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C̲̅h̲̅a̲̅n̲̅g̲̅b̲̅i̲̅n̲̅ P̲̅o̲̅v̲̅:

„Heute kommt Felix in mein zu Hause", murmle ich zu mir selbst mit einer Tasse Kakao in der Hand und im Pyjama. Es ist gerade mal 8 Uhr in der Früh, da darf meine morgenmuffelige Seite wohl anwesend sein.

Entspannt lehnt sich mein Oberkörper gegen die Küchentheke, während ich auf die Bilder an der Wand blicke und ein sanftes Lächeln meine Lippen umspielt. Einige von ihnen wurden im Urlaub geschossen und andere einfach so. Gewöhnliche Familienbilder eben.

Ein wenig in Gedanken versunken, gelegentlich am Kakao nippen, klingelt plötzlich mein Handy, welches von mir auf die Theke hinter meinem Rücken geschlittert wurde, somit etwas weiter weggerutscht ist. Wer zum Teufel ruft mich so früh am Morgen an und das an einem Samstag? Wahrscheinlich meine Eltern oder fremde Leute, die einem Werbung andrehen wollen.

„Ich kaufe nichts", sind die ersten Worte meinerseits, da manchmal Spamcalls auftauchen, was leider eine schlechte Eigenschaft des Internets ist. „Dir auch einen guten Morgen", erwidert Chan, während ein Lachen ertönt. Das kann jedoch unmöglich seines sein.

Mehr als verwirrt lasse ich das Gerät kurz sinken, nachdem mein Kopf sich bereits darauf gefasst macht, welches Geschehen als nächstes auf mich zukommt. „Wieso muss das Drama-Lama dabei sein? Er geht schließlich nicht mal auf unsere Schule und kennt Felix kein bisschen", wirft Minho seine Meinung in die Runde. Kurz versteife ich mich unterbewusst, sobald meine Ohren den Namen des Größeren hören. „Ich bin überall, wo es Drama gibt, also halt die Schnauze, Min", witzelt Hyunjin. „Bring mich doch dazu", erwidert dieser nur, wobei Chan tief seufzt. „Ich bin mir sicher, Jisung wird mir dabei helfen", schießt der Jüngste zurück, bis ich mich zu Wort melde: „Was zum Geier ist los mit euch? Es ist 8:15 in der Früh und ihr wollt ausgerechnet jetzt telefonieren?" „Uns war halt langweilig. Noch dazu hast du abgehoben, also selbst schuld", spricht Minho verschmitzt in den Lautsprecher. Mittlerweile liegt mein Handy auf der Küchenfläche, mit den Laufsprecher an, da mir das Halten auf Dauer zu nervig wurde.

„Du hast erzählt, Felix würde zu dir kommen?", will Chan sich versichern. „Ja, für eine Präsentation in Biologie. Ich hoffe, er reißt mir nicht den Kopf ab, den brauche ich nämlich noch", antworte ich dem Älteren belustigt. „Du kannst uns trotzdem anrufen, falls er Scheiße baut. Aber jetzt zurück zum eigentlichen Thema", beginnt der Schwarzhaarige, während das Verhalten der anderen zwei einer Maus gleich, so leise wie die sind. „Ich muss euch etwas mitteilen", fügt Chan hinzu. „Mensch, soll ich dir alles aus der Nase zeihen oder am besten noch Gedanken lesen?", regt sich der Zweitälteste auf, was Hyunjin nur lachen lässt. „Jetzt bin ich aber auch ganz Ohr. Plus, ich habe noch Kakao in meiner Tasse", freue ich mich bereits über die Neuigkeiten. „Na dann kann es losgehen. Spill the tea, bestie", raschelt es bei dem Maknae der Gruppe. Wahrscheinlich hat er sich dazu entschlossen, aufzustehen. Er war noch nie eine Morgenperson, weder in der Unterstufe, als ich ihn kennenlernte, noch jetzt. Ich bin normalerwiese so um 9 bis 10 Uhr in der Früh erst ansprechbar, davor ist mein Gehirn alles andere als aufnahmefähig, jedoch bekomme ich heute Besuch und da muss ich mich noch frisch machen.

