Kapitel 12

*Warnung: Eine kleine Szene hier fällt unter 'Graphic Depictions Of Violence'. Gut, mehr als in der bisherigen Story. Wer also schwache Nerven hat, der sollte ein wenig vorsichtig beim Lesen sein.*

***

27.09.

03:39 Uhr

„Du fängst aber nicht ohne mich eine Schlägerei an, oder?" Eine tiefe und viel zu selbstsichere Stimme drang an Zayns Ohren. Er brauchte einige Sekunden um zu realisieren, dass diese Stimme nicht von dem Schläger kam, den er gerade im Schwitzkasten hatte. Eine Gestalt schob sich in sein Blickfeld. Lockige Haare, gefolgt von einem schiefen Grinsen mit einer Pistole in der Hand, die nach oben zur Decke gerichtet war. Dort konnte er jetzt ein Loch erkennen aus dem der Putz nach unten rieselte.

„Harry!" Die schiere Erleichterung in Zayns Stimme war nicht zu überhören. Er zitterte. Vor Wut, vor Angst und mit einem winzigen Hauch Hoffnung. Er war nicht mehr alleine.

„Was steh ihr da so dumm?!" Die Stimme des Mannes, der vor wenigen Minuten noch so überheblich durch ihr ehemaliges Hauptquartier spaziert war, überschlug sich jetzt beinahe. „Setzt sie neben den Blondschopf. Vielleicht erzählen die uns was."
Zayn ließ von dem Schläger in seinen Händen ab, als dieser gerade bewusstlos zu Boden sank. Die Worte seines Gegners drangen ganz langsam zu ihm durch. 'Vielleicht erzählen die uns was.' Niall hatte nicht geredet. Er wäre lieber gestorben, als dass er ihn oder irgendjemanden seiner Gang verraten hätte. Er wäre gestorben.

Zayn blickte zu Harry, der neben ihm Stellung bezogen hatte und ihm gerade eine seiner Pistolen reichte. „Los doch." Der Lockenkopf grinste herausfordernd, richtete seine eigene Waffe nach vorne und schoss ohne jegliche Vorwarnung. Alles versank in Chaos. In Schüssen und Schreien. Bewegungen wurden zu Schemen. Doch Zayns Kopf war klar und leer. So konnte er funktionieren. Das war sein Leben.

Er bewegte sich einfach weiter in den Raum hinein, stieß Männer aus dem Weg die ihn bremsen wollten, sparte keine Kugel. Harry hielt ihm den Rücken frei und er kümmerte sich um die Leute, die Harry zu nahe kamen. Mit einer Pistole in der Hand standen seine Chancen deutlich besser. Er trat nach einem Mann, der ihm den Arm auf den Rücken drehen wollte. Verfehlte ihn und stolperte. Stieß gegen einen der Tische. Gerade als er sich gefangen hatte stürzte sich der Mann auf ihn und drückte ihn weiter gegen das Möbelstück. Die Tischkante bohrte sich in seine Seite und er schnappte nach Luft. Schmerz wallte heiß durch seinen Körper. Er biss die Zähne zusammen, fasste seine Pistole fest und schlug mit dem Griff nach seinem Angreifer. Ein zweiter Mann rannte auf sie zu, wollte ihm seine Waffe entreißen. Er schoss. Ein schmerzerfülltes Jaulen drang an sein Ohr. Er schoss noch einmal. Das Jaulen hörte auf.

Am anderen Ende des Raumes erkannte er Harry, der seine Faust gerade im Gesicht seines  Angreifers vergrub, ehe er ihm zu Hilfe eilte. Zayn riss instinktiv seine Ellenbogen nach oben. Der Mann, der sich gerade eben zu Harry umdrehen wollte sah seine Bewegung nicht kommen. Zayn traf sein Kinn mit voller Wucht und konnte beinahe wie in Zeitlupe zusehen, als der Kopf des Mannes nach hinten knickte. Ein gezielter Schlag seiner Pistole gab ihm den Rest und mit einem beinahe genervten Stöhnen ging auch dieser letzte Schläger zu Boden.

