Kapitel 30 - Keanen - ✔️

„Und wisst ihr was? Ihr könnt nichts daran ändern. Gar nichts."

Nachdenklich sitze ich in der Cafeteria des Krankenhauses und denke über Serenas Worte nach.

Ich wollte das Gespräch nicht belauschen, sondern nur Jona besuchen, doch als ich Serenas aufgebrachte Stimme und meinen Namen gehört habe, bin ich dann doch hellhörig geworden. Ich wusste, dass Serena kein gutes Verhältnis hat zu ihren Eltern, aber irgendwie glaube ich, dass es noch viel schlechter ist, als ich dachte. Sie scheint ihre Eltern wirklich nicht zu mögen, und das nicht grundlos.

„Du bist ja noch hier."

Wie als hätte ich sie gerufen kommt Serena auf mich zu und setzt sich auf den Stuhl mir gegenüber. „Oh, hey", murmle ich, weil ich nicht weiss, ob Serena wirklich hier sein will. „Ich habe... ich habe eben gehört, was deine Eltern gesagt haben."

Serena zieht die Augenbrauen zusammen. „Hast du gelauscht?"

Ich schüttle den Kopf. „Nein, ich wollte eigentlich zu Jona, doch ihr habt euch fast angeschrien, und mein Name fiel dann auch noch. Ich konnte nicht weghören." Serena nickt und reibt sich wieder die Schläfen. Anscheinend ist sie immer noch recht genervt. „Hast du meine Antwort auch gehört?" Ich grinse und nicke. „Da du sie mehr oder weniger durch den Raum geschrien hast, ja."

Serena schmunzelt leicht, ehe ihr Gesicht wieder ihre Erschöpfung wiederspiegelt. „Ich möchte mich entschuldigen", sagt sie dann plötzlich, und ich sehe von meinem Joghurt auf, den ich mir eben gekauft habe. „Wofür denn?", frage ich völlig verwundert, und Serena zeigt um sich. „Für alles, für die letzten Tage, keine Ahnung."

Ich lächle. „Wenn du selbst nicht weißt, wofür du dich entschuldigen willst, dann tu es nicht", sage ich dann, und esse wieder. „Ausserdem sollte ich derjenige sein, der sich entschuldigt, aber das hatten wir ja schon", rede ich weiter, und Serena seufzt. „Dann lass mich mich wenigstens für das Verhalten meiner Eltern entschuldigen", murmelt sie, und ich nicke. „Okay, auch wenn du absolut nichts dafür kannst, nehme ich sie mal an."

Serena lächelt, dann schnappt sie sich den Löffel, den ich mir gerade in den Mund schieben wollte, und schiebt ihn stattdessen sich selbst in den Mund. „Hey! Das war meiner." Serena zeigt entschuldigend auf ihren Bauch, dann grinst sie und gibt mir den Löffel wieder zurück. Ihr Handy leuchtet auf, und verwirrt zieht Serena es aus ihrer Tasche und zieht die Augenbrauen zusammen. „Ich muss hoch", erklärt sie dann plötzlich und will aufstehen, und in dem Moment, in dem ich Tränen in ihren Augen sehe, laufe ich ihr nach.

„Warte, ich komme mit", sage ich, und Seri dreht sich nur kurz nickend zu mir um. „Es geht um Jona, stimmt's?" Serena nickt, und unbewusst nehme ich ihre Hand. „Meine Eltern haben gesagt, ich soll sofort hochkommen, weil etwas mit Jona ist", krächzt Serena leise, und ich habe ein komisches Gefühl. Jona war zwar in den letzten Tagen stabil, aber keineswegs gesund oder wirklich auf dem Weg der Besserung.

Schnell schlüpfen wir in die spezielle Kleidung und betreten dann den Raum, in dem Jona liegt. Was ich dann sehe, verschlägt mir jedoch die Sprache, und ich glaube auch Serena hat überhaupt nicht damit gerechnet.

„Hey Sese", flüstert eine sehr raue und vor allem heisere Stimme, und Serena fängt sofort an zu heulen. „Jo", antwortet sie, und läuft langsam auf das Bett zu, in dem Jona liegt, und seine Schwester glücklich anlächelt. „Meine Fresse", entweicht es mir, und es ist mir sowas von egal, dass Serenas Eltern direkt neben mir stehen.

„Oh mein Gott Jona du bist wach!", schluchzt Serena und umarmt ihren Bruder vorsichtig. Dieser verzieht sein Gesicht leicht, als er seine Schwester an sich zieht, aber ich glaube, es ist ihm gerade ziemlich egal. „Bitte mach so einen Mist nie wieder, hast du mich gehört?" Serena vergräbt ihr Gesicht in Jonas Halsbeuge, und er nickt. „Versprochen", flüstert er, und ich entdecke eine kleine Träne, die sein Auge verlässt.

„Keanen?"

