Kapitel 6

Viktor deutet mir an still zu sein. Ich nicke und sehe zu der Hausecke, wo der Schatten gerade eben verschwunden ist.
Viktor zieht eine Pistole und steht auf. Woher er die Pistole hat, kann ich mir selbst nicht erklären.

Langsam folge ich ihm. Meine Neugierde könnte mir irgendwann einmal das Leben kosten.

Gemeinsam biegen wir um die Hausecke, als ich ein lautes: „Halt" hinter mir vernehme und das Entsichern einer Pistole.
Ich erhebe meine Arme und drehe mich langsam um.

Ich gefriere für einen Moment, als ich die Person erkenne. Auch er scheint einen Moment zu versteinern, bis er die Pistole senkt und wir uns beide fest in den Arm nehmen.

„Bist du in Ordnung?", frage ich. Samuel drückt mich etwas fester an sich und nickt. „Wie geht es dir?"
„Ich bin in okay", antworte ich.

Eine ganze Weile verharren Sam und ich in dieser Position, bis wir uns langsam von einander lösen.
„Ich dachte schon ich würde dich nie mehr wiedersehen", sagt Samuel.

Langsam gleitet sein Blick von mir ab und er schaut hinter mich. Als mir Viktor wieder in den Sinn kommt, drehe ich mich so, dass ich beide Männer im Sichtfeld habe.

„Wer ist das?", fragt Samuel mich. Ich bemerke, wie er langsam seine Pistole anhebt. Viktor scheint dies auch bemerkt zu haben, da er seine Pistole ebenfalls erneut erhebt.

„Wartet! Samuel, das ist Viktor. Viktor, das ist Samuel", melde ich mich, bevor die Situation ausarten kann.
Sam zieht seine Augenbrauen zusammen. „Viktor?", ungläubig sieht er den Mann vor ihm an. „Hallo Sammy. Lange nicht gesehen..."

——

Einige Minuten später sitzen alle am Brunnen des Dorfes.

Alice freut sich ebenfalls Sam wiederzusehen, währenddessen Tara keinerlei Emotionen preisgibt.

„Warum bist du hier? Und wo ist Alexander?", frage ich Samuel.
„Aurelia hat es irgendwie geschafft, Alex auch gegen mich zuwenden. Ihre Männer versuchten mich mitzunehmen. Ich schaffte es aber ihnen zu entkommen. Ich hatte gehofft, dich noch lebendig zu finden und dachte mir, dass du hierhin zurückkommen würdest", berichtigt Sam und senkt dann leicht seinen Kopf.
„Es tut mir Leid, dass ich die Männer und Aurelia damals nicht aufhalten konnte."

Sam und meine Augen treffen sich. Ich erkenne ehrliche Reue in ihnen. „Ist schon in Ordnung. Du hast es wenigstens versucht." Nicht wie andere, füge ich gedanklich hinzu.

„Ich weiss nicht, was mit Alexander los ist", meint Samuel mit einem traurigen Klang in der
Stimme.

Wir beschliessen, zusammen an den Ort zufahren an dem Sam die Gruppe verlassen hat.

Tara ist still und sieht aus dem Fenster, währenddessen Sam und Alice zusammen sprechen.

Ich sehe zu Viktor, welcher konzentriert auf die Strasse schaut. „Du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet", sage ich.
Viktor schielt kurz zu mir. „Was war noch einmal deine Frage?"
„Warum du uns helfen willst", erwidere ich.
Viktor streicht sich kurz durch seine Haare. „Ich...", beginnt er, stoppt aber, als ein Reh auf die
Strasse vor uns springt.

Sofort tritt Viktor auf die Bremsen. Ich werde nach vorne geschleudert, glücklicherweise fängt mich der Sicherheitsgurt auf.

„Ich sagte doch, dass du mich hättest fahren lassen sollen", murrt Sam.
„Und was hättest du bitteschön besser gemacht? Wärst du über das Reh geflogen, oder was?", faucht Viktor zurück.

Ich verdrehe die Augen und sehe zu den beiden anderen Frauen im Wagen.
„Seid ihr in Ordnung?"
Beide nicken. „Und du?", fragt Tara. Ich nicke ebenfalls.

Nach einer halben Stunde erreichen wir das alte verfallene Haus, von dem Samuel erzählt hatte.
Ich sehe mir die Bruchbude an. „Und hier verstecken sie den Prinzen?", frage ich verblüfft. Samuel zuckt mit den Schultern. „Wenn sie noch hier sind."

Viktor sieht mich an und hält mir dann ein Gewehr hin.
„Was soll ich damit?", frage ich schockiert.
„Den Leuten Angst machen", antwortet er.

„Wir brauchen einen Plan", sagt Tara und schaut in die Runde. „Wir können nicht einfach so Hals über Kopf in dieses Haus hineinstürmen." Ich stimme ihr zu. „Pläne sind immer gut."

Leider kommen wir nicht wirklich weit, da schon im nächsten Moment eine weibliche Stimme hinter uns erklingt.

„Ich habe euch erwartet. Oder besser gesagt nur zwei von euch", sagt Aurelia. Sie sieht uns alle kurz an, bis ihr Blick bei Tara hängen bleibt. „Du bist auf der falschen Seite, Kleines."

Tara tritt einen Schritt vor und sieht Aurelia streng an. „Ich glaube, dass es eher umgekehrt ist! Lass den Prinzen frei!", Taras Stimme ist ruhig, sodass sie bedrohlich klingt.

Aurelia lächelt und erhebt eine Waffe. „Wer will zuerst sterben?", fragt sie uns alle.

Plötzlich ergreifen mich zwei starke Hände an den Armen. Auch die anderen werden von irgendwelchen Menschen gepackt.

„Bringt sie hinein", flüstert Aurelia und dreht sich schlagartig um.

Die Menschen schleifen uns mit sich. Als sie die Türe öffnen und mit mir durch den Eingang schreitet, erinnere ich mich an das Gewehr, welches mir Viktor zuvor gegeben hat und schlaff an meinen Armen herab hängt.

In meinem Kopf beginne ich einen Plan zusammenzustellen.
Er wäre riskant, aber bleibt mir eine andere Wahl?

Ich strecke meine Finger und versuche den Lauf des Gewehres unauffällig in die Hände zubekommen. Als es mir gelingt, muss ich mir einen Freudenschrei unterdrücken.
Ich fasse das Gewehr stärker.

Die Person, die mich dazu zwingt, vorwärts zu laufen, scheint davon nichts zu merken. Ohne weiter über die Konsequenzen nachzudenken, ramme ich der Person das Rückteil des Gewehrs in den Hals.

Die Person keucht vor Luftentzug und Schmerzen auf und lockert ihren Griff.

Ich renne einige Schritte von der Person weg, bleibe dann aber stehen.
Was soll ich nun tun? Weiter habe ich nicht gedacht.

——
919 Wörter

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