Kapitel 17
feels feels feeeeels
* * *
Am Montag kam Sirius nicht in die Schule und Remus dachte, er würde verrückt werden. Das ganze Wochenende lang hatte er versucht Sirius zu erreichen, ihm über alle möglichen Plattformen geschrieben und sogar versucht anzurufen, nur wurden seine Anrufe nicht abgenommen.
Vielleicht führte Remus sich übertrieben auf, vielleicht las er die Situation ganz falsch, aber bevor er keine Bestätigung von Sirius bekommen hatte, würde er keine Ruhe geben. Er war hin und her gerissen, denn James und Peter sagten überhaupt nichts, nahmen die Situation gar nicht ernst und James schien bloß ziemlich enttäuscht, dass Sirius sie hängen ließ und es tat Remus weh, denn sie wussten es nicht, sie hatten nicht hinter die Türen des Hauses Black geblickt und gesehen, was dort vor sich ging.
Aber Remus konnte sich nicht das Recht nehmen, James und Peter einfach alles zu erzählen. Es wäre unfair Sirius gegenüber, ein Vertrauensbruch sogar und Remus wollte ihm nicht die Möglichkeit nehmen, sich selbst so zu repräsentieren, wie er wollte.
Es schwirrte so lange in Remus' Kopf, bis er es nicht mehr aushielt und sich entschied, etwas Dummes zu tun. Verzweiflung ließ einen immer Dummes tun.
Er fand Regulus während der Pause im Schulgebäude, wo er mit Barty und Evan stand und sie sich unterhielten. Remus war zwar größer als sie, doch sie waren mehr und sie strahlten eine Unfreundlichkeit aus, die Remus von weitem erkennen konnte. Er musste daran denken, wie Barty Sirius angesehen hatte, so spöttisch und abwertend, als dieser mit Regulus reden wollte und es ließ Remus' Bauch schmerzen.
Die drei bemerkten ihn noch bevor er sie erreichte und Regulus sah extra zur Seite, aber Barty wandte sich Remus zu, das Kinn stolz erhoben und die Arme vor der Brust verschränkt.
„Hallo", meinte Remus unsicher, als er sie erreichte. „Regulus, kann ich kurz mit dir reden?"
„Warum sprichst du so?", meinte Evan spottend. „Nimm mal die Decke ausm Mund."
„Er ist schwerhörig", erklärte Regulus ruhig und warf Evan und Barty einen warnenden Blick zu, als diese Remus imitierten.
„Also ist er taubstumm", lachte Barty. „Ich sag doch, voll der Freak."
„Regulus", versuchte Remus wieder, jetzt nur noch angespannter. „Kann ich kurz mit dir reden?"
Zögernd sah Regulus zu Barty und Evan, die ihn beobachteten und dabei ihr Lachen unterdrückten. Für einen Moment dachte Remus, sie würden ihren Spott endlich sein lassen, dann machte Evan irgendwelche Bewegungen mit den Händen und Barty prustete los, als er „Oh, guck, ich bin taubstumm, ich rede mit den Händen", meinte.
Es fühlte sich an, wie ein Schlag ins Gesicht und Remus' Herz schlug so unangenehm schnell, dass er einfach nur im Erdboden versinken und für immer dort verschwinden wollte. Aber er versuchte Barty und Evan auszublenden, denn er war nicht für sie zu der Gruppe gekommen. Remus holte tief Luft und seine Hände ballten sich zu Fäusten, doch er wusste, dass es sich nicht lohnen würde eine Prügelei anzufangen, die er sowieso verlieren würde.
„Können wir reden?", fragte er ein weiteres Mal und schwur, dass wenn Regulus jetzt wieder ablehnen würde, er gehen würde. „Über Sirius."
„Oh, ja, sprecht nur über Sirius", spottete Evan. „Die Schlampe des Hauses Black."
Regulus schnaubte, aber sagte nichts zu dem Kommentar, was sich anfühlte, wie ein Schnitt durch Remus' Herz, aber wenigstens nickte er Remus zur Seite, damit sie sich weiter weg stellen konnten.
„Tut mir leid für die Kommentare zu dir", meinte er, sobald sie außer Hörweite waren. „Ich hab ihnen schon gesagt, dass sie aufhören sollen, dich einen Freak zu nennen, aber", Regulus zuckte mit den Schultern. „Sie hören nicht gerne auf andere."
„Was ist mit Sirius?", fragte Remus, um dem Thema auszuweichen, denn der Gedanke, dass Barty und Evan schon oft solche Sachen über ihn hinter seinem Rücken gesagt hatten, tat ihm schrecklich weh und Remus fühlte jetzt schon, dass es eine lange, lange Nacht sein würde, bevor er sich in den Schlaf weinen könnte.
