Kapitel 7: Keiner hat gesagt, es würde leicht werden...

,,Du musst doch nicht jeden mit deinem Blick töten, an dem wir vorbeigehen.", merkte ich leicht belustigt zu meinem aggressiven Wegbegleiter an, der zuerst nur mit den Zähnen knirschte.

,,Die haben schließlich alle Platz zu machen!", platzte der Blondschopf dann heraus und fing an, beim Nebenherlaufen neben mir, noch mehr mit den Füßen aufzustampfen als ohnehin schon.

Bei diesem Bild von ihm konnte ich nicht anders, als den ganzen Weg bis zum Testraum über ihn zu schmunzeln. Dabei hatte ich sogar meine anfängliche Nervosität, die kurz zuvor doch noch in mir hochgekommen war, irgendwie komplett vergessen.

So kamen wir beide schneller als gedacht am besagten Testraum an, wo mich Recovery Girl mitsamt ein paar anderer Personen, die speziell für solche Fälle wie mich ausgebildet wurden, begrüßten.

Der Blondschopf neben mir hingegen bekam sogleich eine Ansage, dass er rausfliegen wird, sollte er während des Trainings zu viel Wind machen.

So wurde er einfach bis zum einen Ende des Raumes verfrachtet und ließ sich dort, mit lautem Grummel-Geräuschen, auf einen der Plastikstühle plumpsen.

Nach ein paar Instruktionen der Fachleute, ging es auch schon los.

Sie brachten mich zuerst zu einem ziemlich langgezogenen Stufenbarren. Die beiden schmalen Holzstangen waren bereits auf meine ungefähre Größe eingestellt.

Nun ja, wenn ich auf meinen Prothesen stehen würde.

,,Okay... Wir müssen erst mal feststellen, wie weit ihr Körper die Nervenverbindungen und ihre Muskeln abgebaut hat. Funktionen die selten verwendet oder vom Gehirn als unnötig empfunden werden, werden nämlich zurückgebildet.", erläuterte mir eine Dunkelhaarige, die gerade ihre Brille zurechtrückte und warf einen letzten Blick auf die Infos ihres Klemmbrettes.

Da wurde ich sogleich von den Leuten ins kalte Wasser geworfen.

Drei, vier Personen hoben mich aus meinen Rollstuhl und stellten mich auf meine, noch ziemlich zittrigen, Mecha-Beine. Aber natürlich ließen sie mich noch nicht los.

,,Wie fühlen sie sich?", wurde ich sofort von einem etwas korpulenteren Mann gefragt.

,,Irgendwie ungewohnt, aber irgendwie... auch vertraut... aber", versuchte ich gutmöglichst zu erklären und wusste, wie banal sich das anhören müsste.

Doch im nächsten Moment wurde mein Kopf ziemlich schwer.

,,Irgendwie ist mir auf einmal schwindelig."

,,Das ist nur dein Kreislauf.", meinte Recovery Girl dazwischen. ,,Das vergeht gleich."

Ich nickte verstehend und atmete einfach langsam ein und aus. Auch um irgendwie mein eigenes, unsicheres Zittern in den Griff zu bekommen.

Nachdem eben dieses nachließ, gaben alle Personen, die mich stützten mir ein Zeichen, bevor jeder von ihnen seine Hände von mir abließ.

Der Erste, die Zweite, der Dritte und... beim Vierten und somit letzten schwank ich sofort heftig.

Hätte ich mich nicht so schnell reflexartig am Stufenbarren festgehalten, wäre ich vermutlich umgefallen.

Auch wenn alle um mich herum schon wieder nach mir greifen wollten, aber letztendlich doch abstoppten, als sie merken, dass ich offenbar alles unter Kontrolle hatte.

Der Ehrgeiz packte mich und ich wollte nun probieren, ob ich mich wirklich nicht auch schon ohne Stütze auf den Beinen halten konnte.

Ich konzentrierte mich, hielt angespannt kurz die Luft an und ließ los.

Doch keine paar Sekunden später, knickten meine Beine um und ich erschrak kurz, als die Fachleute mich knapp vor dem Boden noch auffingen.

Mein Puls arbeitete nun schneller und auch meine Atmung verflachte etwas.

