COREY - Kapitel 63

Während ich in den Spiegel schaue und mir mit dem vormals in Plastik eingeschweißten Einmalrasierer den Drei-Tage-Bart aus dem Gesicht kratze, muss ich mir eingestehen, dass ich mich daneben benommen habe. Und zwar übelst.

Cat hätte alles Recht der Welt sauer auf mich zu sein. Vermutlich liegt Mum völlig richtig mit der Annahme, meine Freundin sei früher ein Einhorn gewesen. Meine Freundin. Bei diesem Wort hatte ich früher sofort Meghans Bild im Hinterkopf, selbst nach ihrem Tod. Doch jetzt schlägt mein Herz sofort unregelmäßig und ich sehe automatisch Cat vor mir.

Einfach nur, um sicher zu gehen, denke ich noch einmal an das Wort und sofort schießt mein Puls in die Höhe. Verrückt.

Ich kontrolliere noch mal, ob ich wirklich alle Stoppel erwischt habe, dann wasche ich mir Cats Rasierschaum aus dem Gesicht. Ich rieche wie ein verdammter Pfirsich! Aber damit wird sie klarkommen müssen. Die Idee mit dem Hotel kam mir so spontan, dass ich weder Wechselkleidung noch irgendwas anderes dabeihabe, außer meinem Tabak, ohne den ich nach nirgendwo gehe.

Dass ich jetzt nicht mal ein frisches Shirt habe, stört mich. Irgendwie stört mich heute alles. Ich habe das Gefühl, ein totaler Blindgänger zu sein und Cat ist so... Cat eben. Sie ist sogar auf das hier vorbereitet: am Schrank neben dem Bett hängt ein makellos ordentliches Kleid.

Und ich schaffe es gerademal, meine T-Shirts so zusammenzulegen, dass sie nicht wie bereits getragen aussehen, wenn ich sie aus dem Schrank hole.

Seufzend schlüpfe ich in mein bereits getragenes Shirt und starre auf mein Spiegelbild. Es würde mich vermutlich nicht umbringen, oder? Testweise nehme ich das Augenbrauenpiercing heraus, lege es auf die Ablage über dem Waschbecken. Das habe ich mir stechen lassen, als Lilly in den Kindergarten kam. Ein bisschen nackt fühle ich mich schon, aber ich bin nicht tot umgefallen. Dann entferne ich den Schmuck aus den Ohren und Erinnerungen gleiten an mir vorüber, während ich ein Teil nach dem anderen mit einem leisen Klicken auf das kleine Glasbrett lege. Allerdings ist es fraglich, ob das jetzt so viel bringt, denn unter dem Shirt schauen die Tätowierungen trotzdem raus.

Ich öffne die Badtür und lächle Cat an. Sie legt den Kopf schräg, mustert mich, dann kommt sie kopfschüttelnd zu mir. Streicht mit dem Zeigefinger über meine Braue.

„Weißt du, das wäre eigentlich nicht nötig", sagt sie.

„Doch, wenn ich mit einer so schönen Frau zum Essen gehe, dann kann ich mir zumindest Mühe mit meinem Äußeren geben."

Ihre Wangen färben sich zartrosa bei meinem Kompliment, und sie verzieht ihre Lippen zu einem Lächeln, während sie mich mustert. Sie lässt ihren Blick einmal von unten nach oben wandern. Angefangen von meinen Biker-Stiefeln, über meine zerrissene Jeans, das Shirt, das schon bessere Tage gesehen hat bis zu meinem Gesicht und ich erwarte eine spöttische Bemerkung, wie ich sie von Greg hunderte von Malen zu hören bekommen habe. Doch als ich ihrem Blick begegne, sehe ich darin nichts außer unverhohlener Bewunderung und Begehren. Ein Begehren, dass mir den Atem raubt und den Wunsch in mir weckt, das verfluchte Abendessen ausfallen zu lassen und einen anderen Hunger zu stillen.

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