Kapitel 2 - Mamas runder Bauch

Ich liebe meine Mutter sehr und sie liebt mich genauso. Wenn sie mich schlägt, dann weil sie sich Sorgen gemacht hat oder weil ich etwas angestellt habe. Oder wenn sie wütend auf Papa ist. Aber Papa kann sie nicht schlagen der ist zu gross. Manchmal kommt Papa auch eine Woche nicht nach Hause. Das ist dann nicht meine Schuld.
Aber wen sollte sie sonst schlagen? Meine Schwester ist ein Mädchen und Samba ist noch zu klein.

Ich habe gespürt, dass sich etwas verändert. Alles ist ruhiger und friedlicher geworden. Sogar der Wind hat nachgelassen. Als ich Bella davon erzähle, lacht sie mich aus: "Und du behauptest, intelligent zu sein? Jeder sieht doch, was sich verändert."
Ich bin intelligent. Ich habe gut beobachtet. Mama singt mehr und Papa ist öfter zu Hause. Er kommt fast jeden Abend. Bella hilft Mama beim Kochen. Wenn ich es merke, schicke ich sie weg. Ich bin der Älteste und sollte Mama unterstützen. Wenn Papa nicht da ist, habe ich das Sagen. Ausser bei Mama.

"Du hast wirklich nicht gesehen, dass Mamas Bauch gewachsen ist?", versucht meine Schwester mich zu sticheln.
"Natürlich habe ich das gesehen." Manchmal muss man lügen. Auch das ist intelligent. Es ist besser, als Schwäche zu zeigen.
"Lügner! Du wusstest nicht, dass sie ein Baby bekommt."
"Das weisst du auch nur, weil du ein Mädchen bist."
"Gar nicht!"

Bella glaubt, sie sei intelligenter als ich. Weil sie jeden Tag zu Schule geht. Aber ich gehe auch ganz oft. Ausserdem muss ich meine Mutter unterstützen. Das ist manchmal wichtiger als die Schule. Und ich weiss auch schon, wie man Geld verdient: Ich verkaufe. Und mit dem Geld kaufe ich Schulsachen für mich und meine Geschwister. Mama ist sehr stolz auf mich.

Ich liebe Fussball. Wenn ich gross bin, möchte ich auch Fussballspieler werden. So wie Ronaldo. Ich habe ihn einmal im Fernsehen gesehen. Meine Mutter teilt diesen Traum mit mir und als ich mir zum Geburtstag einen Fussball wünschte, schenkte sie mir einen.
Meine Freunde waren richtig neidisch! Ganz oft versteckte ich den Fussball unter meinem T-Shirt. Dann sah ich so aus wie Mama jetzt mit einem dicken Bauch.

Jetzt fällt mir ein, bevor Samba geboren wurde, hatte Mama auch einen dicken Bauch. Aber Bella muss geraten haben, denn sie war noch zu klein um sich zu erinnern.

Ich wollte aber nicht, dass Mama meinen Ball unter dem T-Shirt sah und so trug ich meinen Rucksack einfach vorne und achtete darauf, dass Mama mich nicht von der Seite sah. Meine Freunde und ich trafen uns dann immer vor der Schule. Aber wir gingen nicht hinein, sondern spielten in der Nähe Fussball. Ich bin nämlich intelligent, Mama hat das nie gemerkt. Leider ist der Ball jetzt kaputt.

Heute kommt Tante Fanta zu Besuch. Sie ist Mamas kleine Schwester und sehr schön.
"Djibril! Bist du gross geworden!" Sie umarmt und küsst mich. Ich mag das zwar nicht, aber bei Tante Fanta macht es mir nichts aus.
"Warum bist du gekommen, Tante Fanta?"
"Deine Eltern werden bald wegfahren, ins Krankenhaus. Und jemand muss auf deine kleinen Geschwister aufpassen."
"Ich kann das machen, Tante. Ich bin schon gross!" Tante Fanta lächelt mich an.
"Das sehe ich doch. Aber dann hast du Zeit, in die Schule zu gehen."

Ich freue mich, dass Tante Fanta bleibt, auch wenn ich traurig bin, dass Mama weggeht.
"Mama! Tante Fanta ist da", rufe ich meiner Mutter von draussen zu.
"Ich weiss, mein Schatz. Hast du ihr etwas zu Essen gebracht?"
"Noch nicht. Aber Mama!" Ich renne zu ihr. "Sie hat gesagt, du gehst mit Papa ins Krankenhaus."
"Das ist richtig." Mama nimmt einen Teller und füllt ihn mit Reis und Erdnussauce.
"Hier. Bring das deiner Tante. Und vergiss nicht, ihr einen Becher Wasser zu holen."

Ich nehme den Teller. "Ja Mama. Aber warum muss Papa mit dir ins Krankenhaus gehen? Ich kann mitkommen, wenn Tante Fanta auf Bella und Samba aufpasst."
"Du bleibst hier, mein Schatz. Und jetzt geh."
Ich weiss, dass Mama sich nicht umstimmen lassen wird. Ich hoffe nur, dass sie bald wieder zurückkommen wird. Ich weine nicht, denn sie soll sehen, dass ich schon gross bin.

"Danke, mein Sohn", sagt Tante Fanta, als ich ihr den Teller mit Reis und Erdnussauce überreiche. Eigentlich bin ich nicht ihr Sohn. Aber sie hat mich schon immer so genannt und Mama hat gesagt, ich muss sie lassen. Tante Fanta drückt meine Wangen mit ihren schönen weichen Händen zusammen und küsst mich auf die Stirn.
Sofort springe ich wieder auf und hole Tante Fanta den Becher Wasser. Ich komme von hinten auf sie zu und stelle den Becher neben ihr auf den Boden. Bevor sie mich erneut küssen kann, renne ich wieder davon.

"Djibril! Komm her, mein Sohn." Ich renne sofort zu Mama. Besonders wenn Papa oder Tante Fanta da sind, zeige ich immer, dass ich gut gehorche. Mama setzt sich auf einen Stuhl.
"Djibril, wenn ich weg bin, möchte ich, dass du zu Hause bleibst. Tu es deiner Tante nicht an, sich um dich sorgen zu müssen."
"Ja, Mama."
"Ich möchte auch nicht, dass du mich suchen kommst. Ich werde bald wieder zurück sein."
"Ja, Mama." Dieses Mal wiederhole ich meine Worte leiser. Ich nehme Mamas grosse Hand und lege meine hinein. Sie hebt mit ihrer anderen Hand mein Kinn hoch, dass ich sie ansehen muss.
"Ich liebe dich, mein Schatz."
"Ich liebe dich auch, Mama!"

Ich lege meine Hände auf ihren runden Bauch und gleite mit ihnen langsam nach hinten auf ihren Rücken. Sie ist zu dick, ich kann sie nicht ganz umarmen. Meine Arme reichen nicht um sie herum.
Als Papa in der Tür erscheint, lasse ich Mama los. Papa nimmt Mamas Hand und sie verlassen unser Haus.

"Auf Wiedersehen, grosse Schwester. Kommt mir wohlbehalten zurück." Tante Fanta, Bella, Samba und ich winken Mama hinterher.
"Danke Fanta. Bis bald."

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