„Was soll mit ihm sein?", fragte Regulus zurück, doch er wich Remus' Blick aus. Ob aus Scham oder Angst wusste er nicht. „Er ist krank."
„Wirklich?", Remus fühlte Hoffnung in sich aufblühen. „Also ist alles gut und er ist bloß erkältet?"
Regulus sah kurz hoch und dann wieder weg: „Ja"
Er dachte vielleicht, Remus wäre unaufmerksam genug, um ihm die Lüge nicht anzusehen, aber Remus konnte Körpersprache besser deuten, als manch anderer.
„Und warum antwortet er dann nicht auf meine Nachrichten?"
„Woher soll ich wissen, weshalb er das Interesse an dir verloren hat?", schoss Regulus zurück und sah Remus wütend an. „Misch dich nicht ständig ein. Wenn er will, wird er sich melden."
„Und eure Eltern haben nicht ihre Finger im Spiel?", fragte Remus und seine Hand zuckte fast nach vorne, um Regulus an der Schulter zu halten, als dieser sich zum Gehen wandte. „Dir mag Sirius vielleicht egal sein, aber mir nicht."
Kurz stockte Regulus in der Bewegung und Remus bekam Hoffnung, dass er jetzt mehr preisgeben würde, doch dann ging Regulus einfach weiter, als hätte er Remus gar nicht gehört. Remus wusste nicht, was ihm mehr weh tat, dass Regulus ihn ignorierte oder dass er gar nicht erst versuchte abzustreiten, dass Sirius ihm egal war.
Remus fühlte sich schrecklich, als er nach Hause trottete und der Weg kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Er hatte versucht Sirius wieder zu schreiben, doch dieses Mal kamen die Nachrichten nicht mehr an und auch Sirius' Profilbild war verschwunden, als hätte er Remus blockiert.
Remus machte sich schreckliche Sorgen, doch Regulus' Worte hallten in seinem Kopf und Remus fand sich plötzlich wieder, wie er überdachte, ob Sirius vielleicht wirklich das Interesse verloren hatte. Vielleicht ging ihm alles zu schnell und er brauchte Zeit, um mit sich selbst klar zu kommen? Wer weiß, vielleicht war Sirius noch nicht an einem Punkt angekommen, an dem er seine eigene Sexualität akzeptieren konnte?
Remus würde es verstehen, er würde verstehen und ihm Zeit geben und beistehen, aber er wollte doch nur, dass Sirius wenigstens mit ihm sprach.
Die andere Sache war, dass Remus den Gedanken nicht loswerden konnte, dass bei Sirius zu Hause etwas Schreckliches vorgefallen war. Was Remus alles schon über die Blacks wusste, waren üble Dinge und nachdem er und Sirius aus dem Haus gerannt waren und seine Eltern somit definitiv verärgert hatten, konnte es wohl sein, dass diese als Strafe Sirius Hausarrest gegeben hatten. Aber, und das konnte Remus nicht zuordnen, war für Walburga und Orion wichtig, dass Sirius keinen Unterricht verpasste. Warum sollten sie ihn also festhalten?
Der dritte Punkt, der Remus an diesem Tag zu schaffen machte, war die Situation mit Barty und Evan. Mit Sirius, Peter und James an seiner Seite, hatte Remus mit der Zeit vergessen, dass er anders war und obwohl er wusste, dass seine Aussprache sich unterschied, hatte er nie daran gedacht, dass man so negativ auf sie reagieren könnte. Naja, nicht mehr wenigstens, denn früher hatte Remus genug Spott und Beleidigungen abbekommen. Er hatte bloß den dummen Fehler begannen, zu denken, dass Menschen akzeptierende Wesen wären.
Als Remus nach Hause kam, war seine Mutter zum Glück schon da und Remus verschwendete keine Zeit, sondern kam sofort zu ihr, wo sie in der Küche gerade etwas zu Essen machte. Er wartete gar nicht auf ihre Begrüßung oder Fragen, wie sein Tag war, denn seine Hörgeräte hatte er sowieso schon an der Bushaltestelle abgenommen, sondern schmiegte sich direkt an sie, sobald Hope sich umgedreht hatte.
Es war eine unbequeme Position wegen Remus' Größe, doch er brauchte diese Umarmung mehr als alles andere und als Hope ihm über den Rücken strich, fühlte Remus auch schon, wie die Emotionen des Tages auf ihn herabregneten und in Form von Tränen in seinen Augen brannten.
Hope drückte ihn auf den Stuhl und schob ihm eine Tasse Tee hin und während Remus mit dem Zettelchen am Teebeutel spielte, suchte sie im Schrank nach Schokolade, die sie in Stücke zerbrach und vor ihn legte. Remus streckte eine Hand aus, fühlte die sanfte Seite und die spitze Ecke an seinen Fingern und er schloss einen Moment die Augen, während er etwas abbiss, ganz fokussiert auf den Geschmack, der sich süß in seinem Mund ausbreitete und die Gedanken für diese Zeit vertrieb.
