CAT - Kapitel 66
Arm in Arm liegen wir völlig erschöpft auf dem Bett. Mein ganzer Körper ist von einem feinen Schweißfilm überzogen und Crow fährt träge mit der Zungenspitze über meinen Hals. „Du schmeckst so gut, Baby", murmelt er.
Verlegen lache ich. „Hör auf, das ist doch voll ekelhaft."
Doch er schüttelt den Kopf. „Nein, du schmeckst nach Sex und nach mehr", haucht er in mein Ohr und saugt an meinem Ohrläppchen.
„Nach Meer wie salzig?", frage ich und er schmunzelt.
„Nein", sagt er heiser. „Nach mehr, wie nach mehr Sex."
Ruckartig dreht er mich auf den Rücken und stützt sich mit den Armen neben mir ab. Sein Blick wandert nach unten und ich folge ihm. Himmel, er ist unersättlich, aber wie kann ich nein sagen, wenn so ein heißer Typ mich so offensichtlich begehrt? Sofort brenne ich vor Verlangen und Vorfreude.
Fragend sieht er mich an und als ich nicke, sucht er nach einem Kondom, bevor er sich langsam, die Finger fest und unauflöslich mit meinen verschränkt, in mir versenkt.
„Danke", flüstert er später in der Dunkelheit.
„Wofür?", frage ich unsicher.
„Dafür, dass du gekommen bist", sagt er und ich kichere wegen der Doppeldeutigkeit.
Erst jetzt bemerkt er, was er da von sich gegeben hat und stimmt in mein Lachen ein „Himmel, Cat! Du bist so was von verdorben!"
Er küsst meine Nasenspitze und zieht mich zu sich. „Ich kann noch immer nicht glauben, dass du keine Unterwäsche anhattest. Wenn ich das geahnt hätte, wäre ich nicht mehr in der Lage gewesen, auch nur einen Bissen zu essen."
„Frag mal, wie es mir ging! Ich wusste es die ganze Zeit", beschwere ich mich.
„Das geschieht dir ganz recht. Ich kann dich nie wieder in einem Kleid anschauen, ohne mich zu fragen, was du drunter trägst", kontert er.
Eine Weile ist nur unser Atem in der Dunkelheit zu hören. Dann sagt er: „Kann ich dich um etwas bitten?"
„Natürlich. Alles." Dann setze ich hinzu: „Was natürlich nicht bedeutet, dass ich zwingend ja sage."
Er lacht. „Schon klar, Baby, es ist auch eigentlich keine große Sache. Ich wollte nur fragen, ob du den Schlüssel für Ritas Wohnung meiner Mum geben könntest. Sie würde gerne die Wohnung sehen und schauen, ob noch irgendwas gemacht werden muss. Wenn ich nach Hause komme, dann habe ich nur noch eine gute Woche, bis das Semester anfängt und ich muss nächstes Semester wirklich von Anfang an Gas geben, wenn ich meinen Abschluss machen will, ohne zu wiederholen."
Einen Moment überlege ich, ob ich einfach ja sage, doch dann beschließe ich, noch einmal sein privates Minenfeld zu betreten. Wir sind uns gerade so nahe, dass ich ihn vielleicht zumindest kurz ohne Deckung erwische.
„Ich mache es. Aber im Gegenzug beantwortest du mir eine Frage", sage ich und fahre, um den Angriff etwas abzumildern, sein Brustbein hinunter und biege dann nach links ab zu „unserem" Piercing und zupfe sanft daran.
„Okay", stimmt er zu. „Eine Frage, aber ich muss nicht zwingend antworten?"
Damit kann ich leben.
„Du, Lilly und deine Mum, ihr heißt alle Goodman, obwohl sie mit Greg verheiratet war. Warum?"
Ich spüre wie Crow sich verspannt. Sanft streiche ich über seine Brust.
„Du musst nicht antworten, wenn du nicht willst", hauche ich.
Er holt tief Luft, dann sagt er gepresst: „Goodman war..., oder ist, der Name meines Vaters."
Wieder ist nur das Geräusch unseres Atems zu hören.
Wie immer wirft er mir einen Brocken hin und dann schweigt er sich aus.
Aber ich stelle keine weitere Frage, weil das die Abmachung ist. Ich habe schon einmal zu viele Fragen gestellt und Antworten bekommen, die ich lieber nicht gehört hätte. Antworten, die er nie relativiert hat. Die unsere Beziehung zu einer Dreiecksbeziehung mit einem Geist machen.
