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Es ist nun zwei Tage her, seit ich Luca das letzte Mal gesehen habe.  Zwei verdammte Tage und mein Körper fühlt sich an, als man hätte man ihm alle lebenswichtigen Organe herausgerissen, um sie anschliessend an beliebigen Stellen wieder hineinzustopfen. Gedankenverloren lehne ich das Fahrrad, das Josy mir geliehen hat, an die Wand des Tierheims.  Hundegebell dringt aus den Zwingern und lässt das Stechen in meinem verirrten Herzen erneut auflodern. Heute ist Luckies letzter Tag. Morgen wird er sterben. Ich schlucke heftig gegen den Schmerz an, der sich in Entsetzten verwandelt, als ich Luckies leeren Zwinger erblicke. Sofort sickert die Erkenntnis kalt wie Gift in meinen Verstand und hinterlässt weitere Risse in meiner Seele. Er ist tot. Diesmal wird Audra keine tröstliche Erklärung für seinen leeren Zwinger haben. 

Auf tauben Beinen mache ich kehrt und schleiche Richtung Aufenthaltsraum.Dort angekommen entfährt mir ein spitzer Schrei. Abrupt schlage ich mir die Hand vor den Mund. 

„Ich liebe dich Luna. Und deswegen..." Das hier kann nur ein Trugbild sein. „Luca, was tust du hier?" Mein Blick schweift zu Lucky, der brav hechelnd zu Lucas Füßen sitzt. Um seinen Hals prangt eine fette rote Schleife. 

„Lass mich bitte ausreden, Luna." Seine blauen Iriden glitzern verräterisch.

„Die Wahrheit ist , du bist mehr ich selbst als ich es bin, Luna. Und genau deswegen kannst du mich nicht mehr ansehen. Du siehst dich selbst in mir, so wie ich mich von Anfang an in dir gesehen habe." Er räuspert sich und ein Hauch Röte kriecht unter seine Haut. "Vorgestern, am Krankenhaus, wollte ich so sehr, dass du mich ansiehst. Und hättest du es getan, hätte ich dir gesagt, dass ich Lucky adoptiert habe. Audra hat mir erzählt das er eingeschläfert werden soll. Und daraufhin habe ich heimlich alles in die Wege geleitet, um ihn zu retten. Weil ich dich liebe Luna. Und weil...weil ich dich verdammt nochmal glücklich sehen will.Und weil ich deine Hand halten will, egal wer zusieht. Es war ein Fehler sie loszulassen, bevor wir die Redaktion betreten haben. Und es war ein Fehler Jason zu verprügeln, weil doch in Wahrheit ich der Schuldige bin. Ich war zu feige, zu meinen Gefühlen zu stehen. Ich habe viele Fehler gemacht, und ich werde noch viele Weitere machen, doch ich möchte mit dir gemeinsam daraus lernen. Du bist die Einzige, die unter die perfekte Oberfläche blicken kann, und du bist auch die Einzige, der ich dies jemals gestatten werde."

Hastig wische ich mir die Träne von der Wange. „Du hast meine Sturmhöhe Rezension gelesen."

Mit einem Nicken kommt er auf mich zu.

„Darf ich dich in den Arm nehmen?"

Ohne meine Antwort abzuwarten, schlingt er die Arme um mich. Sofort regiert mein Körper auf den vertrauten Geruch, und die Organe rutschen wieder an ihren Platz. Allen voran das Herz, das nun freudig hüpft.

„Perfekte Oberfläche...Du bist so arrogant, Luca Blackwater" nuschle ich. Leise gluckst er in mein Haar. „Das hat dir doch von Anfang an imponiert."

Zögernd löst er sich von mir und deutet mit dem Kinn auf Lucky, dessen Hecheln den ganzen Raum erfüllt. Ungeduldig schiebt er seinen kleinen Hundehintern hin und her. 

Ist ja gut. Ich ziehe die Tüte mit den Leckerlies aus meiner Tasche, gehe neben ihm in die Hocke und kichere leise, als seine raue Zunge über meine Hand gleitet um ja keinen Krümel zu verpassen. Luca kniet neben mir, zaust Luckies Fell und haucht mir einen Kuss auf die Wange.

"Gehen wir?"

Blinzelnd hebe ich den Kopf. Das hier kann nur ein Traum sein. Doch als Luca seine Lippen auf Meine legt, ist das Gefühl der Einheit, welches uns von Anfang an miteinander verbunden hat, spürbarer als jemals zuvor. 

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Luca

Abschätzig sieht die Verlagschefin  mich über den Rand ihrer Vintage Brille an, die perfekt zu dem roten Pradakostüm passt.

„Ihr Vorgänger ist zur New York Times gewechselt."

Arrogant recke ich das Kinn in die Höhe. „Ist mir bekannt. Es geschah der Liebe wegen."

Sie legt den Kopf schief und setzt ein kokettes Lächeln auf. „Sie wissen genau, dass ich Ihnen den Job als Chefredakteur geben werde, oder?"

„Natürlich. Ich deute auf die Mappe mit meinen Zeugnissen. Sie wären dumm, wenn sie sich für jemand anderen entscheiden würden."

Immer noch lächelnd verschränkt sie die Arme vor der Brust.

„Erstklassige Noten, Football Crack, Stipendiant...hat Luca Blackwater auch sowas wie eine dunkle Seite?"

Sekundenlang lasse ich meinen Blick zu der riesigen Glasfront hinter ihr schweifen. 

„ Die dunkle Seite ist genauso Teil Meiner selbst wie das Licht, dass jeden Tag mit der Dunkelheit endet. Sie ist eine verlässliche Konstante inmitten von Unbeständigekiten. Und sie hilft mir jeden Tag aufs Neue mein Bestes zu geben."

