Do!
Wenn Jungkook überlegte dann war er schon immer ein Angsthase gewesen. Früher hatte er Angst gehabt vor einem bestimmten Spielzeug. Er hatte Angst im Dunkeln gehabt. Angst vor zu kleinen Räumen und Angst eine Tür zu öffnen, weil er mal im Fernsehen eine Sendung gesehen hatte. In dieser hatte sich die Person selbst umgebracht, weil das Türöffnen einen Schuss ausgelöst hatte.
Später, mit so acht, hatte Jungkook Angst entführt zu werden und schob regelrecht Paranoia. Er hatte immer das Gefühl ein böser Wolf würde hinter ihm lauern und nur darauf warten, dass er sich nicht rechtzeitig umdrehte. Tat er es aber, war nie ein Wolf da gewesen. Dann hatte er Angst von einem Monster, während er schlief, angegriffen zu werden. Dann vor Feuer.
Jungkook war schon immer ein Schisser. Auch mit 15 hatte er Angst gehabt. Er hatte Angst gehabt nicht seinen Fans gerecht zu werden. Er hatte Angst zu dick zu sein oder zu dünn. Er hatte Angst das keiner seinen Gesang mochte. Doch zu der Zeit hatte er neue Menschen kennen gelernt. Er hatte seine Bandkollegen kennen gelernt. Und er war nicht allein mit diesen Ängsten. Jin, Hoseok, Yoongi, Namjoon, Jimin und Taehyung litten ebenso unter solchen Ängsten.
Jungkook hatte es immer versucht. Er hatte immer versucht so stark wie sie zu sein, doch er war trotzdem der Angsthase geblieben. Bei den anderen legte sich die Angst, als sie merkten, dass sie Anerkennung bekamen, dass sie geliebt wurden. Sie wurden wieder lockerer. Bei Jungkook jedoch nicht.
Er hatte Angst durch die Klausuren zu rasseln oder seine Stimme zu zerstören. Er hatte Angst die Tanzschritte zu vergessen. Wenn er viel zu tun hatte war kein Platz für andere Ängste. Doch hatte er mal eine ruhige Minute, prasselten sie über ihn ein. Die Angst vor dem Tod, die Angst vor dem Tod eines Mitmenschen, die Angst das plötzlich alles vorbei ist.
Es war Taehyung der sich eines Nachts zu ihm setzte. Erst stumm. Stundenlang hatten sie beide da nur gesessen, auf dem Bett des Jüngeren. Sie sagten nichts schwelgten in Gedanken. Dann hatte Taehyung ihm Tee mitgebracht. Noch immer saßen sie stumm da, litten beide an Schlafmangel, aber der Tee beruhigte Jungkook. Es war als wischte jeder Schluck, den er tat, ein kleines bisschen seine Sorgen aus seinem Kopf.
Nachdem einmal es ganz besonders schlimm wurde, weil Namjoon sich auf der Bühne verletzt hatte, hatte Taehyung eine warme Milch mit Honig gebracht und ihm die Tränen aus dem Gesicht gewischt. Das war mehr als ein gutes Jahr her, nachdem Taehyung seine Besuche begonnen hatte.
Am Tag traute sich Jungkook nicht Taehyung auf die Nächte anzusprechen. Es war etwas ganz Privates. Nur zwischen ihnen. Das mussten die anderen nicht mitbekommen. In der Nacht da konnte Jungkook nicht. Die Ängste erschlugen ihn in der Dunkelheit, da brachte er kein Wort hervor.
Jungkook versuchte sein Bestes. Er versuchte Taehyung abzufangen. Versuchte mit diesem allein reden zu können, aber er schaffte es nicht. Entweder kam etwas dazwischen oder er brachte im entscheidenden Moment keinen Ton heraus. Der Jüngste begann die Nächte mit Taehyung zu genießen. Die Präsens neben ihm ließ ihn nicht allein. Sie gab ihm Halt.
Eines Nachts, wieder Monate später, begann Taehyung zu sprechen. Wieder hatte er Jungkook eine warme Honigmilch gemacht und diese ihm in die Hand gedrückt.
„Schlaf."
Es war nur ein Wort, das der Ältere gesagt hatte. Nur ein einziges Wort. Ein Wort das die Stille zerbrach.
„Ich kann nicht.", hatte Jungkook geantwortet.
„Schlaf. Du brauchst den Schlaf."
„Ich kann nicht."
„Du kannst. Leg dich hin. Schließe die Augen und schlaf."