Blöden Tag gehabt?, fragte Hope mitfühlend, als sie wieder seine Aufmerksamkeit bekam und Remus war ihr dankbar, dass sie nicht versuchte ihn zum Sprechen zu animieren, wie sie es sonst machte. Natürlich meinte sie es gut und Remus schätzte es, dass seine Eltern ihm helfen wollten, doch Remus dachte, er würde den Kopf verlieren, wenn er heute noch einmal sprechen müsste.
Remus nickte und griff nach dem nächsten Stück Schokolade. Er nahm es in den Mund und während es langsam schmolz, fing er an zu erzählen. Das Gute am Gebärden war, dass die Emotionen nicht an der Stimme erkannt wurden, dass sie nicht brach oder schwach wurde, dafür stockten seine Hände oder zögerten, bevor sie die Worte aufzählten, mit denen Evan und Barty ihn bezeichnet hatten. Gebärdensprache war für Remus so viel näher und persönlicher, dass sie ihn nur noch mehr mitnahm.
Oh, Baby, Hope legte ihre Hand auf Remus', sobald er aufgehört hatte und sich mit der rechten Hand über die Augen strich. Es war sinnlos, denn er wusste, die Tränen würden trotzdem kommen, doch er wollte sie noch nicht wahrhaben.
Die zwei sind einfach totale Blödmänner, meinte Hope. Mach dir nichts draus.
Es war einfach so unangenehm, gab Remus traurig zurück und ihm wurde fast übel bei dem Gedanken an die Situation, wie er daneben stehen und sich anhören musste, wie sie ihn runtermachten. Am liebsten hätte Remus sie geschlagen, einen nach dem anderen, bis sie sich bei ihm und Sirius entschuldigten.
Ich weiß doch, Hope runzelte mitfühlend die Stirn. Aber weißt du, Menschen reagieren nunmal so auf Dinge, die sie nicht verstehen. Sie haben Angst davor und denken, sich so schützen zu können, wenn sie zuerst angreifen. Es ist total sinnlos, aber so fühlen sie sich dir überlegen.
Remus schnaubte: Im Grunde sind sie also einfach nur Angsthasen?
Genau, genau, Hope lachte leicht und streckte eine Hand aus, um Remus durch die Haare zu wuscheln. Sie haben Angst vor einem Jungen, der zu lange Pullis trägt, Tee trink, liest und mit den Händen spricht. Ist das nicht total peinlich für sie?
Sie müssten sich schämen, meinte Remus lächelnd. Angst vor mir? Ich bitte euch.
Bestimmt finden sie deine Locken beängstigend. Oder sind es vielleicht die Doppelknoten an deinen Schuhen? Oder, um Gottes Willen, bestimmt ist es dein Wissen über Bio!
Noch besser, das über Geschichte, Remus und Hope lachten beide und es fühlte sich gut an, denn plötzlich wirkten die Beleidigungen gar nicht mehr so schlimm und die Situation kam Remus winzig vor und Barty und Evan waren nur noch kleine Kellerasseln, auf die er treten konnte.
Sirius hätte sie so fertig gemacht, meinte Remus belustigt. So, wie ich ihn kenne wäre er direkt auf sie losgegangen. Oder er hätte sie so dermaßen beleidigt, dass sie los weinen.
Ich unterstütze keine Gewalt, aber wenn dir dieser Gedanke Ruhe gibt, dann denk daran, schmunzelte Hope. Und die anderen beiden, Peter und James, sie alle sind auf deiner Seite. Und sie nehmen dich so an, wie du bist, Remus.
Ich weiß, Remus lächelte, Sirius meint, ich rede niedlich. Ich weiß nicht genau, was ich davon halten soll, als niedlich bezeichnet zu werden, aber okay.
Siehst du? Du wirst wertgeschätzt, wie du bist, Hope stand auf, um seine und ihre Tasse ins Waschbecken zu stellen und warf die Teebeutel in den Mülleimer. Was ist eigentlich mit Sirius? Du hast gesagt, er wäre erkältet.
Remus fühlte wieder diese Unruhe langsam in sich aufsteigen und er griff in seine Hosentasche nach seinem Handy, aber er hatte keine Mitteilungen außer der von Peter, der ihm einen Link geschickt hatte.
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Er meldet sich nicht mehr.
Hope lächelte mitfühlend und Remus fragte sich, ob sie seine Gedanken lesen und Emotionen fühlen konnte, aber wahrscheinlich lag es einfach daran, dass sie seine Mama war. Und du machst dir deswegen Sorgen?
Natürlich, gab Remus zurück. Er war von einem auf den anderen Moment weg. Ich vermisse ihn.