„Also, da ihr meine besten Freunde seid-" „Das möchte ich ja mal schwer hoffen", wirft Min kurz ein. Chan scheint diesen Kommentar jedoch geschickt zu ignorieren und spricht weiter: „Ich wollte euch wissen lassen, dass ich seit gestern kein Single mehr bin", berichtet uns der Schwarzhaarige, bevor es einige Sekunden totenstill ist. „Herzlichen Glückwunsch", singen Hyunjin, Minho und ich wie im Chor. „Der Musiklehrer wäre stolz auf uns", prahlt der Größte selbstbewusst und stolz. „Warte...das bedeutet doch, dass ich ab sofort der einzige Single unter uns bin. So eine bodenlose Frechheit", beschwere ich mich gespielt beleidigt. „Oh nein, unser Binnie ist eingeschnappt. Wie konntest du ihm das nur antun, Chan?", atmet der Jüngste überdramatisch nach Luft. „Er kann es doch bei Felix probieren. Mit deinem Aussehen und Charakter schaffst du es sicher, ihn, um den Finger zu wickeln", schlägt der Zeitälteste vor. „Ja genau. Am besten drücke ich ihm noch ein Messer in die Hand, damit ich auf der Stelle die Radieschen von unten zählen kann. Ehrlich, ausgezeichneter Vorschlag, Mister Superschlau", erwidert meine sarkastische Stimme.

——

Am Han River stehend genieße ich glücklich die Aussicht. Der Wetterbericht sagt zwar, es solle später zu regnen beginnen, dafür speichert sich mein Kopf jetzt die Aussicht ab, während ich auf meinen Projektpartner warte und mir Minhos Worte noch einmal durch den Kopf gehen lasse. Was meint er damit, ich könne etwas mit dem Jüngeren anfangen? Was gibt es da anzufangen, wenn es so unrealistisch scheint? Ich meine, schlecht sieht er wirklich nicht aus, aber eine Beziehung würde niemals funktionieren, weil mir der Dunkelbraunhaarige keine Anzeichen von Vertrauen aufzuweisen scheint. Ich mache einfach die Arbeit mit ihm und gut ist. Danach sollte sich das auch klären und ich habe somit nichts mehr mit ihm zu tun, was ich unterbewusst schade finde, aber so ist es nun mal. Chancen auf Freunde kommen und gehen, das ist das Leben eben.

„Ich hätte keinesfalls damit gerechnet, dich heute überhaupt zu sehen", kommentiere ich die Verspätung meines neuen Gegenübers, bevor dieser seine Augen nach hinten rollt. „Können wir los? Ich will nicht länger bei dir bleiben, als ich muss." „Wow, ich fliege gleich vor Freundlichkeit auf die Knie", findet mein Gehirn den passenden Konter. „Warte, ich lache gleich", erwidert mein Besucher kalt.

Na, das kann ja was werden.

Mit überschwänglich viel Motivation wegen der, vor Sympathie triefender, Begrüßung öffne ich die Tür sehr freundlich, um meinen Gast mit Freudensprüngen in mein zu Hause einzuladen. Hoffentlich merkt man die Ironie dabei.

Als wir uns an die Aufgabe machen, fällt kein einziger Laut. Was gibt es denn schon großartig zu besprechen? Er macht seinen Teil und ich meinen. Trotzdem würde ich gerne mit jemanden über Gott und die Welt quatschen, dafür scheint mein Gast jedoch der Falsche zu sein. Was mache ich jetzt? Bei meinen Freunden existiert das Wort „Langeweile" kein bisschen, weil wir so gut wie immer ein Thema finden, jedoch belegt eine mehr als erdrückende, gespannte und unangenehme Atmosphäre den Raum.

„Ich gehe mir etwas zu trinken machen. Willst du auch ein Glas?", bitte ich um die Aufmerksamkeit des Dunkelbraunhaarigen. „Wenn du Alkohol meinst, dann ja. Anders hält man dich auch nicht aus", drückt er wiedermal einen seiner typischen Sprüche in einem ablehnenden Ton, woraufhin mein Körper sich an den Türrahmen anlehnt, nachdem ich mich dorthin gestellt habe. „Ach, egal. Falls du deine Meinung änderst, ich befinde mich in der Küche", verschwinde ich somit aus meinem Zimmer.

In der Küche angekommen, lasse ich mich auf dem Boden nieder und benutze den Backofen als Rückenstütze. Ich weiß mittlerweile nicht mehr, welche Emotionen ich überhaupt noch fühle. Einerseits macht sich Enttäuschung, Wut und Frustration breit, andererseits redet sich mein Kopf selbst ein, dass die Hoffnung zuletzt stirbt.