„Ich kann nicht.", hatte Jungkook gesagt, nachdem er es versucht hatte. „Warum nicht?", hatte Taehyung geantwortet. Darauf hatte der Jüngere geschwiegen. Er konnte nicht zugeben, dass er Angst hatte. Taehyung war noch länger in dem Zimmer gewesen, doch nachdem er seinen Tee ausgetrunken hatte, war er wieder gegangen. Es war das erste Mal, das Jungkook nicht mit Taehyung an seiner Seite einschlief, welcher sonst immer belieben war.
In den nächsten Nächten führten sie immer ein ähnliches Gespräch. Immer forderte Taehyung ihm zum Schlafen auf und mehr als ein „Ich kann nicht.", konnte Jungkook nie antworten.
Und dann kam Taehyung plötzlich nicht mehr. Die Ängste waren stärker denn je. Zwei Nächte hatte der Sänger es ausgehalten. Dann ging es nicht mehr.
Jungkook hatte das Gefühl nicht mehr atmen zu können, sodass er sich aus dem Zimmer schlich und sich schließlich im Bad wieder fand. Das Bad war ein sicherer Ort. Dort konnte man sich einschließen und die Wärme des Heizkörpers genießen.
Doch er war überrascht als er in der Dusche Taehyung hocken sah. Er hatte sich schon beim Eintreten gewundert, warum das Fenster offen und die Heizung aus war. Der Ältere saß in Klamotten in der Dusche. Zitternd und mehr als durchnässt. Augenblicklich hatte Jungkook das Fenster geschlossen, die Heizung warm gedreht und hatte ein Handtuch aus dem Schrank genommen.
Er war so rational dabei, dass kein Platz für Angst in seinem Kopf war. Da war nur Sorge. Nur der Gedanke, dass Taehyung ins Warme musste. „Warum sitzt du da?", hatte Jungkook gefragt. Nun war es der Ältere, der keine Antwort gab. Und der Jüngere der keine Antwort bekam. Wieder saßen sie schweigend da. Tae, nun mit einem Handtuch, noch immer in der Dusche. Jungkook davor auf den sich langsam erwärmenden Fließen.
Die Nacht danach war, wie es Jungkook gewohnt war. Taehyung brachte ihm seine Milch, forderte ihm auf zu schlafen. Nun gab es ihre Nächte abwechselnd. In einem unregelmäßigen Rhythmus trafen sie sich entweder wieder im Bad oder auf Jungkooks Bett. Ihre Gespräche bestanden immer aus denselben Worten. Die Nächte immer aus denselben Taten. Nur ihre Gedanken unterschieden sich.
Es war wieder eine Nacht in der Jungkook unter seiner Decke saß und nichts weiter antworten konnte als „Ich kann nicht.", da stand Taehyung plötzlich auf. Er hatte seinen Tee noch nicht ausgetrunken und es schockte Jungkook. Die Angst der andere möge ihn mit seinen Ängsten allein lassen wurde mit einem Mal so riesig, dass sie ihm die Luft abschnürten.
„Weißt du was der Unterschied zwischen uns beiden ist?", fragte Taehyung und hatte schon den Türknauf in der Hand. „Ich schweige, weil ich nicht reden will, aber ich könnte, wenn ich wöllte. Du schweigst, weil du es nicht anders kannst und dass obwohl du reden willst."
Der Ältere hatte den Jüngeren mit diesen Worten allein gelassen. Die Nacht hatte Jungkook über diese Worte gegrübelt.
Die darauffolgende Nacht war wieder im Bad. „Warum willst du nicht?", hatte Jungkook gefragt. Es war der Beginn des nächsten Gesprächs, das sie Nacht um Nacht im Bad wiederholten.
„Wenn ich beginnen würde zu reden, weine ich und das möchte ich nicht."
„Warum nicht?"
„Es erinnert mich daran, dass ich machtlos bin."
„Warum bist du machtlos?"
„Ich kann nichts dagegen tun."
„Warum?"
„Weil ich abgeschlossen habe."
„Womit?"
„Mit allem was ich tun kann."
„Wie meinst du das?"
Es dauerte länger als drei Monate bis Jungkook auf die Frage „Warum nicht?" antworten konnte. Davor hatte er es immer und immer wieder versucht. Vielleicht lag es daran, dass er es diesmal nicht versuchte. Er versuchte nicht zu schlafen. Er wusste, dass würde nur darin enden, dass der andere wieder ging. „Ich habe Angst.", sagte Jungkook also und blickte in seine warme Milch.
