Kapitel 12
Am nächsten Tag in der Schule, konnte ich mich die ersten Stunden bis zur Pause schlecht konzentrieren. Ich wollte unbedingt in der Pause mit Louis sprechen, um ihn nach einem Treffen zu fragen. Ich wollte ihm sein Notizbuch nicht unbedingt in der Schule wieder geben und ihm den Job anbieten erst recht nicht.
Der Unterricht bis zur Pause zog sich viel zu lange. Doch als sie dann endlich anfing, musste ich enttäuscht feststellen, dass Louis bei Zayn und diesem braunhaarigen Mädchen von letztens stand. Ich konnte nicht sagen warum, aber ich fand sie unsympathisch.
„Harry! Kommst du rüber.“ hörte ich auf einmal Nialls Stimme. Ich drehte mich um und sah ihn und Liam an unserem üblichen Platz sitzen. Der Ire redete die ganze Pause lang von einer neuen Serie, aber ich hörte ihm nur mit halbem Ohr zu. Stattdessen beobachtete ich wie sich das Mädchen an Louis ran schmiss. Ihre Schminke war zu grell und ihr Rock unvorteilhaft kurz. Was fand er nur an ihr?
„Harry?“ riss mich Liam aus meinen Gedanken, doch ich gab nur ein abwesendes „Mhm?“ von mir. „Die Pause ist vorbei!“ Verwirrt sah ich auf. Ich hatte die Klingel gar nicht gehört. „Liam hast du nicht gemerkt, dass er beschäftigt war, seinen Loverboy anzustarren?“ machte sich Niall lustig. Ich warf ihm daraufhin nur einen genervten Blick zu, schnappte meine Tasche und ging in die nächste Unterrichtsstunde.
Den ganzen Tag schaffte ich es nicht, mit Louis zu sprechen. Es schien fast so, als würde er mir ausweichen. Deshalb entschied ich mich, als ich wieder zu Hause war, ihm eine Nachricht zu schreiben.
Harry:
Hey hier ist Harry, treffen wir uns heute um 16 Uhr im Park? Ich hab dein Notizbuch.
Nervös wartete ich auf eine Antwort. Was wenn er nicht kommen wollte? Doch, bestimmt würde er das, wenn er sein Buch wieder haben wollte. Gute 10 Minuten musste ich warten, ehe ich eine Antwort erhielt.
Louis: Okay
Nur ein Okay? Mehr nicht? Aber ich war erleichtert, dass er überhaupt zugesagt hatte. Ich sah auf die Uhr und stellte fest, dass ich noch knapp eine halbe Stunde Zeit hatte, bis ich im Park sein musste. Wenn ich mich jetzt schon auf den Weg machte, wäre ich sicher viel zu früh. Da ich aber nicht wusste, was ich sonst tun sollte, verließ ich einige Minuten später mit Louis Notitbuch das Haus.
Obwohl ich mir wirklich Zeit gelassen hatte, war ich 15 Minuten zu früh bei der Bank. Ich setzte mich und sah auf den See. Plötzlich räusperte sich jemand neben mir. Ich war anscheinend wieder einmal so in meine Gedanken versunken, dass ich nicht bemerkt hatte wie sich Louis neben mich setzte.
„Wo ist mein Buch?“ fragte er, jedoch ohne mir ins Gesicht zu sehen. Schweigend hielt ich es ihm hin und als er es nahm, machte er Anstalten, schon wieder zu gehen, doch ich hielt ihn zurück.
„Warte! Ich wollte dich noch etwas fragen.“ Er sah mich nur misstrauisch an, dennoch setzte er sich wieder. Ich wusste nicht genau wie ich anfangen sollte, denn er verunsicherte mich.
„Ich … ähm also … ich habe in das Notizbuch gesehen und …“ Er sah mich wütend an und unterbrach mich mit lauter Stimme „Was fällt dir eigentlich ein in meinen Sachen herum zu schnüffeln?“ Mit diesen Worten drehte er sich um und wollte verschwinden. Schnell griff ich nach seinem Handgelenk, um ihn aufzuhalten. „Ich kann dir helfen einen Job zu finden, dann musst du nicht mehr irgendwo einbrechen.“ schlug ich ihm vor.
