47. Ungewöhnliche Trainingseinheit III

Mühsam führte uns Thiago durch den hohen Sand, der unsere Geschwindigkeit ziemlich abbremste. Dies war für den ersten Kilometer unser größtes Problem. Doch dann ergab sich eine neue Schwierigkeit. Durch die Reihenfolge, in die Dunga uns vor dem Loslaufen eingeteilt hat, musste Ney hinter Marcelo laufen. Ney nutzte diese Situation natürlich aus und latschte Marcelo mehrmals, sodass dieser wütend herumfuhr und schrie: "Willst du mich eigentlich verarschen, du kleiner Spasti?!"

"Ist doch dein Problem, wenn du zu langsam läufst", lachte Neymar.

"Du bist doch nur sauer, weil ich und deine Freundin rumgemacht haben", provozierte Marcelo mit einem Grinsen, genau wissend was er tat.

Natürlich erreichte Marcelo genau das, was er wollte und Ney sprang auf seine Provokation an. Er stürmte aggressiv auf Marcelo los und schlug ihn mit seiner rechten Faust in den Bauch. Glücklicherweise lief Dani hinter den beiden und schrie Thiago zu, anzuhalten. Ich verkroch mich nur ganz hinten, während die anderen versuchten, die beiden auseinander zu bringen.

Meine Schuldgefühle überwältigten mich in diesem Moment, da ich wusste, dass dies alles meine Schuld war. Zuerst wurden nur meine Augen wässrig und obwohl ich versuchte, die Tränen krampfhaft zurückzuhalten, gelang es mir nicht. Schon bald flossen sie stumm meine Wange herunter, sodass ich mein Gesicht nur noch mit meinen Händen verdecken konnte, während ich hoffte, dass es keinem auffiel.
Mir war aufgefallen, dass ich seit den letzten Monaten ziemlich nah am Wasser gebaut war und ziemlich schnell weinte. Die letzten Monate war einfach viel zu viel passiert. Angefangen beim Tod meiner Mutter bis hin zum Kuss mit Marcelo.

"Lu, Lu, gehts dir gut?", fragte eine tiefe Stimme.

"Hmm ja ja", murmelte ich abwesend.

"Luna Santos! Verarsch mich nicht!"

Ich zuckte kurz zusammen, mit so einem harschen Ton hätte ich nicht gerechnet. Als ich dann langsam aufblickte, sah ich Hulks besorgtes Gesicht. Durch seinen saueren Ton drehten sich auch die anderen zu uns herum und schauten uns irritiert an. Thiago, der Kaptän und zudem auch der einfühlsamste unter uns war, beugte sich zu mir herunter.

"Luna, ich kann verstehen, dass dir das alles zu viel wird, aber du musst da leider durch. Du musst auch noch das alles mit Marcelo und Ney klären, auch wenn du dem absichtlich aus dem Weg gehst. Auch wenn ich weiß, dass das zu viel verlangt ist und ich dich definitiv verstehen kann, musst du versuchen die Situation zu akzeptieren und dich konzentrieren."

Ich nickte ihm zu, als Zeichen, dass ich es verstanden hatte und versuchen wollte.

Immer wieder versuchte ich, meine Gedanken zu verdrängen und mich auf das Geschehen zu konzentrieren, doch meine Gedanken schlichen sich immer wieder in meinen Hinterkopf und ließen mich grübeln.

"Leute hier ist die erste Station", rief Thiago, als wir ein rotes Fähnchen erreichten. Der Zettel hing an dem Stock.

David Luiz schnappte ihn sich und las uns allen vor:
"Das ist eure erste Station. Viel Spaß. Zuerst müsst ihr euch im Kreis auf den Boden setzen. Dann kommt einer von euch in die Mitte und jeder sagt etwas Positives über ihn, sodass jeder etwas Nettes hört. Hierfür sind 15 Minuten eingeplant. Viel Spaß.
Okay, dann müssen wir uns beeilen, denn wir haben vorher ein paar Minuten verloren."

"Ja, du hast Recht. Am besten fangen wir gleich an", schlug Thiago vor und setzte sich in die Mitte.

Jeder sagte etwas Schönes über ihn. Dann tauschte er mit Júlio den Platz. So ging es dann weiter, bis nur noch ich, Marcelo und Ney dran waren.

Als Marcelo in der Mitte war, sagte ich, dass ich seine Haare mochte und Ney meinte, er seie ein super Fußballer. Dies war ein ziemlich relatives Kompliment, denn wir waren hier in der Nationalmannschaft, die das Land mithilfe der BESTEN SPIELER DES LANDES vertrat. Es waren also nicht irgendwelche Leute sondern erfolgreiche Profis.

Bei mir kamen andauernd Sachen wie dass ich hübsch sei oder super Fußball spielen könnte. Oscar und Marcelo hingegen sagten etwas Tiefgründiges über 'unsere' Vergangenheit. Ney allerdings grübelte schon lange und kam zu dem Schluss, zu sagen, ich sei höflich. Daraufhin erntete er jedoch böse Blicke von den anderen.

Nur noch Ney musste in die Mitte. Er bekam von allen tolle Komplimente, bis auf Marcelo, der nur etwas Nebensächliches sagte.

"Gut Leute. Wir haben es in zwölf Minuten geschafft. Nicht in der gewünschten Zeit, aber trotzdem früher. Es gab nun mal ein paar, die ein wenig zögern mussten", sagte Thiago und schaute zwei bestimmte Männer an, "wir sollten weiter. Also hopp, hopp!"