Aber darüber kann ich jetzt nicht nachdenken, wenn er mir so nahe ist. Sein Geruch hüllt mich ein, wie eine warme, weiche Decke und ich will mich für den Moment einfach in dem Gefühl der Geborgenheit verlieren, ohne daran zu denken, dass sein Herz und seine Seele unwiderruflich einer anderen gehören. Das hier ist das, was ich bekommen kann. Es ist mehr als eine Bonusfreundschaft und weniger als eine echte Partnerschaft. Es ist das, was er mir geben kann, mehr zu erwarten, mehr zu verlangen, wäre grausam.
„Er war bei der Army", sagt Crow so plötzlich, dass ich zusammenzucke. „Er wurde 2003 in den Irak abkommandiert, aber er ist nie zurückgekehrt. Seit April 2003 wird er vermisst. Meine Mum ist nie wirklich darüber hinweggekommen, sie hatte etliche kurze Beziehungen, aber das ging nie lange gut. Bis sie Greg kennenlernte und ich glaube, er mochte sie wirklich. Als sie schwanger wurde mit Lilly, da hat er ihr einen Antrag gemacht, aber sie wollte unbedingt den Namen Goodman behalten. Ich kann nur spekulieren, aber ich denke, sie wollte, dass mein Dad sie finden kann, uns finden kann, falls er zurückkehren sollte. Greg war davon nicht begeistert. An dem Abend nach dem Antrag kam er sturzbesoffen nach Hause." Er atmet tief ein. „Er hat den Antrag nicht zurückgezogen, sondern stand zu seinem Wort. Aber ich glaube, Dad stand immer irgendwie zwischen den beiden."
Das kommt mir jetzt auf paradoxe Weise bekannt vor.
„Glaubst du, er wird zurückkommen?"
Ich spüre sein Kopfschütteln mehr, als dass ich es sehe.
„Ich denke nicht. Entweder er ist tot. Oder er hat gute Gründe es nicht zu tun", sagt Crow traurig.
Was können gute Gründe sein, seinen vier oder fünf Jahre alten Sohn und dessen Mutter im Stich zu lassen?
Crow redet aber bereits weiter und ich verbanne die fruchtlosen Gedanken.
„Mum und er waren häufig nicht einer Meinung. Vielleicht war es seine Gelegenheit aus der Sache auszusteigen. Vielleicht wurde er aber auch so schwer verletzt, dass er nicht zu seiner Einheit zurückkehren konnte. Als Kind habe ich mir immer vorgestellt, er sei morgens ohne Erinnerungen aufgewacht. Oder wer wir sind. Dann habe ich mir wieder vorgestellt, er sei bei einer Spezialeinheit und hätte untertauchen müssen. Aber wie man es dreht und wendet, für mich ist er inzwischen tot. Selbst wenn er noch leben würde, ist er für mich Vergangenheit."
Seine Stimme klingt eine Spur zu bitter, als dass ich glauben könnte, dass er wirklich damit abgeschlossen hat.
Aber ich habe zwei Fragen beantwortet bekommen, obwohl ich erwartet hatte, dass er ablehnt, mir auch nur irgendwas zu sagen.
Und so beschließe ich den Rückweg anzutreten, und das Tor zu dem Gelände zuzuschlagen und erst wiederzukommen, wenn ich sicher bin, dass er wegen meiner Fragen nicht explodiert.
Was ich aber wage ist, ihn eng an mich zu ziehen und leise zu flüstern: „Ich liebe dich Crow. Und wenn ich die Möglichkeit hätte, dann würde ich immer zu dir zurückkehren. Immer."
In der Dunkelheit suchen seine Lippen meine und er küsst mich lange und unglaublich zärtlich. Ich kann nur hoffen, dass er die Botschaft verstanden hat. Es ging nicht nur um mich, sondern auch darum, dass ich glaube, sein Vater wäre in jedem Fall nach Hause gekommen, wenn er es nur irgendwie gekonnt hätte.
Erst weit nach Mitternacht kann ich einschlafen und entsprechend müde bin ich beim Frühstück, trotz der kalten Dusche, die ich genommen habe.
Mir graut ein wenig vor der langen Heimfahrt, doch noch mehr davor, Crow zurückzulassen. Dass wir das längste Stück der Tour bereits hinter uns haben, bedeutet nicht, dass es deswegen leichter ist, sich zu verabschieden.
