Kapitel 18 - Keanen - ✔️

„Ich weiss nicht", murmelt Serena, und bleibt vor dem Spiegel stehen.

Heute haben sie und Jona Geburtstag, und meine Freunde und ich schmeissen eine kleine Party für die Zwillinge. Sie denken nur, dass wir was bei uns essen werden, aber dass das eine wirkliche Party wird, wissen sie nicht.

Der Nachteil davon: Serena hat mich in die Mall geschleift um mit ihr ein Kleid kaufen zu gehen.

Ich sitze seit sicher einer halben Stunde vor den Umkleidekabinen auf einem Stuhl und beurteile ein Kleid nach dem anderen, welches Serena mit einer erfreuten oder eher weniger erfreuten Miene präsentiert.

„Wenn du dich nicht sofort wohl drin fühlst, ist es nicht das Richtige", wiederhole ich immer wieder, und bin Lucía wirklich dankbar dafür, dass sie mir diesen Satz eingeflößt hat. Eigentlich sollte sie jetzt an meiner Stelle hier sitzen, doch Emilio hat sie auf ein Date eingeladen.

Serena dreht sich in dem roten Kleid, welches ihr bis in die Mitte der Oberschenkel geht, und schaut sich selbst kritisch an. „Ich fühle mich einfach nicht schön in Kleidern", seufzt sie dann frustriert und lehnt ihre Stirn gegen den Spiegel.

Ja, ihre Selbstzweifel zeigen sich seit einer guten halben Stunde ebenfalls, und ich muntere sie mittlerweile sicher zum fünften Mal auf.

„Serena, du bist wunderschön. Ich schrei's dir bald ins Ohr, wenn du nicht endlich damit aufhörst und es verstehst, okay?" Durch den Spiegel mustert Serena mich und lächelt dann gequält. „Okay", murrt sie, und schaut wieder an sich runter.

„Aber dieses Kleid hier ist definitiv nicht das Kleid."

Mit diesen Worten verschwindet sie wieder hinter dem Vorhang, und ich wende mich wieder meinem Handy zu. Zum Glück habe ich eine Powerbank eingepackt...

Ich scrolle gerade durch die neuesten Nachrichten, als Serena einen spitzen Schrei ausstösst. Sofort springe ich auf und bin in Alarmbereitschaft, als sie in einem schwarzen Kleid aus der Kabine tritt. „Das ist es", flüstert sie dann und grinst breit.

„Ich dachte du wirst ermordet!", empöre ich mich, und atme erleichtert aus.

Serena jedoch gibt dem keinerlei Beachtung, denn sie dreht sich immer wieder vor dem Spiegel hin und her. „Das hier ist es, Kea." Sie deutet auf sich und das Kleid, und ich lächle. Es steht ihr tatsächlich sehr gut, und es werden genau die richtigen Kurven betont. „Ja, das steht dir wirklich." Ich stelle mich hinter das kleine Mädchen vor mir und schaue ihr durch den Spiegel in die Augen. „Ich meins Ernst. Du siehst wunderschön aus."

Serena lächelt mich an und greift wie vor ein paar Tagen nach der Hand, die ich ihr unbewusst in den Nacken gelegt habe.

„Wir müssen dir jetzt aber auch noch was kaufen", sagt sie dann, und ich verdrehe die Augen. „Bitte nicht", murre ich, doch Serena dreht sich um und legt mir einen Finger auf die Lippen. „Oh doch, du wirst ganz bestimmt nicht ein ausgewaschenes Shirt und eine alte Jeans tragen. Und jetzt komm, ich zieh mich schnell um, du machst dich bereit. Das heisst, du packst die Süssigkeiten wieder ein, die du auf den Stühlen verteilt hast."