Ein Seufzer erschüttert ihre bis oben hin zugeknöpfte Brust.

„Sie sind vergeben. Ich wußte es."

„Ja das bin ich, und zwar sowas von."

 F**ck, ich grinse wie ein Vollidot. Und Mann, ich liebe dieses Gefühl.

Sie zupft sich eine Fluse von ihrem perfekt sitzenden Blazer und streckt mir die Hand hin.„Gratuliere, Mr. Blackwater. Sie haben den Job."


„Und?" In wehendem Kleid steht Luna steht vor dem riesigen Gebäudekomplex. Sie trägt ihr langes hellbraunes Haar offen. Einzelne Sommersprossen leuchten in der Nachmittagssonne. Lucky, der die Großstadt nicht gewöhnt ist, blickt sich pausenlos um. Als er mich sieht ,springt er mich freudig an. Das Winseln hinter seinem Maulkorb klingt nach erstickten Tränen.

„Sie hat sofort erkannt das ich der richtige für den Job bin." 

Augenblicklich verdüstert sich Lunas Miene.

„Sie?"

„Ich liebe nur dich Luna." Sehnsüchtig ziehe ich sie an mich und atme tief ihren herrlichen Duft ein. „Hmm, wie soll ich das nur aushalten, jeden Tag neun Stunden ohne dich?" Sie antwortet mit einem leisen Seufzer, bevor wir Hand in Hand zum Auto gehen. 

Wie selbstverständlich fahren wir zu mir. Obwohl, eigentlich ist es nicht mehr nur meine, sondern unsere gemeinsame Wohnung. Ich kann es kaum erwarten, bis Luna ihre letzten Sachen zu mir bringt und ihr Mietvertrag endlich ausgelaufen ist.

Vier Wochen geht das jetzt so. Ich hole Luna von der Arbeit ab und wir essen zusammen in einem gemütlichen Diner , in dem auch Lucky willkommen ist und fahren danach zu mir. Die letzten Wochen habe ich im Home Office verbracht, während Luna jetzt offiziell Literaturkritikerin beim Hazelwood Chronicle ist.Es hat all meine Überredungskunst gebraucht, sie davon zu überzeugen, dass es das Beste ist, wenn ich derjenige bin, der seinen alten Job aufgibt. Es war längst an der Zeit, dass ich mir was Neues suche. Somit sind vom alten Team nur noch Luna und Johanna übrig. Meinen Job als Chefredakteur wird in ein paar Tagen eine nette Dame jenseits der Fünfzig übernehmen, sie hat mir versprochen, Luna komplett freie Hand zu lassen.  

„Endlich zuhause." Luna leint Lucky ab und lässt sich auf das Sofa plumpsen.Das Wort "Zuhause" zaubert das idiotische Grinsen zurück auf mein Gesicht. Das Grinsen wird zu einem Lachen, als ich als ich Lucky zusehe, wie er zum Napf tapert und dort seine Schweinenase  auf Futtersuche schickt. Kopfschüttelnd nehme ich eine Hundefutterkonserve aus dem Schrank.

„Derek holt Lucky morgen etwas später ab," erkläre ich, während ich auf Mundatmung umstelle und sein Spezialfutter in den Napf schaufele.

Derek ist unser Hundesitter. Im Wechsel mit Audra kommt er jeden Tag wenn wir arbeiten, um Lucky ein bisschen zu bespaßen und ihn auszuführen."

„Okay," entgegnet Luna knapp, und beobachtet mich mit einem verträumten Ausdruck auf dem Gesicht. Sie scheint mit den Gedanken woanders zu sein und woran auch immer sie gerade denkt, es bringt ihr wunderschönes Gesicht zum Strahlen.

Sofort spüre ich wieder diese Sehnsucht danach, ihr so nahe zu sein wie es eben geht. Doch ich bin nach wie vor entschlossen, ihr keinerlei Druck zu machen und deute auf den Fernseher. „Sollen wir noch was...gu...gucken...?" 

„Ähh...Schatz was machst du da? Mit einer Mischung aus Faszination und Überraschung beobachte ich, wie Luna sich urplötzlich das Kleid über den Kopf zieht. F**ck, was hat sie da für Unterwäsche an? 


Luna

Luca steht vor dem Sofa . Ganz langsam streicht sein Blick über meinen Körper und verharrt fragend auf meinem Gesicht.

„Schatz, du weißt das ich nichts überstürzen will, aber..."seine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern. „Du machst es mir damit jetzt gerade schwerer als je zuvor."

Das Kleid gleitet zu Boden und ich drehe mich auf die Seite. „Das ist Absicht, Luca."

Zögernd kommt er auf mich zu. „Bist...bist du dir sicher?" 

Er setzt sich auf die Sofakante . Sanft lässt er seine Fingerspitzen über meine Taille gleiten und hinterlässt dort eine Welle aus Hitze, die sich überall in mir ausbreitet.

Meine Hände wandern zu den Knöpfen seines Hemdes. Er seufzt leise, als ich es Knopf für Knopf öffne und von seinen Schultern streife. 

"Luna...ich muß hören, wie du mir klar und deutlich sagst, dass du es willst," wispert er mit rauer Stimme.

Ich sehe tief in seine Augen, die dunkel vor Verlangen auf meinem Gesicht ruhen. „Ich möchte mit dir schlafen Luca."Und dann gibt es keine Worte mehr. Mit einem Satz hebt er mich auf seine Arme um mich ins Schlafzimmer zu tragen.

1461 Wörter



                                                                            Ende  😭




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