Kapitel 2

Ich schaue auf die Scherben, welche sich über den Holzboden erstrecken. Die Sonne, die durch das Loch des Fensters scheint, spiegelt sich in den Scherben und scheint tausendmal reflektiert zu werden.

Ich brauche eine Weile, bis ich verstehe, was gerade passiert ist. Mit weit aufgerissenen Augen sehe ich auf die Pistole in meiner Hand. Wie konnte sich ein Schuss lösen? Ich könnte schwören, dass ich den Abzug nicht gedrückt habe.
Der Schuss muss aber von mir gekommen und die Kugel durch das bereits zersplitterte
Fenster geflogen sein.

Meine Hände beginnen zu zittern, als ich die Waffe auf den Tisch werfe. Alexander schaut mir dabei ängstlich zu. Auch er hat nicht mit diesem Schuss gerechnet.

„Bist du in Ordnung?", frage ich den Prinzen und gehe einen Schritt auf ihn zu. Alexander weicht nicht zurück, seine Augen sind aber mit mehr Angst gefüllt.

„Ich wollte das nicht. Ich weiss nicht, wie dies passieren konnte", flüstere ich.
Die Tür öffnet sich erneut mit einem lauten Quietschen, welches Alexander und mich zusammenzucken lässt.
Diesmal betritt ein besorgter Sam das Haus. Der Freund ist aber nicht alleine. Drei andere Leute folgen ihm hinein. Eine Frau mit langen blonden Haaren und knallrotem Lippenstift beginnt mich sogleich zu mustern.
Die zwei Männer mit Glatzen und in schwarzen Roben schauen sich nur desinteressiert im Raum um.

„Was ist passiert?", fragt Samuel und schaut besorgt zu mir und zu Alexander.
„Es war ein Versehen", flüstere ich erneut und schaue zu den Fremden. „Wer sind die?" Sam dreht sich verwundert um, als hätte er vergessen, dass diese Leute ihm gefolgt sind. „Ich weiss es nicht. Ich konnte sie aber nicht abschütteln", zischt Sam. „Und als ich einen Schuss hörte, konnte ich nicht anders, als hierhinzukommen."
Ich nicke.
Ich verstehe, was Sam meint. Ich hätte in diesem Moment wohl gleich gehandelt.

„Hallo Alexander", sagt die Frau und sieht zu Alex. „Kennst du mich noch?"
Fragend schauen Sam und ich zu Alexander.
Ich beobachte, wie dieser die Frau von oben bis unten mustert und dann nickt.
Die Frau beginnt breit zu lächeln und bringt so ihre weissen Zähne zum Vorschein.

„Darf ich mich vorstellen? Ich heisse Aurelia und die beiden Männer hier sind meine Freunde", Aurelia weist auf ihre Begleiter.
Ich kneife die Augen zusammen und glaube dieser Aurelia schon jetzt kein Wort.

„Woher kennt ihr euch?", frage ich Alexander, dieser öffnet seinen Mund, Aurelia kommt ihm aber zuvor. „Wir waren gute Freunde früher. Wir hatten gemeinsam im Schloss Unterricht."
Aurelia schaut mich an und kommt langsam auf mich zu. Mit jedem Schritt weicht ihr Grinsen ein
Stück von ihren Lippen.
„Aber warum erzähle ich dir das überhaupt? Du bist Mila Rouge, richtig?"
Ich kneife meine Augen noch enger zusammen. Ich kann mir nicht ausmalen, woher sie meinen Namen weiss. Langsam nicke ich.

Aurelia atmet aus und schaut auf den Tisch, wo noch immer meine Pistole liegt. Nach einer kurzen Zeit, nimmt sie jene in ihre Hand und dreht sie herum. „Ich glaube, ich entziehe dir dieses Spielzeug besser, nicht wahr? Wir wollen doch nicht, dass du deinen Plan ausführen kannst, oder?"
Verwirrt starre ich Aurelia an.

„Ich war gerade eben bei der Königin. Sie meinte, ich solle euch aufsuchen und dir...", Aurelia dreht sich zu Alexander. „Diesen Brief von ihr überreichen."
Aurelia schreitet auf Alex zu und zieht einen Brief hervor, welchen sie Alexander mit einem leichten
Knicks übergibt. Alex nimmt den Umschlag in seine Hände und öffnet ihn hastig.
Fragend sehe ich Alex dabei zu.
Nach seiner Mine her scheint nichts Gutes darin zu stehen.

„Sie!", ruft Aurelia aus und zeigt mit dem Lauf der Pistole auf mein Gesicht. Ich zucke vor Angst zurück.
Noch nie hielt jemand eine Pistole auf mich.
„Sie will dich töten!", fährt Aurelia fort.
Ich will meinen Kopf schütteln, habe aber eine zu grosse Angst, dass mich Aurelia sogleich auslöschen würde.
„Das ist doch Schwachsinn", meint Sam und kriegt somit die Aufmerksamkeit der Frau.
„Wirklich? Vielleicht willst du ihr helfen?"
Sam sieht die Frau lange an und starrt dann auf die Pistole und mich.

„Alexander, willst du die Worte der Königin mit uns teilen?", fragt Aurelia, die Pistole immer noch auf mich gerichtet.
„Alexander, mein Sohn. Die Flure sind ohne dich so leer, ich vermisse dich. Doch leider hat mich ein weiterer Drohbrief erreicht, in dem sie mir mit deinem Leben drohen. Ich fühle mich deshalb gezwungen, dir einen Personenschutz zu geben. Ich habe etwas Schreckliches über deine Freunde, vor allem über Mila, herausgefunden. Ich hätte ihr niemals trauen sollen und du solltest dies auch nicht mehr tun. Vertraue mir, mein Sohn. Freundliche Grüsse deine Mutter, die Königin", zittert
Alexander.

Ein kalter Schauer erfasst mich. „Diese Nachricht muss gefälscht sein."
Alexander sieht in meine Augen und schüttelt denn Kopf. „Sie hat darunter unterschrieben, zusammen mit dem königlichen Siegel."
„Eine sehr gute Fälschung?", bringe ich heraus.

Alexanders Augen beginnen mich zu mustern. Er glaubt doch nicht wirklich, dass ich ...?

„Bring sie weg!", befiehlt Aurelia einem der Männer, welcher mich sofort an den Schultern packt.
Diese beginnen zu schmerzen, als er mich von dem Boden in die Luft hebt.

„Lass mich sofort los!", beginne ich sogleich zu protestieren, als Aurelia die Pistole senkt. Der Mann hört aber nicht auf mich und geht auf die Tür zu.

„Alexander!", rufe ich verzweifelt. Mein bester Freund sieht aber nur entschuldigend auf den Boden. Er versucht nicht einmal, mich zu retten.
„Lasst sie runter! Bitte! Wir können doch darüber reden", versucht Sam die Situation zu retten. Ich schaue zu ihm. Ich erkenne panische Angst in seinen Augen. Um mich?

Der andere Mann hält ihn fest, sodass Sam nichts anderes machen kann, als zu flehen. „Alexander bitte!", rufen Samuel und ich gleichzeitig, doch es ist zu spät, die alte Holztüre hinter mir und dem Mann schliesst sich.

Ich beginne noch mehr zu strampeln, um mich irgendwie von seinem schmerzhaften Griff zu befreien, leider gelingt mir dies aber nicht.
Ich bemerke in der nächsten Sekunde nur, wie etwas Schweres auf meinen Kopf prallt und dann alles um mich herum ins Schwarze taucht.

——
999 Wörter

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