„Wovor?", fragte Taehyung.
„Allem."
„Brauchst du nicht. Ich beschütze dich."
„Du wirst gehen, sobald deine Tasse leer ist."
„Nein, das werde ich nicht."
Jungkook vertraute dem anderen. Und als er am nächsten Morgen erwachte saß Taehyung noch immer dort. Es war pures Vertrauen. Die nächsten Nächte schlief Jungkook nicht allein. Immer war Taehyung bei ihm. In diesen Nächten musste Jungkook nicht mehr versuchen zu schlafen. Und er musste auch nicht mehr versuchen, Wörter hinauszuquetschen. Ihre Gespräche waren in diesen Nächten kürzer.
„Schlaf. Ich wache über dich."
Es waren nur die zwei Sätze die Taehyung brauchte, um Jungkook davon zu überzeugen unter die Decke zu kriechen, die Augen zu schließen und zu schlafen. In diesen Nächten war Jungkook nicht von Angst besetzt. In diesen Nächten hatte er einen Beschützer.
Sie saßen wieder im Bad. Auf die Frage „Wie meinst du das?" hatte der Ältere bis jetzt nicht geantwortet. Dafür sagte er etwas anderes.
„Ich kann nicht ewig bei dir bleiben."
„Warum nicht?"
„Kookie..."
Taehyung seufzte.
„Wenn wir an anderen Orten schlafen, kann ich nicht bei dir Wachen. Du musst lernen auf dich aufzupassen. Du musst lernen dich selbst zu beschützen."
„Wie?"
„Versuche nicht."
Mehr hatte Taehyung nicht gesagt. Es war das erste Mal, das Taehyung aus der Dusche ausgestiegen war, sich abgetrocknet hatte und sich ohne Scham vor dem Jüngeren umzog. Die blasse Haut von Taehyung und dessen schmaler Körper waren besorgniserregend. Doch wieder hatte Jungkook kein Wort hervorgebracht. Dabei hatte er seinen Mund geöffnet, hatte versucht ein Wort mit seinem Lippen zu bilden.
Die nächsten Nächte saßen sie wieder im Bad. Jungkook wusste nicht, wann sich Tae immer ins Bad schlich und er wusste auch nicht warum der Ältere immer in Klamotten unter die Dusche steig, das Fenster öffnete und die Heizung ausschaltete.
„Wie meinst du das mit dem Versuchen?", fragte Jungkook und schaute zu Taehyung. Der Ältere zitterte wieder. Es glich einem Wunder, dass er sich noch keine Erkältung eingefangen hatte. „Ich versuche nicht.", antwortete Taehyung. „Ich tu nur."
„Du tust nur?"
„Ja. Du denkst zu viel, deswegen tust du nicht."
„Ich denke zu viel?"
Der Ältere nickte, schaltete das Wasser an und zog den Jüngeren mit unter die Dusche. Das Wasser traf Jungkook so eisig, dass er erschrocken aufschrie bis warmes auf ihn herablief. Er ließ es sich von Taehyung gefallen vorsichtig aus den nassen Klamotten geschält zu werden. Ließ es zu, dass Tae ihn wusch. „Ich tue das, weil ich nicht denke.", sagte Taehyung, während er das Haar von Jungkook einschäumte.
„Wie...", begann Jungkook kam aber nicht weit. Seine Frage, was auch immer es für eine gewesen sein mochte ging unter, als das weiche Lippenpaar von Taehyung die seinen traf. „Du darfst nicht zu viel denken. Das schlägt sich nur hierauf aus.", meinte der Ältere und berührte sanft Jungkooks Brust, dort wo das Herz saß.
Jungkook begann Taehyung über den Tag genauer zu beobachten. Er war wirklich der seltsamste von ihnen. Er sagte viele Dinge, machte viel Nonsens, lachte viel. Es war ein ganz anderer Taehyung als der in der Nacht.
Ihre Nächte waren wieder schweigsamer. Jungkook wusste nicht was er dem anderen sagen sollte. Er verstand noch immer nicht was dieser meinte. Auf einmal kam Taehyung nicht. Der Ältere war auch nicht im Bad zu finden. Alles suchte Jungkook in aufregender Sorge ab, bis er den anderen schließlich auf dem Dach wiederfand. Taehyung saß da und rauchte.