Serenas Vater sieht mich kurz an, und ich nicke mit dem Kinn zur Türe. Auch ohne Worte weiss ich, dass er mit mir sprechen möchte. Sobald wir draussen sind lehne ich mich an die gegenüberliegende Wand.

„Max, was gibt's?", frage ich, als wüsste ich nicht, was er wolle. „Du bist also der Freund meiner Tochter?" Ich nicke, und Max seufzt. „Ich denke ich muss dir nicht sagen, dass ich mir jemanden für meine Tochter gewünscht hätte, der nichts mit der Mafia oder so zu tun hat, richtig?"

Ich nicke erneut, denn das war schon immer klar. Kein Vater wünscht sich einen kriminellen Freund für seine Tochter, selbst wenn sie selber kriminelle Leute unterstützen.

Wie zum Beispiel Max, der meinen Vater immer irgendwie vor einer Strafe gerettet hat.

„Das weiss ich, Max. Aber du kannst nichts an meinen oder Serenas Gefühlen ändern." Max nickt und fährt sich durch seine kurzen Haare, die schon langsam eine gräuliche Farbe annehmen. „Bitte versuch sie einfach so gut wie möglich vor dem ganzen fernzuhalten, ja? Ich möchte nicht, dass sie auch noch für deinen Vater arbeitet." Ich nicke nur, denn nichts Anderes hatte ich vor. „Glaube mir Max, ich habe nichts Anderes vor. Ich will ebenso wenig wie du, dass Serena mit der Mafia in Kontakt kommt, aber ganz verhindern kann ich es nicht. Ich kann dir nur schwören, immer auf sie aufzupassen."

Max nickt langsam, dann sieht er mir direkt in die Augen. „Wer ist ihr Chef?"

Etwas verwundert über diese Frage hebe ich eine Augenbraue, dann dämmert mir, dass Max vielleicht mehr über Jack Bescheid weiss, als anfangs gedacht. „Jack Allen, gibt sich aber als Rainhard aus." Max sagt eine Weile nichts und fährt sich wieder durch die Haare. „Arbeitet sie noch dort?"

Ich schüttle den Kopf. „Nein, meine Jungs und ich haben ihr klargemacht, dass sie die nächsten Wochen nicht arbeiten gehen wird, bis Jack ausgeschaltet ist. Wir wollen nichts riskieren, das habe ich dir eben schon gesagt. Wir passen gut auf Serena auf." Max nickt erleichtert. „Gian hat mir gesagt, du wärst der perfekte Freund für seine Cousine", sagt er dann lächelnd, und ich grinse ebenfalls.

Gian ist ein guter Kerl, und ich glaube, er weiss auch, wer ich wirklich bin. Er passt wie Serena und Jona nicht wirklich in diese Familie, und schon nur deswegen mag ich ihn. „Richte ihm schöne Grüsse von mir aus", erwidere ich, und im selben Moment kommt jemand den Flur runtergelaufen.

„Das kannst du doch auch selbst erledigen!", ruft Gian mit einem breiten Grinsen, und wir umarmen und kurz brüderlich.

Ich kenne ihn zwar kaum, aber ich glaube, wir könnten gute Freunde werden. „So schnell sieht man sich also wieder", sage ich grinsend, und Gian nickt. „Ja, das kann man so sagen. Ich wollte eigentlich gestern schon herfliegen als ich das mit Jona gehört habe, doch der Flug war schon ausgebucht. Max und Elena haben wohl die letzten Plätze ergattert."

Elena heisst Serenas Mutter also. Passt irgendwie.

„Ich habe gehört er ist wach?" Gian nickt mit dem Kinn auf Jonas Zimmer, und ich nicke. „Ja, aber Serena ist gerade bei ihm. Ich würde vielleicht einen kleinen Moment warten, es ging ihr in den letzten Tagen wirklich nicht gut und ich glaube, sie braucht diesen Moment mit ihrem Bruder jetzt." Gian nickt verständnisvoll und lehnt sich neben mir an der Wand an. „Komisch, als ihr nach New York gekommen seid wart ihr ein Fake-Pärchen, und als ihr gegangen seid wart ihr echt zusammen. Wie läuft's momentan so?"

Max verschwindet mit einem Räuspern, und ich lächle.

„Es lief eigentlich alles ganz gut, bis das hier passiert ist. Ich habe Serena die Wahrheit über mich und meine Familie gesagt, und daraufhin hat sie natürlich Zeit gebraucht um das alles zu verdauen und sich darüber klarzuwerden, ob sie das wirklich will. Naja, diese Zeit nimmt sie sich immer noch." Gian nickt nur und sieht mich etwas mitleidig an. „Ich denke sie wird zu dir zurückkommen", sagt er dann, und ich lache leise.

„Elia hat sowas auch schon gesagt", murmle ich, und Gian grinst. „Dein kleiner Bruder, oder?" Ich nicke. „Er ist schlau", stellt er fest, und ich grinse. „Manchmal ist er das wirklich", murmle ich, und schliesse für einen kurzen Moment die Augen.

