Kapitel 5
Den Rest des Tages verbrachten wir damit herumzualbern und es war wirklich lustig mit den beiden. Das lag wahrscheinlich vor allem daran, dass das Thema Louis nicht mehr zur Sprache kam und ich die Gedanken für ein paar Stunden verdrängen konnte.
Doch als ich dann Abends in meinem Bett lag, kamen alle verwirrenden Gedanken und Fragen zurück. Wieso hatte Louis sich auf dem Friedhof so anders verhalten als sonst? Hatte der Tod seiner Mutter etwas mit dem Einbruch zu tun? Machte er so etwas öfter? Was er wohl gerade machte und wie es ihm wohl ging? Genervt stöhnte ich auf. Jetzt machte ich mir auch schon Sorgen um ihn. So konnte das wirklich nicht weiter gehen. Ich musste mich definitiv ablenken. Also schlug ich meine Bettdecke zurück und setzte mich auf. Nach einem kurzen Blick auf den Wecker, es war bereits halb eins, zog ich mich an und schlich leise die Treppe hinunter. Ich schnappte mir meine Jacke und meinen Schlüssel und verließ eilig das Haus. Ein kurzer Spaziergang an der frischen Luft würde bestimmt helfen.
Doch genau in dem Moment in dem ich das dachte, sah ich einige Häuser weiter eine dunkle Gestalt aus einem Fenster steigen. Sie sah sich kurz um, wobei sie mich anscheinend nicht bemerkte, dann schloss sie vorsichtig das Fenster und ging schnellen Schrittes davon. War das etwa Louis gewesen? Also brach er doch öfter irgendwo ein, oder?
„Hey, bleib stehen!“ machte ich mich bemerkbar. Doch der Einbrecher drehte sich nur kurz um und legte dann einen Sprint ein. „Verdammt!“ Es war nicht meine Absicht gewesen jetzt noch eine Verfolgungsjagd zu starten, trotzdem rannte ich ihm so schnell ich nur konnte hinterher. Ein paar Straßen weiter spürte ich wie mir langsam die Puste ausging, doch ich rannte weiter in der Hoffnung, dass die andere Person schneller schlapp machen würde. Als ich jedoch sah, dass sie den Park ansteuerte verlor ich diese Hoffnung. Im Park war so gut wie kein Licht und ich würde den komplett in schwarz Gekleideten bestimmt aus den Augen verlieren. Das spornte mich an, trotz des Seitenstechens das ich mittlerweile verspürte, noch einen Zahn zuzulegen.
Nur noch ein paar Meter bis ich ihn erreichen würde. Dann streckte ich meinen Arm aus und meine Finger trafen auf weichen Stoff. Fast wäre er mir wieder entglitten, doch dann bekam ich ihn richtig zu fassen und stoppte somit kurz vor dem Eingang zum Park endlich die Verfolgung.
Ich erkannte sofort das es wirklich Louis war, den ich jetzt schon zum zweiten Mal beim Einbrechen erwischt hatte. Auch wenn ich bis zu diesem Augenblick noch gehofft hatte, dass ich mit meinem Verdacht falsch lag.
„Jetzt brauchst du wirklich eine gute Erklärung. So einfach wie letztes Mal lass ich dich nicht abhauen!“ machte ich ihm sofort klar, denn ich erwartete jetzt wirklich ein paar gute Antworten. Eigentlich hatte ich Widerspruch erwartet, doch der Junge vor mir nickte nur. Kurz herrschte Stille zwischen uns, bis Louis sich umdrehte und mit einem leise gemurmelten „Komm“ den Park betrat. Wir liefen nebeneinander her, bis wir eine Bank erreichten, auf die sich Louis fallen lies. Schnell nahm ich neben ihm Platz, doch noch immer brach niemand von uns das Schweigen.
Ich hatte keine Ahnung wie ich ein Gespräch beginnen sollte. Verdammt, sonst hatte ich doch auch keine Probleme damit, doch irgendwie verwirrte mich Louis und mein Kopf fühlte sich wie leer gefegt an.
Überraschenderweise fing Louis aber nach kurzer Zeit von alleine an zu erklären. „Es war vor zwei Jahren, sie hatte einen Autounfall. Es war nicht ihre Schuld. Irgendein Scheißtyp ist ihr betrunken ins Auto gefahren.“ Ich hörte die Wut und Trauer in seiner Stimme und rückte ein Stückchen näher an ihn heran, um ihm meinen Arm um die Schultern zu legen. Kurz verspannte er sich, doch dann atmete er einmal tief durch und fuhr in seiner Erzählung fort.
„Mein Stiefvater kümmert sich seitdem um meine Geschwister und mich. Wir hatten noch nie viel Geld, aber als er dann seinen Job verlor …“ Louis brach ab und ich zog ihn in eine feste Umarmung.
„Ich muss das tun. Es ist für meine Geschwister.“ Alle Unsicherheit war plötzlich aus seiner Stimme verschwunden und er löste sich aus meiner Umarmung. „Und ich muss mich hier auch nicht vor dir rechtfertigen!“ Mit diesen Worten drehte er sich einfach um und ging.
Perplex starrte ich Louis hinterher. Was war das denn gerade? Sein Verhalten verwirrte mich und egal wie lange ich mir den Kopf zerbrach, ich wurde einfach nicht schlau aus ihm.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top