Sie zeigt auf die Stühle, auf denen ich eben sass, und ich nicke ergeben. Serena verschwindet mit einem siegessicheren Lächeln wieder in der Umkleide, und ich packe meine Süssigkeiten in meinen Turnbeutel. Ich habe Serena sicher eine halbe Stunde davon überzeugen wollen, dass ich sehr wohl ein ausgewaschenes Shirt und eine alte Jeans tragen kann, doch das wollte sie nicht hören.

Also muss ich mir jetzt ein neues Shirt und eine neue Jeans kaufen.

„Keaaaa?"

Ich habe noch nie ein Mädchen getroffen, welches das „a" in meinem Namen so lang gezogen hat.

„Jaaaa?", rufe ich also in der gleichen Tonlage zurück, und Serena streckt ihren Kopf aus der Umkleide.

„Ich brauche noch Schuhe."

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„Ich kipp' gleich um."

Serena schlürft müde an ihrem Kaffee den ich ihr spendiert habe, und ich lasse mich ebenfalls in die Polster der kleinen Bank sinken. Wir sitzen bei Starbucks und haben endlich alles gekauft, was gekauft werden musste. Jedenfalls sieht Serena das so, ich bin da etwas anderer Meinung.

„Hör mir bloß auf, ich spüre meine Beine nicht mehr", motze ich, und Serena grinst leicht, ehe das Klingeln ihres Handys sie ablenkt. Sie zieht ihre Augenbrauen zusammen als sie den Namen des Anrufers sieht, und hält sich dann das Handy ans Ohr.

„Papà?", sagt sie überrascht in den Hörer, und ich ziehe eine Augenbraue hoch. Das ist das erste Mal seit ich Serena kenne, dass ihr Vater sich bei ihr oder Jona meldet.

„Ich werde da nicht auftauchen."

Serenas bestimmte Stimme lässt mich nun die Augenbrauen zusammenziehen, und ich frage mich, was ihr Vater denn von ihr will. „Perche' devo portare una accompagnatore? Papà. Ich kann auch alleine hin, Jona und ich haben es bisher immer so gemacht." Sie soll ein Date mitbringen? Und Jona soll auch kommen? Geht es hier gerade um eine Gala oder so?

Serena seufzt frustriert und reibt sich mit der freien Hand die Schläfe. „Ok, ci sarò."

Sie verabschiedet sich recht schnell von ihrem Dad und legt das Handy wieder auf den Tisch zwischen uns. „Ich drehe durch", murmelt sie, und ich sehe sie fragend an. „Was wollte er denn?", frage ich, und Serena seufzt wieder.

„Er will, dass Jona und ich je mit einer Begleitung an der jährlichen Gala auftauchen, auf der meine Eltern und noch viele andere Anwälte sein werden. Er will den guten Vater raushängen lassen."

Ich nicke langsam und versuche zu verstehen, wieso die Zwillinge eine Begleitung mitnehmen müssen. „Er will nicht, dass wir verkuppelt werden", erklärt Serena schnell, die das fette Fragezeichen in meinem Gesicht wohl gesehen hat. „Achso", murmle ich dann etwas überrascht, denn eigentlich will ein angesehener Anwalt doch, dass seine Kinder mit Kindern von anderen, angesehenen Anwälten verkuppelt werden, oder nicht?

„Und wenn bringst du mit?", frage ich, und Serena legt ihren Kopf auf den Tisch. „Keine Ahnung. Ich kann Lio nicht schon wieder zwingen, der musste schon an Moms Geburtstag meine Begleitung spielen. Und Bale kann ich ja wohl kaum fragen, Alessia würde mich köpfen - bei aller Liebe die sie für mich übrig hat." Ich lache leise und gebe Serena recht.

„Ich könnte mitkommen", schlage ich dann gelassen vor, und Serenas Kopf schnellt hoch.

„Du wirst dort sterben! Diese Galas machen einen depressiv, das sag ich dir! Du kommst dort nicht ohne mindestens einen innerlichen Nervenzusammenbruch raus. Die Leute dort sind die oberflächlichsten Menschen, die ich kenne." Ich schaue Serena dabei zu, wie sie sich in Rage redet, bis ich ihr irgendwann den Mund zuhalte.

