Kapitel 4

„Aha!", mit einem breiten Grinsen stupste Lyall die weiße Königin vom Spielfeld und stellte seine eigene Königin auf den freigewordenen Platz. „Schach und Matt!"

„Wie?", übertrieben seufzend warf Remus den Kopf in den Nacken und sah dann genervt auf den Tisch, wo das fast ganz leere Schachbrett stand. Drum herum verteilt standen und lagen weiße und schwarze Figuren und die lilanen Orchideen, die normalerweise in der Mitte des Esstisches standen, waren zur Seite geschoben. „Wie schaffst du das jedes Mal, Dad? Ich war mir zu neunzig Prozent sicher, dass ich dieses Mal gewinnen werde."

„Ich bin einfach der beste Schachspieler der Welt", gab Lyall zurück und hielt Remus die Hand hin, um sie zu drücken. Remus' Beziehung zu seinem Vater war eine kompetetive und ärgernde, geprägt von ständigen Neckereien und dem Drang, sich vor dem anderen zu beweisen und um was auch immer es ging zu gewinnen. Sie hatten eine enge Bindung, teilten die Leidenschaft fürs kreativ Sein und Erfinden, denn noch als Remus ein Kleinkind war, hatten sie die fortgeschrittensten Schlösser aus Holzwürfeln und Burgen aus Kissen gebaut.

„Und auch der Bescheidenste", meinte Hope belustigt. Sie stand am Herd und vermischte die frisch abgegossenen Nudeln mit der Soße in der Pfanne. Die Wohnung der Lupins war relativ klein und das Wohnzimmer hatte einen viel zu kleinen Tisch, um dort mehr als zwei Bücher zu lagern, weswegen Lyall und Remus in der Küche gespielt hatten.

Wie den Ehrgeiz von Lyall, hatte Remus die Sanftheit seiner Mutter bekommen. Hope und er verstanden sich über Bücher und Stricken und Seifenopern, machten wöchentliche Filmabende und besprachen das neuste Drama ihrer Serien, ganz zu Leiden von Lyall, der sich diese Gespräche und Theorien und Meinungen anhören musste. Hope hatte Remus seitdem er klein war mit ins Kochen eingebunden, weswegen er zugeben musste, ziemlich gut darin zu sein, obwohl Lyalls Meinung nach, er lieber physischere Tätigkeiten tun sollte.

Hope und Lyall waren im Grunde zwei ganz unterschiedliche Welten und Remus war dazwischen. Aber wenn er ehrlich war, war er sogar sehr dankbar dafür. Lyall war mehr der körperliche Typ, war groß, hatte breite Schultern und große Hände, die Haare kurz und braun und die Augen dunkel und immer mit einem so konzentrierten Blick, als hätte er die kompliziertesten Matheformeln vor sich. Er war kein Freund von Haushalt und Hope scherzte nicht selten, dass er ganz verloren wäre, sollte er alleine leben, da Lyall anscheinend nicht einmal Nudeln kochen könnte.

Hope hingegen war sanft, sehr sogar, alles an ihr, von ihrer Art zu Sprechen bis Verhalten und Aussehen. Sie war klein, dick, hatte lange blonde Haare, die sie bloß zum Schlafen offen trug und sonst immer in einen geflochtenen Zopf steckte. Sie trug viele Kleider und Blusen mit Blumen und ihr Kleiderschrank war so farbenfroh, wie die Natur. Sie war die Freundlichkeit in Person, fand Remus. Noch nie hatte er bemerkt, wie Hope über jemanden urteilend gesprochen hatte oder je wütend geworden war, was man nicht von Lyall behaupten konnte, der gerne hinter dem Rücken von anderen über sie sprach.

Obwohl Lyall ein grob scheinender und beängstigender Typ Mensch sein konnte, war er wie ein von der Liebe angeschossener Junge, wenn es um Hope ging. Zwar war die Dynamik ziemlich klassisch mit der Rollenverteilung, Lyall ging den ganzen Tag arbeiten, Hope hatte zwar einen Nebenjob, kochte und putze aber und kümmerte sich um die Wohnung, aber es war entspannt und ganz und gar nicht toxisch, wie einer vielleicht denken könnte.

