Kapitel 11 - Serena - ✔️
„Aufstehen!" Keanen wirft ein Kissen nach den Jungs, die sich auf dem Sofa und dem Teppich verteilt haben, und weckt Liam mit seinem Geschrei auf. Ich sitze belustigt am Tisch und bin gerade dabei, mein Müsli zu essen, und Liam stöhnt genervt auf. „Scheisse, was soll das?", motzt er, und Keanen schnaubt. „Los, aufstehen. Es wird aufgeräumt. Aspirin könnt ihr bei Serena holen."
Ich habe eine Packung davon neben mir hingelegt für den Fall, dass jemand ein Aspirin brauchen wird. Und tatsächlich kommen nacheinander Liam, Shane und dann Luca auf mich zu getrottet, und ich schenke jedem lachend ein Glas Wasser ein und lege eine Tablette daneben. „Hier, und passt nächstes Mal besser auf." Shane nickt nur, von den anderen erhalte ich keine Reaktion.
„Was zur Hölle ist gestern mit Jona passiert?"
Bale kommt dicht gefolgt von einer verschlafenen Alessia ins Wohnzimmer und schaut uns verwirrt an. Ein Lächeln umspielt Keanens Lippen, und dann kontert er auch schon: „Was zur Hölle ist gestern bei euch passiert?"
Sofort läuft Alessia knallrot an, und ich lache. „Jona hat einfach zu viel getrunken, das war's." Alessia nickt, während Bale frech grinst und einen Arm um seine knallrote Freundin legt. Die Beiden sind schon süss zusammen, und ich kann mir gut vorstellen, dass sie auch zusammenbleiben werden.
„Und was machen wir heute?" Bale setzt sich neben mich und schnappt sich ebenfalls eine Schüssel, Milch, Müsli und einen Löffel, und ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung, was wollt ihr denn machen?"
Die Jungs schauen sich unschlüssig an, dann setzen sie sich wieder nebeneinander aufs Sofa. „Ich hab' Bock auf ein richtiges Frühstück", sagt Shane plötzlich und steht auf. „Ich komme mit", stimmt Liam sofort zu, und auch die anderen Jungs stehen auf. Nur ich bleibe verwirrt sitzen und schaue Alessia hilfesuchend an, die gegenüber von mir sitzt. „Und was genau heisst das jetzt?"
Keanen schaut mich belustigt an und zieht mich dann von meinem Stuhl hoch. „Dass ihr zwei Hübschen mit uns mitkommt und wir frühstücken gehen. Macht euch fertig."
Alessia und ich schauen uns kurz unschlüssig an, dann zucken wir mit den Schultern und ich lächle. „Gut, gebt uns fünf Minuten." Schnell verschwinde ich in meinem Zimmer und reisse dem Kleiderschrank fast die Türe ab, als ich ihn öffne.
Drinnen stapeln sich meine Kleider nicht gerade sorgfältig zusammengefaltet auf einem Haufen, doch das kümmert mich wenig. Ich halte nach dem Sommerkleid Ausschau, dass ich mir neulich erst gekauft habe, und hoffe, dass es nicht gerade in der Wäsche ist. In der hintersten Ecke meines Kleiderschrankes werde ich dann fündig, und schlüpfe glücklich ins Kleid rein, binde mir die Haare hoch und verschwinde aus meinem Zimmer.
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„Und dir geht es wirklich gut?"
Shane und Liam schauen mich entgeistert an, und ich nicke. „Ja, es geht schon. Ich habe viel Ablenkung." Keanen sieht mich kurz an und lächelt, dann wendet er sich wieder seiner Waffel zu. Wir sitzen in einem kleinen Café irgendwo in Seattle, und ausnahmsweise halten sich hier kaum Touristen auf. „Wie geht's eigentlich Lucía?", frage ich Keanen, da ich nicht zwingend weiter über Smith reden will. Keanen schaut auf und schluckt seinen Bissen runter, ehe er mir sein Handy unter die Nase hält.
„Gut soweit, ich gehe Emilio bald abholen. Der braucht dringend etwas Schlaf, soweit ich weiss war er die ganze Nacht wach und hat auf Lucía aufgepasst."
Ich schaue Keanen erstaunt an, und Elia pfeift durch die Zähne. „So kenne ich meinen Cousin ja noch gar nicht", schmunzelt er dann, und Luca zieht ebenfalls die Augenbrauen hoch. „Ich glaube, der ist ernsthaft an der Kleinen interessiert." Keanen bringt die Gedanken von allen auf den Punkt, und wir nicken zustimmend.