Als es wirklich soweit ist, hält er meinen Oberkörper mit beiden Armen umschlugen und das so fest, dass ich kaum atmen kann. Als er es bemerkt, lässt er etwas lockerer und legt seine Stirn an meine, schließt bewegt seine Augen.
„Komm gut nach Hause, Baby und ruf an, wenn du da bist, okay?", ermahnt er mich. Das hat er mir heute gefühlt hundert Mal gesagt und wie die Male zuvor nicke ich.
„Ich liebe dich, Cat", seine Stimme klingt weich und so liebevoll, dass mir trotz aller Bemühungen die Tränen kommen.
„Ich dich auch", antworte ich mit brüchiger Stimme und küsse ihn ein letztes Mal. Anschließend drehe ich mich um in der Hoffnung, dass er meine Tränen nicht sieht und steige ins Auto.
Das Navi kündigt mir eine Fahrzeit von beinahe vier Stunden an und das bei wolkenlosem Himmel. Im Innenraum des Volvos ist es beim Einsteigen bereits so heiß, dass ich mich am liebsten nackt ausziehen will. Ich kann nur hoffen, dass die Klimaanlage ordentlich Gas gibt, sonst bin ich gut durchgegart, bis ich zu Hause ankomme.
Während ich Richtung Interstate fahre, wähle ich Dads Nummer. Ich möchte mich unbedingt bei Annie für ihr Mühe mit der Buchung bedanken, der Aufenthalt war trotz der Anlaufschwierigkeiten mit Crow einfach toll und ich habe wirklich das Gefühl, dass wir uns irgendwie weiterentwickelt haben. Eine Beziehung ist doch mehr als körperliche Anziehung und dass Crow ohne getrunken zu haben, über Dinge gesprochen hat, die ihn belasten, gibt mir das Gefühl, dass er mir vertraut.
Als das Tuten der Freisprechanlage abbricht und mein Dad sich selbst meldet, bin ich sehr überrascht.
„Ich werde doch wohl noch mit meiner Tochter telefonieren dürfen", bemerkt er und ich höre ein Lächeln aus seiner Stimme heraus.
„Klar, aber eigentlich wollte ich Annie erreichen", entgegne ich ebenfalls lächelnd.
„Tja, dann solltest du vielleicht auch ihre Durchwahl nehmen und nicht meine, Cathy!"
Wo er Recht hat...
Dann fügt er, jetzt lachend, hinzu: „Kann ich meiner Sekretärin etwas ausrichten?"
„Ja. Ich wollte ihr nur sagen, dass das Hotel, dass sie gestern gebucht hat, wirklich perfekt war."
„Das freut mich, wenngleich ich mich frage, was du in einem Hotel machst, Schatz"
Okay. Augen zu und durch. Hilft ja nichts.
„Ich war mit Crow dort. Wir sind, naja, wir sind quasi zusammen", gestehe ich ihm, so wie ich es Annie versprochen habe. Nervös warte ich, was er sagen wird. Rein optisch ist Crow sicher nicht Dads Traumschwiegersohn, ich habe die Blicke gesehen, die er Crow bei der Gala zugeworfen hat.
„Behandelt er dich gut?"
Das war nicht die Frage, mit der ich gerechnet hätte.
„Ja, er behandelt mich gut, Dad", sage ich defensiv und überlege, worauf er hinaus will. „Warum fragst du?"
„Weil ich ihn gesehen habe, Cat. Und ich finde nicht, dass er wie der nette Junge von nebenan aussieht", sagt Dad diplomatisch.
Ich muss erneut lachen.
„Welchen netten Jungen von nebenan hast du im Sinn? Etwa Stanley?"
Jetzt lacht auch Dad. „Nein, nicht Stanley!"
Stanley ist sechzehn, schlaksig, trägt eine Nickelbrille, und hat mit vierzehn den Hasenstall seiner Schwester angezündet. Als die Hasen noch drin waren!
Die ganze Straße hat nach Barbecue gerochen und ich konnte tagelang kein Fleisch essen, nicht mal daran denken, ohne dass mir schlecht geworden ist.
„Auch wenn ich es nicht so glücklich formuliert habe, weißt du trotzdem was ich meine", sagt Dad.
„Du meinst, er sieht nach Alkohol, Drogen und Gewalt aus?", schlage ich vor.
„So etwas in der Art, ja. Nette Mädchen und böse Jungs werden nur sehr selten miteinander glücklich."
„Ich weiß", seufze ich. „Aber wenn ich es nicht versucht habe, dann werfe ich es mir ewig vor, Dad."
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