„Wen nennst du hier selbstverliebt, hm?", neckte Lyall stand auf und ging rüber zu Hope und Remus lächelte vor sich hin, als seine Eltern sich in den Armen hielten. Er liebte diesen engen Kreis ihrer Familie, ihre Bindung, ihre Freundschaft und dieses Gefühl von Zusammenhalt, was er genau in solchen Momenten fühlte. Er stand ebenfalls auf, räumte die Schachfiguren weg und ging rüber zum Wohnzimmer, wo er das Spiel in den Schrank unter dem Fernseher stellte.

Als seine Eltern ihn zum Essen riefen, lief Remus wieder zurück und sah mit hungrigen Augen auf den großen Topf, den Hope auf den Tisch stellte, damit jeder sich selber nahm. Hope legte die selber gestrickten Handschuhe, mit denen sie den Topf getragen hatte, zur Seite und setzte sich Remus gegenüber neben Lyall.

Es roch köstlich und Remus lief das Wasser im Mund zusammen, doch er nahm erst den Teller seiner Mutter, um ihr aufzulegen, ehe er sich selbst als letztes den Teller voll machte. Er nahm sich reichlich von den Farfalle und stürzte sich sofort darauf. Aus dem Augenwinkel sah Remus, wie Hope ihm langsam zeigte und schmunzelte leicht.

„Das Essen rennt dir nicht davon", meine Lyall. „Außer ich esse alles auf."

„Was denkst du, warum ich mich beeile", gab Remus zurück. „Du isst so schnell und viel, dass man hier schon um sein Überleben kämpfen muss."

„Das nennst du ums Überleben kämpfen?", Lyall schnaubte belustigt, lehnte sich auf seinem Platz zurück und Hope und Remus wechselten einen bedeutenden Blick, wissend, was jetzt kommen würde. „Als ich bei den Pfadfindern war..."

Lyall erzählte jedes Mal die selbe Geschichte. Er war von dem Alter sechs bis siebzehn bei den Pfadfindern gewesen, da seine Eltern sie über die Sommerferien hinschickten, um ihn und seine drei Schwestern nicht wochenlang ertragen zu müssen. Dort hatte Lyall einen besten Freund, mit dem er die wildesten Abenteuer erlebt hatte, da sie beide nicht gerne auf Anweisungen hörten und fanden, dass Regeln dazu da waren, um sie zu brechen. Kurz gesagt, Lyall war ein eigenwilliger Junge.

Den Moment, den Lyall immer und immer wieder erzählte, war der Tag, den er und sein bester Freund alleine im Wald verbracht hatten, da sie sich bei einer Erkundung zu zweit verlaufen hatten. Eventuell spezifisch nachdem sie gehört hatten, dass man nur in Begleitung von Erwachsenen gehen durfte. Sie waren vierzehn gewesen und Lyall predigte, dass diese Zeit ihn zu einem anderen Menschen gemacht hätte.

„Wir haben rohe Pilze gegessen, Remus, Pilze!", meinte Lyall mit einem Zeigefinger in die Luft gestreckt, um seinen Punkt deutlicher zu machen. „Und weißt du, wie schwierig es war, die unter den ganzen Pflanzen und Blättern zu finden?"

„Ihr könnt euch glücklich schätzen, dass das keine giftigen waren", Hope stand kopfschüttelnd auf, um nach und nach den Tisch abzuräumen und Remus machte sich sofort daran ihr zu helfen, nicht, ohne Lyall belustigt anzusehen, als dieser seine Geschichte etwas lauter weiter erzählte.

„Wir sind auf Bäume geklettert, um uns die spitzesten Äste im ganzen Wald zu holen", fuhr Lyall fort, ignorierend, dass er als Einziger am Tisch saß, während Hope und Remus die Teller in die Spülmaschine räumten. „Wir sind jagen gegangen und haben versucht Feuer zu machen..."

