Kapitel 7

~Pov. Jimin~
Es war nun eine Woche her, seit ich mit Yoongi auf dem Dach war. Seitdem war nichts mehr wirklich passiert. Wir hatten weder miteinander geredet, noch uns anderweitig groß beachtet, jedoch wollte mir der Tag, oder besser gesagt der Abend, einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen. Es war wirklich ein schöner Ort mit einer tollen Aussicht gewesen und jeden Abend hatte ich mit dem Gedanken gespielt, dahin zu gehen.

Nun war es wieder abends und mein Entschluss stand fest:Ich wollte wieder auf das Dach. Es fühlte sich wie etwas verbotenes an und ich war stolz auf mich, dass ich mich überhaupt dafür entschieden hatte. Ich war gerade Zuhause und hatte mir meine Sportklamotten angezogen. Meiner Mutter sagte ich, dass ich Joggen gehen würde, wobei ich ein mulmiges Gefühl bekam.

Zwar würde ich dort auch hin joggen, jedoch hatte ich ein schlechtes Gewissen ihr zu verschweigen, dass ich auf ein Hausdach gehen würde, um mir die Aussicht anzusehen. Ich log sie nur sehr ungerne an, doch würde sie das erfahren, würde sie mich nicht mehr aus dem Haus lassen und ich musste dort einfach wieder hin.

Irgendwie hatte die Ruhe und Stille dort oben eine unglaubliche Wirkung auf mich, dass ich es sogar meiner Mutter verheimlichte. Sowas kam eigentlich nie vor, doch jetzt hatte ich nicht wirklich Lust mir darüber noch weiter Gedanken zu machen.

Ich verließ unsere Wohnung und fing nun also an durch die Stadt zu joggen. Dabei traf ich viele Menschen, die durch die Straßen und Häuser eilten. Einige trugen einen Anzug oder andere Schicke Kleidung, andere trugen jedoch lässigere Kleidung, was aber eher auf die Jugendlichen und jungen Erwachsenen zutraf. Diese waren in Gruppen unterwegs und redeten lautstark über irrelevante Themen.

Nach einiger Zeit kam ich endlich bei dem Gebäude an und hievte mich auf das Geländer. Dann fing ich an die Treppen hinauf zu gehen, versuchte dies jedoch langsam zu machen. Die Feuertreppe quietschte manchmal und ich wollte nicht, dass Bewohner mich bemerkten, denn was ich gerade tat war höchstwahrscheinlich illegal. Trotzdem tat ich es.

Nach kurzer Zeit war ich oben angekommen, stoppte aber, als ich eine Person sah. Yoongi saß wieder am Rand des Daches und ließ seine Beine von diesem hängen. Da ich wohl nicht der leiseste gewesen bin drehte er seinen Kopf zu mir und sah mich an. „Was machst du denn hier?", fragte er und ich musste schwer schlucken. „Das gleiche könnte ich dich auch fragen.", sagte ich und versuchte selbstsicher zu klingen, was mir jedoch nicht gelang.

Dadurch musste er leicht lachen und sah wieder nach vorne zur untergehenden Sonne. Langsam ging ich auf ihn zu, bis ich neben ihm stand und mich hinsetzte. Zögernd ließ ich nun ebenfalls meine Beine hängen und zwang mich dazu nicht in die Tiefe zu sehen.

Stattdessen sah ich geradeaus und erneut schien ich keine Luft mehr zum Atmen zu haben. Es sah genauso aus wie beim letzten Mal, dennoch war es wunderschön. Es war auch immer noch so ruhig, trotz der vielen Autos, die unterwegs waren. Und obwohl es Sommer wurde und es über den Tag echt warm war, war es nun angenehm warm mit einem kühlen und leichten Wind.

Stumm saßen wir so nebeneinander, bis die Sonne völlig untergegangen war. Es herrschte eine angenehme Atmosphäre und wirklich Angst spürte ich Yoongi gegenüber gerade nicht, was mich echt stolz machte. „Du gehst jetzt wahrscheinlich nach Hause oder?", fragte er. Ich überlegte kurz. Meine Mutter hatte mir erzählt, dass sie jetzt mit einer guten Freundin zu Abend essen würde.

Deshalb schüttelte ich den Kopf und sagte ihm dies. „Okay.", erwiderte er bloß, lehnte sich mit seinen Händen nach hinten und schloss seine Augen. Zögernd tat ich es ihm gleich und atmete die Sommerluft ein. „Fragst du dich auch manchmal wie es wäre eine andere DNA zu haben?", hörte ich ihn fragen. Etwas überrascht über diese Frage sah ich ihn an. Seine Haut wurde durch die restlichen Sommerstrahlen erhellt und sein Körper hinterließ einen langen Schatten hinter ihm.

„Ich habe mir darüber noch nie wirklich Gedanken gemacht. Du etwa?" Er nickte und sah mich dann an. Unsere Blicke trafen sich, doch wir lösten ihn nicht. „Denkst du, du wärst dann ein anderer Mensch? Wirklich anders? Mit einer anderen Denkweise? Anderen Interessen?"

Was war das für eine Frage? So funktionierte doch unser System. „Was guckst du mich so an? Hast du keine Meinung darüber?", fragte er. Doch es klang nicht genervt oder gelangweilt. Man konnte eine ernstgemeinte Neugier heraushören, was mich etwas verwunderte, doch ich wollte ihn nicht länger auf die Antwort warten lassen. „Ganz ehrlich:Ja. Natürlich wäre ich ein anderer Mensch. So funktioniert das doch mit der DNA. Ich denke so, wie es meine DNA mir vorschreibt. Ich kann das nicht beeinflussen. Das kann niemand."