„Warum bist du hier? Warum rauchst du!? Das ist giftig!" Die Worte sprudelten aus Jungkook hervor. Er musste nicht über sie nachdenken. Der Ältere lachte rau auf. „Lach nicht! Ich habe dich gesucht und mir verdammt noch mal Sorgen gemacht!", meckerte Jungkook und sah dabei zu wie Taehyung aufstand. Er drückte die Zigarette auf dem Vorsprung vom Dach aus und trat dann zu dem Jüngeren. Dieser holte gerade Luft und wollte noch mehr schimpfen, als wieder die Lippen von Taehyung ihn zu schweigen brachten.
Jungkook schmeckten den vergangenen Zigarettenrauch. „Pfui!" Der Jüngere ekelte sich.
„Warum tust du sowas?"
„Weil ich es vielleicht nie wieder tun kann."
Nach dieser Antwort verschwand Taehyung im Gebäude. Es war die erste Nacht die Jungkook seit längerer Zeit weder allein schlief. Seine Gedanken kreisten dabei ganz um die Worte von Taehyung.
Die Konzerte und die Tourneen machten es schwierig, dass Tae Jungkook eine warme Honigmilch machen konnte. Je mehr sie reisten, desto weniger Zeit fanden sie für eben jene Nächte, die Jungkook beruhigt hatten. Der ganze Stress ließ seine Ängste wieder aufleben. Es gab kaum eine Nacht in der er nicht seine Tränen vor seinen Zimmernachbarn verstecken musste.
Doch wieder zurück in ihrem Gebäude, den Räumen, die sie wohl Zuhause nannten, nahm Taehyung die Tradition nicht wieder auf. Auch im Bad gab es keine Treffen mehr. Jungkook fühlte sich, als hätte er den wahren Taehyung verloren. Schließlich hielt er es nicht mehr aus und schlich zu ihm ins Zimmer.
Der Ältere war wach. Er saß mit einer Tasse Tee auf dessen Bett und starrte an die Zimmerdecke. „Ich habe dich früher erwartet.", sagte er nur und deutete Jungkook sich neben ihn zu setzten. „Ich dachte du begreifst was es heißt mich nicht mehr haben zu können."
Stumm saß Jungkook neben ihm. Er wusste nicht was er sagen sollte.
„Du hast Angst?", fragte Taehyung und dann stand er auf. Er trat nur zum Fenster.
„Wer hat keine Angst?", fuhr er fort und stellte seine Tasse auf dem Fensterbrett ab.
„Angst vor der Zukunft... Angst vor der Realität... Angst vor dem Ungewissen..."
Taehyung drehte sich einmal im Kreis, bevor er wieder hinausschaute.
„Weißt du Kookie. Ich habe keine Angst. Ich denke nämlich nicht. Im Gegensatz zu dir, denke ich zu wenig."
„Wie meinst du das?"
„So wie ich es sage."
Sie schwiegen. Dann drehte sich der Ältere wieder zu dem Jüngeren um. Mit einem Ruck hatte er dessen Hände ergriffen und Jungkook an sich gezogen. Sanft wirbelte Taehyung Jungkook durch den Raum. Sie tanzten Walzer, ohne Takt und ohne Musik.
„Ich habe eine Zeitlang versucht.", sagte Taehyung und beendete mit der letzten Silbe ihren Tanz. „Dann wurde mir klar, dass Versuchen keine Alternative ist. Also habe ich alles getan. Jetzt kann ich nichts mehr tun."
„Warum nicht?"
„Weil ich abgeschlossen habe."
„Womit?"
Eine Antwort blieb für diese Nacht aus. Die Nächte danach fanden wieder in schweigsamer Manier im Bad und Jungkooks Bett statt.
Weitere Jahre vergingen. Jungkook führte aber nicht mehr dieselben Gespräche. In seinem Bett begann er, erst wieder zögerlich, von seinen Ängsten zu erzählen. Diese Gespräche verliefen immer anders. Manchmal fand er Taehyung rauchend auf dem Dach. Immer schimpfte er mit ihm, doch es half wenig. Am Ende bekam er nur wieder einen Kuss aufgedrückt. Solche Nächte waren selten. Sie fanden vielleicht nur einmal im Halbjahr statt. Umso häufiger fanden sie sich im Bad wieder.
Dort schwiegen sie. Manchmal zog Taehyung Jungkook mit unter die Dusche, manchmal aber weigerte er sich auch nur das Handtuch anzunehmen. Jungkook nahm dieses Verhalten hin. Er war sich sicher Tae würde ihm die Dinge erzählen, wenn die Zeit reif war.