Ich bin mir sicher, es gibt eine ganz einfache Erklärung dafür, meinte Hope. Überdenk das bitte nicht so. Vielleicht ist sein Handy kaputt?
Ich hab heute mit seinem Bruder geredet und der meinte, dass Sirius vielleicht das Interesse an mir verloren hat. Also, er hat es nur erwähnt, aber du weißt ja, mein Overthinking Gehirn springt direkt an.
Meine Theorie mit dem Handy ist realistischer, Hope wuschelte Remus beim Vorbeigehen durch die Haare und erst, als er sich zu ihr drehte, merkte er, dass Lyall zu Hause war. Er begrüßte ihn und ging dann in sein Zimmer, denn er hatte keine Lust, das Thema weiterzuführen. Remus mochte die lockere Art seines Vaters, aber im Moment wollte er einfach keine Witze abbekommen, wenn er in dieser Stimmung war.
Remus versuchte sich auf Hopes Worte zu konzentrieren und dachte daran, dass es vielleicht wirklich am Handy liegen könnte oder Sirius einfach zu blöd gewesen war, um sein Ladekabel zu finden, denn das war ihm schon öfter passiert. Die Theorie, dass etwas mit den Eltern passiert war, schien zwar realistisch, aber Remus versuchte sich damit zu beruhigen, dass Sirius immer klarkam, wenn er bestraft wurde.
So war er halt, Sirius, kämpferisch und stark genug, um allem standzuhalten.
—
Am Dienstag traf sich Remus mit Peter und sie verbrachten gute vier Stunden damit, sich über Marvel zu unterhalten, am Mittwoch war Remus bei Madam Pomfrey, seiner Sprachtherapeutin, am Donnerstag musste er einen Vortrag in Englisch halten und sobald es am Freitagnachmittag klingelte, war die Woche auch schon vorbei.
Remus ließ sich seufzend auf sein Bett fallen und blieb gute zehn Minuten so liegen, bewegte sich nicht, bis auf das regelmäßigen Heben und Senken seiner Brust und starrte zur Seite auf seine Pflanzen. Sie waren mehr geworden, denn Remus konnte sich wirklich nicht zurückhalten, wenn es im Laden auch nur eine Pflanze gab. Dafür hatte er einige an seine Decke gehangen, niedrig genug, um sie zu gießen, aber leider nicht hoch genug, um sich nicht oft daran zu stoßen. Lyall und Remus taten es ständig und Hope lachte jedes Mal, wenn das Klingen durch die Wohnung hallte, gefolgt von einem „Aua" von Remus oder einem „Verdammte Scheiße, was soll das?!" von Lyall.
Remus rollte vom Bett und nahm sich die Gießkanne, die er im Badezimmer mit Wasser füllte und dann seine Pflanzen nach und nach goß. Er strich sanft über sie, betrachtete die Blätter oder tastete nach, ob die Erde zu trocken oder noch feucht war. Remus liebste sowas, konnte sich stundenlang um seine Pflanzen kümmern, mit ihnen flüstern oder sie einfach nur betrachten.
„Remus!", Lyall klopfte kurz an, doch er wartete gar nicht auf eine Antwort, sondern drückte die Tür sofort auf. „Mum und ich wollten einkaufen. Kommst du mit?"
„Wenn ich was kriege?"
Lyall seufzte, winkte Remus aber zu sich und grinsend wandte sich Remus von seiner Glücksfeder ab, um schnell in den Flur zu laufen. Er band seine Schnürsenkel zu und lachte, als er Hopes enttäuschten Blick sah, denn obwohl sie ihm ständig anbot neue Schuhe zu kaufen, wählte er immer wieder seine alten, abgenutzten braunen Converse, deren Farbe mit der Zeit blass geworden war.
Natürlich suchte sich Remus Schokolade aus, seine liebste, die mit dem 80 prozentigen Kakaoanteil und nahm sich eine Packung Haribo Berries, bevor er diese in den Einkaufswagen schmiss und diesen seiner Mutter abnahm, um ihn durch die Reihen zu schieben.
Er betrachtete die Blumensträuße an der Kasse, während Hope und Lyall sich darüber stritten, ob sie wirklich diese fünf Packungen Knoppers Riegel brauchten. Lyall war definitiv für Ja und Hope ganz sicher dagegen, aber Remus war es ziemlich egal, auch wenn er zugeben musste, dass die Neckereien zwischen seinen Eltern ziemlich lustig waren.
Sie beluden das Auto und Remus und Lyall spielten Schnick-Schnack-Schnuck, um zu sehen, wer von ihnen den Einkaufswagen zurückfahren musste und Remus lief grinsend zu seinem Platz, als Lyall verlor. Er setzte sich ins Auto, schnallte sich an und nahm dankbar das Desinfektionstuch an, dass Hope ihm über ihre Schultern nach hinten reichte.
