Kapitel 5
„Was tust du hier?", sind die Worte der Königin, als ich den Raum betrete.
Ich sehe zu der auf dem Thron sitzenden Königin auf und verbeuge mich langsam.
„Ich wollte Sie nicht stören, dies tut mir Leid. Ich muss aber dringend mit Ihnen sprechen", sage ich.
Die Königin sieht mich eine Weile lang an, lächelt dann aber etwas.
„Ich bin froh dich zu sehen, Mila. Aber wo ist er? Wo ist mein Sohn? Und warum siehst du so... unästhetisch aus?"
Ich rapple mich langsam auf. „Eine Frau... wie hiess sie noch gleich? Au... Aurelia. Und einige
Männer haben uns aufgespürt", erkläre ich der Königin.
„Aurelia?", fragt jene nach.
Ich nicke und stütze mich am Tisch neben mir ab.
„Alexander kennt sie. Er meinte, sie hatten gemeinsam Schule?", ich kann meine Skeptik nicht verbergen.
„Das stimmt", antwortet die Königin.
Der Brief fällt mir wieder ein. „Sie gaben Alexander einen Brief. Sie sagten dieser wäre von
Ihnen..."
„Ich habe diesen Brief nicht verfasst", unterbricht mich die Königin.
Verwirrt schaue ich zu ihr auf.
„Entschuldige mich. Diese ganzen Drohbriefe machen mich fertig."
„Ist noch einer angekommen?", frage ich sogleich.
Die Königin nickt: „Deshalb habe ich euch noch nicht zurückgeschickt."
„Kann ich einen sehen?", frage ich voller Hoffnung.
„Ich habe sie nicht mehr. Ich will so einen Fluch nicht um mich herum haben", antwortet die
Königin schuldbewusst.
„Bitte behalten Sie den Nächsten", sage ich.
„Wissen Sie wenigstens, wer den Brief verfasst hat?"
Die Königin beginnt eine Weile nachzudenken. „Clauder, ein alter Bekannter von mir."
„Clauder", wiederhole ich leise. „Wissen Sie, was er von ihnen will?"
Die Königin schüttelt leicht ihren Kopf.
Verwirrung steigt in mir auf. „Hat er nie erwähnt, was er im Gegenzug haben will?"
Die Königin scheint zu merken, dass ich ihr nicht glaube und zieht deshalb ihre Augen zusammen.
„Glaubst du dem Wort deiner eigenen Königin nicht?"
Ich schüttle mit dem Kopf. „Natürlich nicht. Es ist nur seltsam, dass der Drohbrief keinerlei
Forderungen besitzt."
„Clauder war schon immer so. Er mochte es, Menschen ohne Grund Angst einzujagen. Dies scheint ihm den richtigen Kick zu geben", erklärt die Königin.
„Ihr solltet ihn der Polizei melden", sage ich.
Die Königin nickt. „Du hast recht. Ich werde dies tun. Aber du solltest wieder zu Alexander gehen. Bitte beschütze meinen Sohn, ich vertraue nur dir. Und du solltest auch niemandem anderem trauen!"
„Ich weiss. Vertraue niemandem", sage ich und verbeuge mich erneut.
Die Königin erhebt ihre Hand und hält mich somit auf.
„Lass mich dir eine Angestellte für deinen Schutz mitgeben."
Als wäre alles abgesprochen, betritt nach einigen Sekunden eine junge Frau den Raum.
Ich schrecke zurück. „Du!", werfe ich ihr entgegen. Die Person, die gerade den Raum betritt, ist Aurelia.
Aurelia sieht mich fragend an.
„Das ist Tara. Die Zwillingsschwester von Aurelia", sagt die Königin. „Die beiden sehen gleich aus. Aurelia kann man aber nicht trauen, Tara schon."
Ich sehe Tara eine Weile lange an, missbillig und abwartend.
„Ich werde dir helfen", sagt Tara selbstbewusst und scheint meine Blicke einfach zu ignorieren. „Vertrau mir", spricht die Königin.
Ich drehe mich zu meiner Hoheit um. „Gut, ich vertraue Ihnen. Ich würde mich aber besser fühlen, wenn auch Alice mitkommt."
Alice ist eine Freundin von mir, welche ebenfalls für das Königshaus arbeitet.
Die Königin nickt: „Dein Wunsch sei mir zu Befehl!"
——
Erneut stecke ich meine Haare mit der Hilfe der beiden Stricknadeln nach Oben.
Alice sieht mir dabei lächelnd zu. „Zum Glück habe ich dir gezeigt, wie man so eine Frisur macht", sagt sie schmunzelnd.
Ich lächle sie kurz an, werde dann aber wieder ernst und beuge mich zu ihr nach hinten.
Dabei fällt mein Blick auf Tara, welche neben Alice sitzt.
„Warum sitzen wir noch einmal im Auto von Viktor?"
„Weil wir schnell Alexander und Samuel finden müssen und ein Auto nun einmal schneller ist, als wenn wir alles zu Fuss gehen würden", antwortet mir Alice.
„Wenn wir da wieder lebendig herauskommen, werde ich nicht mehr zögern und meinen
Führerschein direkt angehen", jammere ich.
Viktor beginnt zu grinsen.
„Lachst du mich aus?", fahre ich in an.
Der Mann neben mir schüttelt den Kopf, wodurch eine lose Haarsträhne in sein Gesicht fällt.
„Ich weiss nicht, ob wir meine Schwester dort finden werden", meint Tara.
„Warum sollten wir nicht?", frage ich.
Tara überlegt kurz. „Aurelia ist nicht die Person, die lange an einem Ort bleibt."
Der Rest der Autofahrt verläuft angespannt. Niemand sagt ein Wort, währenddessen Reggae Musik aus dem Radio dröhnt und mich droht verrückt zu machen.
Als wir endlich im Dorf ankommen, springe ich erleichtert aus dem Auto und renne fast schon auf das Haus zu. Ich würde mir vielleicht sogar erlauben zu rennen, würde mein Bein sich nicht beschweren.
Ich reisse die quietschende Tür auf und schaue mich im Inneren des Hauses um.
Niemand ist hier. Tara hatte recht. Aurelia ist bereits weitergezogen. Nur weiss niemand von uns vier, wo sie hingegangen sein konnten. Die ganze Suche scheint hoffnungslos.
Die Nacht bricht herein. Ich habe mich auf eine Bank in der Nähe von Viktors Auto niedergelassen.
Der Besitzer steht bei ihm und schaut mich von der Distanz aus an. Nach einer Weile scheint er es nicht mehr auszuhalten und setzt sich zu mir.
„Wir werden sie finden", versucht Viktor mich aufzuheitern.
„Woher willst du dies wissen? Warum interessiert dich das überhaupt? Warum willst du uns helfen?"
Viktor öffnet seinen Mund um zu antworten, als uns beide ein Schatten auffällt, welcher sich hinter einer Hauswand versteckt.
——
901 Wörter
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top