„Lass das mal meine Sorge sein. Ich komme mit solchen Leuten besser klar, als du vielleicht denkst." Serena schaut mich aus ihren blaugrünen Augen lange an, und ich lasse meine Hand sinken. „Und du würdest wirklich für diese Zeit meinen Freund spielen?" Ich nicke, und das Mädchen vor mir seufzt nun zum sicher hundertsten Mal heute, dann lächelt sie.

„Danke dir", murmelt sie dann, und ich schüttle den Kopf. „Kein Ding. Aber jetzt lass uns erstmal den Geburtstag der besten Zwillinge überhaupt feiern!" Lachend hebt Serena ihren Becher und stößt mit mir an. „Auf unsere Fake-Beziehung", witzle ich, und nehme grinsend einen Schluck meines Kaffees.

Das kann ja noch was werden.

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„Da bist du ja endlich! Ich dachte schon, du wärst unter einer Kleiderstange vergraben worden."

Luca kommt mit einem besorgt-belustigten Blick auf mich zu und nimmt mich in den Arm, was ich etwas überrascht erwidere.

„Geht's dir noch gut? Keine Krise oder so?"

Ich lache und schüttle den Kopf. „Mir geht's gut, keine Angst. Wie weit seid ihr mit den Vorbereitungen?" Luca grinst und führt mich dann in unser Penthouse, welches die Jungs in eine Party-Location verwandelt haben. „Ihr seid die Besten. Jona und Serena werden sich mega darüber freuen."

Serena sollte laut Plan zusammen mit Elia, der sie unter einem Vorwand von unserem Shopping-Trip abgeholt hat, vor etwa einer halben Stunde eingetroffen sein. Jona sollte noch länger hier sein. „Wo sind sie?", frage ich Lio, und er zeigt nach oben. „Im Gästezimmer und in deinem Zimmer. Sie ziehen sich gerade um."

Zum Glück habe ich vor kurzem noch aufgeräumt.

„Gut, dann gehe ich die beiden mal abholen. Lio, kommst du?" Lio nickt, und zusammen laufen wir die Treppen hoch. „Ich nehme an, du willst Serena führen?" Ich lächle und nicke. „Es wäre mir eine Ehre, immerhin bin ich ja schon ihr Fake-Freund." Lio lacht und nickt, ehe er vor dem Gästezimmer stehen bleibt. Er weiss also schon Bescheid.

„Sie ist in deinem Zimmer."

Ich nicke und klopfe an meiner eigenen Zimmertüre an, und als ich ein leises „Herein" höre, öffne ich sie einen Spalt breit. „Hey Seri", sage ich gedämpft, und Serena dreht sich grinsend um. Sie trägt das schwarze Kleid welches sie sich heute ausgesucht hat, und ihre dunklen Haare fallen in leichten Locken über ihre Schultern.

„Du siehst gut aus", stelle ich fest, und Serenas Grinsen wird noch etwas breiter. Dann lässt sie ihren Blick über meinen Körper gleiten, ehe sie mir wieder fest in die Augen sieht. „Du aber auch", sagt sie dann einfach, und entlockt mir ebenfalls ein Grinsen.

„Dreh dich mal um", befehle ich, und Serena dreht sich verwirrt mit dem Rücken zu mir. Ich lege ihr unter Protest ihrerseits die Augenbinde um, dann hebe ich sie hoch. „Kea ich schwör dir bei allem was ich habe, ich werde auf der Gala mit dir Schluss machen und dir die grösste Szene bereiten, wenn du mir nicht bald sagst, was das hier wird!"

Sie krallt sich an mir fest während ich lachend mit ihr im Arm die Treppen runtersteige. „Keine Angst, du wirst es gleich erfahren."

