Kapitel 30 - Stipendien
Während Emma sich mit der Rektorin unterhielt, betrachtete ich gedankenverloren die Medaille, die um meinen Hals hing. Obwohl ich das Gewicht spürte, hatte ich immernoch nicht realisiert, dass wir gewonnen hatten.
"Hey."
Etwas erschrocken wandte ich mich zu der Stimme.
"Liam", obwohl ich überrascht darüber war, dass er mich ansprach, lächelte ich ihm entgegen.
"Glückwunsch", sagte er, wofür ich mich mit einem Nicken bedankte. Sofort fiel mir ein, dass ich mich ebenfalls bei ihm bedanken musste. Dafür, dass er mir geholfen hatte, Hannes zu befreien.
"Gerne", unterbrach er mich, noch bevor ich meinen Mund öffnen konnte.
"Ich habe Sam gemeldet."
Erstaunt blickte ich an ihm hoch. Liam hatte Sam disqualifizieren lassen. Zwar fragte ich mich, wie er ihn verpetzen konnte, doch um ehrlich zu sein, war mir das momentan mehr als egal.
"Danke", brachte ich nun doch über die Lippen, denn ich hätte mich niemals getraut, den Schwarzhaarigen zu verraten.
"Das hat er verdient."
Zustimmend nickte ich.
"Genießt euren Sieg", Liam schenkte mir ein ehrliches Lächeln und verschwand dann wieder in der Menge der Zuschauer, die sich alle über die Auftritte unterhielten.
"Endlich", wieder ertönte eine Stimme hinter mir, zu der ich mich wandte.
"Endlich hat er gesehen, wie toll du bist", Hannes kam auf mich zu und blieb direkt vor mir stehen.
Sofort schoss mir das Blut ins Gesicht.
"Wurde auch Zeit", sagte er belustigt. Eine Weile sahen wir uns lediglich an. Sein Lächeln erwärmte mein Herz und ich hoffte, dass ich ihm irgendwie das gleiche Gefühl schenken konnte. Als ich merkte, wie lange ich ihn bereits anstarrte, senkte ich meinen Kopf und blickte auf die Medaille, die er ebenfalls um den Hals trug.
"Ich mag dich wirklich."
Mein Blick schnellte nach oben und ich erkannte das Strahlen in seinen Augen, welches mich vom ersten Moment an gefesselt hatte. Seine Augen bestätigten, was er gesagt hatte. In ihnen konnte ich erkennen, wie sehr er mich mochte.
"Ich mag dich auch", erwiderte ich und konnte ein anschließendes Grinsen nicht verhindern.
Seine Hand hob sich und seine Fingerspitzen berührten meine Wange nur leicht, als er eine Haarsträhne hinter mein Ohr strich.
Im nächsten Moment lagen seine Arme um mich und er drückte sich an mich. Glücklich und voller Freude schloss ich meine Augen. In diesem Moment zählte niemand in diesem großen Saal, außer uns.
"Ich kann auf die beste Tanzschule der Stadt gehen!"
Emma textete mich bereits seit unserer Fahrt zurück zum Internat zu und selbst auf unserem Zimmer hörte sie nicht damit auf. Ich freute mich ungemein für sie, denn sie hatte es mehr als verdient auf diese Schule zu gehen. Sie liebte Tanzen mehr als sonst irgendetwas oder irgendjemand, sie hatte wirklich alles in unsere Choreographie gesteckt und ich wusste, dass sie noch zu weitaus mehr fähig war.
Doch ich wusste auch, dass bis dahin noch einige Zeit vergehen musste, da wir zunächst unseren Abschluss schreiben würden. Ehrlich gesagt war ich darüber auch mehr als froh. Immerhin war ich noch nicht bereit, getrennt von Emma zu sein und auf eine komplett andere Schule zu gehen. Das Stipendium, welches Hannes und ich erhalten hatten, bezog sich auf ein instrumentalisches Collage, an dem Schüler mit den verschiedensten Instrumenten zu finden waren, jedoch war es ziemlich weit von der Tanzschule entfernt. Der Gedanke daran stimmte mich traurig, doch Emma sagte zurecht, dass wir unsere gemeinsame Zeit genießen sollten, ohne derartige Gedanken.
Zu vielen meiner Wochenendbesuche bei meinen Eltern nahm ich Emma mit und wir veranstalteten viele Übernachtungspartys. Auch meine Eltern hatten sie ins Herz geschlossen, ebenso wie Hannes, der auch immer häufiger zu Besuch kommen durfte.
Allerdings wollten meine Eltern nicht, dass er bei mir übernachtete. Jedes Mal wenn sie das vor uns erneut klarstellten, schoss mir unweigerlich das Blut ins Gesicht und wir wurden beide plötzlich total unsicher. Emma und ich klärten meine Eltern über Sam auf und darüber, was er am Tag des Wettbewerbs abgezogen hatte. Sie waren mehr als geschockt, da vor allem meine Mutter Sam immer nur als diesen strahlenden Jungen gesehen hatte, der mit mir Geige gespielt hatte.
Die Ferien vergingen schneller als gedacht und das nächste Jahr im Internat stand kurz bevor. Obwohl ich die Zeit bei meinen Eltern genossen hatte, freute ich mich auf unser kleines unordentliches Zimmer im Internat und die Zeit, die ich dort wieder mit Hannes verbringen konnte.
Doch am letzten Wochenende vor dem Schulstart, stand ein Besuch bei Hannes bevor. Ich sollte seine Schwester Svenja kennenlernen und meine Aufregung war riesig, da ich mich von meiner besten Seite zeigen wollte. In meinem Kopf kreiste immer noch der Gedanke daran, dass ich sie fälschlicherweise als Hannes' Freundin angesehen hatte, was mir nicht unbedingt dabei half, mich vor dem Treffen zu beruhigen.
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