Remus schüttelte nur belustigt den Kopf, bedankte sich bei seiner Mum fürs Essen und ging in sein Zimmer, wo er sich auf sein Bett schmiss und nach seinem Handy griff. Im Gegensatz zur Realität hatte Remus viele online Freunde, mit denen er viel schrieb und seine Erfahrungen teilte, da die meisten, mit denen er Kontakt hatte, ebenfalls schwerhörig waren.

Texten fiel Remus leicht, er war selbstbewusster und fühlte sich weniger verurteilt, wenn die andere Person nicht direkt vor ihm saß. Er scrollte ein wenig durch Instagram, verharrte eine oder zwei Stunden auf TikTok und überprüfte seine Mitteilungen bei Wattpad, wo er ab und zu, aber relativ selten, kurze Gedichte hoch lud, bevor er sich entschied ins Bett zu gehen.

Er sagte seinen Eltern Bescheid, damit sie nicht nach ihm riefen und schaltete das Hörgerät aus, bevor er Hals über Kopf in den Schlaf tauchte.

Montag begann mit einer Stunde Mathe und endete mit einer Doppelstunde Literatur und als Remus das Klassenzimmer betrat, alles andere als motiviert und fröhlich, fiel sein Blick auf den leeren Platz vorne, den er vorher übersehen hatte. Für einen kurzen Moment überlegte er, sich zu setzen, dann klopfte ihm plötzlich jemand auf die Schulter.

„Na", grüßte Sirius laut, zwängte sich an Remus vorbei und lief fast schon hüpfend den Gang entlang, bis er sich auf den Platz ganz hinten fallen ließ. Remus folgte ihm, irgendwie geschmeichelt, dass Sirius ihn begrüßt hatte und jetzt vorfreudig auf den Stuhl neben sich klopfte, bis Remus sich setzte.

Er legte seinen Jutebeutel auf die Fensterbank und kramte darin nach dem Block und Federmappe, die er auf den Tisch legte, ehe er sich an Sirius wandte, der sich seitlich gedreht hatte, um ihn anzusehen. Sirius grinste über beide Ohren und Remus bemerkte, wie seine Augen dabei leicht zusammen kniffen, bis er die Farbe in ihnen kaum noch erkennen konnte.

„Hi-", wollte Remus anfangen, aber Sirius hielt schnell einen Zeigefinger vor ihn, um Remus das Wort abzuschneiden. Überrascht hob Remus die Augenbrauen und lehnte sich mit der Seite an die Stuhllehne, beobachtend, als Sirius vor Aufregung praktisch zu platzen schien.

Dann streckte Sirius eine Hand aus, hielt sie mit der Handfläche nach oben und stellte leicht gekrümmt die zwei Finger der anderen Hand in die Mitte, bevor er sie wieder anhob. Er kaute unsicher auf seiner Unterlippe, während er gespannt auf Remus' Reaktion wartete.

Er wurde nicht enttäuscht, denn Remus blinzelte einmal, zweimal, ehe er zur Seite sah und ein glückliches, geschmeicheltes Lächeln sich auf seine Lippen kämpfte. Er versuchte es zu unterdrücken, weswegen er die Lippen zusammen zusammenpresste, doch es tat seinen Wangen fast weh, weswegen er nachgab und lächelnd den Kopf fallen ließ.

Remus sah wieder hoch, hob einen Daumen und bewegte die Hand etwas seitlich, als würde er zur Seite zeigen wollen. Nachdenklich kniff Sirius leicht die Augen zu und machte die Lippen etwas wie bei einem Kussmund.

„Das heißt gut, oder?", fragte er dann.

„Super", erklärte Remus, machte seinen Daumen und Zeigefinger zusammen, um einen Kreis zu machen und zeigte es Sirius. „So wäre gut."

„Wie so n italienisches Zeichen", meinte Sirius grinsend und machte es nach. „Oui, oui, Signor."

„...Das war französisch."

„Oh", Sirius wandte peinlich den Blick ab, als Remus loslachte. „Ich wollte nur testen, ob du aufpasst!"

„Ja, ja", schmunzelte Remus und lachte nur noch mehr, als Sirius ihm den Mittelfinger hinstreckte.

