Kapitel 1 - Ankunft
Unsicher betrachtete ich die Zahl, welche neben der Tür stand. Plötzlich war ich total verunsichert, ob dies der richtige Raum war. Ich kramte den Zettel, den ich per Post bekommen hatte, aus meiner Tasche und suchte nach meiner Zimmernummer. 188.
Erneut blickte ich auf die Zahl, die neben der Tür thronte. Es war die Gleiche.
Sachte und mit einem dennoch unsicheren Gefühl, klopfte ich.
Ein fröhliches "Herein!" ertönte, was mir etwas meiner Nervosität nahm. Langsam drückte ich die Klinke nach unten und lugte zunächst nur mit meinem Kopf in das Zimmer.
"Hey", begrüßte mich ein Mädchen mit hellbraunen, fast blonden Haaren. Sie saß im Schneidersitz auf einem gemütlich aussehenden Holzbett. Ihr Bettbezug war rot-gelb kariert, was den Raum noch wärmer wirken ließ.
"Hey", antwortete ich und lächelte schüchtern, während ich mir eine meiner orangenen Strähnen hinters Ohr strich.
"Ich bin Emma", stellte sie sich vor und stand von ihrem Bett auf, "Und du?"
"Lucy", antwortete ich und umfasste den Griff meines Koffers, den ich vor mich gestellt hatte mit beiden Händen.
"So Lucy, wir sind wohl jetzt Mitbewohner", sie machte Anstalten sich wieder hinzusetzen.
"Ist das mein Bett?", fragte ich und deutete auf das Bett, welches auf der anderen Seite des Zimmers, gegenüber ihrem stand. Es war noch nicht bezogen und sah noch sehr langweilig aus. Die ganze rechte Seite des Zimmers sah recht langweilig aus. Innerlich freute ich mich bereits darauf, alles einzurichten.
"Genau", sie deutete auf die komplette rechte Seite, "Das ist deine Seite."
Zufrieden nickte ich und stellte meinen Koffer vor meinem neuen Bett ab. Ich ließ mich auf die Matratze fallen. Zu meiner Überraschung war diese nicht steinhart, so wie ich befürchtet hatte. Sie war tatsächlich sehr bequem.
Am Kopf des Bettes stand ein Schreibtisch, direkt unter dem einzigen Fenster des Zimmers. Auf der anderen Seite des Bettes stand ein Kleiderschrank. Dieser sah schon leicht abgenutzt aus, da die Tür an ihn stieß, wenn man keinen Stopper benutzte und sie zu weit öffnete. Da ich keine Tür erblickte, die in ein Bad führte, wandt ich mich an meine Mitbewohnerin.
"Das Bad...?"
"Da gibt es mehrere im gesamten Gebäude", erklärte Emma, die sich bereits wieder hingesetzt hatte und ihre Nägel in einem tiefen blau lackierte.
"Das nächste für uns ist, wenn du rechts abbiegst, am Ende des Flurs."
Ein gemeinsames Bad also. Ich hasste sowas.
"Man gewöhnt sich dran", beruhigte sie mich, da sie meinen besorgten Blick wohl bemerkt hatte.
"Mein Freund holt mich gleich ab, kann ich dich alleine lassen?"
Ich nickte, "Klar. Ich schau' mich in der Zeit einfach ein bisschen um."
"Die Innenstadt ist von hier auch nicht weit", gab sie mir eine Idee, wie ich meinen Nachmittag verbringen könnte. Sie konnte ja nicht wissen, dass ich kein Fan von Shopping war.
Stattdessen begann ich damit, meine Seite herzurichten, sodass ich mich wohl fühlen konnte.
Als es klopfte, lief Emma begeistert zur Tür.
"Hey Babe."
Ich verzog leicht angewidert das Gesicht und blickte zur Tür.
Ein dunkelhäutiger Junge, der eine rote Cappie trug, küsste Emma auf die Wange.
"Tschüssi Lucy", verabschiedete sich Emma lauthals, während ich nur winkte.
Nach einer kleinen Weile begab ich mich in den Flur und schloss das Zimmer ab. Dabei hoffte ich, dass Emma einen Schlüssel mitgenommen hatte.
Ich beschloss, mir die Badezimmer anzusehen und ging den Flur ein Stück weiter.
Das Bad war um diese Zeit recht leer. Durch die Mitte des Zimmers zog sich eine Wand an der mehrere Waschbecken und Spiegel auf beiden Seiten angebracht wurden. Die Toiletten waren zum Glück getrennt vom Badezimmer.
Nachdem ich mich ein wenig umgesehen hatte, beschloss ich, die Cafeteria genauer unter die Lupe zu nehmen.
Eine steile, steinerne Treppe führte hinab ins Untergeschoss. Interessiert sah ich mich um. Das Gebäude war recht alt, an den Wänden waren schon einige Risse auszumachen. Die Säulen an denen ich jedesmal meine Hand entlang gleiten ließ waren rot-braun und gaben einen wunderbaren Kontrast zu den weißen Wänden. Der Boden hingegen war mit grauen Fließen ausgelegt.