*~*

Nach ein paar uninteressanten Stationen, die beispielsweise 'Faules Ei' oder Sprintspiele beeinhalten, kamen wir an eine Palme. Dort mussten wir hinaufklettern. Das lustige dabei war, dass Paulinho und Oscar hinuterfielen, weswegen wir fast vor Lachen verreckten.

Dann mussten wir im Seitschritt weiterrennen und kamen an ein Seil, dass etwa eins achtzig vom Boden entfernt war.

Luis Gustavo nahm den beigefügten Zettel und las vor: "Ihr habt die zweitletzte Station erreicht. Hier werdet ihr in den bestimmten Teams eine Person über den Parcours von Seilen tragen, der erste hat gewonnen. Der Erstgenannte wird getragen. Die Teams lauten: Júlio, Dani, Thiago und David. Dann Oscar, Paulinho, Luiz und Hulk. Zum Schluss Luna, Marcelo und Ney."

"Uhhh", ertönte es von hinten," das wird interessant werden." Oh ja, dass würde es definitiv!

Die anderen Teams berieten sich, doch Ney und Marcelo standen nur mit verschränkten Armen da und starrten sich an.

"3, 2, 1", rief Thiago, "los!!"

Ney und Marcelo packten mich und trugen mich buchstäblich auf Händen. Doch durch ihre Unabgesprochenheit fiel ich ziemlich schnell herunter. Der Aufprall aus etwa zwei Metern Höhe war nicht gerade schmerzlos, doch ich wurde sofort angemeckert, dass ich mich nicht so anstellen sollte und wie dumm ich denn wäre, dass ich runterfiele. Dies wiederholte sich ungefähr fünf Mal. Als wir dann mit Abstand als letzte das Ziel erreichten, war mein Körper, und vorallem mein Rücken, mit blauen Flecken übersäht. Hauptsächlich dadurch, dass die beiden mich direkt nach dem Zieleinlauf fallen ließen. Oscar half mir auf, auch wenn ich mich vor lauter Schmerzen kaum noch bewegen konnte.

"Kleine, gehts?"

"Mmh, nicht so. Das war voll die Quälerei. Mit den beiden mach ich das nie wieder, ich schwör es dir, das ist Selbstmord!"

Nickend stimmte er mir zu.

"Bist du heruntergefallen?", fragte ich ihn daraufhin.

"Nein, aber es war knapp. Ey, da ist mein Herz stehen geblieben!"

"Zum Glück fehlt nur noch eine Station."

"Ja, da hast du Recht."

Um zur letzten Station zu gelangen, wurden unsere Füße mit Seilen zusammengebunden. Ich arbeitete mit Hulk und Ney zusammen, die meine Sturmpartner waren. Wir waren das einzige Dreierteam, was bedeutete, dass ich auf den Schultern der beiden sitzen musste. Leider war Hulk etwa 6 cm größer, was für mich bedeutete, dass es ziemlich unbequem war.
Als wir dann bei der letzten Fahne ankamen, verwunderte uns die AUfgabe ziemlich. Sprecht euch aus war das einzige, was auf dem Zettel stand. Ganz toll...

"Also gut. Lasst uns loslegen."

Ich begann: "Ney, es war nicht meine Schuld, dass ich Marcelo geküsst habe. Ich war einfach betrunken, okay? Ich würde das nie machen. Man, ey mich kotzt es an, dass ihr mich wie eine Schlampe behandelt habt, obwohl ich eigentlich gar nichts gemacht habe!"

"Es tut mir Leid Bro, es war keine Absicht man. Ich war einfach komplett dicht und konnte mich nicht mehr kontrollieren. Ich wollte das echt nicht", erklärte nun Marcelo.

"Okay ich verzeihe euch. Aber Luna, aber ich weiß nicht, ob ich so weiter machen. Ich finde wir sollten erst mal eine Pause machen."

"Also willst du Schluss machen?!"

"So kann man es auch formulieren", sagte Ney kalt.

Ich schaute ihn entgeistert an und obwohl ich ihm so viel an den Kopf zu werfen gehabt hätte, bekam ich meinen Mund nicht auf. Deswegen nickte ich nur stumm und versuchte wieder, meine Tränen zurückzuhalten. Nur diesen Mal gelang es mir. Doch um nicht doch noch loszuweinen, drehte ich mich um und rannte den letzten Kilometer zum Startpunkt.

Während ich meine Füße krampfhaft voreinander setzte, drehten sich meine Gedanken komplett um das vorherige Gespräch. Mittlerweile flossen mir auch die Tränen über die Wangen. Das Seitenstechen, welches durch mein Schluchtzen verursacht wurde, wurde immer schlimmer.

Als ich bei Dunga ankam, lief er mir entgegen, als er meine Tränen sah.

"Hattest du Streit mit Ney?"

"Ja", schluchtzte ich.

"Willst du nach Hause?", fragte er fürsorglich, was ich bejahte.

Daraufhin rief er Juan, einen der Helfer, der mich nach Hause fuhr.

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So, das waren jetzt 1391 Wörter Kapitel und insgesamt 1435 Wörter. Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen! Ich habe fast zwei Stunden gebraucht, um es zu schreiben.

Sie haben sich ausgesprochen, aber Ney und Luna sind nicht mehr zusammen. Was sagt ihr dazu?!



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