Neben mir taucht Lio auf, der Jona führt, und im Gegenteil zu seiner Schwester ist Jona ganz ruhig und grinst nur breit. Er kennt uns, also hat er sowas wohl schon erwartet.

Serena eher weniger, wie ich gerade feststelle.

Mit einem Schmunzeln lasse ich Serena runter, drehe sie mit dem Rücken zu mir, sodass ihr Blick auf unser Wohnzimmer gerichtet ist, und lege ihr meine Hände auf die Schultern. „Bereit?", frage ich, und Serena nickt.

Ich nehme ihr die Augenbinde ab, und gleichzeitig springen die Jungs hinter allen möglichen Möbelstücken hoch. „ÜBERRASCHUNG!", grölen sie, und Serena klappt der Mund auf.

Ich beuge mich zu ihrem Ohr und streiche ihre Haare etwas weg. „Buon compleanno, piccolina", raune ich in ihr Ohr, und mir entgeht nicht, dass sich über ihren Nacken eine leichte Gänsehaut zieht.

„Ihr seid verrückt", murmelt Serena nur völlig erschlagen, dann dreht sie sich zu mir um und schlingt ihre Arme um meinen Hals. „Ihr seid wirklich verrückt", wiederholt sie immer wieder, während Jona sich in die Menge stürzt.

Wir haben einige alte Freunde von den Beiden ausfindig gemacht und eingeladen, und auch von mir sind einige Freunde da. Shane und Liam zum Beispiel, die sich gerade vielsagende Blicke zuwerfen, während sie uns beobachten.

Ich schüttle nur leicht den Kopf und löse mich von Serena, die mich glücklich anstrahlt. Dann dreht sie sich um und zieht mich an der Hand hinter sich her zur Theke, die wir in eine Bar umgewandelt haben, und sofort fängt sie damit an, sich professionell einen Drink zu mixen.

Ich schaue ihr lächelnd dabei zu, denn auch wenn sie so klein und unschuldig scheint, verträgt Serena wirklich viel. Eventuell habe ich sie in der vergangenen Woche mal herausgefordert, aber nur, weil sie felsenfest behauptet hat, sie würde mehr als ich vertragen.

Ich habe gewonnen, war aber schon auch ziemlich hinüber.

Alessia drängt sich zu uns und nimmt ihre beste Freundin fest in den Arm, welche mir gerade noch ihren Drink in die Hand drückt, bevor er zu Boden fallen könnte.

Kellnerin durch und durch.

„Alles Gute zum Geburtstag du Idiotin!", schreit Alessia mehr oder weniger, damit man sie über die laute Musik hinweg überhaupt versteht. „Ich liebe dich!", schreit sie noch, und Serena lacht. „Aber nicht doch, ich will nicht, dass Bale mich noch als Konkurrentin sieht!"

Alessia grinst und lässt ihre Freundin los. „Er wird sich damit abfinden müssen", lacht sie schulterzuckend, und ich schmunzle. Alessia entschuldigt sich und geht zu Bale, und jetzt stehen Serena und ich wieder etwas abseits der Leute.

„Wer hat das eigentlich organisiert?", fragt sie mich nach einer Weile, und ich drehe meinen Kopf zu ihr. „Die Idee hatten eigentlich alle zusammen, ich habe dann dafür gesorgt, dass alles in die Wege geleitet wird. Aber das alles hier haben wir zusammen gemacht." Serena nickt und lehnt sich dann etwas an mich. „Danke, wirklich. Ich hatte lange keinen so tollen Geburtstag wie heute."

Ich lächle und drücke ihr einen flüchtigen Kuss auf die Haare.

„Das habe ich gerne gemacht."

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Aww die Zwillinge haben Geburtstag :3 Und die Jungs haben eine Party für die beiden geschmissen. Ich will auch lol xD

& Nochmals vielen Dank für 100 Reads. Das freut mich wirklich! <3

- Xo, Zebisthoughts

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