Es war wieder auf dem Dach. Jungkook sah den Zigarettenrauch doch setzte er sich still zu dem anderen. Über die Zeit hatte er sich viele Gedanken zu Taehyungs Worten gemacht. Und er war zu einem Schluss gekommen: „Wenn du weniger denkst, dann fühlst du mehr."
„Ja. Du fühlst mehr und du handelst mehr."
„Ich glaube, ich denke wirklich zu viel."
Jungkook hatte oft in den letzten Jahren versucht seine Gedanken abzuschalten. Die Gefühle die er dann gespürt hatte, in den Unterschiedlichsten Situationen. Das war nicht nur Angst gewesen. Da waren so viele Gefühle gewesen. Er hatte nicht mehr so viel Angst vor Angst. Er wusste in ihm waren auch andere Gefühle. Freundschaft, Freude, Aufregung, ... All das hatte die Angst verdrängt. Jungkook hatte begonnen sich bewusst zu fragen, was er fühlte.
Er hatte begonnen mehr zu lachen und offener zu werden. Wenn er öfters auf sein Herz hörte, viel es ihm auch viel leichter Dinge zu versuchen. Seine Versuche gelangen ihm auch öfters.
Leicht lachte der Ältere.
„Ich habe es dir ja gesagt."
„Warum sagst du, du denkst zu wenig?"
„Ich habe abgeschlossen. Für mich gibt es nichts mehr zu denken."
„Warum?"
Der Ältere schwieg.
„Ich möchte es nicht versuchen dir zu erzählen."
„Warum nicht? Warum möchtest du es nicht versuchen?"
„Weil es Dinge gibt die kann man nicht versuchen."
„Und das gehört dazu?"
„Ja. Ich muss bereit sein, dir das zu erzählen. Bis dahin ist jeder Versuch zwecklos. Sie würden nur Frust bringen. Und Frust ist ein Gefühl, dass ich nicht Leben mag."
Langsam nickte Jungkook. Er glaubte zu verstehen was Taehyung meinte. Schon seit längerem brannte ihm ein Gefühl auf der Zunge. Ein Versuch etwas zu sagen. Aber er schaffte es nicht. Er war nicht bereit dazu.
„Ich denke ich verstehe.", antwortete er also und wieder schwiegen sie beide.
Die nächsten Nächte konnten sie nicht miteinander verbringen. Sie hatten Shootings. Schliefen dafür in kleinen Hotelzimmern immer zusammen. Jungkook teilte sich ein Zimmer mit Namjoon. Taehyung seines mit Jimin. Auch bei den Shootings selber waren die beiden kaum zusammen. Es waren keine Paar-Fotos für sie vorgesehen. Umso glücklicher war Jungkook als sie wieder in den vertrauten Heim waren.
Doch das blieben sie nur eine Nacht, dann hatten sie Urlaub. Sie durften heim zu ihren Familien. Es war eine schöne Zeit keineswegs, doch Taehyung fehlte Jungkook. Mehr denn je. In ihrer ganzen Zeit waren sie nie mehr als eine Woche voneinander getrennt gewesen. Es fühlte sich einfach falsch an die Nächte nicht mit dem Älteren zu verbringen.
Er fühlte sich bereit. Er fühlte sich bereit für das Ding, dass man nicht versuchen konnte. Die Nacht konnte er gar nicht erwarten, als sie wieder zusammenwohnten. Er fand Taehyung im Bad. Diesmal waren nicht die Fenster geöffnet und die Heizung war auch nicht aus. Doch auch diesmal saß Taehyung in Klamotten in der Dusche. Das Wasser war noch an. Es war warm. Hinter sich schloss Jungkook die Tür ab. Er wollte nicht das sie von anderen gestört wurden. Dann trat er zu Taehyung.
Mit Klamotten stieg Jungkook hinzu, ließ außer Acht das er nass wurde, denn Taehyung schluchzte. Er weinte. Überrumpelt nahm Jungkook ihn einfach in den Arm. Sie saßen lange dort. Irgendwann hörte Taehyung auf zu weinen. Mit roten Augen schaute er zu Jungkook. Ein schiefes Grinsen zierte sein Gesicht als er sagte: „Siehst du. Nun habe ich Angst."
„Warum?"
„Erinnerst du dich daran, dass ich dir sagte ich würde weinen, wenn ich es dir erzähle?"
„Ja."
„Ich habe mir vorgestellt, wie es wäre es dir zu erzählen."
