüßte.

„Hey Lena, du scheinst ja bereits voll beschäftigt", grinste er. Ed Sheeran kannte meinen Onkel, weil dieser bei einem seiner Konzerte Leiter der Tontechnik war. So hatte auch ich ihn irgendwann kennengelernt. Natürlich hatte ich ihm ebenfalls erzählt, dass ich nach London kommen würde.

„Bin ich", bestätigte ich. „Wo musst du hin?"

„Aufnahmeräume", antwortete er.

„Cool, ich auch."

Wir unterhielten uns über die WG in der ich nun lebte, während wir nebeneinander die Treppe hinunter stiegen. Das Studio 1, welches wir betraten, beinhaltete nur eine Tonkammer mit einem Mikrofon hinter einer Glaswand und ein Mischpult. Ich fühlte mich sofort wie Zuhause, in dem Studio meines Onkels.

„Okay, ich gehe schon mal rein, Steven müsste gleich kommen", sagte Ed und verließ den Raum wieder, um kurz darauf hinter der Glaswand aufzutauchen und mir zuzuwinken. Ich lachte und fuhr herum, als ich hinter mir eine Stimme vernahm.

„Du willst wohl etwas über Tontechnik lernen?", fragte Steven und stellte sich zu mir neben das Mischpult.

„Ja, total gern." Ich grinste ihn leicht schüchtern an und sah gespannt zu, wie er einige Knöpfe drückte und Regler verschob.

Der Produzent zeigte mir einige einfache Funktionen und ich hörte lachend zu, wie Eds Stimme sich von irgendwelchen tiefen Tönen bis hin zum Mickey Mouse Sound veränderte.

„Iiieh, was macht ihr nur mit meiner wunderschönen Stimme?", quietschte er. „Ihr macht euch nur über mich lustig! Muhahaha, seid ihr böse!" Nun klang er fast so tief wie ein Schiffshorn, und ich konnte einfach nicht anders als loszuprusten. Dieser Sänger hatte einen wundervollen Humor.

Mit meinem neuen Wissen im Gepäck verabschiedete ich mich schließlich von Ed und Steven, als die Aufnahmen des Liedes für eine kurze Pause unterbrochen wurden, und machte mich auf den Weg zu Lillys Büro.

Wir hatten alle Punkte von Vickys Liste abgearbeitet, weshalb wir den Headquarter bereits am frühen Nachmittag verließen und dadurch auch nicht in der Kantine aßen.

„Was hältst du davon, wenn wir jetzt zu Nando's gehen und ich dich danach ein bisschen in London herumführe?", schlug Lilly vor, und ich nickte begeistert.

„Das klingt super!"

Am nächsten Morgen wurde ich von einem lauten RUMS! geweckt. Eine mir unbekannte Stimme fluchte und ich richtete mich auf. Ein Blick aus dem Fenster verriet mir, dass es keinesfalls morgens war, sondern mitten in der Nacht. Draußen war es stockduster.

„Sorry Leute, schlaft einfach weiter", tönte es durch einige Wände hindurch. Das konnte nur Fee gewesen sein. Mit einem leichten Grinsen auf dem Gesicht drehte ich mich um und war auch sofort wieder eingeschlafen.

„Bist du in der letzten Nacht auch wegen Fee aufgewacht?" Lilly und ich saßen am Frühstückstisch, während besagte Drummerin noch selig schlief.

„Ja, aber ich konnte schnell wieder einschlafen", grinste ich.

„Du Glückliche", brummte die Sechzehnjährige und rieb sich die Augen.

Wir verließen das Haus ohne Felicitas und trennten uns schließlich im Headquarter. Lilly fuhr in die Studios hinunter und ich begab mich mit Vickys Liste hoch in das Praktikanten-Büro. Nachdem ich meine Tasche abgelegt hatte, lief ich die Wendeltreppe in die Küche hoch und machte mir eine heiße Schokolade. Vor mir lag ein wenig Computerarbeit, ich musste Mails checken und gegebenenfalls für Simon als wichtig markieren, und diese wollte ich so entspannt wie möglich beginnen lassen.

Ich hatte kaum Probleme bei der alleinigen Erledigung meiner Aufgaben, was mich selbst ein wenig überraschte. Am späten Vormittag fand ich mich schließlich in Simons Büro wieder. Laut Vickys Liste erwartete er vier Klienten.

Diese ließen auch nicht lange auf sich warten. Es klopfte an der Tür und vier junge Frauen betraten den Raum, die mir sofort bekannt vorkamen. Perrie, Leigh-Anne, Jade und Jesy von Little Mix begrüßten Simon und auch mich, um sich dann auf ein Sofa an einer Seite des Raumes fallen zu lassen.