Wir unterhalten uns noch über Emilio und Lucía, und irgendwann packen die Jungs verschiedene lustige Geschichten aus ihren Schuljahren aus, worüber wir alle herzlich lachen. Ich wische mir sogar eine kleine Lachträne aus dem Augenwinkel, was Keanen grinsend beobachtet. Dann reisst ihn das Klingeln seines Handys aus den Gedanken, und er zieht die Augenbrauen zusammen als er sieht, wer ihn anruft. Schnell steht er auf und verschwindet mit dem Handy am Ohr nach draussen.
Elia und Luca sehen sich vielsagend an, und auch Shane und Liam scheinen zu wissen, wer da anruft. Bale interessiert es nicht wirklich, weil er damit beschäftigt ist, seine Finger vom Honig zu befreien, und Alessia sieht ihm dabei zu und lacht. Nur ich schiele immer wieder raus um zu sehen, was Keanen da genau macht. Ich sehe sogar von weitem, wie sich seine Laune verschlechtert, und als er mich kurz ansieht, bohrt sich sein kalter Blick durch meinen ganzen Körper.
Irgendwann legt er dann auf und kommt rein, jedoch nur, um Elia und Luca zu sich zu winken. „Jungs, Dad will uns sehen. Tut mir leid Leute, war ein schöner Abend gestern." Ohne sich irgendwie weiter zu verabschieden oder so verschwindet er mit Luca und Elia im Schlepptau, die mich beide kurz drücken, und dann ist er weg.
„Und wer holt jetzt Emilio ab?"
Shane schaut uns fragend an, und ich hebe seufzend die Hand. „Ich kann das erledigen", murmle ich dann, während ich mich frage, was das gerade war. Keanens Laune ist innerhalb von ein paar Minuten Richtung Tiefpunkt gesunken, und schlussendlich hat er es nicht mal für nötig gehalten, sich wirklich von uns zu verabschieden. Oder besser gesagt: sich von mir zu verabschieden.
Auch als ich später im Auto sitze um Emilio abzuholen will mich das Ganze nicht loslassen, und ich würde wirklich gerne wissen, wieso Keanen immer so schlecht drauf ist, wenn es um seinen Vater geht. Seine Laune sinkt immer direkt, und er ist danach so merkwürdig kalt und distanziert. Genauso wie Elia, aber von ihm kenne ich dieses Verhalten schon, immerhin war er so in der ganzen Schule bekannt. Die Leute haben ihn immer unglaublich respektiert, keiner ausser seine Freunde haben gerne mit ihm diskutiert, und wenn man einen einigermassen gesunden Menschenverstand hatte, hat man einen weiten Bogen um ihn gemacht.
Damit meine ich die Leute, die es nicht nötig hatten, jeden Tag zu versuchen, die Aufmerksamkeit der Jungs auf sich zu ziehen.
Im Unterricht waren die Lehrer meistens still, wenn er etwas machte, dass sie nicht wirklich mochten, was bei Elia aber eher selten vorkam. Trotz seinem meilenweiten Ruf als Badboy ist er nie wirklich negativ aufgefallen, jedenfalls nicht so, dass es wirklich was Schlimmes war. Klar wurde jede kleinste Aktion von ihm als grosses Drama in der ganzen Schule besprochen, aber viel davon waren Dinge, die ich genauso tat.
Zum Beispiel schwänzen, Hausaufgaben vergessen, Prüfungen versauen, all das eben.
Ich parkiere mein Auto auf einem der Besucherparkplätze und steige aus, um mich ans Auto zu lehnen. Ich behalte den Ausgang immer im Blick, damit ich Emilio nicht verpasse. Er weiss ja nicht mal, dass ich ihn abholen komme. Wie als könnten Keanens Freunde meine Gedanken lesen, erhalte ich plötzlich eine Nachricht von Shane.
Shane: Hey, Shane hier. Ich schicke dir noch kurz Emilios Nummer, damit du ihm sagen kannst, dass du ihn abholst. Danke nochmal!
Ich speichere die Nummer, die Shane mir nach der Nachricht geschickt hat, ein, und schreibe nach einem Kurzen Dank an Shane Emilio eine Nachricht.
Serena: Hey Emilio, ich bin's, Serena. Kea kann dich nicht abholen kommen, deshalb übernehme ich das. Ich warte vor dem Ausgang.
Ich schiebe mein Handy wieder in die kleine Tasche meiner Jeansjacke, die ich über meinem Kleid trage, doch Emilio antwortet mir schon.