„Was haltet ihr von Pizza zum Abendessen?", schlug Lyall vor, sobald er sich hineinsetzte und die ersten Regentropfen auf die Fensterscheibe zu fallen begannen. „Ich schlage vor, wir holen uns mal eben welche zum Mitnehmen?"
Hope seufzte zwar, doch bei Remus enthusiastischem Nicken stimmte sie zu. Sie fuhren zu einer Pizzeria nicht weit von ihnen und Lyall und Remus gingen rein, um die Pizzen zu bestellen. Remus wollte im Erdboden versinken, als Lyall mit tausend Extrawünschen ankam, aber zum Glück überlebte er es und mit stolzen Lächeln verließen sie den Laden. Sie rannten schnell zum Auto, da der Regen zugenommen hatte und es wie aus Eimern schüttete.
Der Himmel war grau und voll mit Wolken und wo Hope als Sonnenschein Liebhaberin seufzend den Kopf schüttelte, rieb sich Remus vorfreudig die Hände und klatschte mit Lyall ab, denn Regen bedeutete gemütliches Essen auf der Couch und Gucken von Filmen, die nur Vater und Sohn mochten. Aber auch sowieso, egal was man tat, mit Regen wurde es um tausende Male gemütlicher.
Sie bogen in ihre Straße ab und Lyall fing fast an zu fluchen, als er sah, dass ihr Platz, an dem sie normalerweise parkten besetzt war, doch er hielt sich in Grenzen, als Hope im sanft den Arm tätschelte und meinte, dass sie einfach ein paar Straßen weiter gucken konnten.
„Wir haben doch alle Jacken", meinte sie. „Und die Pizzen überleben das schon. Sonst holen wir die Einkäufe einfach, wenn der Regen aufgehört hat."
Remus hörte dem Gespräch vor sich nur halb zu, denn als sie langsam an ihrem Haus vorbeifuhren, aufmerksam, um keinen Parkplatz zu verpassen, fiel ihm eine Person an der Haustür auf. Sie saß unter dem Dach auf dem Boden, hatte den Kopf angelehnt und blickte nach oben. Nur eine grobe Silhouette war zu erkennen, denn der schwarze Kapuzenpullover war zu groß und Remus' Herz setzt einen Augenblick aus, denn er kannte dieses Oberteil.
„Dad, halt an", meinte Remus, während er die Pizzakartons aus seinem Schoß und auf den Platz neben sich schob und sich abschnallte. „Ich muss aussteigen."
„Warte doch."
„Lyall", Hope legte eine Hand an Lyalls Handgelenk und dann hielt er doch an und sah über die Schulter erwartungsvoll zu Remus. Aber dieser achtete nicht mehr auf seine Eltern, sondern machte schnell die Tür auf und lief zum Bürgersteig, direkt auf das Haus zu. Er konnte hören, wie sein Vater weiterfuhr, um den Verkehr nicht aufzuhalten, aber Remus war das egal, im Grunde war ihm alles egal, denn er war nur noch fokussiert auf die Person vor ihm.
Sirius schien ihn zu bemerken, als Remus langsam auf ihn zuging und stand schnell auf, machte seine Hose hinten sauber und sah Remus an mit einem Blick, der hätte vieles bedeuten können, Remus ihn aber nicht verstand.
Sie standen nicht weit auseinander, aber Remus wusste nicht, ob er näher kommen sollte, weswegen er im Regen stand und Sirius noch unter dem Dach. Zögernd sah Sirius runter, dann steckte er eine Hand in die vordere Tasche des Pullovers.
„Ich hab dir Schokolade mitgebracht", meinte er leise und holte die Schokoladentafel hervor. „Hoffe du magst Nuss?"
Remus' Herz schlug so schnell, dass er dachte man würde es über den donnernden Regen hören, doch dann ging Sirius auf ihn zu und Remus legte ihm sanft eine Hand an den Kopf, um ihn gegen sich zu drücken. Sirius vergrub das Gesicht an Remus' Schulter und eine Hand, die, die die Schokolade nicht hielt, legte er an Remus' Hüfte.
„Tut mir leid, dass ich mich nicht gemeldet hab", murmelte Sirius und Remus hätte es fast verpasst, doch er hörte es und drückte Sirius näher, lehnte seine Wange an Sirius' Haare und er fühlte diese plötzliche Lawine an Emotionen auf ihn herabfallen, so mächtig und voller Erleichterung und Freude und dem Gedanken, dass Sirius jetzt hier war, bei ihm und sicher und Remus würde ihn nicht mehr alleine lassen.
„Ich will nicht nach Hause gehen", Sirius' Stimme war leise und ängstlich und Remus löste sich, um die Stirn an Sirius' Stirn zu lehnen.