In der Cafeteria kam mir ein angenehm warmer Duft entgegen. Meine Hoffnung auf gutes Kantinaessen stieg. Die verschiedensten Leute saßen an den Tischen. Balettschüler, Tänzer, Schüler mit Instrumenten. Ich fühlte mich direkt wohl. Nicht wie in meiner alten Schule, auf der ich als einzige mit Geige herum lief und von allen mit Blicken bedacht wurde.
Ich warf einen Blick auf den Speiseplan und stellte fest, dass das Essen, das es hier gab, tatsächlich in Ordnung war. Ein wenig unwohl fühlte ich mich dennoch, da mich die meisten Schüler musterten. Ich war die Neue, das war sicher allein durch mein Auftreten schnell klar gewesen.
Um nicht von noch mehr Blicken erdrückt zu werden, steuerte ich wieder den Ausgang der Cafeteria an. Unsanft blieb ich an jemandem hängen, der mich reflexartig an den Armen packte.
"'Tschuldigung", murmelte ich und hob schnell meinen Kopf, um das Opfer meiner Tollpatschigkeit anzusehen.
Ein Junge in meinem Alter blickte mir aus seinen braunen Augen erschrocken entgegen. Eine braune Brille umrahmte seine Augen. Verwirrt blinzelte ich ihn an, während er begann zu lächeln.
"Was gebrochen?"
Lächelnd schüttelte ich den Kopf, "Bei dir auch alles noch dran?"
Er nickte und bahnte sich lächelnd seinen Weg an mir vorbei in die Cafeteria. Auch ich begab mich wieder zurück in mein Zimmer.
Da ich nicht wusste, was ich sonst hätte tun können, holte ich meine Geige aus ihrem Koffer und begann zu spielen. Direkt befürchtete ich, dass ich meine Zimmernachbarn dadurch störte. Doch dies war eine Musikschule. Deshalb war ich hier. Niemand würde es stören. Mein Bogen glitt über die Saiten und ohne zu Überlegen spielte ich eine Melodie aus dem Kopf, als wäre sie schon immer da gewesen.
Ohne Vorwarnung wurde die Tür mit einem Schlag geöffnet, wodurch sie donnernd gegen die Schranktür knallte. Ich zuckte vor Schreck zusammen und ließ beinahe meine Geige fallen.
Emma sah mich entschuldigend an. Erleichtert atmete ich durch. Niemand, der sich beschweren wollte.
"Ich... war wohl zu energisch", lachte sie und ich stimmte mit ein, während sie leise wieder die Tür hinter sich schloss.
Erneut setzte ich den Bogen an die Saiten und spielte weiter. Konzentriert blickte ich auf meine Finger, die über das Griffbrett huschten und merkte nicht, dass Emma mich sprachlos beobachtete. Erst als die letzte Note ausgeklungen war, wagte ich einen Blick zu ihr.
"Wow", machte sie, "Du spielst unglaublich."
"Danke", erwiderte ich schüchtern, es tat gut das von jemand neuem zu hören.
Während ich meine Geige wieder in ihren Koffer räumte, fragte ich sie, was sie hier machte.
"Ich tanze, nichts allzu besonders", meinte sie schulterzuckend.
Abends nach dem ersten Abendessen, das tatsächlich wider meiner Erwartungen gut geschmeckt hatte, machte ich mich mit meiner Zahnbürste auf den Weg zum Bad. Mit jedem Schritt wurde ich nervöser, ich würde gleich auf die verschiedensten Mädchen treffen.
Langsam öffnete ich die Tür zum Bad und sofort kamen mir viele durcheinander redende Stimmen entgegen. Keine schien sich wirklich für mich zu interessieren, was ich begrüßte. Ohne weiter an der Tür rumzustehen begab ich mich an eines der Waschbecken und begann meine Zähne zu putzen. Währenddessen schaute ich mich um, um mir ein Bild von den anderen zu machen. Jede Art von Mädchen schien hier vertreten zu sein. Näher kennenlernen würde ich sie jedoch jetzt noch nicht. Wäre auch sehr unpraktisch mit Zahnbürste im Mund.
Müde und geschafft ließ ich mich in mein neues Bett fallen. Ich kuschelte mich mit meiner weinroten Decke ein und fing an, das Bett zu mögen. Ich hatte meine Seite des Zimmers gemütlich hergerichtet.
"Und? Wie war der erste Tag?", fragte Emma in die Dunkelheit.
"Gut. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass ich mich so wohl fühle.", antwortete ich und blickte an die kahle Decke.
"In welche Klasse gehst du eigentlich?", fragte sie und ich hörte, wie sie sich in ihrem Bett drehte.
"11a", beantwortete ich auch diese Frage.
"Ich auch...", murmelte sie und ich hörte bereits, dass sie nicht mehr ganz anwesend war.
Innerlich veranstaltete ich eine Party, "Dann muss ich Morgen nicht ganz alleine dort hin."
Emma reagierte nicht mehr, weshalb die Vermutung nahe lag, dass sie eingeschlafen war. Auch ich schloss meine Augen und schlief nach einiger Zeit ebenfalls ein. Die Aufregung auf den morgigen Tag hatte es mir schwer gemacht.
~~~
Wilkommen zu meiner neuen Geschichte!
Ich hoffe sie gefällt euch und befreit den ein oder anderen aus seinem Alltag!
Ich freue mich wie immer über Kommentare und Votes! :)
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top