Emilio: Bin gleich da, danke dir : )
Ich lächle und richte meinen Blick wieder auf den Ausgang, aus dem Emilio nach einigen Minuten tatsächlich kommt. Schon von weitem kann ich die Ringe unter seinen Augen erkennen, doch sein Lächeln erreicht seine Augen trotzdem, und er kommt strahlend auf mich zu. „Du bist ein Engel, ich hätte Unmengen für ein Taxi ausgegeben." Als würden wir uns schon Jahre kennen schliesst Emilio mich in seine Arme, und ich frage mich, ob alle Jungs hier so umarmungsfreudig sind.
„Das ist doch kein Problem, ich mache das gerne." Ich grinse und halte Emilio die Türe auf, dann gehe ich zur Fahrerseite des Autos und steige ebenfalls ein. „Wie geht's Lucía?", frage ich, während ich den Motor starte, und Emilio lehnt seinen Kopf an die Fensterscheibe. „Besser, sie kann die nächsten Tage wahrscheinlich nach Hause. Ich fahre später auch wieder zu ihr, aber ich sollte dringend etwas schlafen, essen und so."
Ich lache und nicke. „Das freut mich zu hören, Keanen wird sich bestimmt auch freuen." Emilio nickt, dann schaut er mich kurz nachdenklich an. „Wo ist der eigentlich hin?", fragt er dann, und ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung, er ist plötzlich mit Luca und Elia abgehauen. Vorher hat er einen Anruf von seinem Dad erhalten, der ihn wenig erfreut hat. Ich habe noch nie eine Stimmung so schnell kippen sehen wie eben bei Keanen. Er war wie ausgewechselt."
Emilio nickt und runzelt die Stirn.
„Du weißt etwas, oder?" Ich schaue Keanens Cousin aus dem Augenwinkel an, und er nickt. „Ja", sagt er dann leise, und ich seufze. „Du wirst mir nichts sagen, oder?" Ich nehme wahr, wie Emilio den Kopf schüttelt, und beisse mir auf die Unterlippe. „Tut mir leid", seufzt er noch, doch ich winke ab. Ich habe nicht das Recht dazu, Emilio über Kea auszufragen. Wenn Kea mir was erzählen will, wird er es tun, und ich werde darauf warten müssen.
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„So, da wären wir. Soll ich dich später wieder abholen oder fährst du selber?" Ich schaue Emilio fragend an, und er lehnt an meinem Wagen.
„Nichts von beidem, wir gehen essen."
Ich fahre erstaunt herum und schaue in Emilios graue Augen. „Wie, wir gehen essen? Du musst schlafen und-"
„Essen, richtig? Na also, wo liegt dann das Problem?"
Ich schüttle sprachlos den Kopf, muss dann aber doch etwas lächeln. „Ich habe keine Argumente mehr", gebe ich zu, und Emilio grinst. „Na also, komm mit rein. Ich muss mir kurz was Anderes anziehen und will dich nicht draussen lassen."
Ich folge Emilio ins Haus, dass sich als ziemlich luxuriös herausstellt.
Sind in dieser Familie eigentlich alle wohlhabend?
„Warte hier, ich bin gleich zurück." Ich stehe mitten im Wohnzimmer und lasse mich vorsichtig aufs Sofa fallen, in der Angst, etwas kaputt zu machen. Emilio läuft schnell die Treppen hoch, und wenig später vernehme ich seine Schritte über mir. Gerade als ich die Beine ausstrecke, kommt ein weisses Bündel auf mich zugeschossen, und paar Sekunden später sitzt ein Hund auf meinen Füssen und schaut mich treuherzig an.
Kurz sitze ich etwas perplex da, doch dann kommt meine Hundeliebe zum Vorschein und ich beuge mich zu dem weissen Bündel runter. „Na, wer bist denn du?", flüstere ich, und der Hund legt sich auf den Rücken.
„Das ist Finny."
Ich drehe meinen Kopf zur Türe und entdecke Emilio. „Gehört der Hund dir?" Emilio lächelt, dann nickt er. „Ja, sie gehört mir. Ist mir zugelaufen." Ich nicke und schaue wieder zu Finny, während ich meine Hand über ihren Bauch fahren lasse.
„Sollen wir dann?" Emilio kniet sich neben seine Hündin und krault sie ebenfalls. „Ja, ich bin fertig. Aber erwarte nicht zu viel, ich habe vor knapp einer Stunde gefrühstückt." Lachend hält Emilio mir seine Hand hin und zieht mich auf die Beine, dann verlassen wir das Haus wieder.
„Keine Angst, ich zwänge kein fünf Gänge Menü in dich rein."
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Wieso denkt ihr, dass Kea, Elia und Luca plötzlich so kalt davongegangen sind?
Und was haltet ihr so von Lucía und Emilio? ;)
- Xo, Zebisthoughts
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