„Du checkst es echt nicht, oder? Wenn ich Zeit hätte mich um meine Geschwister zu kümmern und gleichzeitig zu arbeiten, hätte ich das doch schon längst gemacht! Glaubst du, mir macht es Spaß stehlen zu müssen?“ fuhr er mich an und langsam wurde auch ich wütend. Warum war er nur so stur und wollte sich nicht helfen lassen?
„Jetzt hör mir doch nur einmal zu! Ich möchte dir doch bloß helfen!“ wurde ich nun auch lauter. Anscheinend hatte ich ihn damit überrascht, denn er war einen Augenblick still. Das nutzte ich, um schnell weiter zu sprechen. „Meine Mutter hat ein Restaurant und du könntest dort Abends singen. Deine Lieder sind wirklich gut.“
Er sah mich perplex an und schien nicht so recht zu wissen, was er darauf antworten sollte. Also fügte ich schnell hinzu „Du kannst dir selbst die Tage und Zeiten aussuchen, damit du genug Zeit für deine Geschwister hast.“
Auf einmal wirkte er, als wäre alle Wut aus ihm verschwunden. Stattdessen sah er mich jetzt niedergeschlagen an. „Warum bist du nur so nett zu mir, Harry? Ich hab deine Hilfe überhaupt nicht verdient. Das Einzige, was ich gemacht habe, war bei dir einzubrechen und mit dir zu streiten. Eigentlich solltest du mich hassen.“
„Ich hasse dich aber nicht, Louis.“ antwortete ich ruhig, obwohl in meinem Inneren alles andere als Ruhe herrschte. Wie konnte ein so besonderer Junge denken, dass er keine Hilfe verdiente? Nur weil er nicht ganz einfach war, hieß das noch lange nicht, dass ich ihn hassen würde.
„Warum, Harry?“ Die Weise wie er meinen Namen aussprach lies mich erschaudern. So offen und unschuldig, genau das Gegenteil seiner Frage. Es war genau das, was ich seit Tagen versuchte mir selbst zu beantworten und woran ich doch immer wieder gescheitert bin.
Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Ich sah ihn nur stumm an. Mein Blick fiel auf seine Lippen, dann zurück zu seinen Augen. Seinen wunderschönen, strahlend blauen Augen. Sie zogen mich in den Bann und nahmen mir die Kontrolle über meinen Körper. Ich lehnte mich ihm ein Stück entgegen. Unsere Gesichter waren sich so nah, dass ich seinen Atem spüren konnte, doch er wich nicht zurück. Mein Herz schlug schneller, als ich mich das letzte Stück nach vorne beugte und meine Lippen auf seine legte. Meine Augen fielen zu und ich genoss diesen sanften unschuldigen Kuss.
Viel zu schnell lösten wir uns wieder von einander, doch wir waren uns immer noch so verdammt nah. Grün traf auf blau. Ich verlor mich erneut in seinen Augen. Doch plötzlich drehte er sich weg und sah auf den Boden. „Ich muss jetzt gehen.“ Er flüsterte so leise, dass ich es fast nicht verstanden hatte. Ohne ein weiteres Wort stand er auf und ging.
Ein beklemmendes Gefühl machte sich in meiner Brust breit und erschwerte mir das Atmen. Ich sah ihm hinterher, wie er sich immer weiter von mir entfernte und schließlich den Park verließ. Ich starrte noch einige Minuten in die Leere, bis ich mich erhob und den Weg nach Hause einschlug.
Den restlichen Tag verbrachte ich damit, auf meinem Bett zu liegen und Löcher in die Luft zu starren. Alles war so verwirrend. Warum hatte Louis den Kuss erst erwidert, um dann einfach abzuhauen? Warum hatte ich ihn überhaupt geküsst? Konnte es sein, dass ich vielleicht doch mehr für ihn empfand, als ich mir eingestehen wollte? So viele Fragen auf die ich keine Antwort hatte und noch mehr verwirrende Gefühle. Mein Kopf war ein einziges Chaos.
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