Remus' Lachen war ein schönes Geräusch, fand Sirius, und wenn er ehrlich war, überrascht es ihn ein wenig, denn es klang so gewöhnlich. Remus sprach etwas verwaschen, fast als hätte er eine lose Zahnspange im Mund, würde Sirius es erklären, nur trotzdem ziemlich deutlich. Sein Lachen allerdings war klar und hell und irgendwie freute es Sirius, denn es zeigte nur noch mehr, wie natürlich Emotionen bei Menschen waren.

„Guck mal", meinte Sirius schnell, als McGonagall hereinkam und sich für die Verspätung entschuldigte, denn er wollte das Gespräch mit Remus noch nicht unterbrechen. „Wie findest du das?"

Er legte seine linke Hand auf Remus' Tisch und wackelte etwas mit den Fingern, stolz seinen schwarzen Nagellack präsentierend. Remus blickte darauf und Sirius erkannte, wie er unter dem Tisch eine Handbewegung machte, ehe er fragend zu Sirius sah.

„Wie war das nochmal?", fragte er. „Die Farbe, meine ich. Mir fällt nur die Gebärde dazu ein, das Wort hab ich vergessen."

„Schwarz", gab Sirius freundlich zurück. „Das erinnert mich daran, wie bilinguale Leute manchmal das Wort in einer Sprache vergessen. Mein bester Freund zum Beispiel, der schmuggelt ab und zu Hindi in seine Sätze. Aber ich hab mich dran gewöhnt."

„Ah, der mit der Brille, mit dem du immer rumläufst?"

Sirius schnappte dramatisch nach Luft: „Stalkst du mich etwa, Remus!"

„Ich bitte um Ruhe", kam es von McGonagall und sie wartete einen Moment, bis die Schüler sich ihr zuwandten. „Um keine Zeit zu vergeuden, bekommt ihr jetzt sofort den Arbeitsauftrag für die nächsten Stunden."

Remus nahm das Blatt an, als Sirius es ihm reichte und las sich die Aufgabe durch. Das Arbeitsblatt fühlte sich matt unter seinen Fingern an, wie das typische dunklere Papier, das man in Schulen bekam und Remus hielt sich nur knapp davon ab, die Nase nicht angeekelt zu rümpfen, da er das Gefühl gar nicht mochte.

Er sah zur Seite, als Sirius ihn mit dem Ellenbogen leicht anstupste.

„Wir machen doch zusammen, oder?", fragte er. „Hier steht Partner- oder Gruppenarbeit und ich hab absolut keinen Bock auf jemand anderen aus diesem Kurs."

„Dann gerne", meinte Remus, legte das Blatt ab und wandte sich an Sirius. „Ein Szenario für einen Kurzfilm schreiben, okay. Hast du Ideen?"

„Wir machen eine Dystopie Romanze."

„Dystopie Romanze?"

„Dystopie Romanze", bestätigte Sirius nickend. „Noch besser: Enemies to Lovers Dystopie Romanze, wo zwei Leute die letzten Überlebenden sind und sich dann zusammenschließen, aber ständig Angst haben, der jeweils andere würde sie umbringen, aber im Endeffekt rettet die eine Person die andere und sie verlieben sich."

„Du hast dein Leben lang auf diesen Moment gewartet, oder?", fragte Remus belustigt. „Aber warum unbedingt Dystopie? Wie wär's mit etwas Farbenfrohen und Fröhlichem in dieser blöden Welt?"

„Bist du etwa ein klischeehafter Französische-Filme-Gucker?"

„Nein, ich gucke liebend gern Horror und lese praktisch nur Krimis, warum?", schoss Remus zurück und grinste selbstzufrieden, als Sirius ihn nur erstaunt anblinzelte.

„Ich hasse Horrorfilme", gab Sirius zu und schüttelte sich leicht, als liefe es ihm kalt den Rücken runter. „Sowas finde ich schrecklich. Marlene, das ist die Blonde, zu deiner Information, du Stalker, liebt solche Filme und hat mich eine Zeit lang dazu gezwungen mit zu gucken. Ich hab immer noch Albträume davon."