„Dann bleib."
—
Als Hope und Lyall sie erreichten, schloss Lyall sofort auf und ließ sie in den Flur und Hope fragte Sirius freundlich, wie es ihm ging und wie er sich fühlte und Sirius beantwortete alles, doch er blieb an Remus' Seite, sah immer wieder zu ihm und Remus konnte sehen, wie Sirius ihn wieder berühren wollte, sich aber vor seinen Eltern nicht traute.
„Remus, zieh dich bitte um, ja?", meinte Hope. „Du tropfst mir hier alles voll. Und gib Sirius was, okay?"
Sirius folgte Remus ins Zimmer und blieb unsicher mitten im Raum stehen, während Remus die Tür schloss und in seinem Schrank wühlte, um sich und Sirius gemütliche Klamotten rauszuholen. Der Regen trommelte nach wie vor gegen die Fensterscheibe und Sirius erinnerte sich an das erste Mal, als er bei den Lupins übernachtet hatte. Nur fühlte es sich dieses Mal so viel emotionaler an.
„Moony?", fragte Sirius, als Remus zwei Jogginghosen und Pullover auf dem Bett bereit legte. „Bist du sauer auf mich?"
„Auf dich?", Remus drehte sich um und sah Sirius an und es zog an seinem Herzen, wie in sich gekehrt Sirius da stand und ihn fragte, ob zwischen ihnen alles okay war. „Ich bin nicht sauer, Sirius, ich... ich hab mir nur total Sorgen gemacht."
„Um mich?"
„Natürlich um dich", schmunzelte Remus, trat näher und nahm Sirius' Hände in seine. „Weißt du eigentlich, wie wichtig du mir bist?"
„Ich würde dich jetzt so gerne küssen", Sirius grinste und Remus' Augen weiteten sich leicht, doch bevor einer von beiden sich bewegen konnte, klopfte Hope an der Tür.
„Hey, ihr zwei", meinte sie lächelnd. „Sirius, möchtest du mit uns essen?"
„Können wir im Zimmer bleiben?", fragte Remus, bevor er sich selbst davon abhalten konnte und zwang sich zu seinem charmantesten Lächeln, als Hope prüfend die Augenbrauen hob. Dann ging sie kurz weg und brachte ihnen Remus' Pizza, bevor sie die Tür hinter ihnen schloss und sich zu Lyall auf die Couch gesellte.
Sirius nahm sich die Jogginghose und den Pullover, doch bevor er seine Klamotten auszog, sah er Remus zögernd an: „Könntest du dich vielleicht wegdrehen?"
„Ist es so schlimm?", fragte Remus besorgt.
„Guck einfach nicht, okay?"
Remus nickte zwar, doch er war nicht zufrieden, denn er fühlte eine gewisse Wut in sich, dass die Blacks Sirius so in sich selbst verunsichert hatten, dass er jetzt nicht mehr wollte, dass Remus ihn sah. Und, dass sie ihn so viel geschlagen haben mussten, dass Sirius Remus vor dieser Sicht verschonen wollte.
Remus zog sich währenddessen seinen eigenen Pullover aus und schmiss ihn auf den Stuhl, aber bevor er sich das andere Oberteil nehmen konnte, fühlte er plötzlich, wie Sirius von hinten die Arme um ihn legte und dann schnappte Remus leise nach Luft, denn Sirius küsste leicht seinen Rücken, die Schultern entlang und lehnte dann die Wange an ihn. Es kitzelte leicht, als Sirius blinzelte und Remus fühlte sich wie ein totaler Idiot, als er vor Freude strahlte.
„Können wir kuscheln?", meinte Sirius. „Ich hab dich so vermisst, ey."
Sie setzten sich aufs Bett, Sirius in Remus' Schoß und die Knie an jeder Seite von Remus und sie aßen in Stille die Pizza und obwohl es so vieles gab, das Remus fragen wollte, überließ er es Sirius, wann dieser antworten würde. Fürs Erste war Remus froh, Sirius einfach nur halten zu können.
Sirius schmiegte sich näher und legte den Kopf auf Remus' Schulter und fühlte, wie Remus ihn zurückumarmte und es ließ ihn so sicher fühlen, so sicher, wie er sich noch nie gefühlt hatte und er würde Remus gerne sagen, dass er ihn an ein Zuhause erinnerte, nur im Gegenteil zu seinem Zuhause ließ Remus ihn gut fühlen.
„Ich war wirklich krank", meinte Sirius dann, als es ruhig wurde und Remus sich gegen die Kissen an die Wand gelehnt hatte, um gemütlicher zu sitzen, denn wenn Sirius gehalten werden wollte, würde er ihn halten. „Und ich wollte am Samstag wirklich gerne kommen."
