Kapitel 14
~Pov. Jimin~
Gespannt und aufgeregt näherte ich mich dem Gebäude, in welchem ich den Rest der Woche nun arbeiten würde. Der Test hatte ergeben, dass ich bei einem Frauenarzt arbeiten würde. Jedoch war dieser ausschließlich auf die Befruchtung der Frauen ausgelegt. Ich würde dabei aber mehr assistieren und natürlich nicht direkt etwas mit den Behandlungen zu tun haben. Ob ich mich über die Stelle freuen sollte oder nicht wusste ich noch nicht, da sich die Frauen entweder sehr freuen würden oder sie unglaublich traurig und enttäusch sein würden.
Mit gemischten Gefühlen, dennoch aber mit Neugier, betrat ich das Gebäude. Ich bin hier noch nie gewesen, weswegen ich an der Rezeption nach fragte, wo ich hin sollte. Die Dame nannte mir den Raum, da ich aber nicht wusste wo dieser war erklärte sie mir den Weg. Als ich dann durch das Gebäude lief wurde mir erst wirklich klar, wie groß es überhaupt war.
Es gab mehrere Stockwerke, die mit einer großen Wendeltreppe und mehreren Fahrstühlen verbunden war. Die Wände waren in einem kalten weiß gestrichen und im geflieste Boden hätte ich mein Spiegelbild sehen können. Große Fenster ließen das Sonnenlicht hindurch, weswegen die Gänge und Räume sehr erhellt waren.
Als ich bei dem Raum ankam klopfte ich zögernd. Ich war wohl gerade in einem Bereich, in dem sich nur Büros befanden und hier liefen auch kaum andere Menschen entlang.
Nach wenigen Augenblicken wurde mir die Tür von einem Mann mittleren Alters geöffnet. Er trug einen weißen, geöffneten Kittel und darunter ein Hemd und eine Hose, beides in weiß. „Ach du musst Jimin sein, richtig?", fragte er und ich bejahte.
„Gut, komm ruhig rein.", ergänzte er und ging einen Schritt zur Seite. Er bat mich Platz zu nehmen, was ich auch tat. „DNA 84652, nenn' mich Herr Choi." 84652 also. Das bedeutete Ehrgeiz, Hilfsbereitschaft und Dickköpfigkeit. Sehr erfolgreich im Leben, aber nicht unbedingt ein Frauenschwarm. „Du wirst die Woche über bei der Vorbereitung und Durchführung der Befruchtung und auch noch bei der Beratung der Frauen helfen. Weißt du schon, wie das hier funktioniert?", fragte er.
Ich verneinte. Grob wusste ich, wie das funktionierte doch wie das hier durchgeführt wurde hatte ich noch nicht gewusst. Vermutlich auch, weil es mich nie sonderlich interessiert hatte. Herr Choi begann zu erklären:„Also du wirst helfen die Spermien zu holen und bei der Befruchtung dabei sein, aber nicht direkt etwas machen, nur etwas assistieren. Bei der Beratung müssen wir die Frauen darüber aufklären, wie sie mit ihrer Schwangerschaft leben und an wen sie sich zukünftig wenden können.
Wir haben zwei Arten von Beratungen. Die eine Art ist für Frauen, die ein Kind mit einer guten DNA haben und die andere ist für Frauen, die Kinder mit einer bösen DNA haben. Am Donnerstag oder Freitag würdest du dann so eine Beratung selber durchführen, du wirst aber nicht komplett alleine gelassen. Soweit alles verstanden?"
Ich nickte, was den Arzt sehr erfreute. Gemeinsam gingen wir dann in ein kleines Labor und holten aus einem Wärmeschrank die Spermien, die wir heute bräuchten. Er erklärte mir, dass man vorher einen Termin machte, doch nicht erfuhr, welche DNA das Kind haben würde. Wieso das so war erklärte er mir damit, dass es noch per Zufall passieren sollte und man nicht wie in einem Supermarkt sich das zukünftige Baby aussuchen sollte. Was für eine DNA man bekommen würde erfuhr man erst nach der Befruchtung.
Gemeinsam brachten wir die Spermien in die verschiedenen Räume, in welchen die Befruchtungen stattfänden. Danach kam die erste Frau mit ihrem Freund und wir brachten sie in einen der Räume. Herr Choi hatte mir zuvor gesagt, dass man mit ihnen ein Gespräch anfangen sollte, was ich heute übernehmen sollte.