Er schaute nach einigen Sekunden wieder nach vorne und sagte kurz:„Stimmt." Nach wenigen Augenblicken redete er weiter:„Ich weiß auch, dass es so funktioniert. Und dass ich mit einer anderen DNA ein anderer Mensch wäre. Aber ich kann mir es einfach irgendwie nicht vorstellen." Da ich nicht wusste was ich dazu sagen sollte schaute ich ebenfalls wieder nach vorne und schloss meine Augen wieder.

„Hätte ich eine andere DNA würde ich jetzt sicher nicht im Heim leben.", hörte ich ihn plötzlich sagen und verwirrt und überrascht sah ich ihn an. „Du wohnst im Heim?", fragte ich. Nun sah er mich verwirrt an. „Äh, dich wundert das? Denkst du irgendeine Mutter hätte so eine DNA wie mich behalten?"

Beschämt sah ich weg und realisierte wie dumm diese Frage war. Natürlich war er im Heim. Wenn eine Frau nach der künstlichen Befruchtung erfuhr, dass sie so eine DNA als Kind bekommen würde, dann würde niemand das Kind behalten wollen. Am liebsten würden sie die Schwangerschaft irgendwie abbrechen, aber das konnte man ja nicht.

„Also hast du keine Familie?", fragte ich vorsichtig. „Nö. Auch keine Freunde." „Und was ist mit den Typen aus dem Laden?", fragte ich vorsichtig. Kurz schwieg er, ehe er sagte:„Das sind keine richtigen Freunde. Sie leben auch im Heim und man kennt sich. Aber Freundschaft würde ich das nicht nennen." „Geht es dir damit überhaupt gut? Oder fühlst du dich einsam?", fragte ich dann zögernd. Ich hatte Angst ihn etwas zu fragen, was ihm zu persönlich war. Doch ihm war das wohl egal.

„Ne es geht. Ich kenne es halt nicht anders. Und ich kann nichts vermissen, was ich nie hatte." „Das tut mir echt leid.", murmelte ich, doch er winkte ab. „Ach Quatsch, das muss dir doch nicht leid tun. Mich stört es nicht." „Na gut.", murmelte ich und sah wieder in den Himmel.

„Und du? Du hast sicher auch keine Freunde oder?", fragte er dann nach einiger Zeit. Ich schaute ihn verwundert an und fragte:„Woher weist du das?" „Ich kenne deine DNA. Du bist sehr auf gute Leistung in der Schule und in der Berufswelt fixiert. Das ist deine Priorität und das Soziale Umfeld ist zweitrangig. Richtig?" Er schaute zu mir und ich sah ihn verwirrt an, nickte aber.

Ein leichtes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen und er sah wieder nach oben in den Himmel. Jedoch tat ich es ihm nicht gleich sondern musterte ihn weiter. Seine Haut war wirklich blass und sah nicht wirklich rein aus. Ein paar Pickel konnte man sehen und seine Haut sah ziemlich trocken aus. Aber im Heim bekam man auch nur das nötigste, da waren Gesichtscremen nicht wichtig.

Dann fiel nein Blick auf seine Kleidung und zögernd sagte ich:„Du hast 'nen interessanten Kleidungsstil." Er lachte leicht und meinte:„Das ist nicht mein Kleidungsstil. Das Heim bekommt immer wieder mal Kleiderspenden, da nimmt man natürlich das, was noch am längsten hält und nicht das, was am besten aussieht. Außerdem geben nur sehr wenige Menschen gute und heile Kleidung an die Heime, da sie diese selbst tragen. Kinderkleidung gibt es aber am meisten und die haben auch die beste Qualität, weil Kinder schnell wachsen und nach kurzer Zeit die Kleider nicht mehr gebraucht werden. Damit können wir Jugendlichen nichts anfangen."

„Das wusste ich gar nicht.", murmelte ich leicht beschämt. „Das weiß so gut wie niemand, weil es weder in den Nachrichten noch in der Schule erzählt wird. Wieso denn auch? Im Heim leben nur Leute mit einer DNA wie ich sie habe. Die Menschen hassen uns eh und haben Angst vor uns. Sie wollen nichts von uns wissen und der Regierung gehen wir alle eh am Arsch vorbei."

Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Es war irgendwie erschreckend zu hören wie er dachte. Vor allem konnte ich es nicht nachvollziehen. Es war nicht so und das wusste eigentlich jeder, der zur Schule ging. Ohne die Regierung würde ein Bürgerkrieg ausbrechen können. Dies kann die Regierung aber verhindern, weil sie gut regierten und eigentlich jeder hinter ihnen stand. Sicherlich hatte er einfach nur schlechte Erfahrung gemacht und war deswegen so eingestellt.

„Ich sollte langsam gehen. Es wird kalt und ich muss noch einiges für die Schule machen.", sagte ich dann zögernd, auch wenn es gelogen war. Kalt wurde es wirklich, jedoch müsste ich nichts mehr für die Schule machen. Mir wurde bei dem Gedanken neben einer 4628 DNA zu sein doch wieder etwas mulmig und dass es langsam nachts wurde machte es die Sache nicht wirklich besser.

„Na gut. Bis dann.", sagte er, während er weiter in den Himmel schaute, an welchem man die ersten Sterne erkennen konnte. „Bis dann.", murmelte ich dann vorsichtig, ging wieder vom Gebäude und machte mich auf dem Weg nach Hause.

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