„Wollt ihr etwas trinken?", erkundigte ich mich freundlich und ein wenig aufgeregt. Aufgeregt, mir eventuell vier verschiedene Getränke merken zu müssen, die ich letzten Endes noch vertauschte und mich damit total blamierte.

„Wow, wie alt bist du?", fragte Jade, anstatt mir zu antworten, und ich lief rot an. Kurz stockte ich, weil ich noch einmal darüber nachdachte, ob ich ihre Frage auch richtig verstanden hatte, dann antwortete ich leise.

„Ich bin vierzehn."

„Was?" Jesy blickte mich überrascht an. „Erst vierzehn?"

„Lena ist eine Schülerpraktikantin", mischte Simon sich ein.

„Seit wann nimmst du Schülerpraktikantinnen?", wollte Leigh-Anne wissen.

„Das tut jetzt nichts zur Sache", winkte er bestimmt ab. „Also, was wollt ihr trinken?"

Die vier Sängerinnen vereinfachten mir diese Aufgabe ungemein, indem sie alle ein Wasser bestellten. Ich atmete erleichtert auf, als ich das Büro verließ. Der Umgang mit neuen Prominenten fiel mir oft schwer. Demi war für mich keine Prominente in diesem Sinne, sie war eher wie eine große Schwester für mich, die ich nie hatte.

Nachdem die vier Sängerinnen ihr Wasser erhalten hatten, lief ich über die Küche und die Wendeltreppe zurück ins Praktikanten-Büro, wo ich nicht alleine war. Ein Typ, vielleicht ein wenig älter als Lilly, saß an einem Schreibtisch und blickte konzentriert auf einen Bildschirm.

„Hi." Schüchtern tapste ich zu meinem Schreibtisch und setzte mich auf meinen Stuhl. Er blickte auf.

„Hey, du bist Lena, oder?"

„Richtig. Wie heißt du?" Meine Stimme brach gegen Ende hin leicht weg und ich räusperte mich ärgerlich.

„Peter, ich lerne Mediendesign", stellte er sich vor. „Magst du dir mal kurz diese Seite anschauen?" Ich stand wieder auf und stellte mich hinter ihn, um einen Blick auf seinen Bildschirm zu werfen.

Noten huschten über den grünen Hintergrund der Website und Nachrichten leuchteten in verschiedenen Blautönen auf. Unregelmäßig über den Bildschirm verteilt erkannte ich verschiedene Arten von Klavieren, die durch geschickt gesetzte Schatten 3-Dimensional wirkten.

„Das sieht cool aus! Wessen Website soll es werden?" Meine Neugier besiegte meine Schüchternheit, worüber ich wirklich froh war. Ich hasste es, bei neuen Leuten schüchtern zu sein.

„Keine Ahnung, ich habe es einfach zum Spaß für einen Pianisten gemacht", zuckte er mit den Schultern.

„Für einen Pianisten? Wirklich? Das hätte ich ja nicht gedacht!", grinste ich mit leicht ironischem Unterton in der Stimme.

„Ich stecke voller Überraschungen."

Wir beide saßen fast den ganzen restlichen Tag im Büro und unterhielten uns super, während er weiter an seiner Website herumbastelte und ich E-Mails checkte. Mittags nahm Peter mich in die Kantine mit, und schließlich tauschten wir unsere Handynummern aus.

Als Lilly und ich am Abend wieder gemeinsam in die Wohnung kamen, begegnete ich zum ersten Mal Fee, die gerade erst aufgestanden war. Die Schlagzeugerin hatte goldblonde, leicht verstrubbelte Locken, ein rundes und liebliches Gesicht und sah verschlafen aus, doch trotzdem war sie unglaublich hübsch. Der Spitzname Fee passte perfekt zu ihr.

„Lena, Fee, Fee, Lena", fuchtelte Lilly mit ihren Armen herum, um uns vorzustellen. Wir mussten beide lachen, weil das zu komisch aussah.

„Wir haben's verstanden, Lil", grinste Fee.

„Glaube ich auch", stimmte ich ihr zu.

Fee war genauso nett wie sie aussah. Nichts schien sie aus ihrer Ruhe bringen zu können, was ich wirklich bewundernswert fand. Vielleicht lag das aber auch nur am Jetlag. Dass wir uns gut verstanden stand außer Frage, und ich freute mich jetzt schon auf unsere gemeinsame Zeit hier in London. Je mehr nette Leute ich kennen lernte, desto besser. Und schließlich wohnten wir sogar zusammen.

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