Und plötzlich war es still. Nur das leise Surren der Neonröhren über ihren Köpfen war zu hören. Und ein leises Lachen. Abrupt drehten sie ihre Köpfe in die Richtung aus der das Geräusch kam und schon wieder hatte Zayn das Gefühl, er würde den Boden unter seinen Füßen verlieren.
Dort kniete sein Entführer, immer noch unversehrt und mit einer kleinen glänzenden Klinge in der Hand. Eine Klinge, die er so an Nialls Kehle gepresst hielt, dass eine winzige Bewegung ausreichte, um sie komplett in seine Haut zu bohren. Zayn war sich sicher, dass dieser Mann das am liebsten sofort getan hätte.

„Eine falsche Bewegung und euer Freund hier ist tot."
Zayn presste seine Lippen aufeinander. Sein Körper hatte sich verkrampft, seine Hand zitterte, so fest klammerte er sich an die Pistole in seiner Hand. Tränen stiegen in seine Augen. Vor Wut und Verzweiflung. Vor Angst. Und vom Schmerz eines brechenden Herzens. Er würde nicht die Kontrolle verlieren.

„Ich hab' genug von euch!", spie ihnen der immer noch Unbekannte entgegen. „Ihr seid der größte Abschaum, den diese Stadt zu bieten hat. Und ich werde jeden einzelnen von euch auftreiben und in den wohlverdienten Tod schicken. Mit jedem wird es grausamer werden und am Ende, Malik, am Ende wirst nur du übrig bleiben und dir wünschen, du wärst nie geboren!"

Harry bewegte sich, wollte eine Hand heben, doch so weit kam er gar nicht. Der Mann vor ihnen presste als Antwort die Klinge ein winziges Bisschen tiefer in Nialls Hals und ein dünner Streifen rot wurde sichtbar. Ein Tropfen Blut rann die Klinge nach unten und fiel grauenvoll langsam auf Nialls ohnehin schon ruiniertes Shirt. Ein winziger Teil von Zayns Unterbewusstsein dankte welchen Mächten auch immer, dass Niall das nicht in wachem Zustand durchleben musste.

„Mit dem hier fange ich an", brüllte der Mann erneut. Eine Ader an seiner Schläfe trat hervor, sein Gesicht wurde zunehmend verbissener. Welche Wut er in sich tragen musste. Zayn war dabei, seinen Mund zu öffnen. Irgendetwas musste er tun. Er würde sich für den Rest seines miserablen Lebens nicht verzeihen können, wenn Niall...

Ein Schuss durchschnitt seine Gedanken. Donnernd laut. Niemand rührte sich und es dauerte einen langen Moment, bis Zayn verstand, was gerade passiert war. Das Messer rutschte ganz langsam aus der Hand des Mannes, fiel klirrend zu Boden kurz bevor auch sein lebloser Körper auf den hölzernen Dielen aufschlug. Blut und Gehirnmasse spritzten über den Boden, rannen aus der Einschusswunde an seiner Schläfe, über sein Gesicht bis in die Spalten der Bretter unter ihm und versickerten dort als klebriges Gemisch. Seine kalten, leblosen Augen starrten ins Nichts, vorbei an Zayn und Harry in die Unendlichkeit des Todes, der ihn in dieser Sekunde zu sich geholt hatte.

„Wie lange wolltet ihr den denn noch reden lassen?", drang plötzlich eine Stimme vom Eingang an ihre Ohren. Harry und Zayn wirbelten herum. Doch dort stand nur Louis. Alleine. Eine Pistole in der ruhigen ausgestreckten Hand. Keine Emotion zierte sein Gesicht.

*

27.09.

03:45 Uhr

„Lou, scheiße", stieß Harry hervor. Für eine Sekunde hätte man meinen können, dass er noch nie eine Leiche vor sich gehabt hatte. Wenn man allerdings berücksichtigte, dass er eigentlich immer da war, wo auch Louis war, hatte er mit Sicherheit schon mehr Tote gesehen, als die meisten anderen der Gang. Dennoch war das kein Anblick an den man sich gewöhnen konnte – oder besser sollte.