In meiner Not rufe ich, ohne weiter zu überlegen, meine drei besten Freunde an. Nachdem endlich alle zuhören, teile ich meine Gefühle aufgeregt mit. „Wer denkt er bitte, wer er ist? Ich will diese Spielchen nicht mehr. Versteht mich nicht falsch, mein Level an Toleranz ist hoch, aber es reicht keines Falls in die Unendlichkeit und gefallen lasse ich mir ebenso nicht alles. Ist es wirklich so cool, einen auf Kaltherzig zu machen?", schimpfe ich genervt in das Handy. „Bin, du weißt nicht, was ihm passiert ist. Du hast selbst gelitten. Der Schulstress hat dich ebenso belastet", bringt Chan einen Teil meiner Vergangenheit hoch. „Ich weiß. Ohne euch wäre es um einiges schlimmer gewesen. Ich hasse immer noch diese Erinnerungen an mein früheres Ich", raufen sich meine Hände in mein Haar.

„Aber was mache ich? Zum Glück ist er um 18 Uhr wieder weg", bitte ich um Rat, da man in der Gruppe besser denken und Ideen entwickeln kann. „Das sind noch drei Stunden. Hältst du das aus?", spricht ein besorgter Hyunjin. „Jaja, sollte gehen. Habt ihr auf längere Zeit einen Einfall?" „Nicht konkret. Kommunikation kann ich dir jedoch ans Herz legen", denkt der Zeitälteste angestrengt nach. „Okay, dann danke für eure Hilfe und ich melde mich danach", verabschieden wir uns voneinander, ehe ich tief durchatme und mit einem Glas Wasser mein Zimmer betrete, in welchem Felix das Projekt macht.

——

Nach langer Zeit und viel Konzentration sind wir fertig geworden, haben den Text kurz besprochen und packen nun alles zusammen. „Ich verschwinde dann mal", wirft sich Felix seine Tasche auf den Rücken. „Oh nein. Ich muss noch etwas mit dir besprechen", halte ich den Jüngeren auf, indem mein Körper ihm den Weg im Flur versperrt. „Gehe mir aus dem Weg, Changbin", befiehlt er mir mit einer bedrohlichen Stimmlage, zumindest ist es ein Versuch.

„Ich lasse mir von dir keine Befehle geben. Du bist seit der ersten Sekunde so beschissen zu mir. Ehrlich, was habe ich dir getan? Lasse deine Frustration, Unzufriedenheit oder was auch immer du tief in dir hast, nicht an mir aus. Ich kann absolut nichts dafür und dir steht es definitiv nicht zu, mich hier so scheiße anzumachen. Ich bin zwar tolerant, aber alles hat seine Grenzen", stoppe ich ihn leicht genervt.

Währenddessen starrt der Größere in meine Augen. Wie ich sehen kann, hat das eben gesagte von mir doch eine Wirkung ausgelöst, denn jetzt ist es sprachlos.

„Du kennst mich kein bisschen", zischt mein Gegenüber. „Dann lasse mich dich kennenlernen", erwidere ich, weswegen seine Augen sich verengen. „Genau. Als würde ich das je freiwillig machen wollen. Ehrlich, wie kitschig willst du noch sein? Ist das hier irgendeine Lovestory? Wo sind die Kameras?", lacht er kurz unecht und trocken auf, während sein Gesichtsausdruck sich zu verdunkeln scheint.

„Was muss ich tun, damit du aufhörst so beschissen mit mir umzugehen?", will ich nach ein paar Minuten der erdrückenden Stille wissen.
„Verschwinde aus meinen Augen. Ich habe keine Lust, dass du mich kennenlernst", spuckt er mir diese Worte in mein Gesicht, drängt sich neben mir durch.

„Warte! Wir sind noch nicht fertig!", rufe ich dem Jüngeren hinterher. Wenn ich ihn jetzt gehen lasse, wird das nie etwas. Die Hoffnung stirbt doch zuletzt, oder?

Unten angekommen, erblicke ich, wie Felix bereits seine Schuhe trägt und die Tür öffnet. „Felix-", greift meine Hand nach seinem Oberarm, um ihn zum Anhalten zu bringen.

„Scheiße", flucht er und in dem Moment bemerke ich es auch. Es regnet. Nein, es schüttet wie aus Eimern.

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Hello, hello. Wie geht's? Wie war eure Woche?

Das Kapitel war wieder etwas länger xD

Have a wonderful day and night!

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