Ich wurde mit ihrer Hilfe wieder aufgerichtet und erhielt von allen wohlwollende Worte, dass das noch völlig normal sei.

Im Augenwinkel bemerkte ich dann wie sich Bakugo wieder hinsetzte.

Moment... hinsetzte?

Er saß doch die ganze Zeit schon, oder nicht?

Als ob der versucht hat, von da aus zu mir zu hechten., dachte ich schmunzelnd und machte mit dem Training weiter.

Wir wiederholten erst mal immer wieder, dass ich ganz normal auf den Prothesen stehen sollte.

Mal mit abstützen, mal ohne.

Auch wenn ich mich noch nicht wirklich lange auf den Beinen halten konnte.

Dementsprechend mussten wir alle paar Minuten eine kurze Pause machen. Doch in den Pausen kam jedes Mal der Igelkopf zu mir herüber und drillte mich.

,,So wirst du nie ein Held!"

,,Das kannst du doch besser!"

,,Gib ja nicht auf, hörst du?!"

Sowas bekam ich beispielsweise zu hören.

Ja, das Meiste war von ihm nicht gerade sensibel ausgedrückt.

Aber wenigstens gab er mir das Gefühl, dass er da war.

Dass er einzig und allein für mich da war.

Zumindest in diesem Moment.

Aber auch die nächsten Tage begleitete er mich konsequent zum Training, egal wie anstrengend der Unterricht war.

Dann drei Tage später erachteten die Experten, dass ich sicher genug für die zweite Phase war.

Dem Laufen, aber selbstverständlich nicht normal.

Man führte mich hierbei zu einem sogenannten 'Gang-Roboter'.

Diese seltsame Gerätschaft war mir schon bei dem ersten Mal hier ins Auge gesprungen. Die Funktion davon hätte ich keinesfalls benennen können, geschweige denn den Namen. Als Roboter hätte ich dieses 'Ding' niemals betitelt.

Die Maschine bestand unten aus einem Laufband, einen schmalen Turm, von denen mehrere Metall-Stäbe abgingen und einem kleinen Monitor, gegenüber vom Turm.

Wie man mir erklärte, sei dieser Gang-Roboter dafür da, meinen Körper von meinem Gewicht zu entlasten und mein Gehirn wieder an die Bewegungsabläufe beim Laufen zu erinnern. Der große Vorteil sei außerdem noch, dass man durch diese Apparatur viel mehr Gang-Wiederholungen machen kann als ohne, da die eigen Muskeln das noch nicht mitmachen.

Dieser Gang-Roboter verschnellert meine Prothesen-Eingewöhnung also immens!

Nachdem ich innerhalb dieser Apparatur in Position gebracht wurde, fixierte man mich mit Schnallen, die oben von der Decke baumelten und die zuvor erwähnten Metall-Röhrchen wurden um meinen Rücken sowie die Prothesen gelegt.

Wie man mir vorher erklärte, werden mit der Zeit die Gewichtsentlastung des Roboters immer weiter gesenkt, bis ich dann letztendlich auf meinen, zwar neuen, aber eigenen Beinen stehen und laufen werde.

Doch bis zu diesem Punkt, wird es noch eine Weile dauern.

So lief ich und lief, jeden Tag innerhalb dieses Gang-Roboters und betrachtete dabei stumpf das bewegende Männchen auf dem gegenüberstehenden Monitor. Auch wenn diese Pixel-Figur, dank mir, durch irgendwelche ausgedachten, virtuellen Welten stapfte, führte es mir immer wieder unbewusst mein Ziel vor Augen.

Endlich wieder eigenhändig laufen.

Ohne irgendwelche Hilfe!

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Zum Ende dieses Kapitels, möchte ich noch anmerken, dass ich mir diesen 'Gang-Roboter' nicht selbst ausgedacht habe.

So einen gibt es tatsächlich!

Er wird, in einer speziellen Praxis, beispielsweise bei querschnittsgelähmten Personen eingesetzt. (Die Behandlung beinhaltet allerdings noch weitere Methoden aus z.B.: der Ergo- und Physiotherapie.)

Quelle (Gang-Roboter): www.tk.de/techniker/magazin/spitzenmedizin/bewegungsapparat/ambulanticum-wie-alex-wieder-laufen-lernte

Bis denne!

~ Shiru/Silver

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top