„Du musst dich nicht dafür rechtfertigen", gab Remus zurück und Sirius spürte, wie er mit dem Daumen beruhigend über seinen Rücken strich. „Ich bin mir sicher, Pete und James nehmen dir das auch nicht übel."
„Es ist nur was dazwischen gekommen", Sirius spielte mit dem Kissen hinter Remus' Rücken herum. „Dieses Etwas waren meine Eltern."
„Was haben sie gemacht?", fragte Remus und drückte Sirius näher, um ihm irgendwie beizustehen.
„Ich weiß nicht, ob Regulus ihnen das Foto von uns gezeigt hat oder ob er einfach was erzählt hat, aber sie wollten am Freitag plötzlich mein Handy haben. Das passiert öfter und ich frage schon gar nicht mehr nach, wenn sie mir Handyverbot geben, aber dieses Mal haben sie anscheinend aktiv versucht reinzukommen. Sonst interessiert es sie nicht", Sirius zuckte leicht mit den Schultern. „Vielleicht hat Regulus ihnen das Passwort gesagt, aber das Ding ist, dass sie es geknackt haben."
„Oh", Remus wusste nicht, was er sonst sagen sollte.
„Ja, oh", Sirius lachte leicht. „Sie haben alles gesehen, Bilder, Chats, Videos. Sie haben Audios abgehört und sich meine Snaps angesehen. Sie sind Kontakte durchgegangen und haben sich durchgelesen, mit wem ich so zutun habe. Natürlich haben sie herausgefunden, dass ich schwul bin und mich schminke und dass ich irgendwo auf dem Non-Binary Spektrum bin und joa. Im Grunde haben sie all das gelernt, was ich seit Jahren vor ihnen verstecke."
„Sirius, es tut mir so-"
„Keine Sorge, Moony", Sirius setzte sich etwas auf und grinste Remus an. „Ich bin okay. Glaub ich zumindest. Das sind alles sowieso Idioten und ich bin froh da weg zu sein."
„Haben sie dich rausgeworfen?"
„Ich bitte dich, ich hab nen Modelwalk hingelegt und bin gegangen, wann ich wollte", Sirius lachte leicht und strich Remus die Haare hinters Ohr. „Mein Vater hat mich bis zur nächsten Straße gejagt. Ich fand das schon ziemlich peinlich für ihn, weil er nicht mal ansatzweise an mich drangekommen ist. Anscheinend wollten sie mich doch noch behalten, obwohl sie mich so hassen."
„Und damit begehen sie einen wahnsinnigen Fehler", meinte Remus, legte die Hände an Sirius' Wangen und hielt sein Gesicht fest, auch, als Sirius bei der Berührung grinsen musste. „Denn du bist ein so wunderbarer Mensch und obwohl ich dir nicht viel schenken kann, am wenigsten mein Gehör", Sirius lachte, „würde ich dir die Welt geben, wenn ich könnte."
„Und du bist ein so kitschiger Mensch", gab Sirius belustigt zurück, doch innerlich war er gerührt, schrecklich gerührt sogar, so gerührt, dass sein Herz schnell schlug und seine Augen prickelten und er dachte er würde irgendwann noch daran sterben, wenn Remus ihn weiterhin mit so viel Zuneigung überschüttete.
„Wenn wir heiraten-"
„Was sagst du?", überrascht sah Remus ihn an und Sirius grinste und Remus grinste zurück und es war so schön und glücklich und als Remus Sirius' Gesicht festhielt und anfing seine Stirn, Wangen, Nasenspitze zu küssen, kicherte Sirius los. Es war albern und süß und toll und er wollte nicht, dass es jemals aufhöre.
„Was ist denn wenn wir heiraten?"
„Dann holen wir uns einen Hund", meinte Sirius. „Oder eine Katze. Was willst du lieber?"
„Katze", gab Remus zurück und erst dann hörte er auf Sirius' Gesicht zu küssen und hielt einen Moment inne, um ihn anzusehen. „Lass uns einen Welpen und ein Kätzchen holen und die werden dann beste Freunde."
„Du bist genial, Moony, einfach ein absolutes Genie", meinte Sirius, schlang die Arme um Remus' Nacken und ließ sich dann zur Seite fallen, bis sie auf dem Bett lagen und Remus auf ihn drauf fiel. Sirius schlang die Beine ebenfalls um Remus und hielt ihn fest, denn jetzt wo er ihn bei sich hatte, würde er Remus nicht mehr alleine lassen.
„Sie haben alle meine Kontakte gelöscht", erklärte er leise, als sie langsam wieder still wurden und er Remus' Atem an seinem Hals spüren konnte, wo Remus seinen Kopf neben ihn aufs Kissen gelegt hatte. „Deswegen konnte ich dir nicht antworten. Sie haben mir noch erlaubt, James zu schreiben, dass ich nicht zum Kino kommen kann, aber danach haben sie alles gelöscht. Mit alles meine ich auch alles."
