Kapitel 8

Ich hatte Angst, Louis am nächsten Tag in der Schule zu begegnen. Würde er mit mir reden wollen oder würde er mich einfach ignorieren? Wollte ich überhaupt dass er mich ignorierte? So ein Quatsch, natürlich wollte ich das!

Meine Sorgen waren jedoch alle überflüssig, da er am nächsten Tag noch nicht einmal zum Unterricht erschien. Auch in den Pausen hatte ich mich umgesehen, doch ich konnte ihn nirgendwo entdecken. Niall und Liam bemerkten natürlich, dass ich nach jemandem Ausschau hielt und beiden war sofort klar wer diese Person war.

„Hast du nicht heute Morgen noch gesagt, dass er dir egal ist?“ hinterfragte der Blonde. Schnell verteidigte ich mich „Ja das stimmt auch!“ „Wenn du dich noch ein paar Mal umschaust, glauben wir dir das bestimmt.“ mischte sich Liam schmunzelnd in das Gespräch ein. Ich verdrehte nur die Augen und wünschte mir meinen Mund gehalten zu haben.

Mein schlechtes Gewissen war Schuld daran gewesen, dass ich den beiden heute Morgen von dem Kuss erzählt hatte. Seitdem waren sie überzeugt davon, dass ich auf Louis stand.

„Weißt du Harry, wir haben wirklich kein Problem damit, dass du schwul bist.“ fing Niall schon wieder damit an. „Wie oft soll ich euch das noch sagen. Ich. Bin. Nicht. Schwul.“ In der Hoffnung, dass sie es endlich verstehen würden, betonte ich jedes einzelne Wort. „Dann bist du eben bi.“ legte Liam fest. Erneut verdrehte ich meine Augen und zum Glück erlöste mich die Klingel, die zur nächsten Stunde läutete.

Als Louis auch die nächsten beiden Tage nicht in der Schule erschien, musste ich mir doch selbst eingestehen, dass ich mir Sorgen machte. Er hatte nicht einfach einen Tag geschwänzt. Ist ihm etwas passiert? Nein, bestimmt ist er bloß krank. Eine Erkältung vielleicht? Ich schüttelte meinen Kopf, um diese lästigen Gedanken zu vertreiben. Was kümmerte mich überhaupt, was mit ihm los war? Wir waren noch nicht einmal befreundet, eher noch das Gegenteil.

„Hey, du bist Harry, oder?“ riss mich eine unbekannte Stimme aus meinen Gedanken. Ich sah auf und blickte direkt in das Gesicht von Zayn. „Ähm ja?“ meine Stimme klang unsicher. Was wollte der beste Freund von Louis von mir?

„Louis hatte diese Woche eine Familienangelegenheit zu klären, aber er freut sich bestimmt, wenn du ihm mal schreibst.“ sagte Zayn, als wäre es das normalste der Welt. Er schob mir einen Zettel hin und zwinkerte mir zu, bevor er sich einfach umdrehte und sich an seinen Platz setzte.

Ich wollte gerade zu ihm gehen, um ihn zu fragen was das sollte. Doch meine Spanischlehrerin, die in diesem Moment das Klassenzimmer betrat, durchkreuzte meinen Plan. Normalerweise mochte ich Spanisch, doch heute konnte ich mich überhaupt nicht auf den Unterricht konzentrieren.

Ich sah zu Zayn, dann auf den kleinen Zettel vor mir. Langsam nahm ich ihn in die Hand und faltete ihn auseinander. In einer kritzeligen Handschrift war eine Reihe von Zahlen geschrieben. Ich brauchte einen kurzen Moment, um zu realisieren, dass das Louis Handynummer war.

Seit ich vor ein paar Stunden von der Schule nach Hause gekommen war, hatte ich die meiste Zeit damit verbracht, auf den Zettel mit der Nummer zu starren. Sollte ich sie in mein Handy einspeichern? Was wenn das alles nur ein blöder Streich war und das nicht einmal die Nummer von Louis ist? Und selbst wenn es seine Nummer ist, wollte ich ihm denn überhaupt schreiben?

Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nicht bemerkte wie Gemma mein Zimmer betrat. „Ich gehe jetzt noch zu Freunden, aber zum Abendessen bin ich wieder da.“ Ich schreckte auf und versteckte den Zettel hinter meinem Rücken. Das war allerdings keine gute Idee, denn so wurde meine Schwester erst recht auf das kleine Stück Papier aufmerksam.

„Harry, was versteckst du da?“ Sie sah mich fragend an und ich wurde rot. „Äh ich verstecke gar nichts.“ Augenblicklich ärgerte ich mich über mich selbst. Natürlich hatte sie den Zettel gesehen und bei meiner Aussage, wollte sie jetzt erst recht wissen was darauf stand.

Gemma setzte sich neben mich auf mein Bett und sah mich gespielt ernst an. „Harry, ich als deine große Schwester, habe die Berechtigung zu erfahren, warum du wie ein Idiot auf ein Stück Papier starrst und nicht mehr ansprechbar bist.“ Zum Ende hin schaffte sie es nicht mehr ernst zu bleiben, sondern grinste mich vergnügt an. Als ich schon wieder rot wurde, wurde ihr Grinsen breiter. Wie ich es hasste rot zu werden!

„Ich war sehr wohl ansprechbar!“ versuchte ich mich zu verteidigen. „Ach du nennst es also ansprechbar, wenn ich 5 Mal gegen deine Tür klopfe, aber keine Antwort bekomme?“ entgegnete sie nur amüsiert. Das hatte ich wirklich nicht mitbekommen. Meine Schwester lachte nur, als sie mein verdutztes Gesicht bemerkte.

„Aber du brauchst jetzt gar nicht vom Thema ablenken, Harold!“ sagte sie bestimmt und bevor ich überhaupt reagieren konnte, hatte sie sich den Zettel einfach aus meiner Hand geklaut. „Hey!“ schrie ich auf und versuchte mir die Nummer wieder zu holen. Jedoch hatte Gemma schon damit gerechnet und zog sie rechtzeitig weg. Schnell faltete sie ihn auseinander und warf einen Blick darauf. Ihr Gesichtsausdruck änderte sich innerhalb von wenigen Sekunden von verwundert auf aufgeregt.

„Harry ist es das was ich denke?“ fragte sie mich hibbelig. Ich war verwirrt. „Was denkst du denn?“ „Das ist bestimmt die Nummer von einem Mädchen. Harry, bist du verliebt?“ Das ich schon wieder rot wurde, wertete sie anscheinend als ein Ja und so fragte sie gleich weiter. „Wie heißt sie? Geht sie auf unsere Schule?“

„Gem hör auf zu fragen! Das ist nicht die Nummer von einem Mädchen und ich bin auch nicht verliebt!“ stellte ich energisch klar. „Ja sicher!“ sie verdrehte die Augen. „Ich kenne dich Harold. So etwas kannst du nicht vor mir verheimlichen!“

„Das stimmt nicht! Und wolltest du dich nicht eigentlich mit deinen Freunden treffen?“ Ich versuchte irgendwie diesem unangenehmen Gespräch zu entkommen und mein Plan ging zum Glück auf.

„Verdammt, du hast Recht. Bis nachher, Harry.“ Sie war schon halb aus der Tür, als sie sich noch einmal umdrehte. „Ach ja und schreib ihr!“ Kurz zwinkerte sie mir zu, bevor sie verschwand. Ich hörte nur noch wie die Haustür mit einem leisen Krachen zu fiel.

Ich schüttelte den Kopf. Was war das denn für ein seltsames Gespräch gewesen? Ich blickte erneut auf den Zettel mit der Nummer, doch dann gab ich mir einen Ruck und speicherte sie in mein Handy. Nur weil ich sie jetzt gespeichert hatte, hieß das ja nicht gleich, dass ich ihm schreiben musste.

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