„Lieber er oder Niall? Kommt schon." Louis steckte seine Waffe in seinen Hosenbund und ging auf Niall zu. Erst jetzt schien Zayns Gehirn wieder zu funktionieren. Er löste sich aus seiner starren Haltung und war in wenigen Schritten neben ihm. Er kniete sich vor dem Stuhl auf den Boden und hob ganz sachte Nialls Kopf an. Die Nackenschmerzen, die er unweigerlich von dieser Position bekommen würde, waren wahrscheinlich sein geringstes Übel. Zayn musterte ihn. Sein Gesicht glich einer Farbpalette. Seine Haut war an vielen Stellen bläulich verfärbt, aufgerissen und blutig und allein bei diesem flüchtigen Blick erkannte Zayn Wunden die definitiv genäht werden mussten. Was hatte er noch alles erleiden müssen? Hatten sie ihm etwas gebrochen? Was war mit inneren Verletzungen? Niall musste in ein Krankenhaus. So sehr ihn der Gedanke quälte. Jemand könnte sie erkennen, für alle Ewigkeiten wegsperren. Doch Niall würde überleben. Oder würden sie ihn überhaupt retten? Es war ein Risiko, das er eingehen musste. Vielleicht konnte er ja noch seinen alten Kontakt im St. Benedicts Hospital erreichen.

„Wie sieht's aus?", fragte Harry, der gerade dabei war, Nialls Handgelenke von den Fesseln zu befreien.
„Könnte besser sein", antwortete Louis, bevor Zayn seine Stimme wieder gefunden hatte.
„Wird er wieder?"
„Das hängt davon ab wie schnell wir ihn von hier wegschaffen können", konterte Zayn. „Erinnert ihr euch an Ann?"
„St. Benedicts?", fragte Louis. Zayn nickte. „Wird erledigt. Li, du hast zugehört? Alles klar."
„Li?" Zayn sah sich um, konnte ihren Scharfschützen aber nirgends entdecken. Meistens war das ein gutes Zeichen. Louis tippte sich ans Ohr und erst jetzt bemerkte Zayn das kleine durchsichtige Gerät, das dort völlig unscheinbar seinen Zweck erfüllte.
„Liam sagt ‚Hallo'. Er und Sof kümmern sich drum."
„Gut." Zu einer längeren Antwort war Zayn nicht fähig. „Lasst uns verschwinden." 

Er blickte wieder zu Niall, der immer noch wie ein Häufchen Elend vor ihnen saß, die Augen geschlossen hatte und erschreckend flach und kaum hörbar ein und aus atmete. Er stand auf, legte einen von Nialls Armen um seine Schultern und schob dann seine Arme unter Nialls Rücken und Beine und hob ihn hoch. Ohne einen Mucks von seinen beiden Kollegen zu hören schritt er auf die Tür zu. Er konnte die Blicke der beiden in seinem Rücken spüren, hatte in diesem Moment jedoch unzählige andere Gedanken, die ihn davon ablenkten. Louis überholte ihn und spähte nach draußen in den Gang. Harry hinter ihm hatte wieder seine Pistole gezogen. Beinahe erwartete Zayn von Kugeln durchlöchert zu werden, sobald die Tür auch nur einen Spalt breit aufgeschoben wurde, aber es blieb still. Viel zu still, wenn man ihn fragte. Aber vielleicht – vielleicht – würde jetzt doch endlich irgendetwas gut werden.

***

Wenn man dagegen die Geistesblitze der Autorin betrachtet - die immer dann auftreten, wenn sie sich in der Arbeit gerade mit *nervigen* Kunden rumärgern muss und am liebsten nichtnett wäre - will ich meinen Charakteren keine zu großen Hoffnungen machen.
Aber das müssen sie ja nicht wissen.

Nach ein paar vielen Stunden und Tagen (und Wochen) und viel zu wenig Motivation mit viel zu vielen Ideen, kann ich jetzt endlich mit Kapitel 12 dienen. Ich lege die entsprechende Bewertung mit Sternchen und Kommis in eure fähigen Hände - und Finger. 

Und hier am Ende muss ich doch nochmal Danke sagen. An AndiLovesZiall dafür, dass sie existiert und mit mir in Berlin zusammen herausgefunden hat, dass wir beide gleich dumm sind. Und an sie und ConniKiss und joschele_13, die mein erstes Konzert überhaupt - ein f*cking Louis Tomlinson Konzert! - zu einer der besten Erinnerungen meines Lebens gemacht haben.

Das hier hat jetzt kein bisschen zum oberen Absatz gepasst. Aber das ist mir gerade egal. Ich hoffe, man sieht sich in den nächsten Kapiteln. Bis dahin, passt auf euch auf. Und auf andere. So gut es geht.

xxx

~moontosun~

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