80
November
Nachdenklich schaue ich auf meine Finger. Ich weiss nicht wirklich, was ich tun soll. Nicht, wie ich reagieren soll. Aktuell sitze ich knapp achthundert Kilometer von zu Hause entfernt, in Madrid, bei Elena in der kleinen aber hübsch eingerichteten WG. Einfach ab zu rauschen wäre dennach keine gute Idee. Wieso sie aufeinmal gegen Jackson zu sein scheint, weiß ich leider wirklich nicht. Ich wäre besser einfach in London geblieben. Das wäre besser gewesen.
"Wieso- bist du aufeinmal so?",will ich wissen und schaue sie verwirrt an.
"Wie bin ich denn, Chloe? Realistisch?"
"Ich- du weißt, dass ich immer über alles nachdenke. Mehrmals. Wieso- ich meine- Jackson und ich ziehen zusammen, und jetzt rückst du mit der Sprache raus und erzählst mir, wieso Jackson nicht gut sei?"
"Denkst du wirklich, dass es eine gute Idee ist, alles hin zu schmeißen und zu irgendeinem Typen zu ziehen?"
Mit einem Räuspern beuge ich mich vor und greife zu meiner Tasche, um meine Sachen nach und nach wieder ein zu packen.
"Er- ist nicht irgendein Typ, wir sind- über drei Jahre zusammen."
"Du kennst ihn aus dem Internet, wer weiss, wie viele er noch angeschrieben hat, Chloe, komm mal in der Realität an."
Ich halte inne und blinzle ein paar Mal, um meine Sicht wieder zu schärfen. Ob sie es völlig bewusst macht, oder ob ihr einfach nicht klar ist, dass mich ihre Worte treffen, weiss ich nicht.
Meine eigentlich doch beste Freundin schaut mich an, selbst ihr Blick macht mehr als deutlich, dass sie genervt ist. Vielleicht liegt auch etwas Spott darin, nichts, was alltäglich bei ihr ist.
"Das ist ein Fehler, Chloe."
Ich nicke:"vielleicht. Aber- er ist mein Leben, und ich werde ihn ganz sicher nicht aufgeben, weil du irgendetwas dagegen hast."
Vielleicht ist es ein Fehler. Ich meine, natürlich kann alles vollkommen schief gehen, so sehr, dass ich letztenendes doch wieder in Barcelona ende. Aber das bezweifle ich. Selbst wenn, würde ich mir wohl immer Gedanken machen, Vorwürfe, dass ich das nicht eingegangen bin.
Ich schnappe mir meine Jacke und werfe Elena nochmal einen Blick zu, schüttel nur den Kopf.
"Du bist gegangen. Von Heute auf Morgen. Wieso dreht sich alles immer um dich? Wieso kannst du dich nicht einfach mal für einen Freuen, El?"
Still öffne ich die Türe, nur, um diese kurz darauf hinter mir zu schließen. Mit schnellen Schritten laufe ich die breiten Stufen runter, bis mich die kalte Luft umgibt. Ich ziehe mein Handy aus meiner Jackentasche heraus und wähle Jacksons Nummer. Sofort erscheint er auf meinem Bildschirm, was mir ein seufzen entlockt.
"Ich vermisse dich. Können wir uns sehen? Kannst du nicht ein paar Tage früher zu mir kommen?",ratter ich runter, während ich mich auf den Weg zur Hauptstraße mache. Wahrscheinlich hätte ich ein zentraleres Hotel buchen sollen. Aber wer konnte schon wissen, dass es so kommen würde? Eigentlich dachte ich, dass wir heute noch irgendetwas unternehmen, morgen Vormittag würde ich dann auch schon wieder nach Hause fliegen.
"Freitag?"
"Wirklich?"
Jackson nickt und stellt sein Handy wieder ab, erweitert somit das Feld der Umgebung, das ich im Blick haben kann. Im Auto. Sieht zumindest so aus, als würde er in seinem Auto sitzen. Ich schiebe meine Brille zurück auf meine Nase und schniefe einmal.
"Freitag ist toll."
Zumindest besser, als alles andere. Auch, wenn es sich nur um knapp drei Tage handelt, jede Minute sollte man schätzen. Meine Mundwinkel zucken nach oben. Danach sieht das Ganze wieder rum etwas anders aus. Keine Abschiede mehr, keine Not mehr, weil der letzte Tag angebrochen ist.
"Du siehst traurig aus."
"Ich hab mich- mit Elena gestritten."
"Erzähl.",fordert er mich auf, woraufhin ich langsam den Kopf schüttel.
"Sie hat- das mit uns schlecht geredet. Ist nicht der Rede wert, wirklich."
Das ist es nicht. An meiner Meinung, an meiner Entscheidung kann sowieso niemand mehr etwas ändern. Gut, Jackson verständlicherweise, dass er sich ein paar Stunden vor dem Umzug aber von mir trennt, bezweifle ich ganz stark, demnach könnte ich genauso gut bei 'keiner' bleiben.
"Jackson?"
Sein Blick schellt sofort wieder zu mir, durch die Sonne leuchten seine Augen wieder grün, was mich seufzen lässt.
"Liebst du mich? Ich meine- so, dass das auf Dauer sein wird. Wenn nicht, ist das in Ordnung, wirklich."
"Natürlich liebe ich dich, Chloe."
"Ich möchte nur nicht, dass du- das Gefühl hast, ich würde mich dir aufdrängen.",murmel ich nachdenklich und laufe quer durch die Eingangshalle meines Hotels, verschwinde kurz darauf im Aufzug.
"Tust du nicht. Natürlich nicht. Ich freu mich wirklich sehr, wenn du endlich hier bist."
Ich nicke langsam. Ich mich auch.
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