„Aw", Remus lachte leicht, sah dann aber hoch, als McGonagall zu ihrem Tisch kam und sich vor ihn stellte.

„Hey, Professor McGee", meinte Sirius fröhlich.

„McGonagall", korrigierte sie streng und sah dann zu Remus. „Ich wollte bloß fragen, ob du zurecht kommst, Remus?"

„Ja, alles bestens", gab Remus zuversichtlich zurück und er merkte, dass er gar nicht log, um die Lehrerin schneller loszuwerden, sondern wirklich alles gut war.

„Mit mir an seiner Seite ist doch immer alles perfekt", meinte Sirius und grinste, als McGonagall sich kopfschüttelnd abwandte.

„Du bist so selbstverliebt, ey", murmelte Remus.

„Na und?", Sirius zuckte mit den Schultern. „Also, was hältst du von der Dystopie Romanze?"

Remus seufzte, lang und gequält und überdramatisch, um Sirius zu nerven: „Okay, von mir aus."

„Du bist ein Schatz", Sirius klatschte begeistert in die Hände, ehe er inne hielt und so klatschte, wie Remus es ihm bei ihrem letzten Gespräch gezeigt hatte. „Anyways, ich hab auch schon die Charaktere-"

„Und die Situation?", fragte Remus. „Wir brauchen auch noch einen Grund für die Dystopie, jemanden, der dafür verantwortlich ist, einen Feind, beziehungsweise Unterdrücker oder eine Apokalypse. Und die Frage ist, willst du dich an Panem anlehnen oder eher an The Walking Dead-"

„Meine Güte bist du ein Nerd", Sirius verdrehte die Augen. „Ich hab noch nicht so weit gedacht, du Dummkopf. Mir geht's nur darum, dass diese zwei Menschen einander treffen und beide gebrochen sind von dieser Zeit und trotzdem... sind sie gewollt."

„Du magst Drama, kann das sein?"

„Schätzchen, Drama liebt mich", Sirius schwang mit einer Hand seine Haare über die Schulter und griff über die Tische hinweg Remus' Block und einen Stift. Er schlug den Block auf, um eine freie Seite zu finden, doch er stockte, als er die mehreren kurzen Absätze auf dem aufgeschlagenen Blatt erkannte.

„Schreibst du Gedichte?"

„Oh, das sind nur so ein paar Kritzeleien, nichts Nennenswertes", Remus streckte eine Hand aus, um die Seite umzublättern, aber Sirius zog den Block weg, ohne die Augen von der Schrift zu nehmen. Eigentlich wollte Remus nichts lieber, als seine Werke zu verstecken und vor Sirius verbergen, doch er fühlte sich machtlos in der Situation, als er Sirius' festen Griff erkannte. Interessiert wanderten Sirius' Augen über die Sätze und als er aufsah, wollte Remus zurückschrecken, bis er das Unglauben erkannte.

„Das ist unglaublich, Remus", meinte Sirius begeistert. „Jetzt im Ernst, das ist toll!"

„Danke", murmelte Remus und sah weg, aber Sirius ließ nicht vom Thema ab.

„Wie du die Dinge beschreibst ist so cool!", beteuerte er. „Ehrlich, ich wusste nicht, dass Kleinigkeiten solche Bedeutung haben können."

„Es doch nur eine Beschreibung vom Wald", versuchte Remus sich rauszureden.

„Na und? Die Farbe der Blätter im Sonnenlicht? Makellos. Der Himmel? Chef Kiss! Ich fühle mich fast, als wäre ich selber da gewesen."

„Übertreib nicht", schmunzelte Remus. „Ich beschreibe gerne, aber das war's auch."

„Beschreibst du auch Leute?"

„Äh, manchmal", Remus zuckte mit den Schultern. „Aber dann wirke ich wie ein Stalker."

„Und bei mir?", fragte Sirius aufgeregt. „Wie würdest du mich beschreiben?"

„Ich... Ich weiß nicht genau", gab Remus zurück, obwohl sein Herz plötzlich schneller schlug, als sein Kopf ihm Worte zuwarf, die sein Mund nicht aussprechen wollte. „Da muss ich drüber nachdenken, also ein Gespräch für ein anderes Mal. Zurück zur Dystopie Romanze."