--

„Dad will, dass du mit uns essen gehst." Serena wiederholt diesen Satz gerade zum dritten Mal, weil ich ihn jedes Mal nicht glaube. Max will mit dem Typen zusammen essen gehen, den er nie für seine Tochter gewollt hat?

„Ähm, okay, äh... dann mache ich mich mal fertig", murmle ich immer noch überfordert, und Jona lacht leise. „Er wird dich nicht umbringen."

Ich verdrehe die Augen, und auch Serena schmunzelt. Wir sitzen mit Gian zusammen seit sicher einer Stunde bei Jona, und Serenas Eltern sind gegangen, nachdem Max nochmals mit Serena gesprochen hat. „Wann denn überhaupt?", fragt Gian jetzt, denn er wird auch mitkommen. „In zwei Stunden ungefähr." Ich lasse meinen Kopf auf die Matratze fallen. „Ich brauche zwar keine zwei Stunden um mich fertig zu machen, aber das ist schon sehr kurzfristig."

Jona lacht, so gut es ihm möglich ist, und streicht mir belustigt über den Kopf. „Du hörst sofort auf damit", knurre ich, und abermals ertönt Jonas heiseres Lachen.

„Aber jetzt geht schon, immerhin habt ihr nur noch zwei Stunden. So wie ich Seri kenne, wird sie länger brauchen." Serena verdreht die Augen und zeigt ihrem Bruder den Mittelfinger, während er sie frech angrinst. Ich erhebe mich und zeige Serena meine Autoschlüssel, woraufhin sie nur nickt. „Willst du auch mitkommen?", frage ich an Gian gerichtet, doch er winkt ab. „Ich habe selbst einen Mietwagen, aber danke für das Angebot. Man sieht sich später!"

Wir verschwinden aus dem Zimmer, nachdem wir uns noch von Jona verabschiedet haben, und schälen uns aus dieser grässlichen Schutzkleidung. „Dad hat noch mit dir gesprochen, richtig?" Ich nicke, da es keinen Grund gibt Serena anzulügen. „Ja, hat er. Aber es ist alles gut, wir haben uns nur etwas unterhalten." Serena nickt, und zusammen verlassen wir das Krankenhaus. „Danke übrigens fürs Fahren", sagt Serena in die Stille hinein, und ich lächle.

„Du musst dich dafür nicht bedanken", erwidere ich, und Serena verdreht die Augen.

Das spüre ich.

„Tu ich aber", motzt sie dann, und ich schüttle grinsend den Kopf.

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„Ich entschuldige mich schon mal, falls meine Eltern und ich heute streiten werden", wiederholt Serena zum sicher dritten Mal, während sie sich einen Lidstrich zieht. Oder jedenfalls glaube ich, dass es ein Lidstrich ist, ich kenne mich damit nicht aus.

„Ich kann's ja sogar verstehen", sage ich nur, und starre an die Decke. Ich habe es mir auf Serenas Bett bequem gemacht, nachdem wir bei mir zu Hause einen Anzug geholt haben, und versuche seitdem Serena zu beruhigen, die schon wieder einen halben hysterischen Anfall bekommt, weil wir heute mit ihren Eltern essen gehen.

Im Hintergrund spielt leise Musik, und zwischendurch höre ich Serena immer wieder leise fluchen.

„Ich sterbe jetzt schon vor Hunger", murmelt Serena irgendwann, und ich lache leise. „Du wirst es überleben, und sonst machen wir auf dem Weg bei einer Tankstelle Halt und du isst kurz einen Riegel oder so." Serena nickt, dann steht sie auf. „Kannst du mir kurz helfen?" Ich sehe, dass der Reissverschluss ihres Kleides noch offen ist, und nicke.

Schnell stehe ich auf und halte Serena ihre Haare hin, die sie schnell in ihre Hand nimmt, damit sie mir nicht im Weg sind. Dann schliesse ich vorsichtig den Reissverschluss und stelle fest, dass Serena das Kleid trägt, welches ich ihr gekauft habe. „Du trägst mein Kleid", stelle ich fest, und Serena nickt. „Ich dachte, es wäre ganz passend für diesen Abend", erklärt sie dann, und ich lächle.

„Du kannst deine Haare wieder loslassen", teile ich meiner Freundin mit, und kurz darauf lässt Serena ihre schönen Naturlocken über ihre Schultern fallen. „Zeig dich mal", sage ich, und drehe Serena an den Schultern zu mir, und als ich sie sehe schleicht sich das Lächeln automatisch auf meine Lippen. „Du siehst wunderschön aus", flüstere ich, und Serena lächelt, während ihre Hände an meiner Krawatte rumfummeln.

„Du jetzt auch."

Natürlich habe ich Jona nicht sterben lassen.

& ich fühle mich gerade richtig schlimm Single weil Kea und Seri in meinen Augen einfach nur süß sind :')

Wie denkt ihr, dass der Abend verlaufen wird?

& was haltet ihr so von Gian?

- Xo, zebisthoughts

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