„Ich bin mir sicher, die anderen haben alle noch Bilder, die sie dir später schicken können", beruhigte ihn Remus, während er mit den Fingern sanft Sirius' Seiten entlang strich. „Bestimmt sind die Bilder und Videos alle in unserem Gruppenchat drin."
„Stimmt", Sirius lachte erleichtert. „Ich dachte schon, das war's."
„Warte, ich hab noch etwas, was ich dir zeigen muss", Remus setzte sich auf und obwohl Sirius ihn nur ungern gehen ließ, ließ er seine Arme und Beine fallen und rutschte zur Seite, damit Remus sich neben ihn legen konnte, sobald er sein Handy geholt hatte.
„Mein Vater ist ein kleiner Stalker", erklärte Remus schmunzelnd. Er hielt Sirius sein Handy hin und dieser lachte laut auf, als er das Video erkannte, auf dem sie auf der Straße tanzten.
„Das ist aber voll süß", Sirius sah zu Remus und reichte ihm das Handy. „Mein Vater hatte sich eigentlich gebessert, glaube ich, aber dann hat er von uns erfahren", Sirius zeigte mit dem Zeigefinger auf sich und Remus. „Zum Glück hat er all seine Homophobie an mir rausgelassen. Wenn er dir wegen mir etwas antut, könnte ich mir das nie verzeihen."
„Wird er nicht", meinte Remus zuversichtlich. „Ich hab doch meine Stöckchen-Arme."
Sirius lachte, doch ein langes, müdes Gähnen unterbrach ihn und er rollte auf den Bauch, um es im Kissen zu verstecken. „Mamma Mia, bin ich müde. Ich konnte die letzten Tage kaum schlafen, weil mein Vater ständig rumgebrüllt hat, was für eine Sünde es ist, homosexuell zu sein. Es hat glaube ich nicht so viel gebracht, dass ich die ganze Zeit Queen laufen gelassen hab."
„Du bist ein Icon", schmunzelte Remus und stand auf, bevor er Sirius eine Hand hinstreckte und ihn auf die Beine zog. Sie gingen ins Bad und putzten sich die Zähne und als Hope vorschlug, wieder Sirius' Bettwäsche zu holen, wechselten sie bloß einen bedeutsamen Blick und lachten los, weswegen Lyall ihnen hinterher rief, dass er seinen ungestörten Schlaf haben wollte.
Lachend kamen Remus und Sirius zurück ins Zimmer und während Remus die Tagesdecke vom Bett nahm, zog Sirius sich wieder in ein T-Shirt um.
„Aber ist es für dich auch okay, wenn ich mit dir schlafe?", fragte er und als sich Remus' Kopf blitzschnell zu ihm drehte, stolperte Sirius über seine eigenen Worte. „Im Bett! Ich meine im Bett! Ist es okay, wenn wir uns das Bett teilen!"
„Kann man immer noch falsch verstehen."
„Ich will doch einfach nur mit dir schlafen, man."
„Aha", Remus hob die Augenbrauen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Elaborate on that, please."
„Argh! Remus!", Sirius vergrub das Gesicht in den Händen, als seine Wangen rot wurden. „Du- Du horny Bastard!"
„Ich werd's nicht abstreiten. Also, willst du mit mir schlafen?"
„Ich schrei gleich vor Verzweiflung, ey."
„Doch nicht lieber aus-"
„Nein, God, Remus!", Sirius drückte sich an Remus vorbei, schmiss dabei seine Klamotten auf den Boden und kletterte ins Bett. „Wenn ich nicht so schrecklich doll in dich verliebt wäre, würde ich dich jetzt nicht mit im Bett schlafen lassen."
„Aww, du hast einen Crush auf mich?", neckte Remus, zog sein Oberteil aus, machte das große Licht aus und kletterte zu Sirius unter die Decke. „Schmeiß mich in der Nacht bitte nicht aus dem Bett."
„Ich schlafe wie ein Stern, also kann ich nichts versprechen", gab Sirius zurück und drehte sich so, dass er und Remus beide auf ihren Seiten lagen, einander aber ins Gesicht sehen konnten. „Du bist so schön, weißt du das?"
„Danke", Remus lächelte und streckte eine Hand aus, um Sirius die Haare hinters Ohr zu streichen. „Ich muss gleich meine Hörgeräte abnehmen, also wenn du noch mehr Komplimente drauf hast, dann hau die jetzt raus."
„Oh, ich hab noch tausende. Dann sitzen wir bis morgen früh hier dran."
„Du hast ja echt einen Crush auf mich", schmunzelte Remus und tippte mit dem Zeigefinger neckend Sirius' Nasenspitze. „Aber hey, ich hab auch den größten Crush auf dich."
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