Kapitel 21 - Berührung
Die Tage vergingen wie im Flug und auch die Aufregung unserer Truppe stieg stetig an. Nun war es nur noch eine Woche bis zum Wettbewerb. Wir hatten viel geübt und der Auftritt klappte immer häufiger direkt auf Anhieb.
Zwischendurch besuchte uns Sam, dessen Team wohl mit den Vorbereitungen ebenfalls fertig war. Bei seinen Besuchen bemühte ich mich allerdings immer, Hannes mitzunehmen oder stattdessen bei ihm zu sein. Sam sollte endlich verstehen, dass ich nur befreundet sein wollte. Ihm hingegen schien es immer weniger zu gefallen, dass ich meine Zeit am liebsten mit dem Klavierspieler verbrachte.
So war Emma die meiste Zeit mit Sam unterwegs. Meine Befürchtung war, dass sie das störte, allerdings vergewisserte sie mir mehrfach, dass sie Sam gerne von mir fern hielt, damit ich bei Hannes sein konnte. Auch ihr musste ich immer wieder klar machen, dass auch Hannes nur ein Freund für mich war.
Sam jedoch schien weiterhin an dem Tag festzuhalten, an dem ich mich ihm geöffnet hatte und ihm wieder näher gekommen war. Damals schon hatte ich vermutet, dass ich es bereuen würde. Allerdings waren meine Gedanken zu der Zeit vollkommen durchgedreht, weil Hannes verschwunden war. Ich hatte gehofft Sam würde diesen Tag einfach vergessen.
Es kam sogar dazu, dass Hannes und ich am Freitag einen weiteren Filmabend planten, um Star Wars weiter zu schauen. Emma hatte sich mal wieder dazu bereit erklärt, Sam zu beschäftigen, wofür ich ihr unendlich dankbar war. Es dämmerte bereits und der Gemeinschaftsraum wurde lediglich von dem Licht, welches vom Fernseher ausging, erhellt. Ich saß nicht weit von dem Braunhaarigen entfernt und aus irgendeinem Grund machte es mir mein Herz schwer, mich auf den Film zu konzentrieren. Nervös richtete ich mich wieder richtig auf und streifte dabei seine Schulter. Dabei merkte ich sofort, wie warm er war und mein Herz hämmerte gewaltig gegen meine Brust. Im Augenwinkel sah ich, wie er seinen Kopf zu mir drehte und mich ansah. Wie gebannt sah ich auf den flackernden Bildschirm, obwohl ich in Wahrheit darauf achtete, was neben mir passierte. Hannes hob seinen Arm und platzierte ihn auf der Sofalehne hinter mir. Es trieb mir ein Lächeln auf mein Gesicht, als ich langsam realisierte, was hier passierte.
Plötzlich wurde die Tür zum Gemeinschaftsraum geöffnet und grelles Licht aus dem Flur trat in das Zimmer. Erschrocken rutschte ich von Hannes weg und auch er zog seinen Arm wieder zu sich. Ein Blick zur Tür verriet mir, wer uns gestört hatte.
"Hier seid ihr", Sam sah mir direkt in die Augen und als ich hinter ihn blickte, erkannte ich Emma in der Tür. Ihr Blick galt mir und sie formte mit ihren Lippen ein 'Sorry'. Ehe ich reagieren konnte, setzte sich Sam zu uns auf das Sofa. Genau zwischen Hannes und mich. "Dürfen wir mit schauen?"
Emma kam ebenfalls zu uns und machte es sich neben mir gemütlich. Sie flüsterte mir zu, "Es tut mir leid, ich hab mich verplappert."
Ich seufzte und vermutete, dass sie Sam versehentlich verraten hatte, wo wir uns befanden. Doch eventuell war es gut, dass die beiden aufgetaucht waren, immerhin konnte mein Herz sich beruhigen und ich mir darüber Gedanken machen, was eben zwischen Hannes und mir passiert war. Hatte mir die Nähe zu ihm gefallen? Auch auf den Rest des Films konnte ich mich aufgrund meiner Gedanken nicht wirklich konzentrieren. Die Stimmung war alles andere als ausgelassen, auch wenn vor allem Sam so tat, als wären alle lustig drauf. Ich war mir außerdem ziemlich sicher, dass er wusste, dass er uns gestört hatte. Er boxte mir immer wieder spielerisch in die Seite und versuchte, mich in ein Gespräch zu verwickeln. Meistens lachte ich gespielt oder nickte. Den gesamten Abend wechselte ich mit Hannes kein Wort mehr. Ob es ihm nicht gefallen hatte? Als der Film vorbei war, verabschiedete er sich als Erster von uns, wobei er nur kurz winkte und dann verschwand. Sam brachten wir noch zum Eingang des Internats. Er umarmte uns zum Abschied natürlich wieder herzlich.
"Oh Gott, wobei haben wir gestört?", fragte Emma aufgewühlt, als wir endlich alleine auf unserem Zimmer waren.
"Schon gut", winkte ich ab, doch meine Mitbewohnerin kannte mich besser. Sie fragte mich aus, bis ich ihr erzählte, was passiert war, ehe sie in den Raum geplatzt waren. Dass ich beinahe in Hannes Arm gesessen hatte.
"Es war sehr schön", beendete ich meine Erzählung und dachte an mein aufgeregtes Herz, das selbst bei dem Gedanken an den Moment, schneller schlug.
"Es tut mir so leid", entschuldigte Emma sich erneut doch schon änderte sich ihre Stimmlage und sie klang nun eher belustigt, "da haben wir wohl euren Freundschafts-Moment zerstört."
Für diese Bemerkung bekam sie einen vernichtenden Blick meinerseits. Sie zog mich damit auf, weil ich ihr in den letzten Tagen immer wieder erzählt hatte, dass Hannes nur ein Freund für mich war. Ich wusste, dass sie mir das nicht abnahm und auch ich zweifelte langsam selbst daran.
"Du musst Sam die Wahrheit sagen", meinte Emma, jetzt wieder total ernst, "ich glaube er macht sich wirklich Hoffnung."
"Ernsthaft?", fragte ich ungläubig, ich war mir sicher gewesen, dass er nach meiner Abfuhr damals und auch durch mein Verhalten ihm gegenüber, verstanden hatte, dass ich nichts von ihm wollte.
"Keine Ahnung, irgendwas will er ja", erwiderte meine Mitbewohnerin und zuckte mit ihren Schultern.
Enttäuscht ließ ich die Schultern hängen, es war bei Weitem kein Gespräch, das man sich wünschte. Einem Freund eine Abfuhr verpassen. Und das auch noch zum wiederholten Mal. So bereitete ich mich also an diesem Abend gedanklich auf meine nächste Begegnung mit Sam vor. Emma wollte mich zwar überreden, mich mit ihm zu verabreden, allerdings vermutete ich, dass dieses Gespräch sowieso nicht lange auf sich warten würde, da Sam beinahe jeden Tag vorbeikam.
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