CAT - Kapitel 46
Mit dem Fuß trete ich die Tür hinter mir zu, die krachend ins Schloss fällt. Durchzug! Nachdem ich Lilly mit Crows altem Auto in den Kindergarten gefahren habe, war ich auch gleich einkaufen.
„Also Cat, ich sag dir was. Das mit Crows Auto gefällt mir nicht. Wenn du zu heftig bremst, dann fällt es wahrscheinlich auseinander. Der Wagen hat doch bestimmt nicht mal einen Airbag!"
„Nein hat er nicht, aber er fährt immerhin mit bleifreiem Benzin", verteidige ich den Wagen, der tatsächlich bei jeder Bodenwelle quietscht und klappert.
„Das geht auf Dauer so nicht. Wir können von Glück sagen, wenn der Wagen die acht Wochen übersteht bis Crow zurückkommt."
„Naja, dann leihen wir eben eins von Sams Autos. Das ging doch bisher auch und ihm macht es nichts aus."
Niall sieht mich an, als wäre ich blöd. „Aber irgendwann wird Sam rausfinden, dass das zwischen euch definitiv Geschichte ist, dann wird er das nicht mehr wollen. Spätestens wenn er eine neue Freundin hat, wird die das nicht so prickelnd finden, wenn die Exfreundin ständig mit seinen Autos rumgurkt, zumal du hier im Haus wohnst. Und arbeitest."
Wenn er es so sagt, dann klingt es wirklich ein bisschen strange, die ganze Sache hat sich irgendwie komisch entwickelt.
„Ich kann mir aber momentan kein Auto kaufen, Niall. Das ist noch nicht drin. In zwei oder drei Monaten vielleicht. Aber nicht jetzt."
Ich trage die Taschen in die Küche und er hilft mir, alles in die Schränke einzuordnen. Ich bin so froh, dass mein Bruder eine ähnliche Auffassung von Ordnung hat wie ich, mit einem Chaoten wie Sam hätte ich so meine Schwierigkeiten.
„Vielleicht musst du ja keins kaufen", sagt zögerlich und wiegt die Dose mit den geschälten Tomaten in seiner Hand. Abwartend sehe ich ihn an.
„Es könnte sein, dass ich soweit bin, hinzunehmen, dass ich selbst mit einem Umbau mein Auto nicht mehr fahren kann."
Seine Augen schimmern feucht.
„Und ich würde es gut finden, wenn es jemand fährt, der einen Volvo nicht für ein Rentnerauto hält."
„Das ist dein Ernst? Ich dachte, du willst es verkaufen oder umbauen, dass ich es dir abkaufe, hast du immer rundheraus abgelehnt."
„Dass du es kaufst, lehne ich immer noch ab. Ich sage lediglich, dass du damit fahren kannst. Allerdings müsstest du es selber holen, ich kann ja nicht. Du müsstest also gewissermaßen heimfliegen und dann die ganze Strecke hierherfahren."
„Und das sind dann gute achthundert Kilometer?"
„Fast neunhundert, je nachdem, wie du fährst. Ich kann dir das später mal auf der Karte zeigen."
Nachdem wir alles in die Schränke geräumt haben, holt er sein Tablet und öffnet Google Maps für uns, sucht unseren Bundesstaat heraus und zeigt mir die möglichen Routen.
Dann suchen wir nach Flügen, die in Frage kommen, doch natürlich sind alle ziemlich teuer. Sommer. Ferien. Kurzfristig. Drei Worte die sich mit Airline nicht vertragen, doch wenn wir zusammenlegen, dann müsste es drin sein. Und ich muss ja auch nur einfach fliegen.
Doch bevor ich mich entscheide, muss ich etwas wissen.
„Warum ausgerechnet jetzt, Niall? Das ist doch kein Zufall, oder? Was steckt dahinter?"
Zuerst druckst er ein wenig herum, dann rückt er damit raus.
„In der Zeit, wo Elena mich mit dem Auto mitgenommen hat, da war alles viel einfacher als mit dem Taxi. Schon allein den Rollstuhl einzuladen, nervt viele Fahrer. Naja und ich dachte halt, wenn du das Auto hättest, dann könntest du vielleicht ab und zu mal mit mir irgendwo hinfahren. Weil ein Auto mieten ist auch immer schwierig, weil du noch so jung bist. Aber vielleicht ist die Idee auch total blöd. Ich will dir eigentlich nicht noch mehr zur Last fallen."
„Dummer großer Bruder!", sage ich zärtlich und nehme ihn in den Arm. „Du fällst mir doch nicht zur Last. Ich habe dich sehr, sehr gerne um mich. Und natürlich fahre ich dich herum, wenn du dir das wünschst."
„Aber du hast neben der Uni so wenig Zeit und ich will dich nicht nerven, nur weil mir langweilig ist."
Aber Fakt ist: viele Dinge vom Arztbesuch über den Einkauf und die Fahrt in die Uni würden doppelt so schnell gehen, wenn ich nicht immer auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen wäre. Also würde unter dem Strich für uns beide mehr Zeit übrigbleiben.
Die lange Strecke macht mir allerdings schon Angst. Ich bin noch nie alleine viele Kilometer im Stück gefahren, aber Niall zerstreut meine Sorgen, denn ich habe ja Ferien und müsste die Strecke nicht an einem Tag fahren, wenn ich die Reise in die zwei Wochen legen würde, in der Lilly mit ihrer Mum Urlaub macht.
Der nächste Punkt, der mich stört, ist zu meinen Eltern zu fliegen. Aber das wird sich in diesem Zusammenhang nicht vermeiden lassen und eigentlich ist ein Besuch bei ihnen längst überfällig.
„Und was ist mit dir?", frage ich Niall. „Du bist dann ja völlig allein hier. Wie kommst du da über die Runden?"
Er lacht. „Ich verlasse mich da einfach auf unseren netten Nachbarn und unsere Freunde."
Unsere Freunde. Ja, so ist es: meine Freunde sind auch seine und ich weiß, dass er absolut richtig liegt mit seiner Annahme, gut versorgt zu sein.
Emmi, Max und James, aber auch Sam und seine Schwester, vermutlich- wenn er fragen würde- auch Elena, sind mit Sicherheit für ihn da.
Also nehme ich mir mein Mobiltelefon und rufe Mum an.
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