Dann beugte sich Taehyung zu Jungkook und küsste ihn. Jungkook küsste zurück. Genoss das heiße Gefühl, das durch seinen Körper jagte. Vorsichtig zog er Taehyung auf die Beine. Nun war es der Jüngere, der ihnen die Klamotten auszog und der sie wusch.
Die nächste Nacht fand Jungkook Taehyung auf dem Dach.
„Gestern kam ich nicht dazu, aber ich muss dir etwas sagen.", begann er, bevor er wieder zu viel denken konnte.
„Ich möchte es nicht hören."
„Was?"
„In vier Monaten nach dem neuen Album werde ich BTS verlassen."
„Was!? Warum!?"
„Weil ich keine Zeit mehr habe."
„Wie meinst du das?"
„Ich werde sterben. Die Ärzte geben mir noch fünf Monate."
Jungkook stand unter Schock. Taehyung ging es doch gut! Er hatte nie gesehen wie dieser Medikamente nahm oder irgendwelche anderen Merkmale aufzeigte so krank zu sein. Das konnte nicht wahr sein!
„Erinnerst du dich daran, dass ich sagte ich hätte abgeschlossen?"
Jungkook nickte betroffen.
„Ich habe mit meinem Leben abgeschlossen. Es lohnt sich nicht mehr für mich irgendetwas zu überdenken. Oder Angst zu haben. Ich sollte die letzten Monate die ich habe genießen. Tun und lassen was ich will. Ich will fühlen. Ich möchte nicht versuchen. Denn versuchen kann ich auch zu Überleben. Es wäre aussichtslos. Ich muss tun. Für mich gibt es kein versuchen mehr."
Es machte Sinn. Es machte alles so viel Sinn.
„Ich liebe dich, Kookie.", sagte Taehyung und trieb die Tränen in die Augen des jüngeren. „Bitte verstehe, dass ich dir keine Zukunft bieten kann. Ich werde fast all deine Ängste nur wahr machen."
„Das ist mir egal."
„Bist du dir sicher?"
„Ja. Es wird Zeit, dass ich mich meinen Ängsten stelle. Ich bin zu lange davor weggelaufen. Ich habe so viel nachgedacht. Hätte ich das alles nicht, dann..."
„Denk nicht über ein hätte nach. Hätte gibt es viele, ein jetzt nur einmal."
Jungkook schwieg darauf. Er wusste nicht was er sagen sollte.
„Ich liebe dich, Tae."
„Ich weiß."
„Ich möchte die restliche Zeit die dir bleibt eine Beziehung mit dir versuchen."
„Nein. Das möchtest du nicht."
„Doch. Denn ich möchte nicht länger versuchen. Zeige mir, wie man handelt!"
Taehyung schmunzelte.
„Das kann ich dir nicht zeigen, dass musst du ganz allein..."
Weiter kam der Ältere nicht. Der Jüngere hatte ihm mit einem Kuss den Mund verboten.
Es war die schönste und die schmerzhafteste Zeit für Jungkook. Sie verbrachten viele Nächte zusammen unter der Dusche, auf dem Dach und im Bett. Manchmal schwiegen sie, manchmal küssten sie sich, manchmal kuschelten sie. Für Jungkook blieb ebenso keine Zeit mehr fürs Nachdenken. Er musste Handeln. Er musste fühlen. Er musste alles was er mit Taehyung noch erleben durfte wie ein Schwamm aufsaugen.
Noch heute klangen die Worte von Taehyung auf dem Sterbebett in seinen Ohren und die letzten hatte er sich in einem sanften Tattoo auf die Haut stechen lassen. „Kookie. Versprich mir, glücklich ohne mich weiterzuleben. Versprich mir, deine Ängste weiterhin so entgegen zu treten.", hatte Taehyung mit seinen letzten Kräften gesagt.
„Ich versuche es."
„Versuche nicht. Tu es."
„Ich tue es.", hatte dann Jungkook versprochen.
„Genau!" Taehyung hatte darauf gelächelt und einmal rasselnd eingeatmet. Einen letzten Kuss hatten sie geteilten, bevor der Ältere sein letzten Worte hauchte. Es war seine Aufmunterung. Sein Wille.
„Don't try. Do!"
Ende
Es ist absolut nicht so wie ich es wollte. Die Fakten haben sich beim schreiben einfach verdreht. So ist das manchmal.
Bitte sagt mir wie ihr es findet. Was habt ihr gemocht oder was nicht?
Was sagt die Story für euch aus?
Gerry Moon
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