Sie erzählten mir, dass sie bereits sieben Jahre zusammen waren und sie sich sehr über ein Kind freuen würden. Wann man sich befruchten lassen sollte wurde einem durch die DNA vorgegeben. In dieser stand das Datum der Befruchtung, die Anzahl der Kinder und welches von ihnen welches Geschlecht haben würde. Bei ihnen würden es zwei Kinder werden. Das erste wird ein Junge.
Nach wenigen Minuten war bereits alles vorbeireitet. Die Frau hatte sich unten herum ausgezogen und saß nun auf diesem speziellen Stuhl dafür, hatte aber eine Decke über ihre Beine und ihren Bauch, sodass ich nichts sehen konnte, was nicht für meine Augen bestimmt war.
Die Befruchtung verlief ohne Zwischenfälle und danach hatte sie sich wieder angezogen. Als sie dann erfuhren, dass die DNA 946 sei waren sie sehr erleichtert. Die DNA war von der Intelligenz durchschnittlich, war brav, sehr emotional und ziemlich faul. Eine Besonderheit war, dass er Bisexuell sein würde. Also die DNA war okay.
Dennoch waren die beiden unglaublich glücklich darüber nun ein Kind zu haben, was mich ebenfalls sehr freute. Wir behandelten noch einige Patienten, die ebenfalls nur eine gute DNA bekamen. Als letztes half ich noch dabei einige Spermien, die vorher eingefroren waren, in den Wärmeschrank zu legen, da diese für morgen wären.
Mehr passierte an dem Tag nicht mehr wirklich und ich war gespannt auf morgen, denn da würde ich bei einigen Beratungen mit Frauen dabei sein. Ich verließ das große Gebäude und machte mich auf den Weg nach Hause.
Dort angekommen machte ich mir etwas zum Mittagessen, wobei meine Gedanken wieder zu Yoongi schweiften. Wie war wohl sein erster Tag? Und was machte er überhaupt? Der Test ist am Freitag letzte Woche gewesen und seitdem hatte ich ihn nicht mehr getroffen. Also beschloss ich nach dem Mittagessen wieder aufs Dach zu gehen, um ihn zu treffen und ihm diese Fragen zu stellen.
Gesagt, getan. Als ich oben am Dach angekommen war sah ich Yoongi wie immer mit baumelnden Beinen am Rand des Daches sitzen. Ich ging auf ihn zu und setzte mich neben ihn. „Hey.", sagte ich vorsichtig, was er kurz erwiderte. Einige Augenblicke schwiegen wir, da fragte ich:„Wo arbeitest du eigentlich?" „Putzen im Bus.", sagte er genervt, was mich etwas einschüchterte und ich nur ein leises 'Oh' rausbekomme.
„Und du?" „Frauenarzt, aber die befruchten sie bloß.", erklärte ich etwas leiser. „Und wie läuft das da alles ab?", fragte er. Zögernd fing ich an ihm den Ablauf dort zu erklären und auch zu erzählen, was genau ich heute alles gemacht hatte. „Und wieso wird es per Zufall gemacht?", fragte er, als ich mit meiner Erklärung fertig war. „Er meinte, dass man sich das zukünftige Baby nicht wie im Supermarkt aussuchen soll." Ein leises Lachen ertönte von ihm, weswegen ich verwirrt zu ihm sah.
„Hätte mich gewundert, wenn sie es dir wirklich erzählt hätten. Denn das ist nur die halbe Wahrheit. Wenn man es sich aussuchen könnte, dann würde niemand eine schlechte DNA haben wollen. Das würde dazu führen, dass nur intelligente und gute Menschen da wären. Dadurch bräuchte man keine Polizei, hätte aber auch keine Leute, die solche Jobs, wie ich zum Beispiel jetzt habe, übernehmen. Das Land könnte so gar nicht wirklich existieren."
„Woher willst du das denn wissen?", fragte ich dann vorsichtig, gleichzeitig aber auch etwas misstrauisch. „Na wenn du mal überlegst fällt dir ein anderer richtiger Grund ein, wieso es so ist?" Einige Zeit herrschte Schweigen, dann sagte er:„Einer aus dem Heim ist gestorben. DNA 29490. Ich wette mit dir, dass die DNA bald zur Befruchtung benutzt wird. Welche DNA in welcher Stadt in diesem Land lebt ist alles vorgeschrieben."
Ich dachte über seine Worte nach. Das war doch Schwachsinn! Es ist Zufall, wer wo und wann geboren wird! Es gibt auch mehrere Leute mit der selben DNA die zeitgleich leben! Was er sagte konnte einfach nicht stimmen! Woher wollte er das denn alles wissen? „Du glaubst es vermutlich nicht, oder?", riss seine Stimme mich aus meinen Gedanken.