„Unsere Dystopie Romanze, let's fucking go!", Sirius drückte mehrere Male vergeblich auf den Knopf des Kugelschreibers, bis Remus ihn darauf hinwies, dass es ein Stift war, den man drehen musste, ehe er eine chaotische Überschrift schrieb, dessen Buchstaben über zwei Zeilen reichten.

„Geht's auch ordentlicher?"

„Nein", Sirius drehte den Stift gekonnt zwischen den Fingern, ehe er losgrinste. „Es wird etwas wie Die Tribute von Panem, aber nicht so, weißt du?"

„Ich kann keine Gedanken lesen, also nein, weiß ich nicht."

Schmollend schob Sirius die Unterlippe vor: „Du bist gemein. Ich dachte, deine Hörgeräte geben dir die Fähigkeit Gedanken zu hören?"

„Leider nicht, nein", schmunzelte Remus. „Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob ich wirklich wissen will, was in den Köpfen aller Leute vorgeht."

„Stimmt auch wieder", nickend sah sich Sirius im Raum um. „Stell dir mal vor irgendjemand hier überlegt sich gerade einen expliziten Smut."

„Ja, ich bin sehr froh, keine Gedanken lesen zu können."

„Okay, zurück zu meiner fantastischen Idee. Es ist ein ähnliches Prinzip, Tributen werden ausgewählt, sollen um Leben und Tod kämpfen-"

„Klingt nach ziemlich dem selben Prinzip, wenn du mich fragst."

„Deswegen frag ich dich auch nicht", Sirius grinste ihn an, als Remus die Augen verdrehte. „Es ist ungefähr gleich, nur, dass zwei Leute entkommen."

„Meintest du nicht, sie sollen als Letzte überleben?"

„Ah, shit", Sirius runzelte nachdenklich die Stirn. „Hast du eine Idee?"

„Noch nicht, aber ich glaube, ich schaue mir zu Hause nochmal die Bücher an, vielleicht bekomme ich Ideen."

„Du liest freiwillig? Eww."

„Okay", Remus lehnte sich mit herausforderndem Blick zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Dann schlag du vor, was wir machen."

Sirius sah Remus einen Moment nachdenklich an, dann legte er den Stift weg, rutschte mit dem Stuhl etwas zurück und stellte die Beine breitbeinig hin, ehe er die Arme locker auf seine Knie lehnte und sich nach vorne beugte. Sein rechter Fuß wippe leicht auf und ab, aber Sirius lächelte ein schelmisches Lächeln.

„Wir sollten uns die Filme angucken", meinte er dann. „Und wenn wir schon dabei sind, alle anderen dieses Genres. Maze Runner, Divergent, du weißt schon. Die ganzen Klassiker."

„Okay", Remus nickte. „Hast du die zufällig auf DVD oder so?"

„DVD?", Sirius blinzelte ungläubig. „Wir beschreiben das Jahr 2022 und du fragst mich, ob ich noch DVDs hab?"

Remus rutschte leicht auf seinem Platz und sein Blick wurde kurz unsicher und flackerte einen Moment runter: „Meine Familie hat nicht viel Geld und wir haben keinen Fernseher, wo man Netflix oder so installieren kann. Wir sparen dafür, aber-"

„Oh", Sirius presste unangenehm die Lippen zusammen. „Tut mir leid für meinen Kommentar eben. Hab nicht daran gedacht, dass... Ist ja auch egal. Ich hab Netflix auf meinem MacBook, wir könnten das darauf schauen, wenn du willst?"

„Und so etwas wie Schularbeit zu einem netten Filmabend machen?", gab Remus grinsend zurück. Sirius schnappte dramatisch nach Luft und hielt sich eine Hand an die Brust.

„Wie bitte? Wie kannst du so etwas sagen, Remus! Wir werden Notizen machen und uns konzentrieren und pausieren, um unsere Ideen zu besprechen, natürlich! Für wen hältst du mich denn?"

Für einen Freund, dachte Remus lächelnd.

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