„Nicht wirklich.", gab ich zu und klang dabei etwas genervter. „Hätte mich auch gewundert. Es kommt für dich vielleicht echt komisch, weil du eben der Regierung glaubst und denkst, dass sie gut ist. So denkt jeder." „Wieso du nicht?", kam es wie aus der Pistole geschossen. Die Regierung war nicht so! Sie half uns und beschützte uns! Sie hatte keine bösen Absichten!
Als er nach einiger Zeit immer noch nicht geantwortet hatte stand ich genervt auf und lief zu der Feuertreppe, blieb aber abrupt stehen, als er sagte:„Ich denke eben nach." Langsam drehte ich mich zu ihm. „Im Gegensatz zu dir nehme ich nicht alles hin, was mir vorgesetzt wird. Ich hinterfrage vieles."
Er setzte sich auf und schaute mich über seine Schulter an. „Ganz ehrlich, ich habe keine Lust mit dir über so etwas streiten zu müssen. Wenn du gehen willst, dann geh. Aber ich hätte nichts dagegen, wenn du bleibst." Etwas geschockt und perplex sah ich ihn an und meine leichte Wut von eben war komplett verschwunden.
Er wollte, dass ich blieb? Wieso das denn? Ich dachte er würde mich nervig finden. Aber dann hätte er mir ja auch nicht sofort mit dem Rucksack geholfen. „Kommst du jetzt oder nicht?" Zögernd lief ich wieder auf ihn zu und setzte mich neben ihn. Wir schauten beide nach vorne und einige Zeit herrschte völlige Stille, als mir dann wieder die Frage einfiel, wegen welcher ich Stunden lang wach geblieben war.
„Was meintest du damit, als du dich dafür bedankt hast, dass ich dich als Mensch sehe?", fragte ich dann vorsichtig. „Oft werden wir, also die, die im Heim leben, von Leuten wie euch ignoriert und ausgeschlossen, als hätten wir euch irgendetwas getan. Ihr verurteilt und sofort ohne uns zu kennen, weil ihr davon ausgeht, dass wir schlecht sind wegen unserer DNA. An sich stimmt es ja, wirklich schön ist es trotzdem nicht. Man fühlt sich von euch ungerecht behandelt und so, als wären wir irgendwelche Tiere. Du bist der erste, der nicht aus dem Heim kommt und jemanden wie mich als Mensch sieht."
Er erklärte das so ruhig, dass ich Gänsehaut bekam. Weder Hass, noch Verachtung war zu hören, was in seiner Situation durchaus verständlich gewesen wäre. „Tut mir echt leid. Ich wusste nie, dass es bei euch so ist. Und wenn, dann hätte ich sicherlich gedacht, dass es euch egal wäre.", gab ich etwas leiser zu. Er zuckte mit den Schultern.
„Ich hätte ehrlich gesagt auch niemals gedacht, dass du dich jemals so an mich heran traust. Besonders, da ich ja auch ein Christ bin." „Ich auch nicht.", murmelte ich.
Ich wusste nicht, wieso es gerade so war, aber irgendwie fühlte ich mich befreiter. Es schien so, als wären das Gedanken gewesen, die uns die ganze Zeit voneinander fern gehalten hatten und dadurch, dass sie nun ausgesprochen wurden nichts mehr zwischen uns war.
Einige Zeit schwiegen wir und sahen weiter auf die große Stadt, die vor uns lag. Dann fragte er:„Warst du schonmal feiern?" Ich verneinte. „Dann müssen wir das mal machen. Wann hast du Zeit?" „Ich weiß nicht. Ich weiß auch nicht, ob mir das meine Eltern erlauben. Sie wissen, dass ich eigentlich keine Freunde habe und würden es hinterfragen. Außerdem habe ich noch nie getrunken."
Ich sah im Augenwinkel, wie er verwirrt zu mir sah. „Noch nie?" Ich schüttelte den Kopf und sah nun ebenfalls zu ihm. „Die ganzen Nebenwirkungen haben mich schon abgeschreckt.", erklärte ich. „Dann wird es aber mal höchste Zeit! Deine Eltern sind sicherlich irgendwann mal ein paar Tage weg. Dann gehen wir feiern okay?"
Etwas unsicher sah ich ihn an, schaute dann aber wieder nach vorne. „Ich überleg's mir." Damit einverstanden verweilten wir noch einige Zeit auf dem Dach, bis die Sonne langsam unterging.
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